Presseschau ... 09.05.2016

+++ Erfurt: Angriff auf Autonomes Jugendzentrum, vier Verletzte +++ Hildburghausen: Neonazi-Konzert mit 3.500 Teilnehmern +++ Berlin: 1.500 bei Nazidemo, die Gegendemo füllt Mitte, Linken-Politiker angegriffen +++ Schläge wegen Anti-Nazi-Spruch auf dem Rucksack +++ Rassistische Beleidigungen in Schwerin +++ Dähre: Nazi-Schmierereien an „Schule ohne Rassismus“ +++ Minarett in Graz mit Blut beschmiert
 

Erfurt: Angriff auf Autonomes Jugendzentrum, vier Verletzte

Bei einem Überfall auf das Autonome Jugendzentrum AJZ in Erfurt wurden am Himmelfahrtstag vier Personen verletzt. Die Täter warfen Flaschen und versprühten Reizgas. Nach Polizeiangaben wurden am Nachmittag aus einer Gruppe von 10 bis 15 Personen heraus zunächst Flaschen auf den Innenhof des AJZ geworfen, dann stürmte die Gruppe das Zentrum, das vowiegend ein Treffpunkt für Punks und Autonome ist.
Im Gebäude hätten die Täter Reizgas versprüht und auf Anwesende eingeschlagen, so die Polizei. Folge waren leichte Verletztungen in Form von Platzwunden und Reizungen der Augen. Einem 15-Jährigen wurde zudem die Jacke gestohlen. Die Polizei sei mit mehreren Streifenwagen angerückt und habe einen mutmaßlichen Verdächtigen im Umfeld des Jugendzentrums stellen können, sagte ein Polizeisprecher. Weil ein rechter Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne, habe der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

 

Hildburghausen: Neonazi-Konzert mit 3.500 Teilnehmern

An einer rechtsextremen Kundgebung mit Reden und Musik haben am Samstag in Hildburghausen, einer Kleinstadt in Thüringen, nach Polizeiangaben rund 3.500 Menschen teilgenommen. Sie waren aus ganz Deutschland aus dem benachbarten, europäischen Ausland wie Tschechien, Polen, Österreich und Frankreich angereist. Die Polizei war mit 350 Beamten im Einsatz. Ursprünglich hatte die Polizei mit rund 1.500 Teilnehmern wie im vergangenen Jahr gerechnet. Der Veranstalter hatte 1.300 Demonstranten angemeldet. An einer friedlichen Demonstration gegen die rechtsextreme Kundgebung hatten am Vormittag in Hildburghausen nach Polizeiangaben etwa 150 Personen teilgenommen.
Bürgermeister Holger Obst (CDU) sprach mit Blick auf die rechte Veranstaltung von "einem der schwärzesten Tage der Stadt". Die Stadt werde alles versuchen, um ähnliche Konzerte künftig zu verhindern. Obst sagte, er hätte sich mehr Präsenz im Stadtgebiet gewünscht. Die Konzertteilnehmer aus dem rechtsextremen Spektrum hätten zahlreiche Parkplätze belagert und so bei der Bevölkerung Angst und Schrecken verbreitet.
Währenddessen bezweifelt Katharina König, Abgeordnete von Die Linke im Thüringer Landtag, den Kundgebungscharakter der Veranstaltung:  „Seit Jahren melden Neonazis in Thüringen ihre großen Rechtsrock-Festivals unter dem Tarnmantel einer politischen Kundgebung an. Wenn wie in Hildburghausen die Teilnehmer monatelang im Vorfeld des Konzertes von den Veranstaltern aufgefordert werden, ihre 25 Euro Teilnahmebeitrag per Überweisung zu entrichten, um gültige Eintrittskarten per Post zu erhalten, sollte man darüber nachdenken, ob hier das Versammlungsrecht nicht derart stark untergraben wird, dass ein Schutz nach dem Versammlungsgesetz nicht längst verwirkt wäre und damit auch die Notwendigkeit entfiele, den Neonazis städtische Flächen zu überlassen.“
König schätzt, dass mit dem Konzert in Hildburghausen und einer für den selben Tag kurzfristig organisierten Zweitveranstaltung von Organisator Tommy Frenck im benachbarten Kloster Veßra mit ca. 500 Teilnehmenden mindestens 100.000 Euro Umsatz durch und für die Neonazi-Szene gemacht wurde.

