Presseschau... 07.07.2016

+++ Geflüchteter in Memmingen geschlagen und beraubt +++ Verden: Antirassistisches Graffiti mit extrem rechten Parolen beschmiert +++ Arierparagraph im Kleingarten? Berliner Kolonie will nur Pächter mit„deutscher Herkunft“ +++ AfD: „Vom Pesthauch der Judenfeindschaft vergiftet“ +++

 

Geflüchteter in Memmingen geschlagen und beraubt

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wurde in Memmingen (Bayern) ein 34-jähriger Geflüchteter Opfer eines gewalttätigen Angriffes. Nach Informationen der Polizei sei der Mann zunächst aus einer fünfköpfigen Gruppe heraus angegriffen worden.
Nach einer kurzen Unterhaltung wurde er plötzlich von zwei dieser Personen angegriffen und ging dabei zu Boden. Nachdem ihm anschließend der Geldbeutel weggenommen wurde, flüchteten die Täter. Der Geschädigte wurde dabei leicht verletzt.

 

Verden: Antirassistisches Graffiti mit extrem rechten Parolen beschmiert

Unbekannte haben in Verden (Niedersachsen) ein von Jugendlichen gestaltetes buntes Graffiti mit den Worten „Fight Racism“ mit extrem rechten Parolen und Symbolen beschmiert. Das antirassistische Graffiti war erst vor zwei Wochen an einem Bahnübergang angebracht worden.
Unter anderem die Worte „Nazi Kiez“ sind dort zu sehen sowie die Reichskriegsflagge. Die Polizei Verden geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus und hat am Montag die Ermittlungen aufgenommen.

 

Arierparagraph im Kleingarten? Berliner Kolonie will nur Pächter mit „deutscher Herkunft“

Wer Muslim ist, kann sich in einer Kleingartenkolonie in Berlin-Tempelhof vergeblich um eine Parzelle bewerben. Der Verein möchte nur noch Menschen mit deutscher Herkunft aufnehmen. Viele der türkischen Nachbarn in der Kolonie wollten sich nicht in das Vereinsleben integrieren, so die Begründung.
Emine Ö., Berlinerin mit türkischen Wurzeln, bemühte sich monatelang um eine bestimmte Parzelle in der Kolonie. Die hat sie nach anfänglichen Versprechungen dann aber doch nicht bekommen. Weil sie keine Begründung erhielt, wandte sie sich an den Bezirksverband der Kleingärtner Tempelhof, eine Art Dachverband. Dort erhielt sie dann die erstaunliche Information:
"Dass dieser Verein eben eine Quote eingeführt habe und keine Menschen nicht deutscher Herkunft mehr aufnehmen will. Und sie hat sich dann erkundigt, was ist, wenn ich mir einen deutschen Pass machen lasse, ich habe eigentlich Anspruch auf einen deutschen Pass, und der Vorstand vom Bezirksverband hat ihr dann gesagt, nein, kein deutscher Pass, deutsche Herkunft, das sei das Kriterium, um aufgenommen zu werden.

http://www.deutschlandfunk.de/rassismus-in-berliner-kleingartenkolonie-unfrieden-in-der.1769.de.html?dram:article_id=359211

 

AfD: „Vom Pesthauch der Judenfeindschaft vergiftet“

Der Konflikt um Wolfgang Gedeon zeigt: In der AfD tobt der Kampf, wie man den Holocaust am besten instrumentalisiert.
Marc Jongen gehört der zerfallenen baden-württembergischen Landtagsfraktion der AfD nicht an. Aber er ist Mitglied des Landesvorstands, gehört der Programmkommission der Bundespartei an und gilt als "Parteiphilosoph"der AfD. Es hatte deshalb Gewicht, dass er im Vorfeld der Fraktionsentscheidung in einem scharfen Artikel in der Jungen Freiheit vom 20. Juni dem Auslöser des Konflikts, Wolfgang Gedeon, vorwarf, er reihe sich "in die Tradition übelster antisemitischer Hetzliteratur von Houston Stewart Chamberlain über Alfred Rosenberg bis hin zu Horst Mahler ein".
Für Jongen spielt die Berufung auf die Wissenschaft eine Schlüsselrolle. Wie für Gedeon gehören für ihn "Establishment", "System" und "Zivilreligion des Holocaust" zu den Gegnern, die es zu bekämpfen gilt. Aber eben nicht durch Leugnung des Offenkundigen und wissenschaftlich Beglaubigten. Damit kassiert man allein den Beifall derjenigen ein, die im Tabubrechen einen Wert an sich sehen. Die klügere Variante ist, die "Zivilreligion des Holocaust" als Religion zu attackieren, mit der Geste eines Aufklärers, der eine kollektive Neurose und Verblendung kühl analysiert.
Leute wie Gedeon würden nur bewirkten, "dass alles, was sie an teils richtigen politischen Forderungen in den Mund nehmen, vom Pesthauch der Judenfeindschaft vergiftet wird". Es geht um die Strategie der AfD, um das anvisierte Nebeneinander von Kritik der "Zivilreligion Holocaust" und Anerkennung des Holocaust als historisches Faktum.

