Presseschau ... 11.04.2017

+++ Rassistischer Angriff in Berlin-Tempelhof: 17-Jährige wegen ihres Kopftuchs geschlagen +++ Berlin-Neukölln: 17-Jährige rassistisch beleidigt +++ Amberg in der Oberpfalz: Hakenkreuze und SS-Runen – Anwohner reagieren +++

 

Rassistischer Angriff in Berlin-Tempelhof: 17-Jährige wegen ihres Kopftuchs geschlagen

Polizeibeamte wurden am Montag Nachmittag in Berlin-Tempelhof wegen des Verdachts eines rassistischen Übergriffs in eine Klinik gerufen. Dort schilderte eine 17-Jährige von zwei Männern und einer Frau wegen ihres Kopftuches auf dem Gehweg verbal attackiert und anschließend geschlagen worden zu sein. Ihre Hautabschürfungen und die Platzwunde am Arm wurden ambulant behandelt.

 

Berlin-Neukölln: 17-Jährige rassistisch beleidigt

Derzeit noch unbekannte Jugendliche haben am Sonntagabend ein Mädchen in Neukölln fremdenfeindlich beleidigt. Die 17-Jährige sei vorher schon mehrfach fremdenfeindlich beleidigt und attackiert worden. Zwei Jugendliche standen vor ihrem Haus und maskierten sich mit Sturmhauben. Anschließend beleidigten sie die Jugendliche rassistisch und entfernten sich, bevor die alarmierte Polizei eintraf. Die 17-Jährige gab gegenüber den Polizeibeamten an, dass sie bereits in der Vergangenheit des Öfteren beleidigt und auch körperlich attackiert worden sei. Verantwortlich dafür sei eine etwa zehnköpfige Gruppe Jugendlicher, die in der Nachbarschaft wohnen würden.

 

Amberg in der Oberpfalz: Hakenkreuze und SS-Runen – Anwohner reagieren

In Amberg in der Oberpfalz sind an einer Friedhofsmauer Schmierereien aus Hakenkreuzen und SS-Runen aufgetaucht. Passanten haben darauf reagiert, indem sie Zettel mit den Aufschriften "Nazis, nein Danke", "Wehret den Anfängen" und "Pfui Teufel" auf den Mauersims stellten und so kundtaten, dass sie mit diesen NS-Symbolen nicht einverstanden sind. Die Stadt ließ die Nazisymbole schnell entfernen.

 

Zahl rechtsextremer Übergriffe im Osten erreicht Höchststand

Im vergangenen Jahr hat die Zahl der von den Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt in den neuen Ländern und Berlin registrierten Angriffe einen neuen Höchststand erreicht: 1612 rechte Übergriffe wurden insgesamt gemeldet, davon allein 437 Attacken in Sachsen. Dabei wurden 2499 Menschen verletzt oder zumindest massiv bedroht, darunter zahlreiche Flüchtlinge. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern wurde ein trauriger Rekord erreicht: Nie gab es mehr rechte Angriffe seit der Gründung der Beratungsstellen.

 

Berlin: Flüchtlingshelfer werden häufiger Opfer rechter Gewalt

Anschläge auf Autos, eingeworfene Scheiben, Pöbeleien: Menschen, die sich für Geflüchtete engagieren, werden immer häufiger zur Zielscheibe Rechter. Selbst im liberalen Berlin steigen die Fallzahlen. Kein Grund zur Panik, sagen Experten - zur Wachsamkeit aber sehr wohl.

 

Sachsen-Anhalt: Trend zu rechtsextremen Konzerten in privaten Räumen

Die Zahl der Rechtsrock-Konzerte hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Die Behörden zählten 31 Konzerte, Liederabende oder sonstige Veranstaltungen, auf denen rechtsextreme Musiker auftraten - in Sotterhausen bei Sangerhausen, Magdeburg oder Dessau. Das ist ein Anstieg um die Hälfte, im Jahr davor waren es 21. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine kleine Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Henriette Quade hervor. Die Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Vereins „Miteinander“ zählte sogar noch mehr Konzerte - 37, gegenüber 27 im Vorjahr. Der Verein ordnet Bands als rechtsextrem ein, die die Behörden noch in einer Grauzone verorten und deshalb in der Statistik nicht berücksichtigen. Beizukommen ist den Rechtsrockern oft nur schwer. „Der Trend geht stark zu Konzerten in privaten Räumen“, sagt Torsten Hahnel von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus in Halle. Das sei ein Problem, weil die Polizei auf solche Veranstaltungen wenig Einfluss habe.

