Presseschau... 08.07.2016

+++ „Scheiß Muslime!“ Muslima in Kiel auf offener Straße niedergeschlagen +++ Homosexueller Syrer vor Lageso Berlin geschlagen – Täter soll Security-Mitarbeiter sein +++ Syrer am Bahnhof Crimmitschau (Sachsen) verprügelt +++ Nach rassistischem Angriff? 34-Jähriger in Zerbst von Zug erfasst +++ Magdeburg: Betrunkener greift mehrere Personen an, darunter Syrer +++ Rechtsradikale Schmierereien in Frechen und Dittelsheim-Heßloch +++

 

„Scheiß Muslime!“ Muslima in Kiel auf offener Straße niedergeschlagen

Der Vorfall ereignete sich im Kieler Stadtteil Neumühlen-Dietrichsdorf. „Es ist alles in Sekunden passiert“, sagte Gamze K., die sich kurz nach 11 Uhr zu Fuß auf den Weg zum Einkaufen gemacht hatte, als es plötzlich zu dem Angriff kam. „Das war so brutal wie bei einem Boxer, der einen K.O.-Schlag macht.“ Sie stürzte stark blutend zu Boden und beobachtete, wie der Schläger sich vom Tatort entfernte. „Der ist nicht einmal gerannt, er ist einfach gegangen, als ob nichts passiert wäre“, berichtet die Muslima. Vor dem Faustschlag habe der Mann „Scheiß Muslime“ gerufen.
Als Tatverdächtigen hat die Polizei einen Mann (55) ermittelt, der wegen verschiedener Straftaten aktenkundig sein soll. Darunter aber wohl keine mit fremdenfeindlichem oder rassistischem Bezug. Er ist auf freiem Fuß. Es handele sich bei ihm um einen Asylbewerber aus Russland, teilte die Polizei mit.
In den türkischen Vereinen Kiels hat der Angriff große Betroffenheit ausgelöst. „Wir haben uns in Kiel bisher wohl und sicher gefühlt, und nun passiert so etwas“, sagte Ali Ihsan Özdemir, Vorstandsmitglied des Vereins Türkische Gemeinde.
Auch bundesweit hat der Angriff Bestürzung ausgelöst: Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck sprach von einer „neuen Qualität der Hasskriminalität in Deutschland“.

 

Homosexueller Syrer vor Lageso Berlin geschlagen – Täter soll Security-Mitarbeiter sein

Ein syrischer, homosexueller Flüchtling ist am Donnerstag in Berlin vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) geschlagen worden. Täter soll ein Angehöriger des Sicherheitspersonals gewesen sein. Die Polizei hat eine Anzeige wegen Körperverletzung aufgenommen, zugleich aber auch eine Anzeige gegen das Opfer wegen Beleidigung.
Nach einem Bericht einer Mitarbeiterin des Lesben- und Schwulenverbands Berlin hätten drei Security-Mitarbeiter sich über den 32-jährigen Syrer, der im Lageso einen Termin hatte, lustig gemacht. „Sie hätten, so wurde mit geschildert, auf arabisch gesagt: "Schau dir diese Schwuchtel an, wie der sich benimmt“, sagte Hassoun. Daraufhin habe der Syrer erwidert: „Ich verstehe Euch.“ Sekunden später sei er dann unvermittelt geschlagen worden und habe dabei ein blaues Auge davongetragen.

 

Syrer am Bahnhof Crimmitschau (Sachsen) verprügelt

An einem Bahnhaltepunkt in Crimmitschau ist am Dienstagnachmittag ein 20-jähriger Ausländer verletzt worden. Angaben der Bundespolizei vom Mittwoch zufolge hatte der junge Syrer auf den Zug gewartet und telefoniert, als ihn ein Mann ansprach. Dieser habe ihm das Handy aus der Hand geschlagen und ihm eine Faust ins Gesicht geschleudert. Wie es weiter hieß, hatte ein Zeuge versucht, den Schläger festzuhalten. Der Angreifer habe sich jedoch losgerissen, sei als Beifahrer in ein Auto mit Zwickauer Kennzeichen gestiegen, das danach davongefahren sei.

