Presseschau... 13.01.2017

+++ Neonazi-Partei überrumpelt bundesweit Tierheime mit Spenden +++ Studie zu Homosexualität: Die Toleranz ist begrenzt +++ Zwickau: Rechter Filmer prügelt sich auf Einwohnerversammlung mit Ordnungsamt-Mitarbeitern +++ Magdeburg: Neonazis sagen Demo am Jahrestag der Luftangriffe auf die Stadt ab +++

 

Neonazi-Partei überrumpelt bundesweit Tierheime mit Spenden

Zum Jahreswechsel stellte die Facebookseite einer als rechtsextremistisch eingestuften Splitterpartei eines klar: "Guten Rutsch" könne nicht der korrekte deutsche Gruß sein, weil die Redewendung aus dem Jiddischen stammen könnte. Bei anderen Aktionen rund um Silvester traten die Neonazis offenbar nicht so klar auf: Deutschlandweit fühlen sich Tierheime hinters Licht geführt und für Propaganda missbraucht. Mindestens zehn Tierheime haben Spenden erhalten, mit denen die Partei wirbt.

 

Studie zu Homosexualität: Die Toleranz ist begrenzt

Eine aktuelle Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt, dass die Deutschen Homosexuellen erst einmal aufgeschlossen gegenüber stehen. Doch wer sich die Details der Befragung anschaut, muss feststellen: Die Toleranz ist begrenzt.

 

Zwickau: Rechter Filmer prügelt sich auf Einwohnerversammlung mit Ordnungsamt-Mitarbeitern

Die Auseinandersetzung zwischen einem 48-jährigen Mitbetreiber des rechten Internetkanals "Kara Ben Nemsi TV" und Mitarbeitern des Zwickauer Ordnungsamts vor der Einwohnerversammlung am Mittwochabend in Eckersbach beschäftigt die Polizei. Die Beamten haben Ermittlungen aufgenommen, wie die Auseinandersetzung abgelaufen ist. Bei dieser waren nach bisherigen Erkenntnissen der 48-Jährige sowie ein 34-jähriger Ordnungsamtsmitarbeiter verletzt worden.

 

Magdeburg: Neonazis sagen Demo am Jahrestag der Luftangriffe auf die Stadt ab

Am 16. Januar jährt sich die Bombardierung Magdeburgs zum 72. Mal. Neonazis und Rechtsextreme hatten rund um den Gedenktag in den vergangenen Jahren immer wieder Demos angemeldet und zum Teil überregional mobilisiert. Einen Tag nach der Anmeldung für die diesjährige Demonstration hat der Veranstalter einen Rückzieher gemacht. Gründe seien nicht genannt worden. Ursprünglich hatte die rechte Szene 100 Teilnehmer für einen Marsch durch die Innenstadt angemeldet.

 

Proteste gegen AfD-Vorlesung an Uni Magdeburg – André Poggenburg kann nicht auftreten

Bei einer geplanten Veranstaltung der AfD an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg am Donnerstagabend hat es im Hörsaal lautstarke Proteste gegeben. Organsiert hatte die Vorlesung die "Campus Alternative" – eine AfD-nahe Hochschulgruppe. Dabei sollte es um das Thema "Geschlechterforschung" gehen. Bei der Veranstaltung hatte auch AfD-Landeschef André Poggenburg sprechen sollen. Nach einer vorherigen Veranstaltung blieben 200 bis 300 Studenten im Hörsaal sitzen und erwarteten bunt gekleidet die AfD-Abordnung. Als sie eintraf, entbrannte lautstarker Protest. Die AfD-Männer wurden ausgebuht und beschimpft. Später kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung, bei der auch Böller flogen. AfD-Chef Poggenburg sagte daraufhin, die Universitäten in Deutschland würden zum großen Teil von der Antifa regiert. Das habe die Veranstaltung in Magdeburg gezeigt.

 

Soll im NSU-Prozess ein Tonband mitlaufen?

