Presseschau ... 09.06.2016

+++ Attacke gegen Flüchtlingsheim mit Schweinekopf +++ NPD-Politiker im Geschichtsunterricht: Eklat an Rostocker Gymnasium +++ Ein Drittel mehr rechtsextreme Straftaten im Saarland +++ Milde Strafen für Brandanschlag auf Flüchtlingsheim in Hoyerswerda

 

Attacke gegen Flüchtlingsheim mit Schweinekopf

Abstoßende Attacke gegen eine Flüchtlingsunterkunft in der Gemeinde Wolfschlugen (Kreis Esslingen, Baden-Württemberg): Unbekannte haben dort in der Nacht auf Mittwoch einen abgetrennten Wildschweinkopf auf dem First einer Zelthalle abgelegt, in dem schon bald bis zu 100 Asylbewerber wohnen sollen.
Der Einzug ist laut dem Esslinger Landratsamt für Mitte, Ende Juni geplant.  Über die Giebelwand ließen die Täter, die der Polizei zufolge gegen 4.45 Uhr hoch zum Fürst gestiegen sein müssen, zudem eine rote Substanz laufen. Eine Sprecherin der Reutlinger Polizei sagte, es könnte sich um Schweineblut handeln. Das werde noch untersucht.
Vor dem Hintergrund, dass die Unterkunft bald belegt werden soll, gehe man von einer politisch motivierten Tat aus, sagte die Sprecherin. Am Einzugstermin soll sich indes nichts ändern.

 

NPD-Politiker im Geschichtsunterricht: Eklat an Rostocker Gymnasium

Neuntklässler eines Rostocker Gymnasiums haben sich für ein Geschichtsprojekt umstrittene Gesprächspartner eingeladen – und damit für einen Eklat gesorgt: Die Schüler des Innerstädtischen Gymnasiums interviewten zum Thema Rechtsextremismus ausgerechnet den NPD-Landtagsabgeordneten David Petereit und den Rostocker AfD-Landtagskandidaten Holger Arppe. Beide sind in der Vergangenheit wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Das Kultusministerium untersucht die Vorfälle, Vertreter der demokratischen Parteien sind entsetzt.
Die Neuntklässler nehmen an der so genannten „Geschichtswerkstatt“ der Schule teil. „Eine Gruppe befasst sich dabei mit Rechtsextremismus in Vergangenheit und Gegenwart“, sagt Lehrer Steffen Kliewe. Die Schüler hätten sich dabei die Frage gestellt, „ob die AfD beispielsweise allein von der Flüchtlingskrise profitiere oder was die Partei noch für Standpunkte vertritt.“

 

Ein Drittel mehr rechtsextreme Straftaten im Saarland

Deutlich mehr rechte Straftaten im Saarland: Das ist das Ergebnis des aktuellen Verfassungsschutzberichtes. Die Flüchtlingskrise - auf die rechtsextremistische Szene wirkt sie offenbar wie ein Katalysator. Hier verzeichnen die Behörden bundesweit einen Anstieg der Delikte. Im Saarland wurden im vergangenen Jahr 226 Straftaten registriert, ein Drittel mehr als 2014, teilte der Direktor des Landesamtes für Verfassungsschutz, Helmut Albert, am Mittwoch in Saarbrücken mit.
Besorgniserregend sei auch der Anstieg der rechten Gewalttaten von zwei auf 13. Dabei handelte es sich laut Albert um zwölf Körperverletzungen und eine Brandstiftung. Der hohen Zahlen hingen vor allem mit der Flüchtlingswelle zusammen, aus der die Extremisten mit Parolen und Aktionen versuchten, Profit zu ziehen.

