Presseschau ... 23.06.2017

Holocaust-Überlebende von Antisemiten in Berliner Uni niedergebrüllt +++ Razzien in Thüringen gegen mutmaßliche Rechtsterroristen +++ AfD soll vom Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt beobachtet werden +++  Weitere Bank kündigt Spendenkonto der "Identitären" +++ Vorwerk ersetzt "Thor Steinar"

Eklat an Berliner Humboldt-Uni: Holocaust-Überlebende und  Knesset-Abgeordnete bei Podiumsgespräch niedergebrüllt

Bei einer Veranstaltung in der Humboldt-Universität pöbelten antizionistische Israel-Kritiker der Boykott-Bewegung BDS gegen eine Knesset-Abgeordnete und eine Überlebende des Holocaust. Die Abgeordnete Aliza Lavie war am Dienstag bei einem Podiumsgespräch mit der 82-jährigen Holocaust-Überlebenden Deborah Weinstein aufgetreten. Der Jerusalem Post schilderte Lavie anschließend, dass BDS-Aktivisten Unflätigkeiten und Parolen wie „Das Blut des Gazastreifens klebt an euren Händen“ gerufen und sie mit dieser „antisemitischen Demonstration“ am Reden gehindert hätten. Lazie sagte, es mache sie „traurig, dass Deborah dieses schändliche Spektakel miterleben musste.“ –

 

Thüringen: Durchsuchung wg. des Verdachtes der Bildung einer kriminellen Vereinigung bei rechtsextremer Bewegung

Das Landeskriminalamt Thüringen durchsucht seit heute Morgen 4:00 Uhr im Rahmen eines bei der Staatsanwaltschaft Gera geführten Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung an verschiedenen Orten in Thüringen und Niedersachsen.

Zweck der Durchsuchungen ist es, Beweismittel zu erlangen. Bei den insgesamt vierzehn durchsuchten Objekten handelt es sich weit überwiegend um Wohnräume. Die Objekte befinden sich im Südthüringer und im Erfurter Raum sowie in Göttingen.

 

Hassgedicht auf Facebook-Seite kostet 35-Jährigen 3600 Euro

Vor dem Amtsgericht Wertheim musste sich am Mittwoch ein 35-Jähriger wegen Volksverhetzung verantworten. Er hatte gegen einen Strafbefehl über 7200 Euro Einspruch eingelegt, jetzt wurde er zu einer Geldstrafe von nur noch 3600 Euro verurteilt.

Der Mann aus der Region Wertheim hatte im Januar 2016 einen bestimmten Bekanntheitsgrad erreicht, als er über Facebook zu einer Demo »Gegen Vergewaltigung und Gewalt an Frauen und minderjährigen Mädchen durch sich hier aufhaltende Migranten-Asylanten« aufrief, die dann am 31. Januar im Wertheimer Rathausinnenhof auch stattfand. Am 20. Januar vergangenen Jahres, also im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Demo, hatte er über seinen Facebook-Account Aufsehen erregt und so die Aufmerksamkeit der Strafverfolgungsbehörden auf sich gelenkt. Dem Tatvorwurf des Staatsanwalts war zu entnehmen, dass der Angeklagte »ein mehrstrophiges Gedicht mit Hass- und Hetztiraden gegen Asylbewerber« gepostet hatte, in dem die Zeilen »sie liegen nur im Bett und werden dick und fett« noch zu den harmloseren Inhalten gehörten.

 

Facebook-Pöbler aus Schleswig-Holstein vor Gericht

Weil er sich im sozialen Netzwerk Facebook auf hetzerische Weise über die ehemalige SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi geäußert haben soll, ist ein 66 Jahre alter Tornescher wegen Volksverhetzung angeklagt worden. Der Prozess vor dem Elmshorner Amtsgericht am Mittwoch endete mit einem Freispruch.

