Presseschau ... 20.05.2016

+++ Geflüchteter (16) mit Nazistickern beklebt, zu Boden gestoßen und verletzt +++ Attacke auf linkes Café in Bad Belzig +++ Geplanter Moscheebau in Erfurt: Auf Hassreden der AfD folgen Anschlagsdrohungen +++ Zwangsarbeiter-Mahnmal in Bremen geschändet +++ Lübeck: Zwei rechtsextreme Taten in zwei Tagen +++

 

Geflüchteter (16) mit Nazistickern beklebt, zu Boden gestoßen und verletzt

Bereits am 9. Mai 2016 haben Unbekannte in Limbach-Oberfrohna (Sachsen) einen 16-jährigen Flüchtling angegriffen und verletzt. Das teilte der städtische Präventionsbeauftragte Dietrich Oberschelp mit in der vergangenen Woche. Demnach ereignete sich der Vorfall am Montagmorgen gegen 8 Uhr. Drei Männer gingen auf den Jugendlichen zu und befestigten an dessen T-Shirt einen Aufkleber. Auf diesem waren die Aufschriften "Islamists not welcome" (Islamisten nicht willkommen) und "Wir müssen draußen bleiben" zu lesen.
Der Jugendliche entfernte den Aufkleber. Die Angreifer ließen jedoch nicht locker und wählten nun den Sattel des Fahrrads, das der Flüchtling mit sich führte, als Fläche für den Aufkleber. Als der 16-Jährige sich erneut wehrte, kam es zu einem Handgemenge, in dessen Folge die Männer den Jugendlichen zu Boden stießen. Er zog sich dabei Schürfwunden zu. Als Kunden aus dem Einkaufsmarkt zu Hilfe eilten, flüchteten die Angreifer.

 

Attacke auf linkes Café in Bad Belzig

In der Nacht zu Donnerstag hat es erneut einen Angriff auf das Infocafé „Der Winkel“ in Bad Belzig (Brandenburg) gegeben. Ein Nachbar hatte gegen 22.40 Uhr am Mittwochabend einen lauten Knall gehört. Die Spuren am Tatort deuten auf Pyrotechnik, so genannte Polenböller, hin. Der Sprengsatz wurde offenbar mit Panzerband am Schaufenster befestigt und gezündet. Verletzt wurde niemand. Der Anschlag riss ein tiefes Loch in die Scheibe des Cafés. Das Café ist ein beliebter Anlaufpunkt auch für Geflüchtete und zentral gelegen.
Wie viele Anschläge auf das Café insgesamt verübt wurden, vermögen nicht einmal die Betreiber zu sagen. Im letzten Sommer gab es allein vier Angriffe binnen vier Wochen, die Schaufenster wurden zuletzt im Herbst ausgetauscht.
Die Stadt Bad Belzig war schon in den 1990er Jahren bundesweit bekannt für ihr notorisches Naziproblem. Der Autor Thomas Bürk, 56, hat jahrelang in Bad Belzig zu rechten Strukturen und Gegenwehr aus der Zivilgesellschaft geforscht, eine wichtige Basis seiner Recherchen bildet das Infocafé.

Sie sind drei Jahre lang immer wieder nach Belzig gereist, haben wochenweise hier gewohnt und für Ihre Studie mit mehr als hundert Menschen gesprochen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Im ganzen Land Brandenburg gab es in den Neunzigerjahren eine schlechte Politik, was den Umgang mit der rechten Szene anging. Deshalb konnten sich in so vielen Regionen Neonazis festsetzen. In Belzig hatten wir es mit einer etablierten Szene in der zweiten Generation zu tun. Die Flüchtlinge, die damals schon hier lebten, sprachen davon, vor bestimmten Orten Angst zu haben.

Hat sich an dieser Situation etwas geändert?

Ja, auf jeden Fall. Etwa im Jahr 2000 begann eine breit angelegte, politisch geförderte Unterstützung. Diese – auch finanzielle – Förderung der Engagierten war außerordentlich wichtig, sie hat in Belzig dafür gesorgt, dass die Neonazis zurück gedrängt werden konnten. Die Mischung aus einer starken, bis in die Stadtpolitik hinein verankerte Zivilgesellschaft, Antifagruppen und bezahlter Sozialarbeit ist der entscheidende Unterschied zu anderen Orten. An dieser Mischung liegt es, dass die Stadt den Ruf des braunen Nestes nicht mehr hat.

