Pro München

Die „Bürgerbewegung “Pro München - patriotisch und sozial e.V.“ ist eine extrem rechte Wählervereinigung, die mit rechtspopulistischen Themen und rassistischen Parolen in München auf Stimmenfang geht.

Von Robert Andreasch

Gut zwei Dutzend rechte Aktivistinnen und Aktivisten aus München und der Region treffen sich am 17. Januar 2006. Die Versammlung ist nicht öffentlich angekündigt, die Teilnehmenden kennen sich: Neonazis und rechte Funktionäre der unterschiedlichsten Gruppierungen setzen auf die in München schon bewährte Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. Ihr Ziel: mit einer rechten Sammlungsbewegung im März 2008 zur Kommunalwahl anzutreten. Das Gründungsprotokoll schreibt der stellvertretende bayerische NPD-Landesvorsitzende Roland Wuttke, der in CSU und Witikobund aktive Thomas S. Fischer sitzt genauso mit am Tisch wie Bernd-Harald Beckmann, jahrzehntelang bei den Republikanern in München engagiert, oder Norman Bordin, führender Vertreter der NPD, der„Jungen Nationaldemokraten“ (JN) und der Münchner Kameradschaftsszene. Die Beteiligten beschließen die Gründung eines Vereins mit dem Namen „Bürgerbewegung “Pro München - patriotisch und sozial e.V.“ Wolf-Peter Bombolowsky, Münchner Vorsitzender der „Deutschen Partei“ übernimmt auch bei “Pro München “den Vorsitz. Das „Pro“ im Namen spielt natürlich auf die in Köln und weiteren nordrhein-westfälischen Städten bestehenden rechtspopulistischen Gruppen an, doch die Sammlungsbewegung in München steht anfangs mit diesen in keinem organisatorischen Zusammenhang. Die Bezeichnung als „Bürgerbewegung“ soll das Bild einer engagierten Bürgerinitiative vermitteln, der sich bereits viele Menschen angeschlossen hätten. In der ersten Publikation wird in klassisch rechtspopulistischer Art und Weise den gewählten Münchner Stadträtinnen und Stadträten abgesprochen, die Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler zu vertreten. Stattdessen folgten sie „dem Druck einflussreicher Kreise“.

Neben antisemitischen Vorurteilen dominiert eine rassistische Agitation: „Die Zuwanderung hat das Bild der Stadt negativ verändert“, heißt es in der ebenfalls „Pro München“ benannten Zeitung. Ein wichtiges Feld für die Propagnda ist der Stadtteil München-Sendling: Hier plant der Verein „Türkisch-Islamisches Gemeindezentrum e.V.“ (Ditim) seit dem Jahr 2005 den Bau einer repräsentativen Moschee und wird dabei von Oberbürgermeister Christian Ude und der Mehrheit im Münchner Stadtrat unterstützt. Nur wenige Menschen im Viertel lehnen das Bauvorhaben ab, auf einer Bürgerversammlung im Juni 2005 initiierten jedoch die Moscheegegner eine spontane „Abstimmung“ über den Bau. 252 Anwesende sprachen sich gegen, 212 für den Moscheeneubau aus. das rechtlich in keinster Weise bindende Ergebnis hatte allerdings keinen Einfluss auf die Planungen. Hier erhofft sich nun „Pro München“ einen Nährboden für islamophobe Hetze - und letztlich auch für einen Kommunalwahlerfolg, versuche doch der OB, die Moschee „gegen den Willen der einheimischen Bevölkerung“ durchzudrücken.

Im April 2007 kommt es zum Streit bei „Pro München“: Über die Radikalität der Außendarstellung, über die Sprecher, über das Verhältnis zur NPD und zu den „Pro“-Gruppen. Ausgerechnet die als „Pro München“-Sprecher wirkenden Stefan Werner (im Jahr 2005 Direktkandidat der NPD bei der Bundestagswahl in München) und Rüdiger Schrembs (Mitglied des bayerischen NPD-Landesvorstands) fahren bei „Pro München“ einen Anti-NPD-Kurs. Roland Wuttke, Norman Bordin und einige NPD-SympathisantInnen wenden sich von „Pro München“ ab. Dafür kommt jetzt Unterstützung aus den Reihen von „Pro Köln“ und „Pro Deutschland“, Manfred Rouhs („Pro Deutschland“-Bundesvorsitzender) ud die „Pro Köln“-Stadträte Markus Wiener und Judith Wolter reisen mehrfach an die Isar.

Die rassistischen Parolen gehen unvermindert weiter: „Das Problem“, schreibt Rüdiger Schrembs in der Wahlkampfzeitung, „ist der Fremde. (...) Wer nicht zu uns nach München, nach Bayern passt, ist der Nichteuropäer! Der Orientale, der Türke, Kurde, Araber, Afrikaner!“ Bei „Pro München“ setzt man dazu vermehrt auf homophobe Hetze: „Nicht länger sollen in der Öffentlichkeit provozierend auftretende Schwule, Perverse und Abartige als Vorbilder Kindern und Jugendlichen vorgehalten werden.“ Die städtische Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen wird von “Pro München “als „Lehrstelles des Abartigen“ diffamiert, ein Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Homosexuellen abgelehnt. Von einem großen Erfolg bei der Kommunalwahl sind die „Pro-München“-AktivistInnen überzeugt, der „Stadtratsfraktion in Gründung“ wird schon Platz auf der „Pro München“-Webseite eingeräumt.

Die im Januar 2008 bundesweit aufgebauschte Diskussion um eine angebliche „Ausländergewalt“ soll zusätzlich Rückenwind bringen: „Zukunft statt Islamisierung“ und „Sicherheit statt Ausländergewalt“ lässt “Pro München “auf die Wahlkampfmaterialien drucken. Am Abend des 2. März 2008 folgt dann jedoch die Ernüchterung: Etwa 4100 Münchnerinnen und Münchner geben bei der Kommunalwahl „Pro München“ ihre Stimmen, mit dem Ergebnis von 0.9% liegt ein Mandat im Stadtrat in weiter Ferne. Auch in München-Sendling kann „Pro München“ mit 1,1% der Stimmen kaum besser abschneiden, die Moscheebefürwortenden Parteien SPD und Grüne indes können hier sogar deutlich zulegen. Der von Roland Wuttke und Norman Bordin nach der Abspaltung von “Pro München “organisierte Antritt der NPD zur Kommunalwahl unter dem Listennamen „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) ist ebenfalls erfolgreicher als „Pro München“ und erreicht den Stadtratseinzug des Spitzenkandidaten Karl Richter. Ein Scheitern ist im Erfolgsmodell des Rechtspopulismus offensichtlich nicht vorgesehen. Schnell distanzieren sich Manfred Rouhs („Pro Deutschland“) und Markus Beisicht („Pro NRW“) vom eben noch unterstützten Projekt „Pro München“ und dem bayerischen Wahlantritt. Seit dem 2. März 2008 können keine öffentlichen Aktivitäten von „Pro München“ mehr registriert werden. Beleidigt stand einige Tage lang auf der „Pro München“-Internetseite der Kommentar: „Wir können nun nichts dagegen tun, dass am Ostbahnhof, 'stinkende Kartoffelfresser‘ gejagt werden“.

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