Presseschau ... 23.05.2017

Verfassungsschützer registrieren 12.600 Reichsbürger_innen, 700 davon rechtsextrem +++ Rechts motivierte Straftaten in NRW steigen weiter an +++ NSU-Unterstützer vor Gericht weil er auf einen 18-Jährigen einschlug bis sein Sohn ihn stoppte +++ Strafprozess gegen Ex-Partnerin von Horst Mahler geplatzt +++ Pegida „spaziert“ durch Dresden und pöbelt die eigenen Leute an

 

Rechts motivierte Gewalt in NRW steigt an

Die Zahl politisch rechts motivierter Straftaten ist in Nordrhein-Westfalen erneut sprunghaft gestiegen – von 3.286 im Jahr 2014 auf 4.437 im Jahr 2015 und im Jahr 2016 sogar auf 4.700 Straftaten.

NSU-Helfer, André E.,  prügelte auf das Opfer ein, bis sein Sohn ihn stoppte

Der Zwickauer André E. steht seit vier Jahren mit der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe und weiteren NSU-Helfern in München wegen des Vorwurfs der Terrorismus-Unterstützung vor Gericht. Am Amtsgericht Zwickau musste sich der 37-Jährige zudem am Montag verantworten, weil er vor einem Jahr einen 18-jährigen Jungen mit 15 Faustschlägen zu Boden prügelte und dem liegenden Opfer noch in Rücken und Rippen trat. So lange schlug und trat E., bis sein 14-jähriger Sohn den Vater bat, er solle aufhören.

29-Jähriger von Nachbar in Berlin rassistisch beleidigt

Ein 29 Jahre alter Mann ist am Montagabend in Berlin-Gesundbrunnen von seinem 54-jährigen Nachbarn rassistisch beleidigt worden. Der Vorfall ereignete sich am Montagabend, wie die Polizei am Dienstag mitteilte.

Mitglied des  Berliner Abgeordnetenhauses fordert Überwachung einiger AfD-Mitglieder

Wegen Verbindungen zur „Identitären Bewegung“ will der Innenexperte der SPD, Tom Schreiber, einzelne Berliner AfD-Mitglieder vom Verfassungsschutz überwachen lassen. AfD-Sprecher Gläser findet die Forderung lächerlich.

"Der Dritte Weg" übernimmt die Rolle  der "Autonomen Nationalisten Göppingen"

Nach dem Verbot der „Autonomen Nationalisten Göppingen“ scheint die rechtsradikale Kleinpartei „Der Dritte Weg“ ihre Rolle übernommen zu haben. Darüber hat ein Bündnis von bis zu 40 Nazigegner_innen am späten Samstagvormittag, 20. Mai, auf dem Göppinger Marktplatz informiert.

Verfassungsschutz lässt Nazi-V-Mann im Stich

Der ehemalige Neonazi und V-Mann des Bundesamts für Verfassungsschutz, Michael See, hat bestätigt, dass es intensive Kontakte zwischen den Nazi-Szenen in Nordhessen, Südniedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen gab. Insbesondere die nordhessische Szene sei besonders gewalttätig gewesen, sagte See nach Angaben von Teilnehmern in einer Sitzung des hessischen NSU-Untersuchungsausschusses am Freitag, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand.

See, der zwischenzeitlich nach einer Eheschließung von Dolsperg hieß, hatte bis 2001 oder 2002 unter dem Decknamen „Tarif“ Informationen über die Nazi-Szene an den Verfassungsschutz geliefert. Dieser hatte ihn 1994 angeworben, als See eigentlich gehofft hatte, aus der Naziszene aussteigen zu können. Stattdessen blieb der heute 43-Jährige in der Naziszene aktiv und lieferte Informationen an den Geheimdienst, bis er 2002 endgültig ausstieg und nach Schweden ging.

Strafprozess gegen Ex-Partnerin von Horst Mahler geplatzt

Der Volksverhetzungs-Prozess gegen Sylvia Stolz, ehemalige Lebensgefährtin des Rechtsextremisten und Holocaust-Leugners Horst Mahler (81), ist geplatzt. Das Verfahren sollte am Montag am Landgericht München II eröffnet werden, musste jedoch wegen einer nicht einzuhaltenden Ladungsfrist kurzfristig abgesetzt werden. Die Angeklagte hatte einen neuen Wahlverteidiger genommen, der nicht mehr rechtzeitig geladen werden konnte. Ein neuer Termin stand zunächst nicht fest. Die Staatsanwaltschaft wirft der Juristin vor, auf einer Konferenz in der Schweiz den Holocaust geleugnet und später einen Schweizer Rechtsanwalt verleumdet zu haben, der sie angezeigt hatte. Sylvia Stolz wurde bereits früher wegen Volksverhetzung verurteilt und ihre Zulassung als Rechtsanwältin entzogen.