 

Milde Strafen für Brandanschlag auf Flüchtlingsheim in Hoyerswerda

Überraschend milde Urteile fielen am Dienstag am Amtsgericht Hoyerswerda. Dort fand ein Prozess gegen vier Neonazis statt, die ein Jahr zuvor versucht hatten, eine bewohnte Flüchtlingsunterkunft mit einem Molotowcocktail anzuzünden. Sie wurden für die Vorwürfe der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten und Verstoß gegen das Waffengesetz schuldig gesprochen.
Kai P. und Enrico N. erhielten Freiheitsstrafen von neun Monaten sowie einem Jahr und vier Monaten. Trotz zahlreicher Vorstrafen, unter anderem aus rechtsmotivierten Straftaten, für welche beide bereits in Haft saßen, wurden die Freiheitsstrafen für einen Zeitraum von drei bzw. fünf Jahren auf Bewährung ausgesetzt. Die beiden Brüder, Julian K. und Jonas K. kamen mit Verwarnungen davon, Ersterer muss 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, Letzterer eine Strafe von 100 Euro bezahlen.
Enrico N., Kai P. sowie die Brüder Julian K. und Jonas K. waren am 3. Juni 2015 mit drei Molotowcocktails vor eine Turnhalle in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße in Hoyerswerda gezogen, die als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt wurde. 27 Menschen, die dort untergebracht waren, kamen damals mit dem Schrecken davon. Für die milden Urteile das Alter der Täter eine Rolle, die zur Tat zwischen 19 und 25 Jahre alt waren. Außerdem hätten die Männer unter Gruppenzwang und Alkoholeinfluss gestanden, so der verantwortliche Richter Michael Goebel. Er rechnete den Angeklagten ihre umfangreichen Geständnisse an, die darüber hinaus trotz ihrer zum Teil umfangreichen Liste an rechtsmotivierten Straftaten aussagten, der Angriff vom Juni 2015 tue ihnen leid.
Die Zuschauerreihen des Amtsgerichtes Hoyerswerda waren neben vereinzelten Beobachtern und Journalisten mit Neonazis gefüllt, rund ein Dutzend von ihnen besuchte den Prozess. In Pausen scherzten die mit den Angeklaten.

 

Gemeinsamer Wahlkampf gegen rechts: Berliner Dissens

Vor fünf Jahren konnten sich die im Parlament vertretenen Parteien auf eine gemeinsame Linie einigen, wie sie mit rechten Gruppen im Wahlkampf umgehen wollten. Ausgerechnet in einer Zeit, in der sich mit der AfD eine Partei am rechten Rand sogar zu etablieren scheint, wackelt dieser sogenannte Berliner Konsens. Die CDU hat Bauchschmerzen – und nun eine letzte Frist: Bis Ende der Woche muss sie entscheiden, ob sie eine Neuauflage des Konsenses mitträgt.
Es war ein deutliches Signal, als Ende Juni 2011 die Spitzen von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken ihren „Konsens gegen rechts“ verkündeten. „Wir wenden uns dagegen, rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien ein Podium zu geben“, hieß es darin unter anderem. Mit diesen dürfe es „keine Diskussion auf Augenhöhe“ geben. Und: Versuche von Rechtspopulisten, sich als demokratische Parteien zu inszenieren, sollten mit allen Mitteln verhindert werden. Vor allem die NPD galt damals als Gegner.

 

NPD gegen Bodo Ramelow vor Gericht: Chancengleichheit für Nazis

Die rechtsextreme NPD hat sich mit einer Klage gegen Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) durchgesetzt. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof entschied in einem am Mittwoch verkündeten Urteil, dass der Regierungschef die Rechte des thüringischen Landesverbands der NPD auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb verletzt habe.
Ramelow hatte vor einem Jahr in einem MDR-Interview „an alle demokratischen Parteien und ihre Vertreter“ appelliert, „dass es wirklich keine Gemeinsamkeiten auf der Basis von NPD-Anträgen geben darf“. Damit würden „die Nazis“ aufgewertet.
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof urteilte, dass sich die NPD als nicht verbotene Partei auf das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien berufen könne. Dieses folge aus Artikel 21 des Grundgesetzes. Aus diesem Recht folge ein an die Adresse des Staats gerichtetes Neutralitätsgebot für den allgemeinen politischen Wettbewerb.