Der Mitschnitt des ersten Auschwitzprozesses in Frankfurt dauert 430 Stunden. Man kann die Stimme des Richters hören, der elf Stunden lang das Urteil begründet; man hört die ehemaligen KZ-Häftlinge, wie sie unter Eid über ihre Erlebnisse berichten. Ein unvergleichlicher historischer Schatz. Dennoch sollte dieser Schatz vernichtet werden. Denn die Mitschnitte wurden nur "zur Stützung des Gedächtnisses des Gerichts" angefertigt - kaum war das Urteil rechtskräftig, sollten sie gelöscht werden. KZ-Überlebende konnten das glücklicherweise verhindern. Auch 50 Jahre später ist die Justiz äußert restriktiv, wenn es darum geht, ihr Tun auf Band aufzunehmen - von Film ganz zu schweigen. Auch für den wichtigsten Prozess der Nachwendezeit, das NSU-Verfahren in München, gibt es keine Mitschnitte. Was im Gerichtssaal stattfindet, soll dort auch bleiben. Die Richter befürchten, die Aufnahmen könnten Zeugen beeinflussen oder einschüchtern.

 

Gericht bestätigt: Brandanschlag auf Synagoge war „Israelkritik“ – nicht Antisemitismus

Das Urteil gegen die drei jungen Männer palästinensischer Herkunft, die im Sommer 2014 einen Brandanschlag auf die Synagoge in Wuppertal verübt haben, ist rechtsgültig. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verwarf einen Antrag auf Revision. Damit sind nicht nur die Bewährungsstrafen abgenickt, sondern auch deren Begründung: Wer in Deutschland versucht, eine Synagoge in Brand zu setzen, ist kein Antisemit, sondern ein Israelkritiker, der mit seiner Kritik zu weit gegangen ist.

 

Bewährungsstrafe für Kamerafrau, die an ungarischer Grenze nach Flüchtlingen trat

Eine ungarische Kamerafrau, die im Sommer 2015 während der Arbeit absichtlich nach davonlaufenden Flüchtlingen trat, hat eine Bewährungsstrafe bekommen. Das Gericht in der südungarischen Stadt Szeged sah es in seinem Urteil am Donnerstag als erwiesen an, dass sich Petra L. des Landfriedensbruchs schuldig gemacht hatte. L., die für den zur rechtsextremen Jobbik-Partei gehörenden Internet-Fernsehsender N1TV arbeitete, hatte auf dem Höhepunkt des Flüchtlingszustroms nach Europa mit ihrem Verhalten Empörung ausgelöst. Videos von anderen Journalisten zeigten, wie sie einem Flüchtling mit einem Kind im Arm ein Bein stellte, woraufhin dieser samt Kind zu Boden fiel.

 

Rechtsextreme aus Nauen vor Gericht: Zeugen wurden vor dem Prozess bedroht

Vor dem Landgericht Potsdam müssen sich sechs Rechtsextreme für diverse Straftaten, unter anderem der Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in einer Sporthalle Nauen im Havelland, verantworten. Am achten Verhandlungstag sagten mehrere Zeugen aus. Eine Frau berichtete, dass sie am Tag nach dem Brand der Sporthalle den Verdacht gehabt habe, dass Dennis W., einer der Angeklagten, etwas damit zu tun haben könnte. Sie traute sich aber nicht, zur Polizei zu gehen. Sie habe befürchtet, dass „er mal vor meiner Tür steht“. In Nauen habe man schon so einiges über W. gehört, so die Zeugin. Zudem sagte ein weiterer Zeuge aus, dass er im Vorfeld des Prozess bedroht wurde. Er habe Drohanrufe bekommen, sagte der 22-jährige Einzelhandelskaufmann. Auch er hatte den Angeklagten W. gesehen.

 

Mann fällt betrunken vom Fahrrad und behauptet, „zwei Schwarze“ hätten ihn überfallen

Ein 30-Jähriger aus München fällt betrunken vom Rad. Später behauptet er, zwei dunkelhäutige Männer hätten ihn überfallen. Ein Rassist, das versicherte die Verteidigerin des Angeklagten, sei ihr Mandant auf keinen Fall. Der 30-Jährige hatte fälschlicherweise behauptet, von zwei dunkelhäutigen Männern überfallen worden zu sein. Richter Manfred Kastlmeier verurteilte ihn deshalb jetzt wegen Vortäuschens einer Straftat zu einer Geldstrafe von 1960 Euro. Der Angeklagte war im vergangenen Juli mit dem Fahrrad betrunken von einer Betriebsfeier nach Hause gefahren und dabei gestürzt.