 

AfD im Landtag von Baden-Württemberg: Alternative gegen Alternative

Die AfD im Stuttgarter Landtag hat einen Antisemiten in ihren Reihen. Aber auch die anderen sind nicht gerade harmlos. Die AfDler im Check.

Jörg Meuthen, geboren 1961, Bundessprecher, ehemaliger Hochschullehrer, liberales Feigenblatt

  • Rechtsaußenfaktor: Verteidigt Björn Höcke und tritt beim Kyffhäusertreffen auf. Kungelt mit Höcke und Gauland gegen Petry.
  • Verschwörungsgrad: Gering, der Mann weiß, was er da tut.
  • Genderphobiefaktor: Meuthen lehnt die gleichberechtigte Homo-Ehe ab.
  • http://www.taz.de/!5316877/

 

Flüchtlingsfeindliche Facebookgruppen: Gründer zu Bewährungsstrafe verurteilt

Das Amtsgericht Dachau hat am Mittwoch einen Urheber von öffentlicher Internet-Hetze gegen Flüchtlinge verurteilt. Über einen 27-jährigen Mann aus dem Landkreis Dachau verhängte es wegen Volksverhetzung eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Der 27-Jährige hatte im Juni 2015 im sozialen Netzwerk Facebook eine Gruppe unter dem Titel Afb (Anti-Flüchtlings-Bewegung) gegründet. In einer für alle User einsehbaren Gruppenbeschreibung hetzte der Mann öffentlich gegen Flüchtlinge. Die Gruppe zählte zu Spitzenzeiten mehr als 900 Mitglieder.
In der Gruppenbeschreibung bediente der 27-jährige Familienvater und Sicherheitsdienstangestellte rassistische Klischees:Die Schutzsuchenden würden sich an einheimischen Frauen vergehen und "Krieg, Terror und Leid" über das Land bringen. Zudem kosteten die Flüchtlinge den Staat Millionen an Steuergeldern. "Setzt dem ein Ende", hetzte der Mann schließlich auf.
Der Angeklagte sagte, er sei weder rechtsradikal noch fremdenfeindlich – sondern generell unpolitisch. Der Amtsrichter hingegen sah den Vorwurf der Volksverhetzung bestätigt, er verurteilte den Mann zu zehn Monaten Haft, ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung. Die 25-jährige Frau des Angeklagten, ebenfalls Administratorin der Seite, verurteilte das Gericht wegen Mittäterschaft zu einer Geldstrafe von 1200 Euro.

 