 

Geplanter Moscheebau in Erfurt: Auf Hassreden der AfD folgen Anschlagsdrohungen

Erst am Mittwoch nutzte die AfD eine Aktuelle Stunde im Thüringer Landtag und eine Kundgebung auf dem Domplatz in Erfurt, um Stimmung gegen den geplanten Bau einer Moschee und den Verfassungsgrundsatz der Religionsfreiheit zu machen. Inzwischen kursieren zahlreiche Hasskommentare dazu im Internet.
In einem gestern veröffentlichten 7-minütigen Video beschimpft ein junger Erfurter die Mitglieder der Ahmadyyia-Gemeinde als „Kanakenschweine“ und ruft wörtlich zur Brandstiftung an dem geplanten Moscheebau in Erfurt auf: „Wenn ihr in Erfurt wohnt, nehmt euch Öl und bisschen Benzin, geht da auf die Baustelle in der Nacht und brennt sie ab. Und wenn die Schweine wieder beginnen, sie zu bauen, dann brennt sie aufs Neue ab. Wir brennen dieses Dreckshaus ab.“ Es folgen weitere Aufrufe, mit Benzinkanister, Feuer und Kapuze im Dunkeln vorzugehen, für den Fall, dass „ihr nicht wollt, dass hier im deutschen Erfurt, Erfurt eine der letzten wirklich kulturreichen Städte hier, eine scheiss Mistscheiss Moschee gebaut wird.“

Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke bezeichnete das Bauvorhaben bereits als „Teil eines langfristigen Landnahmeprojektes“. Für die Platzierung des Themas holte sich die AfD Unterstützung bei der islamfeindlichen Pegida-Bewegung in Dresden.
Zur Unterstützung ihres angekündigten Kampfes gegen den Bau der landesweit ersten Moschee ließ die AfD Thüringen bei einer Kundgebung in Erfurt einen führenden Pegida-Mann sprechen. Siegfried Däbritz gehört zum Orga-Team der Pegida-Aufmärsche in Dresden und hatte nach Angaben des Magazins „Der Spiegel“ in einer geschlossenen Facebook-Gruppe Muslime als „mohammedanische Kamelwämser“ oder „Schluchtenscheißer“ beschimpft. Erst in der vergangenen Woche posierte Däbritz vor der Dresdner Synagoge für ein Foto mit dem NPD-Bundesvorsitzenden Frank Franz und dem ehemaligen NPD-Landtagsabgeordneten in Sachsen, Arne Schimmer. In Erfurt erklärte der Pegida-Frontmann: „Ohne die AfD und ohne uns wäre ganz Deutschland immer noch völlig sediert und verschlafen“.

Währenddessen gibt es innerhalb der AfD Streit um die Pegida-Connection: Tillschneiders Auftritt bei Pegida in Dresden hatte die AfD in Sachsen erheblich verärgert. Fraktionschefin Frauke Petry - zugleich Vorsitzende der Bundespartei - schrieb an ihre Parteifreunde in Sachsen-Anhalt, der Auftritt des sachsen-anhaltischen Abgeordneten sei ein "bewusster Affront gegenüber der sächsischen AfD". In dem Brief, der vom gesamten Vorstand der Landtagsfraktion unterzeichnet war, mokierte sich Petry darüber, dass sie über den Auftritt nicht vorab informiert gewesen sei. Der Vorschlag Tillschneiders, dass Pegida-Chef Bachmann das Bundesverdienstkreuz erhalten müsse, sei angesichts der Vorstrafen und dessen jüngster Verurteilung "völlig unverständlich".

 

Zwangsarbeiter-Mahnmal in Bremen geschändet

Das Zwangsarbeiter-Mahnmal vor dem Bunker Valentin in Bremen-Farge ist am Pfingstwochenende von Unbekannten geschändet worden. Wie die Landeszentrale für Politische Bildung mitteilte, verbrannten Täter Kränze und Blumen, die von Überlebenden und Angehörigenverbänden ehemaliger KZ-Häftlinge dort niedergelegt worden waren. Außerdem wurde ein rechtsexremer Schriftzug gesprüht.
Der U-Boot-Bunker Valentin ist ein an der Weser gelegenes Bauwerk, das während des Zweiten Weltkrieges von 1943 bis März 1945 unter Einsatz von Zwangsarbeitern errichtet wurde. Tausende von ihnen kamen dabei ums Leben, sie starben an Unterernährung und physischer Erschöpfung.