 

Hamburg: Mehr “Reichsbürger“ als bisher angenommen

Die "Reichsbürger- und Selbstverwalter"-Szene in Hamburg ist deutlich größer als bislang angenommen. Nach umfangreichen Ermittlungen gehe der Verfassungsschutz jetzt von 80 statt 50 "Reichsbürgern" in der Hansestadt aus. Etwa zehn Prozent von ihnen­ seien dem rechtsextremistischen Spektrum­ zuzuordnen.

 

Neonazis geben sich als “Kümmerer“

Die Bundesregierung beobachtet, dass sich Rechtsextremisten häufig als "Kümmerer" und "Interessenvertreter des deutschen Volkes" darstellen, um mit Idealen wie Solidarität und Hilfsbereitschaft neue Anhänger zu rekrutieren. Wie das Bundesinnenministerium in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag berichtet, sei ein solches "gezieltes Vorgehen" besonders in Regionen zu beobachten, in denen Rechtsextremisten auf eine starke, aktive Szene oder eine - teilweise vormalige - kommunalpolitische Verankerung zurückgreifen könnten. Ziel der Kampagnen sei es, Sympathiepunkte bei der Bevölkerung zu sammeln und den Bekanntheitsgrad der Parteien beziehungsweise Organisationen zu steigern. Das von Rechtsextremen bemühte „Sozialneid-Narrativ“ würde in Teilen der Bevölkerung durchaus Anklang finden.

 

Verfassungsschutz hat türkische Rocker im Visier

Sie sehen die Türken als überlegene Rasse an, kämpfen für ein türkisches Großreich. Wer kein Türke sei, der solle lernen zu gehorchen. So heißt es in der rechtsextrem-nationalistischen Ideologie der Ülkücü-Bewegung, auch Graue Wölfe genannt. In Bayern gibt es sie schon länger. Bis jetzt organisierte sich die Bewegung in Kulturvereinen, verschleierte ihre radikalen Ansichten durch harmlos wirkende Folkloreveranstaltungen. Mittlerweile aber zeigen sich die türkischen Nationalisten martialischer: als Rockergangs.

 

Rechtes Release-Konzert am Ostersamstag

Eine der einflussreichsten Rechtsrock-Bands aus den USA hat ein neues Album veröffentlicht und will dies nun mit einem Konzert am Ostersamstag in „Central Europe“ vorstellen. Dazu sind mehrere braune Kapellen eingeladen. Die Rede ist von „Bound for Glory“ aus Minnesota und ihrem Tonträger „Ironborn“, der beim Chemnitzer Label PC Records erschienen ist. Die Combo um Gitarrist Ed Wolbank ist bereits seit 1989 aktiv. Sie wird zum internationalen „Hammerskin“-Netzwerk gezählt. Speziell mit der Bremer Band „Endstufe“ hat sie auch musikalisch zusammengearbeitet.

 

Frankfurt (Oder): Protest gegen Landesparteitag der AfD

Mehr als 60 Menschen demonstrierten am Sonnabendvormittag in Frankfurt (Oder) friedlich gegen den Landesparteitag der AfD in der Brandenburghalle. Aufgerufen hatte das Bündnis "Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)". Die AfD stehe für eine Gesellschaft der sozialen Kälte und der Ausgrenzung, sie befördere eine rassistische Politik gegen Geflüchtete, vertrete ein antiquiertes Geschlechterbild und Geschichtsrevisionismus, erklärte das Bündnis.

 

Rechtsextreme Anschlagsserie in Berlin: Entwarnung gibt es nicht

Tierkadaver in Briefkästen, Projektile vor der Haustür. Das sind nur zwei Beispiele für Bedrohungen von Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus, für Menschenrechte und Demokratie oder für Geflüchtete engagieren. Häufiger sind andere Vorfälle: Die Zahl von Brandanschlägen auf Autos, bedrohlicher Graffiti an Hauswänden und eingeschlagenen Fensterscheiben hat seit Mai 2016 stark zugenommen, vor allem - aber nicht nur - in Neukölln. 43 Fälle einer „neuen Anschlagserie“ hat die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (mbr) bis heute gezählt, wie Geschäftsführerin Bianca Klose am Montag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Antidiskriminierungssenator Dirk Behrendt (Grüne) mitteilte. Das Ziel: „Einschüchterung und Angst.“

 

100. Pegida-Demo in Dresdens Innenstadt

Zweieinhalb Jahre nach Beginn der Pegida-Demonstrationen hat das Bündnis am Montag nach eigenen Angaben seinen 100. Spaziergang in der Innenstadt veranstaltet. Hauptredner auf der Bühne am Altmarkt war Götz Kubitschek, ein Vordenker der deutsch-nationalen Szene. Patriotische Töne schlugen in ihren Redebeiträgen auch Wolfgang Taufkirch, Philipp Stein von der Ein-Prozent-Bewegung und Pegida-Urgestein Siegfried Däbritz. Pegida-Gründer Lutz Bachmann war beim Jubiläumsrundgang duch die Innenstadt aber nicht dabei.