 

Nach rassistischem Angriff? 34-Jähriger in Zerbst von Zug erfasst

Ein 34-jähriger Mann ist in Zerbst (Sachsen-Anhalt) von einem Zug erfasst und schwer verletzt worden. Wie die Polizei und Staatswanwaltschaft Dessau-Roßlau gemeinsam mitteilten, ereignete sich der Vorfall bereits am späten Donnerstagabend der vergangenen Woche.
Dem Unfall am 30. Juni soll eine tätliche Auseinandersetzung auf dem Bahnsteig in Zerbst vorangegangen sein. Demnach wurde der Mann aus Pakistan dort zwischen 23.15 Uhr und 23.30 Uhr von einer Gruppe bedrängt und angegriffen, zu der drei Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren und eine augenscheinlich jüngere Frau gehörten.
Nachdem die Gruppe von ihm abließ und sich entfernte, wurde der 34-jährige durch den Triebwagen eines Zuges erfasst und verletzt. Der Mann brach sich unter anderem das Schulterblatt. Er hatte zudem andere Verletzungen, die nicht von dem Zusammenprall mit dem Zug stammen.
Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben in alle Richtungen, auch ein „fremdenfeindliches Motiv“ will sie nicht ausschließen.

 

Magdeburg: Betrunkener greift mehrere Personen an, darunter Syrer

Ein 30-jähriger Mann aus Burg (Sachsen-Anhalt) griff am Mittwochabend in Magdeburg mehrere Personen an. Nach Angaben der Polizei geriet er mit einem 36-jährigen Geschädigten aus dem Salzlandkreis in Streit, beleidigte ihn und gab ihm einen Kopfstoß. Der Angegriffene habe eine Platzwunde über dem Auge erlitten. Kurz danach sei dem Beschuldigten eine syrische Familie entgegengekommen.  Ohne Vorwarnung sei er auf den Vater, einen 38-Jährigen Syrer, losgegangen und habe ihm ebenfalls einen Kopfstoß gegeben. Infolgedessen erlitt auch er eine blutende Platzwunde, die im Krankenhaus ambulant behandelt werden musste. Zeugen des Vorfalls informierten die Polizei. Bei Eintreffen der Beamten sei der Mann weiterhin aggressiv aufgetreten, er habe ebenfalls versucht, den Beamten Kopfstöße zu verpassen.

 

Rechtsextreme Schmierereien in Frechen und Dittelsheim-Heßloch

In Frechen-Königsdorf (Nordrhein-Westfalen) sind in der Nacht zum Montag mehrere Schmierereien mit nationalsozialistischen Symbolen an Hauswänden, Mauern, Schildern und Autos entdeckt worden. Eine Hauswand wurde zum Beispiel mit dem SS-Zeichen, der Zahl 88 und "Frechen Heil Hitler“ besprüht.
Auch ein Privatauto war betroffen: Jasmin G. konnte es nicht fassen, als sie am Montagmorgen ihr Auto sah. Ein dickes, schwarzes Hakenkreuz prangte auf der weißen Motorhaube. Jasmin und ihr Mann haben iranische Wurzeln. Sie ist Deutschdozentin und unterrichtet minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. "Ich bin Kölnerin, ich bin hier geboren und aufgewachsen, das ist meine Heimat. Ich liebe Köln - das Hakenkreuz war einfach ein Schlag ins Gesicht".

Auch in Dittelsheim-Heßloch (Landkreis Alzey-Worms, Rheinland-Pfalz) sind in der Nacht auf Samstag Gebäude und Autos mit rechten Symbolen beschmiert worden. Beschmiert wurden das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr, die Ortsverwaltung von Dittelsheim-Heßloch, eine Bushaltestelle, die Skaterbahn und zwei Autos.