Keltenkreuz und „Sturm 18“-Shirt bei Krawallen von Heidenau: 600 Euro Strafe

Dem 32-jährigen Matthias K. aus Pirna wirft die Staatsanwaltschaft vor, am 20. August 2015 in Heidenau für alle gut sichtbar die Tätowierung eines Keltenkreuzes gezeigt zu haben. An jenem Tag hatte es eine gewalttätige flüchtlingsfeindliche Kundgebung vor dem einstigen Praktiker-Baumarkt gegeben, der damals Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge wurde. Das Keltenkreuz ist seit den 1980er-Jahren in bestimmten Kontexten verboten.
„Die Tätowierung habe ich schon über zehn Jahre“, gibt der Angeklagte zu Protokoll. Er sagt, dass er bis zu seiner Verhaftung nicht wusste, dass er sich strafbar macht, wenn sie in der Öffentlichkeit zu sehen ist. Tatsächlich wird ein einzeln getragenes Keltenkreuz strafrechtlich nicht generell verfolgt, da es in seiner ursprünglichen Form als Schmuck in der Goth-, Metal- und Esoterikszene sehr beliebt ist. Geahndet wird es daher nur dann, wenn es mit rechtsradikalen Organisationen in Erscheinung tritt.
„Sie wären vielleicht gar nicht ins Visier der Polizei geraten“, wendet sich Richterin Simona Wiedmer an Matthias K., „wenn Sie zudem nicht auch noch ein Shirt des Vereins ,Sturm 18‘ getragen hätten.“ Das, so der Angeklagte, sei doch aber auch nicht verboten. „Doch“, erwidert die Richterin. Seit Oktober 2015 sei das der Fall.
Der Angeklagte sagte, er habe mit der rechten Szene nichts zu tun. Er liebe eben die Motive rund um den Wikingerkult oder das Mittelalter. Aufgrund einer günstigen Sozialprognose wurde der Mann nur zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt.

 

Hakenkreuze und „White Power“: Naziauto liegt im Bach, Fahrer schläft

Am Dienstagmorgen wurde in Egg an der Günz (Unterallgäu, Bayern,) in einem Bach ein Pkw aufgefunden, in dem eine Person schlief. Wie die Polizei mitteilt, waren auf das Fahrzeugdach ein großes Hakenkreuz und die Zahl 88 aufgesprüht. Auf Fahrer-bzw. Beifahrerseite seien die Worte „White Power“ angebracht gewesen, auf der Motorhaube prangte der Schriftzug A.C.A.B.
Das Auto sei nicht zugelassen gewesen. Bei der Überprüfung des 34-jährigen Mannes habe sich im Weiteren herausgestellt, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis sei. Ein Atemalkoholtest ergab einen Wert von über 1,5 Promille.

 

Festnahme eines Berliner Autobrandstifters: Ein „Insider“ der Szene

Seit der Teilräumung des linksalternativen Hausprojekts Rigaer Straße 94 reißt die Serie von Autobrandstiftungen in Berlin nicht ab. In der Nacht auf Mittwoch meldete die Polizei jedoch ihren ersten Erfolg: Ein 26-Jähriger wurde in der Tasdorfer Straße in Lichtenberg dabei ertappt, wie er an insgesamt drei Fahrzeugen versuchte, Brände zu legen – behördlichen Angaben zufolge gestand er die Taten sofort. Geprüft werde nun, ob er noch für weitere Brandstiftungen verantwortlich sei.
Aus dem vermeintlichen Ermittlungserfolg der Polizei könnte ein handfester Skandal werden. Bilder des Festgenommenen lassen darauf schließen, dass es sich bei dem Mann um Marcel G. handelt, einem Zuträger des Landeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes, der in der Vergangenheit umfangreich über Berlins linksradikale Szene ausgesagt hat. Unklar ist hingegen, ob er aus eigenem Antrieb handelte oder gar als V-Mann tätig gewesen ist. In jüngerer Vergangenheit war G. sogar in der rechten szene aktiv: Er präsentierte sich als Redner auf einer Bärgida-Demonstration.

 

Der Primus kam davon – Der V-Mann Ralf Marschner und seine NSU-Verstrickungen

Ralf Marschner war eine Größe im Nazimilieu und ein V-Mann. Wie nahe er dem NSU stand, wird erst allmählich deutlich.
Sein Lebenslauf liest sich wie die klassische Karriere eines Neonazis. 1991 fiel der damals 20jährige erstmals auf, als er mit etwa 100 weiteren Skinheads ein Flüchtlingsheim in Zwickau niederbrannte. Marschner sang damals in der Band „Westsachsengesocks“ und veranstaltete Rechtsrockkonzerte. 1997 eröffnet er in Zwickau den rechten Treffpunkt „The Last Resort“ und 2005 das Modegeschäft „Heaven & Hell“. Marschner unterstützte den FSV Zwickau als Mitglied der Hooligangruppe „HooNaRa“ – eine Abkürzung für Hooligans, Nazis, Rassisten. Über 40 Anzeigen, unter anderem wegen Diebstahls, Körperverletzung, des Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Volksverhetzung, sammelte er über die Jahre an.
Doch Marschner war nicht nur Geschäftsmann und eine Größe im Nazimilieu. Von 1992 bis 2002 war er auch V-Mann des Verfassungsschutzes. Unter dem Decknamen „Primus“ soll er über Jahre eine der wenigen wertvollen Quellen gewesen sein, die die Behörde in Ostdeutschland hatte. Die Zusammenarbeit mit Marschner habe der Verfassungsschutz trotz der zahlreichen Straftaten des Mannes jedenfalls nicht beenden wollen, da sie lediglich rein „szenetypisch“ gewesen seien, so der V-Mann-Führer mit dem Tarnnamen „Richard Kaldrack“ vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags.

