Presseschau ... 19.06.2017

+++ AfD-Politiker wegen Zigarettenschmuggel angeklagt +++ Berliner machen gegen „Identitäre“ mobil - Rund 1400 Menschen protestieren gegen Rechtsextreme in Berlin +++ Opfer-Angehörige verklagen nach NSU-Terror den Staat +++ Niedersächsischer Verfassungsschutz beobachtet AfD-Politiker +++ Bodycount, Nazi-Symbolik - Dieses Auto gehört einem Bundeswehr-Soldaten  +++

 

Übergriffe: Wismar, Berlin, Cottbus, Stahnsdorf 

Wismar: "Sprich deutsch!": Männer greifen Asylbewerber mit Messer an.

Berlin: rassistische Beleidigung Zehlendorf

Berlin: Mann prügelt auf Obdachlose ein und ruft Nazi-Parolen

Cottbus: Männerparty fällt durch Volksverhetzung auf

Stahnsdorf: Gräber von NS-Widerstandskämpfer und Juden geschändet

 

AfD-Politiker wegen Zigarettenschmuggel angeklagt

Der Brandenburger AfD-Politiker Jan-Ulrich Weiß muss wieder vor Gericht: Nachdem er sich wegen antisemitischer Hetze 2014 verantworten musste – und freigesprochen wurde –, kommt es jetzt dicker. Der Nachrücker für das Landtagsmandat von AfD-Chef Alexander Gauland ist wegen Zigarettenschmuggels in großem Stil angeklagt.

 

AfD wegen gefälschter Wahlunterlagen in der Kritik

Bei der AfD in Niedersachsen sind gefälschte Wahlbriefe aufgetaucht. Woher sie kommen, weiß man offiziell nicht. Die Lage würde ernst, wenn im Ergebnis in Niedersachsen die AfD nicht gewählt werden dürfte. Die Wahl-Vorbeitungen der AfD sind aber auch anderswo geprägt von Mauscheleien und Unprofessionalitäten.

 

Thor Kunkel macht Guerilla-Marketing für die AfD

Die AfD will mit ihren neuen Wahlkampf-Plakaten modern wirken. Als Kreativ-Direktor hat die Partei den umstrittenen Schriftsteller Thor Kunkel angeheuert. Die Partei erwarte von ihm „Agitation“, teilt Kunkel mit. Konflikte gibt es jetzt aber mit „den typischen AfD-Landesvorständen“.

 

Niedersächsischer Verfassungsschutz beobachtet AfD-Politiker

Andreas-Dieter Iloff, Kreischef der AfD aus dem niedersächsischen Diepholz, steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Das bestätigte eine Sprecherin der Behörde gegenüber der Zeitung "Neue Osnabrücker Zeitung".

"Iloff ist uns durch rechtsextremistische Tätigkeiten bekannt“, sagte sie zur Zeitung. Welche Tätigkeiten genau gemeint sind, wollte sie nicht weiter beschreiben. Der Behörde fiel der Regionalpolitiker bereits in den 1990er Jahren auf. Damals gründete er den extremistischen Verein "Freundeskreis Deutschland e.V." mit. Der Verein sei heute zwar nicht mehr aktiv, schreibt die "Neue Osnabrücker Zeitung".

 

AfD-Pressesprecher Christian Lüth mit geschmacklosen Tweet

Es ist eine Bluttat, die ein ganzes Dorf in Atem hält. In Altenfeld im Süden Thüringens hat ein Vater am Donnerstag zwei seiner Kinder erstochen, ein drittes lebensgefährlich verletzt. Doch das, was den AfD-Pressesprecher Christian Lüth an dem Familienmord zu interessieren scheint, zeigt, in welcher abstrusen Gedankenwelt er lebt: "Mal sehen, wann die Herkunft dieses Mörders bekannt gegeben wird.... Zwei Kinder in Altenfeld getötet #AfD", schreibt Lüth auf Twitter.

 

Die AfD hat einen Song veröffentlicht - er zeigt endgültig, warum niemand die Partei wählen sollte

Und so hat die AfD-Niedersachsen tatsächlich einen Wahlkampfsong aufgenommen. Helfen wird das der Alternative für Deutschland aber wohl nicht. Vielmehr zeigt der "AfD Song" endgültig, warum niemand diese Partei wählen sollte.