 

Berlin: 1.500 bei Nazidemo, die Gegendemo füllt Mitte, Linken-Politiker angegriffen

Berlin kann's doch noch: Rund 7.000 Menschen haben am Samstag gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestiert. Zahlenmäßig waren die GegendemonstrantInnen den Neonazis damit deutlich überlegen, zu deren Demonstration sich statt der angekündigten 5.000 nur knapp 1.500 Menschen einfanden.  Die Polizei, mit 1700 Beamten im Einsatz, hatte die Route der Neonazis großräumig abgeriegelt, alle Brücken über die Spree im Bereich Hauptbahnhof waren dicht. Entlang der Neonazi-Route sammelten sich aber immer wieder größere Gruppen von GegendemonstrantInnen, die lautstark ihren Protest ausdrückten.
Veranstalter der rechten Demo unter dem Motto „Merkel muss weg“, deren TeilnehmerInnen sich ab 15 Uhr am Hauptbahnhof versammelten, war der Neonazi Enrico Stubbe aus Marzahn, Mitglied im Bundesvorstand von Pro Deutschland. Stubbe hatte bereits im März eine Demonstration in Berlin veranstaltet, an der noch rund 2.000 Menschen teilgenommen hatten – auf der Gegenseite waren es damals nur rund 1.000 TeilnehmerInnen.
Aufsehen erregte ein Vorfall um den Linken-Abgeordneten Hakan Tas: Als er sich in einem Supermarkt ein Getränk kaufen wollte, seien zwei Neonazis auf ihn zugekommen, einer von ihnen habe ihm den Ellenbogen in den Bauch geboxt, berichtete der Politiker. „Offenbar haben die beiden mich erkannt und wollten mich einschüchtern“, sagte Tas, der Anzeige erstattete.

Bilder und Videos vom Tag hat der RBB:

 

Schläge wegen Anti-Nazi-Spruch auf dem Rucksack

An Christi Himmelfahrt ist in Gaildorf (Baden-Württemberg) ein 22-jähriger Mann verprügelt und leicht verletzt worden. Im Polizeibericht heißt es, die Auseinandersetzung habe mit einem Streit um den Rucksack des 22-Jährigen mit der Aufschrift „Kein Bock auf Nazis“ begonnen. Der Mann sei geschlagen und umgestoßen worden. „Dabei schlug er wohl mit dem Kopf gegen die Deichsel eines Lkw-Anhängers und zog sich zumindest eine Gehirnerschütterung zu,“ berichtet ein Polizeisprecher.

 

Rassistische Beleidigungen in Schwerin

Am Freitag Abend trafen zwei 49-jährige Mosambikaner in Schwerin auf eine Gruppe Betrunkener. Nach Polizeiangaben ging die Gruppe auf die beiden Männer zu, ein Mann aus der Gruppe habe „für alle hörbar verächtliche Parolen“ skandiert. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf Volksverhetzung.

 

Dähre: Nazi-Schmierereien an „Schule ohne Rassismus“

Nazi-Schmierer haben in der Nacht zum Donnerstag ihr Unwesen auf dem Gelände der Sekundarschule Dähre (Sachsen-Anhalt) getrieben. Sie haben Vorder- und Rückseite des Schulgebäudes mit roten Farbkugeln beworfen. An den Schulcontainer malten sie mit schwarzer Farbe ein Hakenkreuz und einen Hitlergruß. Diese Sachbeschädigung erhält eine besondere Brisanz vor dem Hintergrund, dass die Sekundarschule erst am Mittwoch mit dem Titel „Schule gegen Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet worden ist. Schüler und Lehrer haben sich seit März 2015 mit dieser Thematik auseinandergesetzt. 75 Prozent von ihnen hatten mit ihrer Unterschrift bekräftigt, gegen Gewalt, Rassismus und Diskriminierung eintreten zu wollen.