 

NSU-Prozess: Die Frage nach dem Warum

Zum ersten Mal seit 295 Tagen hatten die Anwälte der Opfer im NSU-Prozess die Chance, ihre Fragen direkt an die Hauptangeklagte zu stellen. Es sind nicht Dutzende, es sind Hunderte Fragen, die auf Beate Zschäpe einprasseln. Ob sie noch irgendwo Geld deponiert habe? Wo das Geld aus ihrem Unterschlupf in Zwickau hingekommen sei? Ob es noch andere Attentate des NSU gab, die noch nicht bekannt sind? Es sind viele und wichtige Fragen. Doch gleich die allererste Frage tritt den Kern. Sie zielt genau auf das, was auch nach über drei Jahren im NSU-Prozess noch immer im Dunkeln liegt. Die Frage nach dem Warum.
Rechtsanwalt Sebastian Scharmer stellt sie. Er vertritt die Tochter von Mehmet Kubaşık, der am 4. April 2006 in Dortmund vom NSU ermordet wurde. Scharmer fragt Beate Zschäpe: "Wissen Sie, warum und wie Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter als Mordopfer ausgesucht wurden?" Es ist die Frage aller Fragen. Beate Zschäpe schaut Scharmer nicht an. Und ihr Wahlverteidiger Hermann Borchert sagt gleich: "Es ist vorauszusehen, dass die Fragen wohl nicht beantwortet werden." Aber so muss es nicht kommen.

 

Uwe Böhnhardt: Spuren eines Serienkillers

Liefern Personen, die Uwe Böhnhardt einst auf den Pfad der Gewalt brachten, zugleich ein Motiv für den rätselhaftesten aller Morde des NSU? Es gibt seltsame Verbindungen von Jenaer Bandenkriminellen bis zur Familie der in Heilbronn erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter.

 

NPD, Schill-Partei, DVU: Warum sich die rechten Parteien immer wieder zerlegen

Ein Blick auf die Geschichte einiger rechter Parteien in Deutschland zeigt: die Probleme sind stets die gleichen.
Ein Hauptproblem der rechten Parteien: Sie konkurrieren miteinander. So ist die AfD der größte Konkurrent der NPD. Viele Wähler mit flüchtlingsfeindlicher Politikeinstellung sehen die  „Alternative für Deutschland“ offenbar als stärkere rechtspopulistische Kraft gegen die Asylpolitik.
Andere Parteien scheiterten immer wieder an internen Querelen und beschädigten Egos.

 

Meißen: Wie tickt die Stadt ein Jahr nach dem Anschlag?

Vor einem Jahr brannte in Meißen eine noch unbewohnte Asylunterkunft. Der traurige Höhepunkt in einer Reihe von fremdenfeindlichen Aktionen: Wochenlang zog die rechte "Initiative Heimatschutz" durch die Straßen, es gab Morddrohungen gegen Meißner Bürger, die Flüchtlingskrise spaltete Familien, Freundeskreise und Unternehmen. Inzwischen sind die Brandstifter verurteilt, lange war nichts zu hören aus der 27.000-Einwohner-Stadt. Sind die Wunden geheilt?

 

Ausreiseverbot für niederländischen Pegida-Anführer?