 

Landtag Nordrhein-Westfalen streitet über Konzept gegen Rechte

Die Landesregierung hat gestern in Düsseldorf ihr Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus vorgestellt. Jährlich sollen in NRW zusätzlich 2,3 Millionen Euro in Projekte gegen rechte Gewalt und Rassismus fließen. Davon profitieren unter anderem Opferberatungsstellen und Initiativen gegen Fremdenfeindlichkeit in den Kommunen. NRW-Familienministerin Christina Kampmann (SPD) nannte das Konzept einen „wichtigen Baustein“ im Kampf gegen rechts. Die Opposition kritisierte die Vorlage. FDP-Vizefraktionschef Joachim Stamp sprach von einer „Laberbroschüre“. Er nannte das Konzept von Rot-Grün gegen rechts enttäuschend: „Es ist ein Sammelsurium an Allgemeinplätzen, Wiederholungen und Selbstverständlichkeiten“, sagte er.
Das neue Handlungskonzept umfasst 166 Punkte. So werden zum Beispiel die fünf mobilen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus in den Regierungsbezirken Arnsberg, Köln, Düsseldorf, Detmold und Münster künftig mit 450 000 statt 200 000 Euro jährlich unterstützt.

 

Weitere Hochschule entlässt islamfeindlichen Berliner Dozenten

Nach der HWR und der HTW Berlin hat sich auch die SRH Hochschule Berlin von einem Dozenten getrennt, dem islamfeindliche Äußerungen vorgeworfen werden. Hintergrund sind islamfeindliche Äußerungen des Statistikdozenten Wolfgang Hebold auf verschiedenen Webseiten, aber auch in seinem Lehrmaterial für die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR). Demnach mussten Studierende in einem Kurs des Lehrbeauftragten etwa den angeblichen statistischen Zusammenhang zwischen der Zahl von Terroranschlägen und dem Anteil von Muslimen in der Bevölkerung berechnen.

 

„Illegale Helfer“ – AfD mit Anfeindungen gegen Theaterstück vor der Premiere

Die deutsche Erstaufführung des dokumentarischen Stücks „Illegale Helfer“ am Hans-Otto-Theater (HOT) in Potsdam wurde schon vor der Premiere am Donnerstag mit Anfeindungen bedacht. Die AfD-Fraktion im Potsdamer Rathaus rief in einer Pressemitteilung unter der Überschrift „Hans-Otto-Theater feiert Gesetzesbrecher“ das Ensemble auf, „sein Programm noch einmal zu überdenken“. Regisseurin Yvonne Gronebaum (41) sagt, „dass ich und wir alle im ersten Moment sehr erschrocken waren, mit so einer politischen Einflussnahme auf die Kunst überhaupt konfrontiert zu werden“.
In dem mehrfach ausgezeichneten Recherchestück der aus Südtirol stammenden Autorin Maxi Obexer (45) berichten zehn Menschen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wie und warum sie zu illegalen Helfern für Flüchtlinge wurden.
Schauspieler werden im Namen der Helfer sprechen, die im bürgerlichen Leben Bergbauer, Verwaltungsrichter, Anwalt oder auch Studienrat sind. „Es gibt nicht für jeden Helfer eine logische Erklärung“, sagt die Regisseurin. Das einende Motiv aber sei die Menschlichkeit, schließlich sei keiner von ihnen ein Schlepper, der sich an den Flüchtlingen bereichert: „Die Humanität steht für diese Menschen über dem Gesetz.“

 