 

Minarett in Graz mit Blut beschmiert

Als Rechtsextremer ist der Anführer der "Partei des Volkes", Thomas K. (46), beim Verfassungsschutz bereits bekannt. Donnerstagnacht setzte er sich in der Graz in Szene, indem er auf dem Gelände des islamischen Kulturzentrums zwei Schweineköpfe deponierte und das Minarett mit Blut besudelte. Die Tat geschah kurz vor 23 Uhr, und zu diesem Zeitpunkt hielten sich noch einige Mitglieder des Kulturzentrums auf dem Gelände auf. "Sie sind im Clubhaus gesessen, haben Fußball geschaut und deshalb nicht bemerkt, was draußen passiert ist", berichtet Pressesprecher Aldin Bektas. "Als sie ins Freie gegangen sind, war die Polizei schon da. Ein Passant hat sie verständigt."
Im grobmaschigen Gitter der in Bau befindlichen Moschee steckten zwei blutverschmierte Schweineköpfe, die Mauer des nagelneuen Minaretts war mit Tierblut besudelt worden. Der mutmaßliche Täter ging vor Ort einer Streife ins Netz.

 

Proteste gegen Fackelmarsch der NPD am 8. Mai in Demmin

Mit mehreren Aktionen haben demokratische Parteien, Gewerkschaften und Kirchen am Sonntag in Demmin (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) gegen eine Gedenkveranstaltung der rechtsextremen NPD protestiert. Mehrere hundert Menschen beteiligten sich an einem Friedensfest auf dem Markt, einem Friedensgebet in der Sankt-Bartholomaei-Kirche und Demonstrationen zum Tag der Befreiung am 8. Mai. „Unser Anliegen ist Frieden. Das ist mit Nazis nicht zu machen“, sagte Kerstin Lenz vom Aktionsbündnis „Demmin bleibt bunt“. Man wolle keine Rechtsextremen an einem 8. Mai in Demmin. Auf der NPD-Demo wurden rund 200 Teilnehmer gezählt.

 

Nach Spiel in Goslar: Fußballfans von Neonazis angegriffen

„Zum Glück ist niemand von uns schwer verletzt wurden“, sagt Martin. Er und zehn Fußballfreunde, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, wurden am 24. März nach dem Heimspiel des TSV Havelese gegen den SC Goslar 08 von etwa 20 Neonazis angegriffen und mit Flaschen und Böllern beworfen. „Geplant und gezielt“, sagt Martin. Jetzt machten sie den Angriff öffentlich. Havelse ist ein Stadtteil der niedersächsischen Stadt Garbsen, die knapp 15 Kilometer von Hannover entfernt ist. Fans des Clubs sind schon häufiger etwa durch sexistische und homophobe Pöbeleien aufgefallen. Aus deren Fanszene soll auch mal der Hitler-Gruß gezeigt worden sein. Zuletzt wurden die Spiele daher regelmäßig von einem größeren Polizeiaufgebot begleitet.
Martin und die anderen Betroffenen glauben, in einigen Angreifern Mitglieder des rechtsextremen Hooligan-Netzwerkes „Gemeinsam-Stark Deutschland“ erkannt zu haben. Denn es soll ein Foto geben, auf dem die Männer – fast alle ganz in Schwarz gekleidet – unvermummt posen.

 

Hessen: Angriffe auf Flüchtlinge 2015 fast verzehnfacht

Angriffe auf Flüchtlinge haben im vergangenen Jahr in Hessen drastisch zugenommen. Landesregierung und Opposition sprechen von einer alarmierenden Entwicklung. Als das Innenministerium am vergangenen Mittwoch seine Bilanz über Angriffe auf Flüchtlinge vorlegte, ging vor dem Amtsgericht in Frankfurt der Prozess gegen einen 21-Jährigen dem Ende entgegen. Der junge Mann hatte Schüsse auf eine Asylunterkunft in Hofheim (Main-Taunus) abgefeuert. Die Tat ist einer von insgesamt 67 Übergriffen auf Flüchtlinge und Flüchtlingsheime im vergangenen Jahr. Nach sieben registrierten Vorfällen 2014 stieg die Zahl nach Angaben des Innenministeriums damit 2015 um fast das Zehnfache. Von den 67 Übergriffen handele es sich bei rund der Hälfte zwar um minder schwere Vergehen wie Sachbeschädigungen oder Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Es wurden aber auch fünf Brandstiftungen, drei Körperverletzungen sowie sieben Fälle von Volksverhetzung registriert.