 

"Hate Speech" vor Gericht in Luxemburg:  Angeklagte kommen mit Geldstrafen davon

Fünf Luxemburger hatten Mitte Dezember 2016 Beiträge über Flüchtlinge auf Facebook mit pauschalen Beschimpfungen und Aufrufen zur Gewalt kommentiert. Am Donnerstag wurden sie zu Geldstrafen verurteilt.

Romaine W. muss demnach 700 Euro zahlen, Giovanni G., Jean S. und Jean-Pierre E. jeweils 500 Euro. Die gleiche Strafe wurde auch gegen Emile H. ausgesprochen, der bereits wegen vergleichbarer Tatbestände vorbestraft ist. Er hatte sich vor einem Monat gleich wegen mehrerer Kommentare verantworten müssen.

 

In der AfD geht die Angst vor der Fünf-Prozent-Hürde um

m April wurde in der AfD über Machtperspektiven diskutiert. Es gab Szenarien, in denen die Partei auf bundesweit weit mehr als 20 Prozent kommen und mittelfristig „auf Augenhöhe“ mit einem Partner koalieren würde. Doch jetzt geistert durch die Partei das F-Wort: Fünf-Prozent-Hürde. Die Sorge geht um, dass man im Herbst den Einzug in den Bundestag verpasst.

Der Grund sind nicht nur sinkende Umfragewerte. Sondern auch, dass die AfD den Kampf um jede Stimme möglicherweise nicht führen kann. Weil sie nicht überall zur Wahl zugelassen wird. Dazu könnte es im Saarland und in Niedersachsen kommen. Dort könnten entscheidende Stimmen fehlen. Denn die AfD ist in bundesweiten Umfragen stark abgerutscht, auf aktuell 6,5 bis sieben Prozent. Auch in einigen ostdeutschen Ländern schwächelt die Partei. Dort bleibt wenig Hoffnung, man könne durch 20-Plus-Ergebnisse jene West-Schwäche ausgleichen, die der AfD bei den jüngsten Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zu schaffen gemacht hat.

 

Vertreter der "Jungen Allternative"-Bremen bei der "Identitären"-Demo in Berlin

Eigentlich hat die Junge Alternative (JA), die Jugendorganisation der Alternative für Deutschland (AfD), einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB). Als diese aber am vergangenen Sonnabend mit einer Demonstration durch Berlin zog, waren der Bremer JA-Vorsitzende Robert Teske und sein Stellvertreter Marvin Mergard mit von der Partie.  

In einem früheren Gespräch mit dem WESER-KURIER hatten Teske und Mergard Verbindungen zur IB geleugnet. Am Donnerstag sagte Teske: „Die Identitären machen gute Aktionen und werden zu Unrecht vom Verfassungsschutz beobachtet.“

 

In Sachsen-Anhalt will der Verfassungsschutz die AfD beobachten

Nach der Veröffentlichung interner Chat-Protokolle von AfD-Politikern mit nationalistischen Äußerungen prüft Sachsen-Anhalt eine Beobachtung des Landesverbands durch den Verfassungsschutz. Dies sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Mittwochabend in Magdeburg.

Im Land Brandenburg ist die Partei allerdings weiter kein Beobachtungsobjekt für den Verfassungsschutz. Dies teilte ein Sprecher des Potsdamer Innenministeriums am Donnerstag auf Anfrage mit. Weitere Angaben zu einer möglichen Überprüfung der Einstufung wollte der Sprecher nicht machen.

 

SZ-Korrespondentin: "Die AfD übernimmt viele SVP-Verlautbarungen fast wortwörtlich"

Charlotte Theile ist seit knapp drei Jahren Schweiz-Korrespondentin der «Süddeutschen Zeitung». Dass mit der SVP eine seelenverwandte Partei der rechtspopulistischen AfD fester Bestandteil der Schweizer Politlandschaft ist, überraschte die 29-Jährige. In einem Buch hat sie die Parallelen zwischen der AfD und der SVP herausgeschält.

