Aktive Schulen

Mit einem "Schulterschluss" gegen Rechtsextremismus" reagierten Schüler, Elternbeirat und das Lehrerkollegium der Realschule Ebersbach bei Heidelberg auf eine Propaganda-Verteilaktion von "Nationalen Sozialisten" und NPD-Aktivisten. Eine Gruppe von langjährigen Neonaziaktivisten, darunter der vorbestrafte NPD-Kreisvorsitzende von Ludwigshafen, Christian Hehl, hatte im Oktober 2007 versucht, die so genannte Schulhof-CD der NPD und speziell auf Realschüler zugeschnittenes Propagandamaterial zu verteilen. Lehrer, die ihnen Hausverbot erteilten, wurden von den Neonazis gefilmt. Wenig später fanden sich diese Filmaufnahmen auf mehreren rechtsextremen Internetseiten. Zudem drohten die Neonazis damit wiederzukommen.

Gegen Neonazipropaganda

Schule und Schüler reagierten schnell. Das Propagandamaterial wurde eingesammelt. Und um für eine weitere Neonaziaktion vorbereitet zu sein, haben Schüler Pappschilder mit Slogans gegen Rechtsextremismus vorbreitet. Außerdem wurde Strafantrag wegen des im Internet kursierenden Videos gestellt. Unterstützung bot auch die Polizei an: Sofern die Aktion vor der Schule auf öffentlichem Straßenraum stattfinde, könnten im Rahmen der Straßenverkehrsordnung Einschränkungen durchgesetzt werden, lautete der Tipp aus dem Polizeipräsidium.

Um die bei einigen Schülern und Lehrern dennoch offensichtliche Verunsicherung angesichts der Drohungen offensiv zu thematisieren und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten, entschied sich die Schule dann auch für einen gemeinsamen Projekttag zu Rechtsextremismus im Dezember 2007. Bei einer Abschlussdiskussion diskutierten Ebersbachs Bürgermeister, ein Vertreter des Polizeipräsidiums, der Konrektor der Schule sowie Vertreterinnen des Elternbeirats und der Schüler mit Schülern, Eltern und Öffentlichkeit über mögliche Gegenmaßnahmen. Das Ergebnis: Lehrer können schulfremde Personen vom Schulhof verweisen, Kollegen Bescheid sagen und mit Hilfe von Ordnungsamt oder Stadtverwaltung bei angekündigten NPD-Aktionen auch die öffentlichen Räume wie beispielsweise Bürgersteige vor den Schulen Einschränkungen erwirken.

Schulprojekttage

"Was verbindet ihr mit dem Begriff `Schwarzes Schaf`?" ist oft die erste Frage, die die Trainern im Schulprojekttag "Schublade offen – am Anfang war das Vorurteil" den Jugendlichen stellen. Das überregionale "Netzwerk Demokratie und Courage" will mit Projekttagen an Schulen insbesondere diejenigen Schüler und Lehrer stärken, die versuchen rechtsextremen und rassistischen Orientierungen entgegen zu treten. Dabei handelt es sich nicht um Unterricht im klassischen Format. Vielmehr bieten die ehrenamtlichen Trainer und Trainerinnen den Schülern für einen Tag die Möglichkeit, in exemplarischen Situationen auszuprobieren, wie sie Zivilcourage im Alltag zeigen können. Zum Beispiel mit dem Schulprojekttag "We are different", der verschiedene Formen von Gewalt thematisiert. Oder wie sie mit Unterwanderungsversuchen ín ihren Jugendkulturen durch die extreme Rechte umgehen können. Innerhalb von drei Jahren hat das Netzwerk mit regionalen Schwerpunkten in den neuen Bundesländern, Berlin, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Saarland mehr als 400 Projekttage durchgeführt und rund 10.000 Jugendliche angesprochen.

Schule ohne Rassismus

Mit über 420 Schulen bundesweit ist das Netzwerk "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" das größte Schulnetzwerk in Deutschland. Insgesamt 350.000 Kinder und Jugendliche besuchen mittlerweile eine Schule, die den Zusatztitel "Schule ohne Rassismus" trägt. Im Netzwerk vertreten sind alle Schulformen und Bundesländer. Prominente Fußball- und Basketballspieler wie Tim Borowski oder Dieter Baumann, Sänger wie Bela B. von den "Ärzten" und Jan Delay unterstützen die jeweiligen Schulen dabei mit einer aktiven Patenschaft.

Schulen, die den Titel erwerben wollen, müssen allerdings eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, die in einem gemeinsamen Prozess von Schülern und Lehrern erarbeitet werden. Ausgangspunkt ist zunächst eine Selbstverpflichtung. Mindestens 70 Prozent aller, die in einer Schule lernen und lehren verpflichten sich mit ihrer Unterschrift, sich künftig gegen jede Form von Diskriminierung an ihrer Schule aktiv einzusetzen, bei Konflikten einzugreifen und regelmäßig Projekttage zum Thema durchzuführen. Bei der Umsetzung dieser Selbstverpflichtung, beispielsweise durch Veranstaltungen oder Ausstellungen, erhalten Schüler und Lehrer dann Hilfe von der jeweiligen Landeskoordination des Netzwerks sowie bei der Bundeskoordination in Berlin.

Schulprojekttage und –wochen, Ausstellungsbesuche und Veranstaltungen zu Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus: Schüler und Lehrer können für ihre Ideen und eigenen Initiativen bei vielen Institutionen Unterstützung, kostenloses Material und Referenten erhalten. Eine kleine Auswahl finden Sie hier.

Zum Thema

| Pädagogische Antworten auf Rechtsextremismus

| Initiativen in Ihrem Bundesland

| Was verbirgt sich hinter der Schulhof-CD?

Weblinks

| Argumentationstraining gegen Rechtsextremismus an der Schule

| Dimensionen schulischen Umgangs mit Rechtsextremismus

| Beispielhaft: Das Leipziger Schulmuseum

| Wenn Schüler sich mit 'Heil' begrüßen

| Netzwerk-Courage

| Schule ohne Rassismus

| Anne Frank Zentrum

| Amadeu Antonio Stiftung

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