 

 Schüsse auf Flüchtlingsheim: Ignorierte Gericht rechten Hintergrund des Täters?

In Hofheim (Hessen) schießt ein 21-Jähriger auf eine Asylunterkunft. Vor Gericht kommt er mit Sozialstunden davon. Fragwürdig bleibt: Mögliche Verstrickungen in die rechte Szene spielen in der Verhandlung keine Rolle. Der Bericht des hessischen Innenministeriums über 67 flüchtlingsfeindliche Übergriffe lässt auch Fragen offen: So fallen lediglich 42 dieser Übergriffe in die Kategorie politisch rechts motiviert.
Dass dies mitunter auch an mangelnden Aufklärungswillen der Straf- und Ermittlungsbehörden liegen könnte, zeigt ein umstrittener Prozess gegen einen 21-Jährigen, der im April 2015 mit einer Gaspistole insgesamt zehn Schüsse auf eine Asylunterkunft in Hofheim abgab. Bei der Attacke ging eine Scheibe zu Bruch, Menschen wurden damals nicht verletzt.
Für die Tat musste sich Ronny W. nun laut »Frankfurter Rundschau« vor dem Frankfurter Jugendschöffengericht verantworten. Seine Verteidigung setzte dabei auf die Strategie, die Schüsse als jugendliche Dummheit unter Alkoholeinfluss abzutun. Er hätte überhaupt nicht gewusst, wofür das Containerdorf da gewesen sei, erklärte seine Anwältin. Er kam mit einer Verwarnung und 120 Sozialstunden davon. Was im Prozess dagegen keine Rolle spielt, sind Aufkleber der rechtsradikalen NPD, die beim Täter laut Aussage der Staatsanwaltschaft vor einigen Wochen gefunden worden sein sollen.

 

Keine Milde: Ein Jahr Haft für den „Rodel-Nazi“

Er schlug an einem Rodelhang einen Afghanen brutal zusammen. Bei der Tat trug er Hitlerbärtchen und einen Helm mit aufgemaltem Hakenkreuz: Ein 34-jähriger Mann aus Geisingen (Sachsen) wurde am Freitag wegen gefährlicher Körperverletzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt. Am 17. Januar war es an einem Rodelhang zu einem Zusammenstoß gekommen. Denn der Rodler war ausgerastet. Den afghanischen Asylbewerber, mit dem er zusammengestoßen war, hatte er mit seinem Helm und der Faust geschlagen. Als der am Boden lag, hatte er ihn auch noch mit Füßen getreten. Einen anderen Afghanen, der zu Hilfe kommen wollte, hatte er weggestoßen. Aufgehört hatte er erst, als andere Rodler eingegriffen. Diese Prügelei erregte besonderes Aufsehen, weil er dabei einen Helm mit einem Hakenkreuz darauf trug, sich ein Hitlerbärtchen rasiert und er noch mehrfach den Hitlergruß gezeigt hatte.
In den Gerichtssaal kam er in Handschellen. Denn der Geisinger sitzt bereits in Dresden ein. Er stammt aus Rheinland-Pfalz und hat dort vor verschiedenen Gerichten schon ein Dutzend Vorstrafen gesammelt. Ein Urteil aus Ludwigshafen von 2014 wegen räuberischer Erpressung war auf Bewährung ausgesetzt. Er hatte aber die geforderten Arbeitsstunden nicht geleistet. Deswegen hatte das Amtsgericht Dippoldiswalde die Bewährung im vergangenen Dezember widerrufen, und er musste jetzt einrücken. Zuvor hat er sich aber noch das Ding am Geisinger Rodelhang geleistet. Den Vorfall gab der Angeklagte von Anfang an weitgehend zu. Er hat zahlreiche Vorstrafen.