 

Lübeck: Zwei rechtsextreme Taten in zwei Tagen

Zwei rechtsradikale Taten innerhalb von 22 Stunden: In der Hansestadt häufen sich die Zwischenfälle, bei denen Nazi-Parolen gerufen und ausländerfeindliche Stimmung verbreitet werden. Zuletzt rückte die Polizei am Mittwoch kurz vor 18 Uhr mit sechs Streifenwagen an, weil eine Männergruppe mehrere Kunden eines Supermarkts belästigt haben soll.
„Sie haben Frauen hinterhergebrüllt, Asylbewerber beleidigt und Afrikaner mit dem ,N-Wort‘ beschimpft“, berichtet ein Augenzeuge, der allerdings anonym bleiben möchte. Jeder Zweite, der aus dem Supermarkt gekommen sei, „wurde beleidigt und bespuckt“. Im Internetforum „Linksunten“ wird zudem berichtet, dass zuvor „drei alkoholisierte Neonazis“ randaliert und ebenfalls „Heil Hitler“ gerufen haben sollen.
Am Dienstag musste die Polizei gegen 20 Uhr mit sieben Streifenwagen-Besatzungen auf dem Meesenring einschreiten, weil sechs bis acht Personen „Heil Hitler“ riefen, den Hitlergruß zeigten und mit Flaschen auf Passanten warfen. Vier Verdächtige kamen in Gewahrsam, zwei von ihnen widersetzten sich der Festnahme und verletzten zwei Polizisten.

 

Rechte Gewalt: Starker Anstieg in Niedersachsen

Hakenkreuz-Schmierereien, Hass-Parolen im Internet und Brandanschläge: Die Polizei in Niedersachsen hat immer häufiger mit Straftaten zu tun, die einen rechten Hintergrund haben. Das zeigt eine Statistik zu politisch motivierten Straftaten, die das niedersächsische Innenministerium am Donnerstag vorgestellt hat. Taten, bei denen Ausländerhass oder Rassismus eine Rolle spielten, haben im Vergleich zum Vorjahr um fast 50 Prozent zugenommen: 2014 waren es noch 1.198 Fälle, 2015 wurden 1.786 solcher Delikte registriert.
Besondere Sorgen bereitet Innenminister Boris Pistorius (SPD) dabei die hohe Zahl der Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Die Behörden registrierten im vergangenen Jahr 110 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, 2014 waren es noch acht. "Wir nehmen dieses Phänomen, das bundesweit zu beobachten ist, sehr ernst", so der Minister. Die Beamten bearbeiten außerdem rund 280 Verfahren wegen Volksverhetzung wie zum Beispiel Beschimpfungen im Internet. Bei den Tatverdächtigen handele es sich um bekannte Rechtsextreme, aber auch um Bürger, die bis dahin nicht aufgefallen seien, so Pistorius.

 

Neonazi bekommt beschränkte Zugangserlaubnis für den Bundestag

Der Bundestag hat sich im Rechtsstreit mit dem Neonazi und NPD-Funktionär Uwe Meenen um Zutritt zu den Liegenschaften des Parlaments geeinigt. Nach einem am Donnerstag vor dem Berliner Verwaltungsgericht geschlossenen Vergleich erhält der Mitarbeiter des EU-Parlamentariers und früheren NPD-Chefs Udo Voigt bis Ende der Legislaturperiode eine beschränkte Zugangserlaubnis. Meenen darf die beim Bundestag angesiedelten Büros der deutschen Europaabgeordneten sowie das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus betreten, in dem sich die Parlamentsbibliothek befindet. Er hatte auf die Erteilung eines sogenannten Hausausweises geklagt, der zum Zutritt in alle Liegenschaften einschließlich des Plenargebäudes berechtigt. Den hatte der Bundestag ihm wegen angeblich fehlender Zuverlässigkeit jedoch verweigert.
Laut Hausordnung haben Mitarbeiter von EU-Parlamentariern wie diese selbst einen Anspruch auf den Ausweis. Der Bundestag bestätigte den Vergleich nach einem nichtöffentlichen Gerichtstermin am Donnerstag. Meenen will mit Ablauf der Wahlperiode einen vollgültigen Ausweis beantragen. Er spricht davon, zu Bundestagsabgeordneten „Kontakt halten“ zu wollen. Er sehe sich bisher in seiner Arbeit stark eingeschränkt. Die Bewährungszeit für eine Vorstrafe wegen Volksverhetzung laufe in diesem Jahr ab. Dann gebe es keinen Grund mehr, ihm den Ausweis mit allen Eintrittsrechten zu verweigern.