 

Leipzig: Acht Monate Haft für Neonazi wegen Pfefferspray gegen Demonstranten

Das Amtsgericht Leipzig hat einen Neonazi wegen des Einsatzes von Pfefferspray gegen NoLegida-Demonstranten sowie Nötigung mit einem Messer zu acht Monaten Haft verurteilt. Der Richter sah es als erwiesen an, dass der 45-jährige Leipziger am 9. November 2015 nach Abschluss einer Legida-Demo Pfefferspray in Richtung Gegendemonstranten sprühte. Er befand den Angeklagten auch schuldig, in der Nacht zum 20. Oktober 2015 im Leipziger Hauptbahnhof ein Messer vor Gegendemonstranten gezogen zu haben. Diese waren von Protesten gegen den ersten Geburtstag von Pegida aus Dresden zurückgekehrt.

 

Flüchtlingsheim angezündet: Prozessauftakt gegen Nachbarn wegen versuchtem Mord

Von Mai bis September 2016 wurden die Bewohner der Asylunterkunft in Wilnsdorf (Nordrhein-Westfalen) drei Mal durch unangenehme Vorgänge aufgeschreckt. Zunächst prangten Hakenkreuze an den Außenwänden, dann gab es einen Drohbrief und schließlich den Versuch, von außen in der Küche Feuer zu legen. Für die Siegener Staatsanwaltschaft ist ein 36-Jähriger aus der Nachbarschaft der Urheber all dieser Vorfälle, seit gestern beschäftigt sich das Schwurgericht damit. In dem Brief soll der Mann geschrieben haben, die „dreckigen Ausländer“ sollten Deutschland zu verlassen, sonst würden sie wie „dreckige Hunde“ getötet. Das sei die „letzte Warnung“. Im September stellten Bewohner in der Küche Geruch nach Benzin fest und fanden vor dem Fenster eine zwei Meter lange Dachlatte, an deren Spitze eine Flasche mit Brandbeschleuniger befestigt war. Außerdem wurde eine teils verbrannte Kordel gefunden, die offenbar als Lunte hatte dienen sollen.

 

Thüringer Gericht entzieht Reichsbürger den Führerschein

Das Weimarer Oberverwaltungsgericht hatte über die Frage zu entscheiden, ob eine Straßenverkehrsbehörde einem Reichsbürgerideologen den Führerschein entziehen durfte - und stellte sich voll auf die Seite der Behörde. Der "Reichsbürger" war mehrfach aufgefallen, hatte das Euro-Feld seiner Nummernschilder mit der Reichsfahne überklebt und Raser-Knöllchen nicht bezahlt. Er hatte sein Handeln in wirren Schreiben an die Behörden mit der üblichen Reichsbürger-Rhetorik begründet. Die Behörde erkannte in seinen Ausführungen eine "völlig gestörte Wahrnehmung der Realität", die den Verdacht einer Psychose nahelegte und ordnete eine neurologisch-psychiatrische Untersuchung an, was der Reichsbürgerideologe allerdings ignorierte. Statt ihn nun zwangsweise einem Gutachter vorzuführen, zog die Behörde seinen Führerschein ein.

 

Faszination Verschwörung

Wir werden belogen und betrogen, mächtige Strippenzieher beherrschen die Welt: Verschwörungstheorien boomen. Besonders in Krisenzeiten sind sie populär. Was fasziniert an der vermeintlichen Wahrheit?

 

Correctiv veröffentlicht “Schwarzbuch AfD“

Wir finden, es reicht langsam. Es reicht, dass viele Medien fortwährend über das Stöckchen springen, das die AfD ihnen hinhält und über deren gezielte Provokationen berichten. Wir wollen selbst bestimmen, was wir über die AfD berichten und wann. Deshalb dieses „Schwarzbuch AfD“. Es beschreibt Dinge, die die AfD lieber nicht über sich lesen will: Die Verbindungen einiger ihrer Protagonisten ins rechtsextreme Milieu, die dubiose Finanzierung der Partei, die unsozialen Punkte ihres Parteiprogramms, die Intrigen ihrer Führungsfiguren.