 

Weitere Bank kündigt Spendenkonto der "Identitären"

Die neofaschistische „Identitäre Bewegung“ sammelt Geld für ein Boot im Mittelmeer. Damit sollen Rettungsschiffe von NGO´s blockiert werden. Erst sperrte Paypal ihr Konto, jetzt wurde auch das Spendenkonto in Österreich von der Bank gekündigt. Die rassistische Kampagne gegen Rettungsorganisationen gerät ins Stocken.

 

Braunes Treiben in der Lüneburger Heide

Die rechte Szene will am 24. Juni organisations- und parteiübergreifend in Niedersachsen die Sommersonnenwende feiern. Als Ort wird zwar lediglich die Lüneburger Heide genannt, aus den langjährigen Erfahrungen dürfte das Treffen aber bei Eschede auf dem abgelegenen Hof von Joachim Nahtz stattfinden. Dort haben in der Vergangenheit auch immer wieder Pfingstlager, völkische Erntedankfeste und andere Zusammenkünfte stattgefunden.

 

Soldat wegen Nazi-Parole entlassen

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt seit Ende Mai gegen einen ehemaligen Studenten der Bundeswehr-Hochschule München wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll der frühere Student mit Parolen wie "Judensau", "Neger" oder "Heil Hitler" aufgefallen sein. Die Bundeswehr hat bereits Konsequenzen gezogen: Ende Mai wurden der Offizier und ein weiterer Soldat fristlos entlassen.

 

Ernüchterndes Fazit NSU-Ausschuss legt Abschlussbericht vor

Nach jahrelanger Aufklärung des Ermittlungsdesasters im Fall der rechten Terrorzelle NSU beklagt auch der zweite Untersuchungsausschuss des Bundestags schwere Versäumnisse der Sicherheitsbehörden. Das Gremium beschloss am Donnerstag in Berlin seinen Abschlussbericht. In dem viele hundert Seiten starken Werk, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, kritisieren die Abgeordneten unter anderem, dass die Ermittler nicht ausreichend in verschiedene Richtungen geschaut hätten - mit Blick auf Unterstützer, größere Netzwerke, aber auch Bezüge zur organisierten Kriminalität.

 

"Thermomix“ statt Mieter-Tricks: Vorwerk ersetzt Thor Steinar

Die gescheiterte Eröffnung einer neuen Boutique in Norderstedt bei Hamburg endete für die in rechtsextremen Kreisen beliebte Modemarke Thor Steinar in einem PR-Desaster. Aufgrund baurechtlicher Mängel wurde die Filiale per Amtsbeschluss nur zwei Stunden nach Eröffnung wieder geschlossen – für immer. Nun nutzt der Küchengerätehersteller Vorwerk die Immobilie. Behörden und Zivilgesellschaft atmen auf.

 

Österreichischer Neonazi widmet Xavier Naidoo eine Ballade

Xavier Naidoo ist in der rechten Szene angesehen. Nun wird der umstrittene Sänger sogar von einem verurteilten Holocaustleugner geehrt.

 

Rückendeckung für Priesteranwärter trotz Rassismus-Vorwurfs

Rechtsradikal geht gar nicht, sagt der Eichstätter Bischof. Dennoch weiht er einen Priesteranwärter zum Diakon, der wegen rassistischer Sprüche schon einmal aus dem Seminar flog. Der Zentralrat der Juden zweifelt an der Eignung des jungen Mannes fürs Amt des Seelsorgers

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke hält einen wegen rassistischer Äußerungen umstrittenen Priesteramtskandidaten für geläutert und will ihn deshalb am Samstag zum Diakon weihen. "Antisemitismus und rechtsradikales Gedankengut haben in der katholischen Kirche nichts zu suchen", sagte Hanke zwar am Mittwoch vor Journalisten. Der Theologiestudent habe aber eine zweite Chance verdient gehabt.

Der künftige Priester soll sich über Konzentrationslager der Nationalsozialisten lustig gemacht und Adolf Hitler imitiert haben. Er flog nach innerkirchlicher Klärung des Vorfalls deshalb 2013 aus dem Würzburger Priesterseminar.

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