 

Stendal: Hohe Geldstrafe für Volksverhetzung bei Facebook

Auf seinem Facebook-Account war ein Abbild von Adolf Hitler entdeckt worden, darunter stand: „Vermisst seit 45. Adolf bitte melde dich, Deutschland braucht dich.“ Doch dazu kam es nicht. Auf seinem Facebook-Account entdeckte die Polizei einen zweiten Eintrag: „Drecksyrierpack, einfach abschlachten die Schweine, da werden unsere Steuern verschleudert ...“ Die Staatsanwaltschaft klagte den 40-Jährigen wegen Volksverhetzung an. Es bleibt nun auch in zweiter Instanz dabei: Wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis muss ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes aus dem Norden des Landkreises Stendal eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 30 Euro (insgesamt 3900 Euro) zahlen.

 

Bayern: „Identitäre Bewegung“ durchzieht den Freistaat

Die rechtsextreme Gruppierung „Identitäre Bewegung“ wird in Bayern immer aktiver. Kürzlich hat sie im Landkreis Rosenheim einen neuen Ortsverband gegründet – im Lokal des örtlichen AfD-Vorsitzenden. Die Gruppe nennt sich „Gruppe Mangfalltal“. Der Rosenheimer AfD-Vorsitzende Franz Bergmüller behauptete gegenüber einem Online-Portal, nicht gewusst zu haben, an wen er sein Nebenzimmer vermietet. Mit den „Identitären“ gebe es „keine Zusammenarbeit“.
Aber stimmt das so? Wie die „SZ“ berichtet, hat der Vorsitzende des bayerischen AfD-Landesverbandes, Petr Bystron, vor einigen Wochen bei einer AfD-Kundgebung in Geretsried ausdrücklich auch die Mitglieder „Identitären Jugend“ begrüßt, die bei der Veranstaltung anwesend waren. Die „Identitäre Bewegung“ ist in den vergangenen Monaten immer öfter im Raum Oberbayern in Erscheinung getreten.

 

Mobbing und Rassismus an Polizeischule in Eutin?

In Schleswig-Holsteins Landespolizeischule in Eutin ist es offenbar zu frauen- und fremdenfeindlichen Vorfällen gekommen. Schülerinnen berichteten in einer Vernehmung von körperlichen Attacken. Zudem seien im Schwimmunterricht Beleidigungen gefallen. In einer geschlossenen Gruppe des Messenger-Dienstes WhatsApp wurden Bilder mit eindeutig pornografischem Inhalt platziert. In einem anderen Fall ist der Inhalt eines NPD-Wahlplakats wiedergegeben worden: "Ist der Ali kriminell, in die Heimat, aber schnell."
Seit Mitte Dezember seien die Vorwürfe von verschiedenen Abteilungen geprüft worden. Es hätten keine zureichenden Anhaltspunkte vorgelegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigten, heißt es in der Antwort. Deshalb sei kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Die entsprechenden Akten seien mittlerweile vernichtet. Dabei verweist das Ministerium auch auf den Umstand, dass ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Lübeck eingestellt worden sei.

 

Hamburg: Der tägliche Rassismus

Barmbek-Süd am Neujahrstag: "Ich bin Deutscher", ruft der Mann und "Heil Hitler". Dabei schwingt er eine Brechstange drohend vor einer Gruppe, in der auch das Ziel seines Hasses steht: ein Mann mit dunkler Hautfarbe, den er als "Neger" beschimpft. Die Brechstange hatte er zuvor aus seinem Auto geholt. Dann rast er davon. Gefasst wird er nicht. Alltag in Hamburg im Jahr 2016. Wer Beispiele für gelebten Rassismus, für rechte Hetze sucht, muss den Blick nicht gen neue Länder richten. Angriffe wie dieser passieren vor der eigenen Haustür, verzerren das sonst so weltoffene Gesicht dieser Stadt zur hässlichen Fratze.
Hakenkreuz-Schmierereien, Sachbeschädigungen an Flüchtlingsunterbringungen, Körperverletzungen: 86 rassistische, rechtsextreme oder ausländerfeindliche Taten führt die Hamburger Innenbehörde allein für das erste Vierteljahr 2016 – aufgeschlüsselt in der Antwort auf eine Senatsanfrage der linken Innenexpertin, Christiane Schneider. Das Besondere: Erstmals gibt die Polizei für alle Fälle eine kurze Beschreibung, was passiert ist. Es ist eine beschämende Zustandsbeschreibung.