Tatjana Festerling schäumt: Der Welt werde ein "großes Comedy-Stück" geliefert, erklärt sie auf ihrer Facebook-Seite. "Ganz Westeuropa ist eine einzige Freiluft-Psychiatrie." Die ehemalige Pegida-Frontfrau war gemeinsam mit ihrem niederländischen Mitstreiter Edwin Wagensveld Ende Juni in den bulgarischen Wäldern unterwegs, um dort gemeinsam mit paramilitärischen Bürgerwehren Jagd auf Flüchtlinge zu machen.
Jetzt erwägt eine parlamentarische Anfrage in den Niederlanden, die rechtlichen Möglichkeiten für ein Ausreiseverbot gegen "rechtsextreme Grenzwächter" zu prüfen. "Wäre dies wünschenswert und warum? Und wenn nein, warum nicht?", fragen sie. Eine Antwort der niederländischen Regierung gibt es zu bisher nicht.

 

Unzulässige Parteikritik: Thüringer Regierung darf nicht vor der AfD warnen

Nach einer erfolgreichen Klage der NPD gegen Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow muss sich die Landesregierung ein weiteres Mal über ihre amtlichen Äußerungsbefugnisse belehren lassen.
Diesmal war es die AfD, die gegen eine Pressemitteilung von Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) vor den Verfassungsgerichtshof des Landes zog. Darin warnte Lauinger vor einer AfD-Demo, weil dort „Hass gegen Menschen aus anderen Ländern“ geschürt werde, der zu Übergriffen führen könne. Wer „den Scharfmachern hinterherläuft“ mache sich mitverantwortlich für „die Folgen der Stimmungsmache“.
Am Mittwoch urteilten die Richter, dass Lauinger die Mitteilung zurückziehen muss, sie verletze das Recht der Parteien auf Chancengleichheit. Die Aufforderung an die Bürger, zu prüfen, ob sie sich für die Ziele der Anmelder „einspannen“ lassen wollten, sei geeignet, Teilnehmer der Kundgebung abzuschrecken.

 

Niederlande: Dorfbewohnerin will Flüchtlingen den Bürgersteig verbieten

Im ost-niederländischen Dorf Beuningen gibt es Ärger um ein geplantes Asylzentrum. Eine Anwohnerin will den rund 300 Flüchtlingen verbieten lassen, den Bürgersteig zu benutzen. Sie stellte dazu sogar einen offiziellen Antrag bei der Stadt.
Damit die Flüchtlinge nicht vor ihren Häusern zum Dorfzentrum laufen können, forderte die Anwohnerin die Schließung des Bürgersteiges. Der Antrag sei abgewiesen worden, teilte eine Sprecherin der Kommune am Mittwoch mit.
Die Bewohnerin der Koningsstraat fürchtete nach Angaben der Sprecherin, dass der Wert ihrer Häuser sinken werde. Statt auf dem Fußweg, sollten die Flüchtlinge daher auf der Straße zum Dorfzentrum laufen. Der zuständige Stadtrat Piet de Klein sagte: "Ich versuche das zu verstehen, habe aber große Mühe damit."

 

Ihr Land nimmt kaum Flüchtlinge auf – deshalb engagieren sich junge Polen in Deutschland als Flüchtlingshelfer

In der Mittagssonne sitzt Bogna Czałczyńska unter einem roten Sonnenschirm auf dem Marktplatz in Greifswald. Sie kommt aus der 150 km entfernten Großstadt Stettin in Polen und spricht kein Deutsch. Aber sie ist hier, um Hassan Saleh, einen 24 Jahre alten Syrer, bei der Wohnungssuche zu unterstützen.
Czałczyńska gehört zur „Refugees Welcome“-Gruppe in Stettin. Seit November 2015 besucht sie regelmäßig ein Flüchtlingsheim in Rothenklempenow bei Pasewalk im Süden von Vorpommern. Das Heim liegt im Wald, fünf Kilometer vom nächsten Supermarkt entfernt, zehn Kilometer vor der polnischen Grenze, 35 Kilometer von Stettin. „Als die Flüchtlinge im letzten Herbst nach Deutschland kamen, nahm der Hass in den polnischen Internetforen und auf der Straße zu“, sagt sie. Czałczyńska organisierte Demonstrationen gegen Rassismus in Stettin und folgte einer Einladung des Anklamer Demokratieladens. „Weil bei uns keine Flüchtlinge ankommen, engagiere ich mich eben in Deutschland“, sagt sie.