 

Kommentar zur Spaltung in der AfD: Verfrühte Freude

Erleichterung über die Selbstdemontage der AfD in Baden-Württemberg wäre verfrüht. Die letzten Wahlen haben gezeigt, dass die Rechtspopulisten derzeit so viel Rückenwind haben, dass ihnen solche Ränkespiele und Intrigen nicht ernsthaft schaden: Sie könnten auch einen Besenstiel aufstellen und würden trotzdem in die Parlamente gewählt.
Wozu also überhaupt der Streit über den Ausschluss von Gedeon? Die AfD folgt damit dem Vorbild anderer Rechtspopulisten in Europa, die sich von offenem Antisemitismus distanzieren, nur um umso ungehemmter gegen Muslime und andere Minderheiten zu hetzen. Marine Le Pen warf sogar ihren eigenen Vater aus der Partei, um den Front National salonfähig zu machen.
Anders als klassische Rechtsextremisten sind die Populisten in der Lage, Stimmungen zu kippen und auf lange Sicht sogar Mehrheiten zu gewinnen. Die Präsidentenwahl in Österreich und der Brexit in Großbritannien sind nur die zwei aktuellsten Beispiele dafür, dass ihre Strategie aufgeht.

 

Affäre "Corelli": V-Mann-Führer im Verfassungsschutz bunkerte 23 Handys

Über den rechtsextremen Spitzel Thomas R., Deckname "Corelli", werden immer mehr Details bekannt. Sein Kontaktmann beim Verfassungsschutz soll "aus dem Ruder gelaufen" sein. Wie jetzt bekannt wird, hat der Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) noch eigenmächtiger gehandelt hat als bislang schon bekannt. Seine direkten Vorgesetzten hätten ihn zu wenig beaufsichtigt. Der ehemalige V-Mann-Führer des rechtsextremen Spitzels habe 23 Handys gebunkert, sagten Regierungskreise. Bisher war von sieben Geräten die Rede. Ihre Existenz war in den vergangenen Wochen nach und nach bekannt geworden und hatte einigen Wirbel verursacht.
Regierungskreise betonen zudem, es gebe weiterhin keine Hinweise, dass der Spitzel eine Verbindung zum NSU hatte. Auffällig sei allerdings, dass auf einem Handy, das Thomas R. 2012 und damit offenbar nach seiner Enttarnung als V-Mann benutzte, Bilddateien gespeichert hatte, auf denen die NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sowie ihre mutmaßliche Komplizin Beate Zschäpe zu sehen sind.

 

Gegendemo: 600 Fürther erteilen Pegida eine Absage

Mit einem gellenden Pfeifkonzert und "Haut ab"-Rufen haben am Donnerstag rund 600 Menschen auf dem Bahnhofplatz etwa 40 Pegida-Anhängern quasi Hausverbot in Fürth erteilt. Prominente Redner bezeichneten die Rechtspopulisten als Feinde der Freiheit und eine Gefahr für den sozialen Frieden.
Dabei hatte es die Nürnberger Pegida bei ihrem ersten Auftritt in Fürth mit Verschleierungstaktik versucht. Auf einem mit dem Logo der Friedensbewegung dekorierten Kleinbus prangte die Parole "Widerstand gegen EU-Diktatur" und ein Pegida-Anhänger hielt ein Schild mit der Aufschrift "AfD muss weg" in die Höhe.

Die Demonstration wurde aus dem Umfeld von Pegida-Nürnberg organisiert. Die Gruppierung wollte mit dem Schritt in die Nachbarstadt offensichtlich über die Stadt Nürnberg hinaus in der Metropolregion Präsenz zeigen. An den Kundgebungen der Pegida Nürnberg hatten sich zuletzt rund 80 Personen beteiligt.
Bei diesen Veranstaltungen ist nach Beobachtung von Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair „regelmäßig ein gutes Dutzend stadtbekannter Neonazis rund um Dan Eising (Die Rechte/Nügida) vertreten. Eising war Mitinitiator der Hetz-Demo gegen Flüchtlinge am vorigen Samstag in Zirndorf. 25 Rechtsradikalen boten dort 800 Menschen die Stirn.