Verfassungsschützer registrieren 12.600 Reichsbürger, 700 davon rechtsextrem

Die Reichsbürgerbewegung hat mehr Anhänger_innen als bisher bekannt. Der Szene würden derzeit 12.600 Menschen in Deutschland zugerechnet, teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz mit. Bei etwa 700 von ihnen handle es sich um Rechtsextremist_innen. Bislang waren die Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern von etwa 10.000 Reichsbürger_innen ausgegangen.

Zwei Monate Haft für Reichsbürger

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hatte einen Mann ohne festen Wohnsitz angeklagt, im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung bei seinem Gesinnungsgenossen Matthias M. Polizist_innen beleidigt zu haben. Nachdem er versucht hatte, die Beamt_innen, die zur Unterstützung des Gerichtsvollziehers vor Ort waren, mit abstruser Reichsbürger-Ideologie zu beeindrucken und einen Platzverweis erhalten hatte, sei er verbal gegen die Polizisten vorgegangen. So habe er einen Polizeihauptkommissar und einen damaligen Anwärter als „dumme Büffel“, als „kostümierte Sachen“, als „Nazis“, „Vertreter eines Staates, der nicht existent ist“ und „Verbrecher“ beschimpft.

Polizei in Bad Oldesloe nimmt Reichsbürger ins Visier

Stormarns Kreisstadt hat offenbar ein Problem mit Rechtsgesinnten. Andreas Knaak, Leiter der Oldesloer Kriminalpolizei, berichtete dem Polizeibeirat der Stadt von mehreren Reichsbürger_innen, die in Bad Oldesloe "ihr Unwesen" treiben. Knaack: "Wir waren nach unseren Recherchen überrascht, wie viele Reichsbürger es in Bad Oldesloe gibt." So gebe es mehrere Personen, die der Stadtverwaltung bekannt und polizeilich bereits in Erscheinung getreten sind. Die Polizei spricht von fünf Personen. Die Vergehen beschränken sich in der Regel darauf, dass die Personen die Behörden mit zeitraubenden Anfragen überhäufen. Verstöße gegen das Waffengesetz habe es diesbezüglich bislang noch nicht gegeben.

Pegida spaziert durch Dresden und pöbelt die eigenen Leute an

Am Rande der Pegida-Kundgebung vor der Dresdener Frauenkirche kam es am Montag zu skurrilen Szenen. Reporter_innen haben beobachtet, wie Pegida-Anhänger_innen verkleidete Demonstrant_innen angepöbelt haben. Später stellte sich heraus, dass auch sie zu den Montags-Spaziergänger_innen gehörten und nur zeigen wollten, wie Dresden künftig angeblich aussehen könnte.

Dynamo-Fans wollen sich nicht von Lutz Bachmann instrumentalisieren lassen

Pegida-Chef Lutz Bachmann wollte den Marsch der „Football Army“ in Karlsruhe offenbar für seine „Spaziergänge“ in Dresden instrumentalisieren. Doch die Dynamo-Fans geben ihm einen Laufpass. Bei einem Spiel am Sonntag hatten die Fans eine klare Botschaft an Lutz Bachmann: Er möge schweigen, schrieben sie in drastischeren Worten auf ein Transparent.

Nazi-Probleme bei der Bundeswehr

Souvenirs der Wehrmacht mussten aus den Stuben verschwinden, Kasernen möchte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen umbenennen lassen. Ausgerechnet die Gedenkveranstaltungen für einen Wehrmachtspiloten aus der berüchtigten Legion Condor will ihr Ministerium aber weiterhin dulden.

71-jährige Aktivistin entfernt Aufkleber mit rechten Parolen

Irmela Mensah-Schramm kann’s einfach nicht lassen. „Egal, wo ich bin, an Nazi-Parolen gehe ich nicht vorbei“, sagt die 71-Jährige. Mehr als drei Jahrzehnte ist es her, dass sie in Berlin ihren ersten Nazi-Aufkleber entfernt hat. „Tagsdrauf fand ich immer mehr solcher Sticker. Da habe ich mich vor mir selbst geschämt, weil sie mir vorher nie aufgefallen waren“, blickt sie zurück. Heute könne ihr das nicht mehr passieren, beteuert sie. „Mit meinen Adleraugen finde ich auch millimetergroße Hakenkreuze“, sagt die Berlinerin. Den Beweis wolle sie nun auch im Limburg antreten. „Und mich treibt natürlich auch die Neugier, was ich hier finden werde“, sagt sie.

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