Presseschau ... 23.12.2016

+++ Rostock: Neonazi-Angriff auf linkes Wohnprojekt +++ Das kalkulierte Schweigen der AfD +++ Ex-Pfarrer tritt in Talar bei AfD-Demo auf +++

 

Rostock: Neonazi-Angriff auf linkes Wohnprojekt

In der vergangenen Nacht kam es in Rostock offenbar zu einem Neonazi-Angriff auf ein Gebäude des linksalternativen Wohnprojekts Awiro. Laut einer Pressemitteilung des Vereins hätten sich gegen drei Uhr rund zehn schwarz gekleidete Personen im Eingangsbereich der Jugendbegegnungsstätte „Café Median“ getroffen und hätten versucht, „sich gewaltsam Zugang zu dieser zu verschaffen.“ Dabei ging die Eingangstür zu Bruch, die Neonazis sind aber nicht ins Gebäude gelangt. Es ist bereits der zweite Vorfall innerhalb einer Woche. Im Internet drohen Neonazis bereits mit weiteren Aktionen.

Rostocker Neonazis zeigen seit geraumer Zeit wachsendes Selbstbewusstsein – bisher allerdings vor allem auf einer Reihe von Facebook-Seiten. Rassistische Aktivitäten beschränkten sich in den letzten Monaten hauptsächlich auf den Stadtteil Groß-Klein, in dem gegen Geflüchtete gehetzt wurde.

 

Das kalkulierte Schweigen der AfD

Ein schweigsamer Björn Höcke? Kaum vorstellbar bei einem AfD-Vertreter, der seine rhetorische Gewalt nur zu gerne unter Beweis stellt. Zwar ist der Thüringer Landeschef der Rechtspartei neben Parteivize Alexander Gauland das prominenteste Gesicht am Mittwochabend vor dem Kanzleramt, doch Redebeiträge bekommen die knapp 200 Teilnehmer der neurechten »Mahnwache« nicht zu hören. Stattdessen dröhnt eine Arie von Bach über den Platz, was als Symbol der Trauer um die Opfer des mutmaßlichen Anschlags an der Berliner Gedächtniskirche gedacht sein soll.

 

Ex-Pfarrer tritt in Talar bei AfD-Demo auf

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Heinrich Bedford-Strohm, empört sich über den Auftritt eines Ex-Pfarrers bei einer AfD-Kundgebung. Der Mann war am Mittwoch in Berlin im Talar aufgetreten. Er war Pfarrer auf Probe bei der sächsischen Landeskirche, das Dienstverhältnis sei jedoch im August beendet worden.

 

Umweltministerium geht gegen AfD-Fake-News vor

Mehr als drei Wochen stand die Meldung auf der Internetseite der AfD. "Jetzt kommt heraus, dass das Umweltministerium mehrere Millionen Steuergelder in den Clinton-Wahlkampf gesteckt hat", behauptete dort AfD-Vorstandsmitglied und Berliner Landeschef Georg Pazderski. Diese Erklärung allerdings musste die AfD jetzt von ihrer Internetseite löschen. Denn das Bundesumweltministerium erwirkte über den Medienanwalt Christian Schertz rechtliche Schritte gegen Pazderski und die AfD.

 

Rechte Aktionen nach dem Anschlag in Berlin: Stille Nacht und Hurensöhne

Eine erstaunliche Varianz in ihrem Auftreten legten die etwa 50 Nazis gegenüber vom Bahnhof Zoo am Mittwochabend an den Tag: Hübsch in Dreierreihen aufgestellt, zwischen Schirmen einer Süß-Kringel-Fast-Food-Kette brüllten sie ihren zahlenmäßig deutlich überlegenen Gegnern „Antifa Hurensöhne“ entgegen und sprangen dabei auf und ab. Wie Hooligans vor der finalen Schlacht. Doch zum direkten Aufeinandertreffen kam es nicht. Im etwa 20 Meter breiten Sicherheitskorridor zwischen den beiden Veranstaltungen hatte sich die Polizei stabil postiert. Also legten die jung-deutschen Trauernden erst mal eine halbe Gedenkminute für die Opfer des Anschlags am Berliner Breitscheidplatz ein, ehe sie, unterstützt vom thüringischen NPD-Lautsprecherwagen, „Stille Nacht, heilige Nacht“ anstimmten.