 

Der AfD gehen die Themen aus - schuld sollen die anderen sein

Themenflaute dabei der AfD 100 Tage vor der Bundestagswahl. Das liegt einerseits daran, dass heute weniger neue Flüchtlinge in Deutschland ankommen als im vergangenen Jahr. Denn durch ihre Positionierung als Anti-Asyl-Partei hat sich die 2013 mit Euro-Kritik gestartete Partei in den Jahren 2015 und 2016 neue Wählerschichten erschlossen. Es hat aber auch damit zu tun, dass einige der anderen Parteien inzwischen stärker Problemfelder beackern, auf denen sich die AfD in den Jahren 2015 und 2016 profilieren konnte: Von erleichterten Abschiebungen und einer „Null-Toreranz gegenüber Hasspredigern“ (SPD), über den Erhalt des Bargeldes (FDP) bis hin zum Revival der Leitkultur bei der CDU.

 

Berliner machen gegen „Identitäre“ mobil - Rund 1400 Menschen protestieren gegen Rechtsextreme in Berlin

Rund 1400 Menschen haben am Samstag in Berlin gegen eine Demonstration der rechtsextremen "Identitären Bewegung" protestiert. Verschiedene linke Gruppen und Initiativen hatten dazu aufgerufen. Zeitweise wurden rechte Demonstranten auch blockiert. Die Polizei schritt mit einem Großaufgebot ein. Ein Journalist der "taz" berichtete von Angriffen der "Identitären" auf Polizisten.

Maas verurteilt Demonstration der "Identitären Bewegung" am 17. Juni. Dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe) sagte der SPD-Politiker: "Die Identitären sind keine "Bewegung", sie sind eine extrem radikale und rassistische Minderheit." Von einem rechtsextremen Aufmarsch sollten sich die Bürger das Gedenken an die mutigen Freiheitskämpfer des 17. Juni nicht nehmen lassen, fügte er hinzu. Am 17. Juni 1953 seien die Menschen in der DDR gegen echte gesellschaftliche Missstände auf die Straße gegangen.

AfD hebt den Daumen für "Identitäre" - Unterstützt werden sie dabei auch von Parteiprominenz der AfD und deren Jugendorganisation „Junge Alternative“ – und das, obwohl es seit einem Jahr formelle Unvereinbarkeitsbeschlüsse gibt.

 

Ein identitäres Haus für die Kontrakultur Halle - Kubitscheks Traum vom Nazikiez

Ein viergeschossiger Altbau in der Adam-Kuckhoff-Straße, direkt gegenüber des Steintorcampus der Martin-Luther-Universität. An der Fassade Graffiti, die Eingangstür wurde mit Spanplatten ausgekleidet. Im Umfeld der Kuckhoff-Straße wurden zuletzt immer wieder Kader der Kontrakultur Halle beobachtet. Bei einem Umzug ins Haus Nr. 16 vor einigen Wochen halfen dann die Hallenser Identitären Jan Scharf und Andreas Karsten mit. Inzwischen scheinen mit Dorian Schubert, Mario Müller, Melanie Schmitz, Florian Müller, Simon Kaupert und Wiebke Nahrath ein Großteil der Führungsriege der „Kontrakultur Halle“ in dem Haus zu wohnen. Im 1. Obergeschoss des Gebäudes lässt sich ein gemeinsamer Arbeitsraum vermuten, Fotos aus sozialen Medien weisen außerdem auf einen Box- bzw. Sportraum im Haus hin.

 

Die hippen Rechten

Die Identitäre Bewegung gilt manchen als Rechtsextreme "light", andere sehen sie als umso gefährlicher. Sie spricht vor allem junge Leute an. Sumi Somaskanda hat mit zwei Anhängern und ihren Kritikern gesprochen. U.a. mit Simone Rafael von Belltower News.

 

Templin: Buntes Bündnis feiert Absage der Rechten

Vergeblich warteten am Freitagnachmittag Anhänger des Bunten Bündnisses von Templin auf die Teilnehmer einer in Templin angekündigten NPD-Mahnwache. Bis die Polizei mitteilte, dass die NPD-Veranstalter ihren Aufmarsch in der Kurstadt wegen schlechten Wetters abgesagt hätten.

 

NPD-Demo in Niedersedlitz – Demonstranten beißen Polizisten

Die NPD demonstrierte am Sonnabendmittag anlässlich des Jahrestages des Volksaufstandes in der DDR in Dresden Niedersedlitz. Nach Angaben der Polizei folgten rund 60 Personen der Einladung der rechtsextremen Partei und zogen vom Bahnhof Niedersedlitz über die Straße des 17. Juni, die Försterlingstraße und die Pirnaer Landstraße wieder zurück zum Bahnhof. Rund 100 Gegendemonstranten protestierten gegen die Rechten

Später wurden die Personalien der 40 Beteiligten festgestellt. Dabei wurde gegen zwei 20- und 25-jährige Männer ein Strafverfahren eingeleitet. Sie hatten Polizisten gebissen und bespuckt.