 

Göttingen: Erfolgreiche Rechtsextremismus-Forschung vor dem aus?

Dem Göttinger Rechtsextremismus- und Antisemitismus-Forscher Samuel Salzborn droht die Entlassung: Die Uni will ihren Vertrag mit dem Wissenschaftler nicht verlängern. Die Entscheidung der Universitätsleitung stößt bei vielen auf Unverständnis und es regt sich Protest.
Der 38-jährige Samuel Salzborn forscht, lehrt und publiziert seit Jahren zu den Themen Nationalismus, Demokratiefeindlichkeit, Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. 2012 wurde er auf eine Professur an der Universität Göttingen berufen. Die Stelle war zunächst auf fünf Jahre befristet - ein heutzutage bei Nachwuchswissenschaftlern übliches Prozedere.
Seitdem hat Salzborn über ein Dutzend Bücher und zahlreiche Aufsätze herausgegeben, genießt hohes Ansehen bei seinen Studierenden und war erfolgreich bei der Einwerbung von Forschungsgeldern. Vor allem in der Antisemitismusforschung hat sich Salzborn international einen Namen gemacht. Auch öffentlich bezieht Salzborn zu aktuellen Phänomenen, wie etwa dem Umgang mit der AfD, dezidiert und kritisch Stellung. Erst im Dezember 2015 wurde er vom Stiftungsrat der Universität Göttingen für seine gelungene Darstellung wissenschaftlicher Themen in der Öffentlichkeit ausgezeichnet.

 

NPD-Funktionär organisiert Nazi-Festival in Brandenburg

Brandenburg steht das größte Neonazi-Konzert seit Jahren bevor. Robert Wolinski, Vorstandsmitglied in der Brandenburger NPD und Stadtverordneter in Velten (Oberhavel), organisiert nach PNN-Informationen vom 17. bis 19. Juni ein „Sonnentanz Festival“ mit bis zu 500 Teilnehmern. Veranstaltungsort soll das Gehöft von Klaus Mann sein, er ist Ex-Landeschef der Neonazi-Partei „Die Rechte“, war vormals auch bei NPD und DVU.
Das Grundstück der Familie Mann in Finowfurt gilt seit rund zehn Jahren als einer der wichtigsten Orte für Zusammenkünfte der rechtsextremistischen Szene in Berlin und Brandenburg – mit Rechtsrockkonzerten und braunen Festen. Oftmals war auch die Polizei eingeschritten, wenn indizierte Musik gespielt wurde. Diesmal sind in der internationalen Neonazi-Szene namhafte Bands angekündigt. Die bekannteste davon ist die US-Band „H8Machine“ und der Gütersloher Rapper Julian Fritsch, der unter dem Künstlernamen „Makss Damage“ auftritt. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des „NS-Rap“.

 

„Die Polizei hat mir am 1. Mai in Bochum den Arm gebrochen“

Am Sonntag, den 1. Mai, sperrte die Polizei in Bochum zum Schutz der NPD-Demo die Bochumer Innenstadt weiträumig ab und nahm 306 Gegendemonstranten für mehrere Stunden in Gewahrsam. Es kam aber nur zu 36 Strafanzeigen. Schon das legt einen gewissen Übereifer von Seiten der Polizei nahe. Dirk Krogull sprach mit dem 24-jährigen Jan (Name geändert), der am 1. Mai am schwersten verletzt wurde: Jan trug einen gebrochenen Arm davon.