 

Kommentar AfD: Was in der Auseinandersetzung mit der AfD hilft

Die AfD ist anders als die bisherigen rechten Parteiversuche in der Geschichte der Bundesrepublik. Der AfD gelingt es besser, ihre Inhalte in eine moderne Hülle zu verpacken. Aber nicht nur das: Als rechte Sammlungspartei ist sie mehr als eine völkische Partei, sie ist auch eine nationalneoliberale und eine nationalkonservative Partei. Entsprechend funktionieren erprobte Anti-Rechts-Politiken − Diskreditieren, Blockieren und Ausgrenzen − nicht mehr. Andere Strategien sind gefragt.

 

Geschlechterfrage: Die Wut der AfD auf den neuen Mann

In der AfD hält man das starke Geschlecht in Ehren. Der Mann soll wehrhaft sein. Schreckensbild ist die „Vertuntung“, die AfD-Politiker fürchten. Kein Wunder: Die Partei besteht aus – Männern.

 

Wahlkampfauftakt der AfD: Rechte Reibereien

Die Spitze streitet über den Kurs. Zwei Wochen vor dem Parteitag ist noch immer offen, wer die AfD in den Bundestagswahlkampf führen wird. In den vergangenen Tagen ist der Führungsstreit in der AfD ein weiteres Mal eskaliert. Der Ausgangspunkt: ein Antrag Petrys für den Bundesparteitag der AfD am 22. April in Köln, wo die Partei über Spitzenkandidaten und Wahlprogramm für die Bundestagswahl im September entscheidet. In ihrem Antrag fordert Petry eine Kursentscheidung der Partei zwischen Realpolitik und Fundamentalopposition – und damit zwischen ihr auf der einen und Vizechef Alexander Gauland und dem Rechtsaußen Björn Höcke auf der anderen Seite.

 

Debatte Rechtspopulismus: Wo Linke nicht irren dürfen

Die Interpretation des Rechtspopulismus als Neuauflage der sozialen Frage geht am eigentlichen Kern der Sache vorbei. Dass die Populismusdebatte die moralisierende Empörung über die ewig gestrigen Feinde der Demokratie inzwischen hinter sich gelassen hat, ist gut. Denn diese Attitüde hilft hauptsächlich den guten Demokraten, sich ihrer Rechtschaffenheit zu versichern und ihr Festhalten an unseren Werten, unserer Freiheit und unserer Lebensweise zu legitimieren, von denen längst jeder weiß, dass sie sozial exklusiv und ökologisch zerstörerisch sind.

 

Kommentar: Die NPD ist zu unbedeutend, um für sie die Verfassung zu ändern

Regierung und Koalition wollen der Nazipartei öffentliche Gelder entziehen. Das ist kein "Kampf gegen Rechts", sondern ein Eingriff in den politischen Wettbewerb. Ein Kommentar.

 

Broschüre mit Tipps gegen Bedrohungen von Rechtsextremisten

In Berlin werden laut der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) zunehmend Menschen bedroht, eingeschüchtert oder angegriffen, die sich ehrenamtlich engagieren. Wie sollten Betroffene sich schützen? Die MBR hat dazu am Montag eine neue Broschüre mit Tipps vorgestellt. Namen und Fotos sollte man, sofern möglich, nicht im Internet verbreiten, Telefonnummern und Wohnanschrift im Telefonbuch sperren sowie gezielte Bedrohungen genau dokumentieren, damit die Polizei möglichst zielgerichtet ermitteln kann.

 

Gorki-Theater: Deutsch lernen mit Pegida

Regisseurin Yael Ronen begibt sich am Berliner Gorki-Theater auf eine ziemlich ernüchternde „Winterreise“ durch Deutschland. Ihre Reisenden können vom Hotel aus eine Pegida-Demo beobachten.

 

Le Pen bestreitet Frankreichs Beteiligung an Judenverfolgung

Als Paris von den Nazis besetzt war, halfen französische Polizisten bei einer Razzia gegen Juden. Front-National-Chefin Le Pen sieht keine Verantwortung bei Frankreich.

 

Kommunalwahl in Finnland: Schlappe für Rechtspopulisten

Die Grünen konnten ihr Ergebnis um fast 50 Prozent steigern. Die „Wahren Finnen“ dagegen halbierten sich gegenüber der Parlamentswahl 2015.

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