Der Verein Gedächtnisstätte wurde am 23.5.1992 gegründet. Zweck dieses Vereins mit Sitz im ostwestfälischen Vlotho ist laut Satzung die Schaffung einer Gedächnisstätte für die „vergessenen Opfer“ des 2. Weltkriegs.
Von Jan Raabe
Das Konzept für eine "würdige Gedächtnisstätte für die Opfer des zweiten Weltkrieges durch Bomben, Verschleppung, Vertreibung und Gefangenenlager" umfasst jedoch nur Deutsche. Opfer anderer Staatsbürgerschaft fehlen ebenso wie die ermordeten Juden und überhaupt jedwede Opfer des NS-Regimes.
Maßgeblichen Anteil an der Gründung hatten Personen aus dem am 7. 5. 2008 verbotenen Verein Collegium Humanum (CH), der ebenfalls seinen Sitz in Vlotho hatte, als Adresse wurde die Adresse des CH genannt. Zunächst agierte Ursula Haverbeck-Wetzel als Vorsitzende des Vereins Gedächtnisstätte. Sie prägt auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand 2003 noch maßgeblich seine Ausrichtung. Weniger stark als Holocaustleugner exponierte Personen stellen nun den Vorstand: Wolfram Schiedewitz aus Seevetal (Vorsitzender), Prof. Dr. Theodor Schmidt-Kaler (stellv. Vorsitzender) aus Witten, der schon 1981 als Mitinitiator des ausländerfeindlichen „Heidelberger Manifestes“ in den Fokus der Öffentlichkeit geriet und der pensionierte Chefarzt Dr. Hartmut Rau (Schatzmeister) aus Bad Pyrmont.
In den 1990er Jahren gelang es dem Verein nicht, die Mittel zur Errichtung einer Gedenkstätte aufzubringen. Erst ab 1999 stehen durch diverse Spenden diese Mittel zur Verfügung. Im thüringischen Beichlingen – hier führte Altnazi und Rechtsanwalt Hajo Herrman die Verhandlungen für den Verein – verweigerte 2002 jedoch die Kirchengemeinde den Verkauf einer Liegenschaft an den Verein, da man sich über dessen extrem rechten Hintergrund informiert hatte. Intensive Bemühungen Günther Kissels das Schloss Noschkowitz in Sachsen für den Verein zu kaufen, zerschlugen sich. Kissel scheute die Zusammenarbeit mit dem Schlossbesitzer, dem österreichischen Neonazi Raimund Bachmann.
Im Jahr 2005 ersteigerte Dr. Ludwig Limmer für den Verein „Gedächtnisstätte“ im sächsischen Borna für 99.000€ von der Lausitzer Mitteldeutschen Bergbau Verwaltungsgesellschaft LMBV deren ehemaliges Verwaltungsgebäude (3.000qm) samt Grundstück (10.500qm). Auch bei Limmer handelte es sich um eine bekannte Person in der extremen Rechten. Bei einer Hausdurchsuchung im Sommer 2005 wurden bei ihm holocaustleugnende Unterlagen gefunden. Seine Frau Gisela Limmer pflegte Kontakt zur extrem rechten ehemaligen „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ (JLO). Sie ist heute - Ludwig Limmer verstarb im Jahr 2006 - auch Eigentümerin der Immobilie.
Trotz Versuchen der Bornaer Stadtverwaltung den Umbau zu einer geschichtsrevisionistischen Gedenkstätte zu verhindern, wurde selbige im März 2007 eingeweiht. Das Konzept der Gedenkstätte erarbeitete Wolfhard Welzel (vgl. auch sein im extrem rechten Grabert-Verlag erschienenes Buch „Ein deutsches Trauerspiel“)
Bewertung
Der Verein Gedächtnisstätte wird von einer ganzen Reihe wohlhabender und scheinbar reputierlicher Personen unterstützt, wie dem Solinger Bauunternehmer Günther Kissel, auf dessen Firmengelände am 12.9.1994 die Jahreshauptversammlung des Verein stattfand. Ebenso dürfte die Familie Limmer zu den Einkommensmillionären gehören. Der Schatzmeister Dr. Hartmut Rau aus Bad Pyrmont ist pensionierten Chefarzt. Auf Empfehlung von Prof. Dr. Bernhard Bellinger an Ursula Haverbeck wurde der ehemalige Assistent Martin Hohmanns, Peter Hild „Wissenschaftlicher Leiter der Gedächtnisstätte Borna“. Ebenfalls zumindest zum Umfeld des Vereins gehört der ehemalige Geschäftsführer des Studienzentrums Weikersheim, Dr. Albrecht Jebens, der empfahl die Umwandlung „unseres Vereins Gedächtnisstätte“ in eine Stiftung. Auch die „neu rechte“ Junge Freiheit berichtete mehrfach wohlwollend über das Projekt, der Zeitung lag sogar ein Prospekt des Vereins bei.
Gegründet wurde der Verein Gedächtnisstätte jedoch von Personen aus dem Bereich der Holocaustleugnung, deren andere Vereine, (Collegium Humanum, Bauernhilfe, VRBHV) am 7. 5. 2008 verbotenen wurden. Statt direkt die Leugnung des Holocaust zu betreiben, versucht Verein Gedächtnisstätte mittels der Relativierung der Opfer des NS-Regimes eine Revision der Geschichte zu betreiben.
Als einzig verbliebener Aktivposten im ansonsten verbotenen Vereinsgeflecht um das Collegium Humaum könnte der Verein Gedächtnisstätte aber auch für die Holocaustleugner künftig größere Bedeutung erlangen. Dass man den Kontakt zum offenen Neonazismus nicht scheut, dokumentiert die Gedächtnisstätte anlässlich eines Sommerfestes 2007 der Neonazi-Kameradschaft Freie Kräfte Leipzig auf dem Gelände der „Gedächtnisstätte“. Es wird von „80 jungen, deutschen Freiheitskämpfern“ berichtet, die u.a. den Ausführungen des Mitarbeiters der NPD Landtagsfraktion Sachsen Olaf Rose über Rudolf Hess lauschten.
| Das Thema in der ZDF heute-Sendung
Zum Thema
| Das neonazistische "Collegium Humanum"
| Kurzbiografie von Ursula Haverbeck-Wetzel
| Was steckt hinter dem "Collegium Humanum"?
| Verfassungsschutz zum Collegium Humanum
| Die CH-Teilorganisation "Bauernhilfe e.V."
Weblinks
| Verbotsantrag der Bundestagsfraktion Die Grünen von Februar 2008