 

Warum Lutz Bachmann ins Gefängnis gehört: Er ist ein Volksverhetzer

Das Urteil gegen Pegida-Gründer Lutz Bachmann, der in der vergangegnen Woche wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 9.600 Euro verurteilt wurde, ist noch nicht rechtskräftig. Beide an der Verhandlung beteiligte Seiten wollen dagegen angehen: Die Staatsanwaltschaft möchte eine Haftstrafe ohne Bewährung erwirken. Bachmanns Anwältin Katja Reichelt hatte Freispruch gefordert und kündigte an, sie werde das Urteil durch alle Instanzen jagen. Kommentar von Heribert Prantl:

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wer darauf so herumtrampelt wie der Pegida-Gründer Lutz Bachmann, ist ein Hassprediger und ein Gewalttäter - weil er mit verbaler Gewalt der körperlichen Gewalt gegen Flüchtlinge den Boden bereitet. Solche Volksverhetzung ist nicht einfach nur Entgleisung; sie ist ein gemeiner und tückischer Angriff auf den Kern des Menschseins. Das ist der Grund, warum Nachsicht hier nicht angebracht ist; schon gar nicht dann, wenn es, wie bei Bachmann, schon eine ganze Latte von Vor- und Bewährungsstrafen gibt.

 

Rezept gegen den Lügenpresse-Vorwurf: Nichts als die Wahrheit

Besonders laut wird „Lügenpresse“ in Dresden skandiert. Darunter müsste die „Sächsische Zeitung“ besonders leiden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Rufe auf den Montagsdemonstrationen der Islamfeinde sind zwar laut, aber offenbar längst nicht so wirkungsvoll wie befürchtet, wie die in Dresden und dem Umland erscheinende „Sächsische Zeitung“ zeigt. So sank deren Gesamtauflage (226 000 Exemplare) mit minus 3,6 Prozent im Jahresvergleich nur halb so stark wie im Branchendurchschnitt. Wenn man die ländlichen Regionen vor allem im Osten Sachsens mit der dort starken Abwanderung herausrechnet, steht die „Sächsische Zeitung“ sogar noch besser da. „Im Ballungsraum Dresden hat sie nur sehr geringe Verluste“, bestätigte der Leipziger Zeitungsforscher Michael Haller dem Tagesspiegel.
„Wenn es eine positive Botschaft im Zuge von Pegida gibt, dann: Man kann eine klare Haltung bewahren ohne Leser zu verlieren. Im Gegenteil: An den Dienstagen nach den Demos haben wir Verkaufszuwächse gehabt wie seit Jahren nicht mehr“, stellt Uwe Vetterick, der Chefredakteur der „Sächsischen Zeitung“ fest.

 

Hass im Netz: Nimm die Hand aus der Hose, wenn ich mit dir rede!

Sie schreibt einen Text, er wünscht ihr den Tod: Kolumnistin Margarete Stokowski antwortet einem Pöbelbriefschreiber. Ausnahmsweise.

Du antwortest mir nicht mehr im Facebook-Chat, dabei hatte ich dich gefragt, warum genau du mir den Tod wünschst, Ruven. So heißt du wohl, oder auch nicht. Schöner Name. Auf Baby-Vornamen.de steht, dass dein Name bedeutet: Seht, ein Sohn. Als würden deine Eltern fortwährend jubilieren, dass es dich gibt, und vielleicht ist es auch so. Aber was macht dieser Sohn? Er schreibt fremden Frauen auf Facebook, dass sie sterben sollen: "Hallo Dummsau. Ich hoffe du ertrinkst in einem deiner Transgender-Klos." Das war dein, nun ja, Leserbrief, zu meiner vorletzten Kolumne. Und weil das nicht reicht, schickst du noch hinterher: "Fuck you." Wohl um sicherzugehen, dass ich den Tonfall richtig verstehe.
Ich hatte dann gefragt, was dich treibt. "Sehr geehrter Herr [Nachname], warum genau hoffen Sie das? Viele Grüße, Margarete Stokowski" - und darauf hast du zumindest kurz geantwortet. "Weil mir dein Geplapper schon lange zum Hals raushängt. Und jetzt, so höflich, willst du meine Freundin auf FB werden? Nur wenn du Nacktbilder schickst!"

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