Quo vadis, AfD? Besprochen wurde das beim Bundesparteitag in Stuttgart von 30.04. bis 01.05.2016. Auf dem Bild von links: Jörg Meuthen (Vorsitzender), Frauke Petry(Vorsitzende), Albrecht Glaser. Hinten: Andre Poggenburg (AfD Thüringen).
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AfD-Bundesparteitag 2016: Das wurde beschlossen

Die "Alternative für Deutschland" hat in Stuttgart getagt, zum ersten Bundesparteitag, seit Frauke Petry Bernd Lucke im Juli 2015 als Parteivorsitzende abgelöst hatte. Damals stand Lucke für den gemäßigt-konservativen, Petry für den rechtspopulistischen Flügel der 2013 gegründeten Partei. Symptomatisch für den AfD-Kurs: Inzwischen gilt Petry als gemäßigte und relativ isolierte Stimme, dagegen stehen starke völkische, rechtsnationale, islamfeindliche Stimmen, deren Positionen vielfach mit dem bestehenden Grundgesetz nicht mehr vereinbar sind. Hier ein kurzer Überblick, was beim Bundesparteitag 2016 beschlossen wurde.
 

Das "Grundsatzprogramm", das die AfD nun diskutiert und beschlossen hat, ist das erste seit Parteigründung 2013.
 

Islam

  • "Der Islam gehört nicht zu Deutschland."
  • Ein "orthodoxer Islam, der unsere Rechtsordnung nicht respektiert oder sogar bekämpft und einen Herrschaftsanspruch als allein gültige Religion erhebt", sei "mit unserer Rechtsordnung nicht vereinbar".
  • Minarette und Muezzinrufe werden abgelehnt.
  • Islamische Organisationen sollen keinen Körperschaftsstatus öffentlichen Rechts erlangen.
  • Verbot von Burka (Ganzkörperschleier) und Niqab (Gesichtsschleier) in der Öffentlichkeit und im öffentlichen Dienst.
  • Das Schächten von Tieren, wie es von Juden und Muslimen praktiziert wird, soll in Deutschland komplett verboten werden; nach AfD-Empfinden sei das für die Religionsausübung nicht notwendig (Muslimische und jüdische Verbände widersprechen).
  • "Der Islam" gilt der AfD als nicht aufklärbar, entsprechende Tendenzen seien "nicht realistisch und nicht wünschenswert".
  • Eine Konkretisierung auf deine Ablehnung des "politischen Islam", um den es laut Aussagen einzelner AfD-Mitglieder ja eigentlich gehen solle, wurde abgelehnt.
     

Einwanderung/Strafrecht

  • "Ungeregelte Asylzuwanderung schadet Deutschland"
  • Zuzug von Flüchtlingen soll gestoppt werden.
  • Entscheidungen über Asylanträge "in den Herkunftsregionen"
  • Grenzzäune
  • Nur knapp wurde eine Formulierung abgelehnt, "Einwanderung, insbesondere aus fremden Kulturbereichen", sei grundsätzlich abzulehnen
  • "Willkommen" seien "qualifizierte Einwanderer mit hoher Integrationsbereitschaft".
  • Erleichterung der Ausweisung straffälliger Ausländer
  • Strafmündigkeit ab 12 Jahre
 

Verhältnis zur EU

  • Die AfD spricht vom "Europa der Vaterländer" - ein Duktus, wie ihn die "Neue Rechte" als Ethnopluralismus führt
  • EU als politisches Bündnis abschaffen
  • zumindest Reform der EU, zurück zu mehr Souveränität von Nationalstaaten
  • nur eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (wie zuvor EWG)
  • Euro abschaffen
  • Volksabstimmung über Verbleib Deutschlands in der Euro-Zone
  • Türkei soll kein EU-Mitglied werden
  • Reform 
     

Wahlen und Parteiensystem

  • Mehr Volksabstimmungen, Vorbild Schweiz
  • Bundespräsident soll direkt gewählt werden
  • Abgeordnete sollen maximal vier Legislaturperioden regieren (Ausnahme: Direktkandidaten)
     

Familienpolitik

  • Bekenntnis zur traditionellen Familie ("Vater, Mutter, Kinder") als Leitbild
  • Krippenbetreuung und häusliche Erziehung sollen gleichberechtigt sein
  • Kritik an Gleichstellungspolitik, Geschlechterquoten, "falsch verstandenem Feminismus"
  • Förderung von Mehrkindfamilien
  • Zahl von Abtreibungen sollen sinken - durch härtere Beratungsgespräche
     

Wirtschafts-/Steuerpolitik

  • Steuerrecht vereinfachen, damit Mittel- und Geringverdiener entlasten
  • Erbschaftssteuer abschaffen
  • Gewerbesteuer überrüfen
  • Mindestlohn beibehalten

Medienpolitik

Öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Rundfunkbeitrag abschaffen
 

Umweltpolitik

  • Atomausstieg zurücknehmen
  • AKW-Laufzeiten verlängern
  • Gefahr durch CO₂ ist "Propaganda"
  • Fracking erforschen
     

Verteidigungspolitik

  • Wehrpflicht wird wieder eingeführt
  • Nato-Mitgliedschaft ja, aber deutsche Interessen sollen mehr berücksichtigt werden

 

Online ist bisher nur der Entwurf zum Bundesparteitag:

https://www.alternativefuer.de/wp-content/uploads/sites/7/2016/03/Leitantrag-Grundsatzprogramm-AfD.pdf

Jetzt (01.06.2016) gibt es auch das offizielle Grundsatzprogramm:

https://www.alternativefuer.de/wp-content/uploads/sites/7/2016/05/2016-06-27_afd-grundsatzprogramm_web-version.pdf
 

Was ist die AfD denn nun? 

Wieder einmal gibt es in der Berichterstattung viele Adjektive, mit denen die AfD belegt wird. Ihre Flügel werden als konservativ-liberal oder national-konservativ bezeichnet, AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry sprach in einem stern-Interview von "nationalkonservativ-sozial". Politikwissenschaftler_innen sprechen von "wertkonservativ" gegen "nationalkonservativ", was bis in völkisch-rassistische Argumentationen reichen kann. Rechtspopulistisch ist vor allem die Form, in die Argumente gegossen werden. Offenkundig ist nach diesem Bundesparteitag: In der AfD gibt es weiterhin verschiedene Strömungen, nur gewinnen die Rechtsaußen-Argumentationen mit Anknüpfungspunkte an rechtsextreme Ideologie zunehmend an Gewicht. 

 

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