 

Neonazis und der rechte Rand in Erfurt: Kanzlerfeindschaft verbindet

Ob auf AfD-Demonstrationen oder auf Neonazi-Aufmärschen: die Parole „Merkel muss weg“ darf momentan auf keiner der entsprechenden Veranstaltungen fehlen. So auch nicht bei einer Kundgebung mit etwa 70 Teilnehmern zum Besuch der Bundeskanzlerin beim „Deutschen Landfrauentag“ in Erfurt.
Angemeldet hatte die Aktion der Neonazi Sven L. aus Halle, der in den 1990er Jahren ein führendes Mitglied der extrem rechten Szene war und dem 2000 in Deutschland „Blood&Honour“-Netzwerk angehörte. Auf dem von ihm betriebenen Blog „Halle Leaks“ wurde zuerst für die Aktion geworben, später wurde sie bei Facebook u.a. von dem Neonazi-Netzwerk „Thügida“ geteilt.
Schon als der geplante Merkel-Besuch in Erfurt öffentlich wurde, häuften sich im Internet Hetz-Kommentare und Gewaltphantasie wie beispielsweise auf der Facebook-Seite „Deutschland wehrt sich“. Dort heißt es u.a. „jagd sie aus der stadt“, „Töten das Tier“, „weg mit der invasoren f****“, „Eier oder Tomaten! Ein Scharfschütze muss her damit der Wahnsinn endlich ein Ende hat!“ (Rechtschreibung im Original).
Trotz der Teilnahme von Neonazis hatten Mitglieder und Politiker der AfD offenbar kein Problem, ebenfalls an der Kundgebung an der Erfurter Messe teilzunehmen

 

Abgeordnetenhauswahl Berlin: Am rechten Rand wird es eng

Zwei Wochen nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern wählt die Bundeshauptstadt ein neues Abgeordnetenhaus. Am rechten Rand herrscht Gedränge: Neben der AfD, die schon fest mit einem Einzug rechnet, streiten die dahinsiechenden NPD, REP sowie die „Bürgerbewegung pro Deutschland“ um Wählerstimmen.
Die NPD rangierte bei Wahlen in Berlin seit Jahren unter ferner liefen. Beim letzten Urnengang gewann die extrem rechte Partei 2,1 Prozent (31.241 Stimmen), das waren noch einmal 0,5 Prozentpunkte weniger als 2006. Wer sich über die politischen „Inhalte“ dieser Partei informieren möchte, wird allerdings auf Schwierigkeiten stoßen. Ein Wahlprogramm oder programmatische Aussagen sind auf der „Weltnetz“-Seite des Berliner Verbandes nicht eingestellt worden.
Damit ist die NPD indes weiter als die Republikaner, die ebenfalls einen Wahlantritt angezeigt haben. Auf deren „Kampagne“ zur „Wahl zum Abgeordnetenhaus“ ist einzig eine pdf-Datei des Formblattes zur Leistung von Unterstützungsunterschriften abrufbar.

 

Beratungsmarathon im Schweriner Landtag: Geisterstunde mit der NPD

Eine halbe Stunde nach Mitternacht platzt Sylvia Bretschneider (SPD) der Kragen. Die Landtagspräsidentin entzieht dem NPD-Fraktionschef Udo Pastörs das Wort. Kurz zuvor hatte dieser die Abgeordneten des Schweriner Landtags als „Sesselpupser“ bezeichnet. Nur eine von vielen Beleidigungen, die in den 12,5 Stunden Beratungsmarathon am Dienstag fielen.
Es ist 21.50 Uhr. Pastörs spricht über Kofferübergaben auf dunklen Parkplätzen und Konten in Liechtenstein. Tagesordnungspunkt 45: „Parteienfinanzierung transparenter gestalten.“ Insgesamt 59 Anträge hat die rechtsextreme NPD vorgelegt. 18 folgen noch. Torsten Renz (CDU) tritt ans Pult. Seine Gegenrede zu Pastörs Antrag geht gerade einmal 20 Sekunden: Gab es schon, keine neuen Infos, schon einmal abgelehnt. Es folgt die Verteidigungsrede von Pastörs. Dann die Abstimmung: fünf NPD-Mitglieder dafür, alle anderen dagegen. So geht das schon seit Stunden. So wird es noch Stunden weitergehen.