 

Fulda: AfD sagt Veranstaltung mit Björn Höcke nach öffentlichem Druck ab

Für den kommenden Samstag hatte die rechtspopulistische "Alternative für Deutschland" (AfD) eine Veranstaltung in der Fuldaer Münsterfeldhalle geplant. Jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit und auch nur für geladene Spitzenfunktionäre der Partei. So war neben dem potenziellen Bundestagskandidaten Martin Hohmann auch Björn Höcke, AfD-Sprecher und Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag, angekündigt worden. Die Veranstaltung aber am gestrigen Mittwochabend abgesagt.

 

Streit in Deggendorf: Trachtenverein nimmt AfD-Bundestagskandidatin nicht auf

Der Heimat- und Volkstrachtenverein "Berglerbuam" Sandweg in Deggendorf hat durch einstimmigen Beschluss der AfD-Bundestagskandidatin Katrin Ebner-Steiner die Mitgliedschaft verweigert. Ebner-Steiner nannte den Ausschluss eine "absolut unanständige und diskriminierende Ausgrenzung".

 

Sexuelle Belästigung: Anonyme Anzeige gegen Brandenburger AfD-Vize Kalbitz

Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft derzeit Ermittlungen gegen Andreas Gaulands Stellvertreter Andreas Kalbitz. Der AfD-Vizechef in Brandenburg soll sich auf einer Party des AfD-Nachwuchses "Junge Alternative" im August 2015 "teilweise noch minderjährigen Jugendlichen sexuell genähert..." haben, wie es in einem Schreiben heißt, das der Strafanzeige beiliegt. Die Strafanzeige sei anonym erstattet worden, bestätigte die Staatsanwaltschaft. Kalbitz wies die Vorwürfe als haltlos zurück.

 

AfD-Politiker schließt einzelne Journalisten von Treffen in Koblenz aus

Der AfD-Europaabgeordnete Marcus Pretzell hat einzelnen Journalisten die Teilnahme an einer Veranstaltung der europäischen ENF-Fraktion verweigert. Bei dem Termin am 21. Januar in Koblenz soll die AfD-Vorsitzende Frauke Petry unter anderen mit der Vorsitzenden des Front National, Marine Le Pen, und dem Vorsitzenden der Freiheitspartei, Geert Wilders, auftreten. Redakteuren der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Zeitschrift „Der Spiegel“, der Zeitung „Handelsblatt“ und öffentlich-rechtlicher Medien wurde die Akkreditierung für die Veranstaltung verweigert.

 

AfD Thüringen: Rückendeckung für Abgeordneten nach Israel-Reise mit islamfeindlichen Blog

Die AfD-Landtagsfraktion in Thüringen hat Vorwürfe gegen ihren Abgeordneten Henke im Zusammenhang mit dessen Teilnahme an einer Israel-Reise der islamfeindlichen Internetseite "PI-News" zurückgewiesen. Ein mitgereister Journalist habe versucht, Henke zu Aussagen zu bewegen, die den Holocaust relativieren könnten, teilte ein Fraktionssprecher in Erfurt dem Deutschlandfunk auf Anfrage mit. Henke habe sich in aller Form von den Andeutungen des Journalisten distanziert.

 

Osnabrück: Reichsbürger behält mit einfach Trick seine 15 Schusswaffen

Seit Mitte November dürfen Reichsbürger in Niedersachsen keine Waffen mehr besitzen – einen entsprechenden Erlass hatte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius herausgegeben. Im südlichen Landkreis gibt es jedoch einen mutmaßlichen Reichsbürger, der einen Waffenschein und 15 erlaubnispflichtige Waffen besitzt. Doch der Jäger meldete seinen Erstwohnsitz nach Irland um, wo er sich nach Informationen unserer Redaktion zumindest regelmäßig aufhält.

 

Rechtsterrorismus: Am Anfang war das Wort

Rechter Terror wie jener des NSU entfaltet sich zuerst in sozialen Netzen. Die NSU-Terroristen haben sich über Jahre hinweg schrittweise radikalisiert. Am Anfang stand das Wort. Über Jahre hinweg hat der Staat – Lehrer, Polizeibeamte, Sozialarbeiter – zugeschaut, wie Uwe Böhnhardt und seine Mitstreiter verbale Gewalt gegen Migranten, gegen Juden und andere ausübten. Als sich die verbale in physische Gewalt wandelte, war Böhnhardts nationalsozialistisches Weltbild schon lange gefestigt.