 

Brisante Personalie Ex-NPD-Mann wird Chef von Jobcenter-Tochter

Der Rechtsanwalt Ingmar Knop wird ab 1. Juni neuer Geschäftsführer der kommunalen B&A Strukturförderungsgesellschaft Zerbst (Sachse-Anhalt). Sowohl der Aufsichtsrat der Gesellschaft als auch deren Gesellschafter, das Jobcenter  des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, haben sich für den 41-jährigen Dessauer ausgesprochen. Es ist eine Entscheidung mit Brisanz: Knop war viele Jahre ein ranghoher Funktionär der rechtsextremen NPD und DVU, saß für die DVU auch im Dessau-Roßlauer Stadtrat. 2014 verkündete Ingmar Knop öffentlichkeitswirksam seinen Ausstieg aus der rechten Szene.
„Herr Knop verfügt über die notwendige fachliche Qualifikation. Zudem hat er uns seinen Ausstieg aus der rechten Szene, der bundesweit mediales Aufsehen erregte, glaubhaft versichert“, wird Andreas Dittmann (SPD), Bürgermeister von Zerbst und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Zerbster B&A Strukturförderungsgesellschaft, in einer Pressemitteilung zitiert. „Wir sind bereit, ihn mittels einer beruflichen Perspektive zu unterstützen, in der Mitte der Gesellschaft dauerhaft einen Platz zu finden.“
Wie die Gesellschaft in einer Pressemitteilung erklärt, soll Knop inzwischen mit dem Verein „Exit Deutschland“ und dem Bildungsverein Arbeit & Leben Niedersachsen  im Engagement gegen Rechtsextremismus zusammen arbeiten. „Diese Kooperation ist das Ergebnis meines persönlichen Bruchs mit der rechtsextremen Szene“, lässt er sich in der Pressemitteilung zitieren.

 

Bayern: Verfassungsschutz beobachtet Einzelpersonen in der AfD

Der bayerische Verfassungsschutz hat laut dem Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz neben diversen bayerischen Pegida-Ablegern auch Einzelpersonen in der AfD im Visier. Es werde allerdings weder die gesamte AfD noch der Landesverband beobachtet, so  Burkhard Körner in Bayreuth. Zu den Beobachteten, deren genaue Zahl Körner nicht nennen wollte, zählen ihm zufolge Personen, die dem Verfassungsschutz bereits aus rechtsextremistischen und islamfeindlichen Bereichen bekannt seien.

 

Ballstädt-Angeklagte bislang nur zu Geldstrafen und Bewährung verurteilt

Was bei der Verhandlung gegen die an einem brutalen Überfall auf eine Kirmesfeier Beteiligten für Verwunderung im Gerichtssaal sorgt, ist nicht mal so sehr die Masse der Straftaten. Sondern die Art der Strafen, zu denen sie deshalb in der Vergangenheit von deutschen Gerichten verurteilt worden sind: Geldstrafen und Bewährung. Die Stimmung ist gut. Erst kichern viele der fünfzehn Angeklagten im Gerichtssaal, weil ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe über den jüngsten mutmaßlichen Angreifer von Ballstädt sagt, er sei öfter mit seiner Mutter einkaufen gegangen. Er wohne noch bei seinen Eltern, sei immer gutmütig und hilfsbereit.
Allen, die hier auf der Anklagebank sitzen, wirft die Staatsanwaltschaft Erfurt vor, im ­Februar 2014 am Überfall auf eine private Kirmesfeier in Ballstädt im Landkreis Gotha beteiligt gewesen zu sein. Mehrere Menschen waren damals teilweise schwer verletzt worden. Die Angeklagten stammen aus allen Winkeln Thüringens, auffallend viele aber aus dem Raum Sonneberg. Und sie alle gelten als Anhänger der rechten Szene; die meisten von ihnen versuchen das nicht mal zu kaschieren. Neben ihren Tattoos tragen viele Angeklagte seit dem ersten Verhandlungstag in diesem Prozess szenetypische Kleidung. Wenn man so will, sitzt ein Teil des inneren Zirkels der Thüringer Neonazi-Szene im Ballstädt-Prozess auf der Anklagebank.