 

Nordhausen, deine Nazis: Rechtsextreme blockieren Vortrag an der Hochschule

An der Hochschule Nordhausen wollte eine studentische Initiative am Mittwoch Abend mit einem Vortrag über die rechtsextreme Szene in Nordhausen informieren. Als praktisches Anschauungsobjekt kamen denn auch ein gutes Dutzend Vertreter des rechten Randes. Nur hatte sie niemand eingeladen, die Polizei musste anrücken.
"Time to act - Nordhausen, deine Nazis" – unter diesem Titel wollte die studentische Gruppe "Arbeitskreis politische Aufklärung" in den Räumen der Hochschule über rechtsextreme Strukturen in Nordhausen informieren.
Die Veranstalter sprechen von 15 Personen, die eindeutig eben jener rechten Szene zuzurechnen seien und den Seminarraum besetzt hielten. Die herbeigerufene Polizei verwies die Gruppe des Geländes, Anzeigen wurden erstattet. Der Vortrag fand danach wie geplant statt.

 

Nach Al-Quds-Marsch: Israelfeindliche Demonstration am Holocaust-Mahnmal angemeldet

Trotz strengerer Auflagen haben Demonstranten beim jüngsten Al-Quds-Marsch wieder antisemitische Parolen verbreitet. Dies zeigt eine Dokumentation der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) und des Registers Charlottenburg-Wilmersdorf zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle sowie des Jüdischen Forums für Demokratie und Antisemitismus.

Auffällig wurde beim Al-Quds-Marsch auch Martin L., der sich mitunter als Journalist betätigt. Als er eine Gegendemo störte, führten ihn Polizisten ab. Martin L. hat für diesen Freitag ab 17 Uhr eine Kundgebung in Mitte angemeldet. Mit ihr will er an den zweiten Jahrestag erinnern, an dem sich Israel mit einer Offensive gegen den permanenten Raketenbeschuss durch die Hamas aus dem Gazastreifen wehrte.
Als Motto der Kundgebung wählte er: „Zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Faschismus.“ Zum Entsetzen von Vertretern jüdischer Organisationen findet die Veranstaltung in der Nähe des Holocaust-Mahnmals statt. Ursprünglich hatte Marin L. die Kundgebung direkt am Stelenfeld angemeldet. Laut Versammlungsgesetz ist das Mahnmal jedoch ein geschützter Ort. Deshalb wurde die Kundgebung nach Angaben eines Polizeisprechers eine Straßenecke weiter verlegt.

 

Rassismus-Vorwürfe gegen Funktionär der Berliner Charité

An der Berliner Charité gibt es Rassismus-Vorwürfe gegen einen ranghohen Funktionär des Hauses. Nach rbb-Informationen wird dem Vorsitzenden des Fakultätspersonalrats, Christoph Berndt, zur Last gelegt, sich im Spreewald im Verein "Zukunft Heimat" zu engagieren und sich dort rassistisch geäußert zu haben.
Der Verein "Zukunft Heimat" ist in Golßen (Dahme-Spreewald) angesiedelt. Berndt taucht im Impressum der Website auf und verantwortet demzufolge auch die Facebook-Seite des Vereins. Der Verein unterstützt offenbar die Ziele der „Identitären Bewegung“.
Der rbb konnte dokumentieren, wie sich Berndt bereits im Januar auf einer Kundgebung in Lübbenau über Ausländer-Kriminalität echauffierte. Ob es überhaupt noch einen öffentlichen Platz gebe, wo man vor dieser "von der Regierung importierten Kriminalität sicher ist“, fragte er damals bezugnehmend auf die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln. Und weiter: "Welche Frau kann sich noch ungezwungen bewegen, wenn auch nur in der Ferne eine Gruppe dunkelhaariger junger Männer auftaucht oder auch auftauchen könnte?“
An der Charité gab es bereits Proteste gegen Berndt. Flugblätter und Transparente trugen die Aufschrift "Rassismus an der Charité".