 

Angeklagter nennt Juden bei Facebook „Rattenpack“ – Verfahren eingestellt

Weil er unter anderem Juden via Facebook als "Rattenpack" beleidigt hat, musste sich gestern ein 58-Jähriger aus dem Werra-Meißner-Kreis vor dem Eschweger Amtsgericht verantworten. Das Verfahren wegen Volksverhetzung gegen den geständigen Angeklagten stellte Richter Dr. Stephan Zacharias ein – mit den Auflagen, 500 Euro zu zahlen und die von einer Privatperson angezeigten Posts zu löschen.

 

332 Verhandlungstage: Die Chronik des NSU-Prozesses

Der Reporter Frank Jansen begleitet den NSU-Prozess in München von Beginn an. Er war bei fast jedem Prozesstag dabei und hat über die meisten auch etwas geschrieben. 500 Zeugen und juristische Scharmützel.

 

Rechtsrockland Thüringen: Neue kriminelle „Bruderschaft“ mischt mit

Die Zahl der bekannt gewordenen Konzerte und „Liederabende“ der rechtsextremen Szene in Thüringen ist 2016 erneut angestiegen. Mit 52 bekannt gewordenen Veranstaltungen hatten Neonazis im Freistaat in diesem Jahr die Möglichkeit, jede Woche ein braunes Konzert oder einen Liederabend mit Neonazi-Musikern zu besuchen. Damit belegt der Freistaat au in diesem Jahr einen Spitzenplatz bei Rechtsrock-Konzerten und  Liederabenden. Zu den altbekannten Organisatoren ist nun eine neonazistische „Bruderschaft“ hinzugestoßen.

 

München: Stadtmuseum erinnert an die NSU-Opfer

Während Beate Zschäpe es beinahe jeden Tag in die Nachrichten schafft, sind die Namen der Opfer aus der breiten Öffentlichkeit verschwunden. Gegen diese Entwicklung setzt die Dauerausstellung des Münchner Stadtmuseums nun ein Zeichen. An den 2005 im Westend ermordeten Griechen Boulgarides erinnern eine pontische Lyra sowie ein Schlüssel und ein dazu passender Zylinder. Der in der Türkei aufgewachsene Kiliç wurde 2001 im Gemüseladen seiner Frau in Ramersdorf mit zwei Kopfschüssen regelrecht hingerichtet. Das Stadtmuseum zeigt nun ein Foto des Arbeiters sowie das Modell eines Mercedes-Benz CLK-Klasse Coupé aus seinem Besitz.

 

Pegida-Gründer Bachmann: "Hatte meine Glaskugel und keinen Informanten“

Die Polizei schließt aus, dass Lutz Bachmann über interne Informationen über den Attentäter von Berlin verfügte. Seinen Spaß dürfte der Pegida-Gründer aber gehabt haben.

 

Die AfD und der Berliner Anschlag: „Geplante Provokation“

Der Tabubruch gehört zur Strategie der AfD – so auch nach dem Anschlag in Berlin. Das Reiz-Reaktions-Schema ist immer das Gleiche.

 

Elitäre Rechte

Anhänger der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ sorgen momentan mit Aktionen Aufsehen. Ihr Feindbild ist der Islam. Politiker sollen sich nach Meinung der Gruppierung warm anziehen.

 

„Identitäre Bewegung“: #ibsterblockade wird zur Lachnummer

Die Vorbilder für die Selbstinszenierung der „Identitären Bewegung“ sind historisch oder besser: Hollywood-reif. Die mutigen männlichen Krieger der Spartaner, die die einfallenden „islamischen Horden“ aus dem Osten abwehren und Europa verteidigen. So weit, so das Hollywood Epos „300“. Das Lambda-Symbol der Spartaner haben die „Identitären“ dort geklaut, doch statt den Kontinent zu schützen, backen sie erstmal kleine Brötchen und „blockieren“ lieber die CDU-Parteizentrale. Rein oder raus wollte offenbar niemand, aber das passte nicht ganz in das PR-Konzept der Rechtsextremen. Nun lacht das Netz über die popkulturell inspirierten Jungspunde der „Neuen Rechten“.

drucken