 

Volksverhetzung: Anklage gegen rechtsextremen Schweriner OB-Kandidaten

Der parteilose Schweriner Uwe Wilfert ist kandidiert bei der anstehenden Oberbürgermeister-Wahl für die rechte Gruppierung „Deutschland wehrt sich“ und steht der rechtsextremen NPD nahe. Die Schweriner Staatsanwaltschaft teilte gestern mit, dass gegen Wilfert in den vergangenen Monaten mehrere Anklagen erhoben wurden. Oberstaatanwalt Stefan Urbanek sagte, dass seine Behörde bereits im September 2015 beim Amtsgericht Schwerin den Erlass eines Strafbefehls wegen Volksverhetzung gegen Wilfert beantragt hatte. „Ihm wird darin vorgeworfen, im März 2015 auf seinem Facebookprofil einen Link zu einem Beitrag geteilt zu haben, der leugnet, dass jüdische Mitbürger in Gaskammern umgebracht worden sind“, so Urbanek. Gegen diesen Strafbefehl habe Wilfert Einspruch eingelegt. Der Einspruch wurde am 28. April dieses Jahres vom Schweriner Gericht allerdings verworfen, da der Angeklagte zur Hauptverhandlung nicht erschienen war.
Vor dem Amtsgericht Wismar habe die Staatsanwaltschaft Anfang 2016 gegen Wilfert Anklage erhoben. Er soll im Oktober auf dem Marktplatz der Hansestadt bei einer Kundgebung über Lautsprecher geäußert haben: „Hitler wollte keinen Krieg, Hitler wollte Frieden“. In einer weiteren Anklage wirft ihm die Staatsanwaötschaft Betrug vor.

Die Veranstaltung, auf der alle OB-Kandidaten vorgestellt wurden, sorgte schon vorab für Aufregung: Der Kandidat von „Deutschland wehrt sich“ klagte sich mithilfe des NPD-Anwalts Peter Richter in die Veranstaltung, nachdem er erst ein- und dann wieder ausgeladen worden war.

 

Nazi-Symbole auf Handy: Verfahren eingestellt

Wegen „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ war ein Ex-Steinbacher beim Amtsgericht Bad Homburg angeklagt. Laut Staatsanwaltschaft hatte der junge Mann im Frühjahr 2013 wiederholt Fotos und Schriften mit nationalsozialistischen Inhalten auf Handy und WhatsApp gespeichert und mehrfach versandt. Nachdem die Sache aufgeflogen war, wurde die Wohnung des jetzt 25-Jährigen in Steinbach durchsucht. Handy und Laptop wurden sichergestellt.
Zum Sachverhalt hatte sich der junge Bundeswehr-Angestellte vor der Polizei nicht geäußert. Später bot er an, als Wiedergutmachung eine Zahlung von 400 Euro an die Anne-Frank-Stiftung zu überweisen. Das hatte die Staatsanwaltschaft abgelehnt. Stattdessen gab es einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 8100 Euro. Dagegen hatte der Mann Einspruch eingelegt, wodurch der Fall vors Amtsgericht kam. Dort wurde das Verfahren auf Antrag des Verteidigers mit Zustimmung von Richterin und Staatsanwalt eingestellt. Der junge Mann wurde von seinem Arbeitgeber, der Bundeswehr, entlassen. Für die dort erlangte Fachausbildung soll er 100.000 Euro zahlen. Dazu gibt es ein Zivilverfahren.

 

Dunja Hayali macht sich mit Rotstift über Hass-Brief lustig

Bei Facebook hat die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali einen Leserbrief veröffentlicht, in dem sie durchgängig rassistisch beleidigt wird. Den Brief hat sie auf Rechtschreibfehler untersucht. Das Ergebnis: 54 Fehler auf zwei Seiten.
Eigentlich habe sie dem Schreiber gerne persönlich antworten wollen, "aber ohne Absender war mir das nicht möglich. Deshalb antworte ich Ihnen nun öffentlich", schreibt Hayali auf ihrer Facebook-Seite. Mit dem Hassbrief geht sie gelassen um: "Dass Sie "gesetzestreu" und "hochqualifiziert" sind, würde ich jetzt mal ganz vorsichtig anzweifeln. Mit allem anderen haben Sie natürlich recht."