Mit Hitler in die Zukunft – Neonaziaufmarsch in Dortmund

Der “Tag der deutschen Zukunft” ist ein bundesweites Neonazi-Event, das am 04.06.2016 in Dortmund zum achten Mal stattfand. Rund 900 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet fanden den Weg nach Dortmund. Als offizieller Anmelder trat der Dortmunder Neonazi-Kader Michael Brück, Ratsmitglied im Dortmunder Rathaus für “Die Rechte”, auf.
Bereits während der Anreise der Neonazis gab es viele interessante, teilweise verbotene Symboliken und Parolen zu entdecken. Von einem Hitler-Transparent, das an einer der berühmten Dortmunder Nazi-Wohngemeinschaften hing, über offene Bekenntnissen zum Nationalsozialismus auf T-Shirt bis hin zu Bekenntnissen zur Waffen-SS in Form von “Ruhm und Ehre” Parolen.
Als Redner traten diverse bekannte Rechte auf. Sven Skoda und Thorsten Heise hielten dabei vermutlich die heftigsten Reden. Als weitere Redner traten der ehemalige Dortmunder Feuerwehrchef Klaus Schäfer und Neonazis aus Bulgarien vom „Bulgarischen Nationalbund“ auf. Abschließend sprach Christian Worch, Parteivorsitzinder der Partei “Die Rechte”.

Im „Tag der deutschen Zukunft“ steckte auch rechter Terror: Über zwei Demonstranten aus Dortmund angeschaut, die besonders für rechten Terror stehen: Marko Gottschalk und Robin Schmiemann, zwei Neonazis aus dem Stadtteil Brechten. Unter dem Schutz von mehreren tausend Polizisten konnte in Dortmund nämlich das erweiterte Umfeld des NSU-Netzwerks aufmarschieren. Der „Tag der deutschen Zukunft“ bot den rechten Terrorfreunden eine gute Gelegenheit, alte Kontakte zu pflegen und neue aufzubauen.

 

Was die Querfront begehrt: Proteste gegen Bilderbergtreffen der „geheimen Weltregierung“

Gegen die dieses Jahr in Dresden stattfindende Konferenz der Bilderberg-Gruppe protestieren nicht nur Hippies. Bei der Dresdner Versammlungsbehörde waren bis Redaktionsschluss mindestens 20 unterschiedliche Veranstaltungen angemeldet, die sich ab dem heutigen Donnerstag bis Sonntag mit den „Bilderbergern“ beschäftigen.
Nicht fehlen darf im Protestzirkus die NPD. Bereits am Donnerstag hat diese eine Kundgebung auf dem Dresdner Postplatz angemeldet. Das Motto der Neonazis an diesem Tag lautet: »Volksherrschaft durchsetzen – ›Bilderberger‹-Macht brechen – Heimlichtuerei beenden!« Abgelöst wird die NPD auf ihrem Kundgebungsort von der AfD. Der Stadtverband der AfD ruft am Samstag unter dem Motto »Volksentscheide statt Elitenherrschaft« zum Protest auf und rechnet mit bis zu 1 000 Teilnehmenden.
Weniger als 100 Meter entfernt vom Aufmarschort der Neonazis und Rechtspopulisten trommelt die Rote Fahne zum Appell. Die Sozialisten treffen sich auf dem Theaterplatz vor der Semperoper unter der Parole: „Deutschland sagt NEIN zu Imperialismus und Krieg!“
In allen Aufrufen, ob nun von der AfD oder der Roten Fahne, werden die immer gleichen Stereotype von »denen da oben« bedient, von einer angeblichen Verschwörung der Mächtigen gegen das Volk oder wahlweise auch gegen die Arbeiterklasse. Und so ist es keine Überraschung, wenn es im verschwörungstheoretischen Magazin Compact heißt: „Hoffen wir, dass diese Gruppierungen ihre Energie nicht im Kampf gegeneinander verschwenden, sondern miteinander gegen den Hauptfeind marschieren. Links und rechts war gestern. Heute gilt: Für globalen Imperialismus oder dagegen.“

 