 

Andreas Speit: Was ein Verbot der NPD für die rechte Szene bedeutet

Totgesagte leben länger – das gilt nach dem Journalisten und Rechtsextremismus-Experten Andreas Speit auch für die NPD. Die Partei sei in Tat stark angeschlagen – Krisen habe sie jedoch auch vorher schon überstanden.

 

Verboten oder nicht verboten: Wie geht es weiter mit der NPD?

Die NPD befindet sich in der größten Krise seit Beginn der Neunziger Jahre. Die politischen Folgen für die gesamte extrem rechte Szene hielten sich indes in Grenzen, sie dürften keinesfalls so gravierend sein, wie von vielen Demokraten einst erhofft. Die heutige Situation ist mit der der NPD zum Zeitpunkt der Beratungen über einen neuen Gang nach Karlsruhe im Winter 2012 nicht mehr vergleichbar. Ihre Platzhirsch-Rolle hat die Truppe von Parteichef Frank Franz verloren. Während sie auf der Straße neue Neonazi-Parteien wie Der Dritte Weg oder Die Rechte bzw. neue Organisationsformen wie Pegida und die „Identitäre Bewegung“ unter Druck setzen, hat ihr die AfD an der Wahlurne längst den Rang abgelaufen.

 

Interview mit Susanne Schaper: „Aufgeben? Nicht mit mir“

Nach über 20 Attacken, Tierleichen vor ihrem Büro, gesprühten Parolen und Drohungen: Hatten sie nie Angst, ins Büro zu gehen?

Doch, es macht schon was mit einem, das ständig zu erleben. Man wird ängstlicher. Ich habe mir Sorgen um meine Mitarbeiter gemacht. Ich dachte: Was, wenn sich die Gewalt irgendwann nicht mehr gegen Gegenstände richtet, sondern gegen Menschen? Mein Wahlkreismitarbeiter sieht nicht typisch deutsch aus, er hat einen kubanischen Vater. Ich fürchtete, dass er zur Zielscheibe werden könnte. Und meiner studentischen Hilfskraft, einer zierlichen blonden Frau, habe ich untersagt, alleine im Büro zu sitzen. Aber ich will nicht aufgeben. Das wäre doch Wahnsinn – zu kapitulieren. Ich will es mir nicht gefallen lassen, dass Menschen frei gewählte Abgeordnete mundtot machen. Und ich lasse mir nicht erzählen, dass es normal sei, wenn ein Politiker zweimal im Monat den Glaser rufen muss.

 

Human Rights Watch: „Vernarrt in die Idee eines starken Führers“

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) bezeichnet den weltweiten Erfolg von Populisten als Gefahr für die Menschenrechte. Der Aufstieg populistischer Politiker in den USA und in Europa stelle eine akute Bedrohung für den Schutz grundlegender Rechte dar und ermutige Autokraten zu weiteren Menschenrechtsverletzungen, teilte HRW anlässlich der Vorstellung ihres Jahresberichts 2017 mit. Dieser fasst die Entwicklung in mehr als 90 Ländern weltweit zusammen. "Der Aufstieg des Populismus bedroht die Menschenrechte im Innersten", schrieb HRW-Geschäftsführer Kenneth Roth.

 

Ukraine-Krise: Brasilianische Neonazis kämpfen gegen pro-russische Rebellen

Eine internationale Neonazi-Gruppe hat in Brasilien gewaltbereite Rechtsradikale für den Kampf gegen pro-russische Aufständische rekrutiert. Das berichtet die brasilianische Polizei nach Razzien in der Region um Porto Alegre.

 

Nazi-Schuhe bei Amazon: Augen auf beim Stiefelkauf

City of Industry - Spott und Häme im Netz muss derzeit der Hersteller jener Winterstiefel einstecken, die im Schnee eindeutige Spuren hinterlassen. Ein Designfehler? Die Indizien sprechen dagegen. Ein Reddit-Nutzer, der sich neue Arbeitsschuhe im Internet bestellt hatte, musste feststellen, dass deren Sohlen über und über mit Hakenkreuzen bedeckt sind. Kaum über den Schock hinweg, postete er ein Beweisfoto von seinem Schuhabdruck bei Reddit. Der Post ging viral und wurde über 2,6 Millionen mal angesehen.

 

Der 28-Jährige, der in Torgelow der NPD trotzt

SPD-Politiker Patrick Dahlemann ist noch keine 30 und schon Staatssekretär in Mecklenburg-Vorpommern. Gegen die NPD redet er zur Not auch auf deren eigener Bühne an.

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