 

„DJ Happy Vibes“ – Flüchtlingsfeindlichkeit bei Radio Dresden

DJ Happy Vibes – 19 437 Personen gefällt das. In seiner Radioshow auf Radio Dresden spielte Happy Vibes am vergangenen Sonnabend den von ihm produzierten Song „Ihr habt ’n Nachtschatten“ von der Sängerin „Helena von gaaaaaanz kurz hinter die Grenze“. In gebrochenem Deutsch kritisiert sie dabei die Zustände in Deutschland, auch die Flüchtlingspolitik. Im Text finden sich Zeilen, wie „dort oben eine Stimme ruft: Das schaffen wir ganz sicher! … Ich spür, wie Lachkrampf mich berührt, wenn nach deutsche Land ich schau, alles dort den Verstand verliert, ich glaub, die sind da völlig blau.“ Oder „Ihr habt ’n Nachtschatten und die auf eurem Thron – die mit dem Machtschatten.“ Eric Hattke kritisierte dieses Lied auf seiner Facebook-Seite als „rechte Hetze und Beleidigung der Kanzlerin“.
Der Musiker bezeichnet sich als konservativ. In Kesselsdorf hat er rund tausend Unterschriften gegen ein geplantes Asylheim gesammelt – als Privatperson und nicht als DJ Happy Vibes, wie er betont. Diskussionen auf Facebook haben das ursprüngliche Lied zum Erfolg gemacht. In den Charts des Onlinehändlers Amazon rangierte „Nachtschatten“ am Donnerstag auf Platz 65.

 

Billy Corgan (Smashing Pumpkins) warnt vor Kommunismus in den USA

Billy Corgan, der mit seinen Smashing Pumpkins in den frühen 90er Jahren einer der erfolgreichsten Rockstars war, lässt sich nun vor den Karren von Verschwörungstheoretiker Alex Jones spannen und fabuliert in einem sagenhaft doofen Interview in dessen TV-Sendung "Infowars" 30 Minuten lang über den aufziehenden Kommunismus in den USA.
Offenbar hat er noch nie vom Unterschied zwischen Sozialismus und Sozialdemokratie gehört. Den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Sanders verglich Corgan sogar mit Mao. Er wolle doch nur die Steuern anheben, um den Status der technokratischen Klasse zu erhalten, so messerscharf analysiert Corgan die politische Situation in seinem Land.
Gleichzeitig zeigt er trotz politischer Differenzen wiederholt Sympathie mit Trump. Der habe die Chaos-Theorie in den Wahlkampf geholt und Politik für viele Menschen interessant gemacht und dadurch zur Demokratie beigetragen, sagte er letztes Jahr in einem Interview und schlussfolgerte: "Was ist schon der Unterschied zwischen Entertainment und Politik?".

 

Finnland: Mit Glitzer und Einhörnern gegen Rechtsradikale

In schwarzen Bomberjacken und mit taffem Blick patrouillieren die Soldaten Odins in finnischen Innenstädten. Sie wollen die Bevölkerung – besonders Frauen und Kinder – vor «den gewalttätigen muslimischen Eindringlingen» beschützen, sagen sie. Im Februar liess sich die rechte Bürgerwehr offiziell beim finnischen Patent- und Registeramt als Verein eintragen. Doch an ein Detail dachte sie nicht: den Namen Soldiers of Odin markenrechtlich zu schützen.
Dieses Versäumnis machte sich die linke Aktivistin Riikka Yrttiaho zunutze: Sie liess den Namen der Bürgerwehr als Marke registrieren, um darunter «Verlagsaktivitäten auszuüben, Lotterien und Cafés zu betreiben und Kleider herzustellen». Was der Finnin laut dem Portal Yle konkret vorschwebt: Das bedrohliche, von den Wikingern inspirierte Image der Soldiers of Odin komplett zu verändern und eine Kleiderlinie «mit viel Glitzer und haufenweise Einhörnern» zu kreieren.

drucken