 

Kommentar zur Entscheidung der Sächsischen Zeitung: Journalismus war gestern

Ob einer Steuern hinterzieht, sich unerlaubt vom Unfallort entfernt oder eine Frau vergewaltigt, hat in aller Regel nichts mit seinem Glauben oder seiner Herkunft zu tun – weshalb der Hinweis darauf in der Berichterstattung über eine Straftat zumeist nur Ressentiments bedient. Es genügt ein Blick auf die Transparente ausländerfeindlicher Demonstrationen oder in rassistische Leserbriefe an Zeitungsredaktionen, um zu erkennen, dass Verbrechen auf einschlägige Ressentiments vitalisierend wirken.
Deshalb bestimmt der Pressekodex, dass die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt werden soll, wenn sie für das Verständnis des Vorgangs eine Rolle spielt.
Die Sächsische Zeitung hat entschieden, sich an die Richtlinie nicht länger zu halten, vielmehr wird sie jetzt stets die Nationalität von Straftätern und Verdächtigen nennen, nicht mehr nur ausnahmsweise. Jeder vierte Abonnent, hieß es zur Begründung, glaube, „Medien würden in ihrer Berichterstattung die Herkunft ausländischer Straftäter aus Rücksicht auf diese verschweigen“.
Die anderen drei Viertel wissen jetzt, dass Seriosität und Integrität in Dresden nichts mehr zu suchen haben, wenn ein Teil des Publikums nach Ressentiments verlangt. Journalismus war gestern, Dresden ist heute.

 

Berliner Polizei: Mutmaßlicher Brandstifter ist kein Informant

Die Berliner Polizei ist Spekulationen über die Hintergründe der Festnahme eines mutmaßlichen Autobrandstifters entgegengetreten. Der am Mittwoch auf frischer Tat ertappte 26-Jährige sei weder Informant der Polizei noch habe er für den Verfassungsschutz gearbeitet. Der mutmaßliche Täter sei ein "bereits einschlägig verurteilter und im Branddezernat der Landeskriminalamtes bekannter Brandstifter, der sich seit Herbst letzten Jahres in Berlin aufhält".
Der 26-Jährige sei "sowohl wegen allgemeiner als auch politisch motivierter Kriminalität" auffällig geworden. Nach einer Serienbrandstiftung in Hamburg wurde er bereits 2012  festgenommen. Im Rahmen weiterer Ermittlungen soll er außerdem als Zeuge für eine Straftat in Berlin befragt worden sein. "Er wurde und wird nicht als Informant oder V-Person der Polizei Berlin geführt", heißt es in der Pressemitteilung der Polizei.

 

Studie zu Flüchtlingen und Migranten: Die Willkommenskultur verabschiedet sich

Gefährden viele Flüchtlinge die Zukunft Deutschlands? Die schönen Bilder vom September 2015 verblassen. Mehr als ein Drittel der Befragten einer Studie sieht das so. Jeder Zweite fürchtet eine erhöhte Terrorgefahr. Mit der Willkommenskultur ist es nicht weit her.
Eine Studie, die vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld unter dem Projektnamen ZuGleich mit der Mercator-Stiftung durchgeführt wurde, hat untersucht, wie sich die Haltung der Deutschen mit und ohne Migrationsbiografie zum Thema Integration und Zusammenleben mit Migranten zwischen 2013/2014 und 2015/2016 verändert hat.
Demnach sieht ein Drittel der Befragten Deutschlands Zukunft durch die Migration in Gefahr. Knapp die Hälfte von ihnen hat Angst, dass mit der steigenden Anzahl der Flüchtlinge in Deutschland auch die Bedrohung durch Terrorismus wächst. Fast ebenso viele Befragte wünschen sich, dass die Asylbewerber wieder ausgewiesen werden, wenn sich die Lage in ihren Heimatländern verbessert.