Sie kitzeln ein Monster, von dem man hoffte, es sei tot

Stehen wir vor einer neuen Welle des Faschismus? Viele Menschen scheinen dies zu glauben. Donald Trump wurde als Faschist bezeichnet, ebenso wie Wladimir Putin und eine Vielzahl europäischer Demagogen und rechter Maulhelden. Die momentane Flut an autoritärem Getöse reicht bis in die Philippinen, deren gewählter Präsident Rodrigo ("der Bestrafer") Duterte geschworen hat, Tatverdächtige in die Bucht von Manila zu werfen.
Durch die locker sitzende Rhetorik wurde nicht nur die politische Debatte vergröbert, sondern auch das historische Gedächtnis abgestumpft. Vergleicht ein republikanischer Politiker die US-Immobiliensteuern mit dem Holocaust, wie es 2014 ein US-Senatskandidat tat, wird der Massenmord an den Juden so sehr trivialisiert, dass er jegliche Bedeutung verliert.
Sie mögen abstoßend sein, aber sie organisieren keine uniformierten Sturmtruppen, bauen keine Konzentrationslager und rufen keinen autoritären Staat aus. Putin kommt dem noch am nächsten, aber auch er ist kein Hitler. Natürlich kommen Vergesslichkeit und Unwissenheit über die Vergangenheit aus verschiedenen Richtungen.

 

Drei Klammern gegen Antisemitismus – Solidarität auf Twitter

Auf Twitter sind seit einigen Tagen manche Benutzernamen links und rechts von je drei Klammern eingerahmt. Dahinter steckt kein modischer Trend, sondern eine Solidaritätskampagne. Die Geschichte hat ihren Ursprung in den USA. Dort schreiben Neonazis die Namen von (tatsächlichen oder vermeintlichen) Juden in Klammern, um sie zu brandmarken oder gar um zu Gewalt gegen sie aufzurufen. Darüber berichtete groß als erster der Journalist Jonathan Weisman von der "New York Times", der selbst im Netz als "(((Weisman)))" bezeichnet worden war.
Auch in Deutschland ist die Drei-Klammern-Solidarität auf Twitter angekommen. (((Jan Böhmermann))) war einer der ersten. Doch mittlerweile heißt er auf Twitter wieder einfach nur Jan Böhmermann. In der Berliner Landespolitik folgt vor allem die Linke dem Trend. Der Landesvorsitzende Klaus Lederer etwa nutzt heißt auf Twitter derzeit (((Klaus Lederer))). "Es ist nicht nur Aufgabe von Behörden und Internetkonzernen, gegen "hate speech' zu mobilisieren", sagte er dazu. Auch andere Landespolitiker machen mit.

 

Schland flaggt ab

Pegida-Märsche und AfD-Gestänker verderben vielen die Lust am Party-Patriotismus zur EM. Die Rechten haben sich die Deutungshoheit über das Nationalgefühl zurückerobert.
Vor zwei Jahren um diese Zeit konnte man sich vor Schwarz-Rot-Gold kaum retten. Von Flutschfinger bis Fliegenklatsche trug alles die deutschen Farben. Sie nisteten als Schminkset im Deckel des Nutellaglases, umschmiegten eine Traumkombination von Putzmitteln im praktischen Wischeimer und lagen als Wimpel jeder zweiten Zeitschrift bei. Denn die WM in Brasilien stand an, und seit dem „Sommermärchen“ von 2006 galt es als deutscher Brauch, zu den internationalen Fußballturnieren massenhaft Flagge zu zeigen.
Schon 2014 nahm das Fieber einen seltsamen Verlauf. So allgegenwärtig die deutschen Farben kurz vor der WM waren, so schnell verschwanden sie wieder. Und heute? Mit den Pegida-Aufmärschen ist das alte, das bedrohliche Bild vom Flagge tragenden Deutschen zurückgekehrt.

 

Claudia Pechstein: Flüchtlingsfeindlicher Kommentar nach juristischer Niederlage

Nach der Ablehnung ihrer Schadenersatzklage vom BGH beklagt sich Claudia Pechstein mit deutlichen Worten: Jeder Flüchtling würde in Deutschland mehr Rechtsschutz genießen als ein Sportler.
Eine solche Niederlage hat Claudia Pechstein – Eisschnellläuferin, fünf olympische Goldmedaillen, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen, Deutschlands erfolgreichste Sportlerin bei Olympischen Winterspielen – noch nicht erlitten. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat ihr Begehren auf Schadenersatz für die zu Unrecht verhängte zweijährige Sperre wegen Dopings für unzulässig erklärt. Pechstein ist krachend gescheitert.
„Jeder Flüchtling, der in Deutschland einreist und registriert wird, genießt Rechtsschutz“, sagte Pechstein am Dienstag. „Aber wir Sportler nicht.“ Pechstein bleibt sich treu. Mit Niederlagen konnte sie noch nie gut umgehen. Pechstein sieht sich als Verfolgte des olympischen Systems, als Mensch zweiter Klasse. Ihr fester Glaube in die deutsche Justiz habe einen Dämpfer erhalten, klagte sie vor Fernsehkameras.