 

Behördenversagen - Franco A. sprach Deutsch in Asylanhörung

Das Behördenversagen im Fall Franco A. ist noch absurder als bislang bekannt. Der rechtsradikale Bundeswehroffizier hatte sich als Syrer ausgegeben und war vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) als schutzbedürftig anerkannt worden, obwohl er kein Arabisch konnte. Wie nun bekannt wird, hat A. in seiner Asylanhörung zum Teil sogar Deutsch gesprochen. Das geht nach Informationen des SPIEGEL aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor. Demnach berichtete die Dolmetscherin gegenüber der Innenrevision, dass A. Deutsch mit französischem Akzent gesprochen habe.

 

Opfer-Angehörige verklagen nach NSU-Terror den Staat

Zwei Familien von Opfern des "Nationalsozialistischen Untergrunds" verklagen den Staat auf Schadenersatz. Das Landgericht Nürnberg bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass zwei Verfahren anhängig sind. Beklagte sind der Bund, Bayern und Thüringen. Bei den Klägern handelt es sich um Angehörige von Enver Simsek, dem ersten Mordopfer des rechtsextremen NSU, und Ismail Yasar. Beide Männer waren in Nürnberg mutmaßlich von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen worden.

 

"National befreite Zone" in Eisenach?

An Häuserwänden, Stromkästen und Straßenlaternen, wer mit offenen Augen durch Eisenach geht, und die Symbole zu lesen weiß, erkennt die rechtsextremen Schmierereien und Aufkleber. "NS-Zone", "Nazi-Kiez" – zum Teil sind die Schriftzüge mehrere Meter breit. Raymond Walk, CDU-Landtagsabgeordneter, ist von dem wachsenden Selbstbewusstsein der lokalen Neonazi-Szene alarmiert.

 

Gute Gründe für Neustart im Neonazi-Prozess Koblenz

Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz setzt auf den Neustart eines der größten Neonazi-Prozesse in Deutschland. Das Verfahren war nach Jahren eingestellt worden, weil der zuständige Richter in Pension geht. Gegen die Einstellung hat die Staatsanwaltschaft Koblenz Beschwerde eingelegt und bekommt nun Unterstützung vom obersten Ankläger des Landes. Er halte die Beschwerde für "erfolgversprechend", sagte Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

 

Bayerns Neonazis agieren international

Beim „Imia Marsch“ der griechischen Neonazipartei „Chrysi Avgi“ sind bayerische Nazis mitgelaufen. Und nicht nur dort: Auch in zahlreichen anderen Ländern marschierten zuletzt bayerische Neonazis mit. Rechtsextremisten aus dem Freistaat vernetzen sich nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden des Freistaats immer mehr mit Gleichgesinnten im Ausland. Noch engere Kontakte als in den Süden haben die Rechten jedoch nach Osteuropa. Das geht aus Angaben des Innenministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor. Deren Rechtsextremismus-Experte Florian Ritter sieht „die Gefahr einer sich aufschaukelnden Radikalisierung“.

 

Bodycount, Nazi-Symbolik - Dieses Auto gehört einem Bundeswehr-Soldaten

Anspielungen auf das Dritte Reich und Witze über getötete Polizisten: Das Landeskommando der Streitkräfte Bayern bestätigt, dass das Auto einem Soldaten gehört. Doch die Bundeswehr will sich nicht distanzieren. Neun Polizisten, sieben Fußgänger, drei Katzen, zwei Autos und zwei Fahrradfahrer hat der schwarze BMW schon umgefahren – so besagt es ein Aufkleber, der an der Seite des Autos prangt. Lustig soll das vermutlich sein. Ernst ist aber, was die Aufkleber und das Nummernschild dieses Autos für ein Weltbild zeichnen – zumal an der Frontscheibe ein Parkausweis für die Graf-Aswin-Kaserne im niederbayerischen Bogen klebt.

 

Im Netz von Lügen, Verleumdung und Politik

2015 deckten Recherchen eines Journalisten auf, dass Polizisten bei Heil-Hitler-Rufen keine Anzeige aufnahmen und rechtsextreme Sprüche klopfen, ein Vorgesetzter ein Nazi-Zitat als SMS-Klingelton verwendete, der Ehemann einer Polizistin auf einer Feier mit Hakenkreuz-Armbinde auftrat. Gerhard Hildebrandt steht vor Gericht. Das, was letztlich vor Gericht zur Sprache kommt, sind einige belastende, einige entlastende Aussagen von Kollegen. Einige Beamten wollen beleidigende Äußerungen bemerkt haben, fühlten sich angebrüllt, schikaniert, andere bestätigten diese Vorwürfe nicht. Verbindung zu rechtsextremen Gedankengut seien bei ihm aber nicht festzustellen.

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