 

„Schöner Leben ohne Nazis“ auf Sommertour in Brandenburg

Setz dich aufs Sofa und schnapp’ dir eine Apfelschorle: Die Aktion „Schöner Leben ohne Nazis“ schickt ein Wohnzimmer auf Reisen. Mit Kunstaktionen sollen Jugendliche öffentliche Räume erobern – in acht verschiedenen Orten in Brandenburg.
Der Startschuss fällt am Freitag kommender Woche in Frankfurt (Oder). Danach geht es bis September quer durch die Mark. „Wir legen das Private in das Öffentliche, nehmen selbstverständlich öffentlichen Raum ein und hinterlassen Spuren“, beschrieb der Künstler Robert Segner das Motiv der Aktion.
Überall bauen die beiden ihr mobiles Wohnzimmer auf: Sofas, Stehlampen, eine Musikanlage. Dazu wird Apfelschorle mit Anti-Nazi-Etikett serviert. In Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen gibt es dazu an jedem Ort eine Kunstaktion zum Mitmachen. Bei den Kunstprojekten soll es neben Rechtsextremismus auch um Themen wie Leerstand und Abwanderung und die Integration junger Geflüchteter gehen.

 

Berlin-Heinersdorf: Von der umstrittenen Moschee zum Vorzeigeprojekt

Vor zehn Jahren wollte diese Moschee kaum jemand haben. Heinersdorfer fürchteten sich vor Muezzin-Rufen. Andere erwarteten die Scharia. Dort, wo sich heute betende Menschen versammeln, wurde vor zehn Jahren gebrüllt, skandiert und protestiert. Das Gebetshaus an der Tiniusstraße war der erste Moschee-Neubau in den östlichen Bundesländern. In Heinersdorf hat die Furcht vor dem Fremden vor zehn Jahren den Ortsteil regelrecht gesprengt. Die Auseinandersetzungen um dieses Projekt waren über Heinersdorfs Grenzen hinaus derart heftig, dass eine Beruhigung vollkommen unwahrscheinlich schien.
Und heute? „Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden“, sagt Muhammad Asif Sadiq heute. Er kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde. Die Gemeindemitglieder haben sich den Frieden mit ihrem Umfeld hart erarbeitet. Sandra Caspers, eine Grafikdesignerin aus Heinersdorf, und die ehemalige SPD-Abgeordnete Christa Müller haben sich damals sehr für eine Konfliktlösung engagiert. „Es ist jetzt unglaublich friedlich hier. Ich hatte schon ganz vergessen, wie es war“ sagt Sandra Caspers. Anfang 2006, als die Baupläne für die Moschee in Heinersdorf bekannt wurden, hatten sich Moscheegegner zu einer aggressiv auftretenden Bürgerinitiative formiert. NPD und Pro Deutschland nutzten den Konflikt.

 

Interpol gehackt: Sachsens Innenminister auf Fahndungsliste

"Versuchte Massenüberwachung von 55.000 Mobiltelefonen und sammeln von mehr als einer Million Verbindungsdaten" – wegen dieser Vorwürfe war bis vor Kurzem ein             ein Foto von Sachsens Innenminister Markus Ulbig auf der Website von Interpol zu sehen. Die Überschrift dazu: „Gesucht von den deutschen Strafverflgungsbehörden“.
Doch: Der Eintrag war manipuliert. Der Hacker Matthias Ungethüm hatte eine Sicherheitslücke auf der Internetseite von Interpol ausgenutzt. Diese Sicherheitslücke sei nur möglich, weil der Interpol-Server die ihm zugeschickten Links nicht ausreichend kontrolliert, lässt sich Ungethüm zitieren. Jeder beliebige Inhalt hätte dadurch auf die Seite gelangen können, etwa auch virenverseuchte Trojaner. Der Hacker informierte Interpol bereits am 30. Mai über das Sicherheitsproblem informiert. Eine Reaktion blieb zunächst jedoch erst. Erst die aktuelle Berichterstattung bewegte die Organisation dazu, die Lücke zu schließen.

 

Gewalt, Pornographie, Hass: Online-Müllmänner säubern soziale Netzwerke

Hetze, abstoßende Gewalt, Pädophilie - damit die sozialen Netzwerke sauber bleiben, engagieren Facebook und andere Social-Media-Plattformen Unternehmen, zum Beispiel auf den Philippinen. Bis zu einer halben Million Mitarbeiter müssen Tausende grausame und ekelige Bilder am Tag sichten. Die Arbeit bildet in Manila einen ganz eigenen Industrie-Sektor.

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