Mein Vater, der bekannte Verschwörungstheoretiker

Unter dem Pseudonym „Freeman“ stieg ein Schweizer mit seinem Blog „Alles Schall und Rauch“ schnell zu einer Instanz unter deutschsprachigen Truthern auf. Seine Tochter hat hinter die Kulissen der Szene geblickt.

Melde-Attacken von rechten Facebook-Nutzern

Auf Facebook rufen rechte User dazu auf, die Meldefunktion zu nutzen, um Seiten ihrer Gegner stillzulegen - offenbar erfolgreich.

Wie es sich anfühlt, wenn Rechtsextreme dich als Kinderschänder diffamieren

Als Martin Schöler am 11. März 2015 seinen Facebook-Account öffnete, blickte er auf einen Fahndungsaufruf mit seinem Gesicht. "Gesucht wegen sexueller Belästigung von Kindern in Leipzig", stand über seinem Bild, darunter: "Hinweise bitte an das Polizeipräsidium Leipzig oder jede andere Polizeidienststelle". Auf einer Seite stand unter dem Post: "Wir bitten um Mithilfe bei der Selbstjustiz". "Für mich war das sehr, sehr erschreckend", erinnert sich der Leipziger Journalist heute. Auf Facebook wurde das Bild eifrig geteilt. Vor allem Leipziger Fußballfans verbreiteten es weiter. Da er mit einigen Fußballfans befreundet ist und einzelne ihn auf dem Foto erkannten, dauerte es nicht lange, bis die ersten Drohungen in seinem Posteingang landeten. "Die haben mir Nachrichten geschrieben, na ja, wie der deutsche Lynchmob halt tobt", erzählt Schöler. Immerhin wusste Schöler, was zu tun war: Er machte sich auf die Suche nach den Facebook-Profilen, die das Bild ursprünglich hochgeladen und gepostet hatten. Es waren alte Bekannte: Zwei Rechtsextreme aus dem Leipziger Raum—und Benjamin Brinsa, ein Leipziger MMA-Kämpfer, dem seit Jahren vorgewurfen wird, eng mit der rechten Szene verbunden zu sein.

MDR macht AfD-Politiker Björn Höcke zum Muslim

Der MDR hat die Namen von zwei Studiogästen verwechselt – und in diesem Fall ist das Missgeschick nicht ohne Ironie: Der Sender machte ausgerechnet aus dem Islam-Kritiker und AfD-Politiker Björn Höcke einen gläubigen Muslim. Angeblich war es keine Absicht.
Seit Wochen kämpft Höcke nun gegen den Bau einer Moschee in Erfurt und schimpft über das "fremde und extrovertierte" Bauwerk. Deswegen war der Rechtspopulist am Montagabend in der Talkshow "Fakt ist" des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Mit den anderen Studiogästen diskutierte der Rechtspopulist über "Moscheen in Mitteldeutschland". Es dürfte ein Thema sein, das ihm am Herzen liegt.
Wie jeder andere Studiogast auch wurde Höcke den Zuschauern vorgestellt, auch während der Sendung  mit Hilfe von Einblendungen, sogenannten Bauchbinden. Allerdings unterlief der Redaktion der MDR-Sendung "Fakt ist" ein Missgeschick: Als Höcke im Bild war, blendete sie den Namen eines anderen Studiogastes ein: Abdullah Uwe Wagishauser, Vorsitzender der Ahmadiyya Muslim-Gesellschaft.

http://www.haz.de/Nachrichten/Medien/Fernsehen/MDR-entschuldigt-sich-fuer-Verwechslung-von-AfD-Politiker-Bjoern-Hoecke

 

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