 

Homophobie: Hetze, Hass und Hate-Mails von rechts

Der Münchner Journalist Robert Andreasch spricht im AZ-Interview über die zunehmende Homophobie in der rechten Szene.

Herr Andreasch, die extreme Rechte war schon immer homophob. Trotzdem sprechen Experten von einer neuen Intensität. Warum?

Sie trägt derzeit viel stärker als in den letzten Jahren homophobe Hetze, Antifeminismus und eine Ablehnung all dessen nach außen, was den Begriff gender im Wort hat. Das ist – neben der Hetze gegen Geflüchtete – das zweite große Kitt-Thema, das alle rechten Gruppen von Konservativen bis Neonazis verbindet und das die Kluft zwischen extremer Rechten und Bevölkerung überwinden helfen soll.

Bei der aktuellen Mitte-Studie haben 40 Prozent der Befragten angegeben, sie fänden es "ekelhaft", wenn sich Homosexuelle auf der Straße küssen. Ist das die Folge dieser Propaganda?

Es gibt eine Verrohung von Bürgerlichkeit, das Koordinatensystem verschiebt sich nach rechts – und es ist immer mehr sagbar im öffentlichen Raum. Was vor einem Jahr noch als massive Hetze abgelehnt worden wäre, das trauen sich heute immer mehr Menschen zu äußern.

 

Stammtischparolen: „Rechtspopulismus hat psychologische Ursachen“

Ein Onkel regt sich auf der Familienfeier über kriminelle Ausländer auf. Was tun? Klaus-Peter Hufer ist Erziehungswissenschaftler und Fachmann für Stammtischparolen. Im Interview gibt er Tipps und erklärt, wie das Weltbild von Rechtspopulisten entsteht.

Ich würde Ihnen gerne solche Parolen nennen und Sie sagen mir, wie man reagieren kann. „Andere Parteien wollen Zuwanderung nur, damit die Deutschen in einem großen europäischen Brei aufgehen.“ (Armin Paul Hampel, AfD-Chef in Niedersachsen)

Erst einmal für den Hintergrund: Rechtspopulistische Einstellungen verbindet, dass sie auf Politikverachtung basieren. Es handelt sich also um die Verschwörungstheorie, dass deutsche Parteien das Volk zerstören wollen. Gleichzeitig steckt eine ganz verhängnisvolle Metapher darin. Es ist eine Form der Entmenschlichung – aus Menschen wird eine klebrige Masse, ein Brei. Hier kommt unverhohlene Inhumanität zum Ausdruck.

Wie viel bringt es überhaupt, die Stammtischparolen zu diskutieren?

Es geht um das Grundmuster solcher Parolen: Immer sind geheimnisvolle Kräfte am Werk – „die Ausländer“, „die Rot-Grünen“. Es entsteht der Eindruck, es sei eine Verschwörung im Gange, die das Ziel hat, die Tradition, die Kultur, die Werte und letztlich die Bundesrepublik zu zerstören. So ein Weltbild hält kritischen Nachfragen nicht stand, weil es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gibt.

 

„Ich muss dagegen aufstehen“ – Allein und mit der EU-Flagge gegen Pegida

Ein junger Mann stellt sich seit zwei Wochen alleine mit einer EU-Flagge an den Rand der Pegida-Demos in Dresden. Warum er das macht - und welche Anfeindungen er erlebt.

Sie gehen seit dem Brexit gegen Pegida auf die Straße. Warum war das der Auslöser?

Der Brexit hat gezeigt, dass die Unvernünftigen in der EU so laut geworden sind, dass sie es schaffen, etwas zu bewegen. Das ist gefährlich. Ich finde politisch nicht alles gut, was in der EU passiert. Aber sie ist ein Garant für Frieden und Wohlstand. Wenn ich höre, wie Bewegungen wie Pegida über die EU reden, muss ich dagegen aufstehen.

Wie reagieren die Pegida-Demonstranten auf Sie?

Leider will niemand ernsthaft mit mir diskutieren. Es kommen nur Beleidigungen und Gepöbel. Körperlich bedroht wurde ich bisher nicht. Mir ist aber bewusst, dass es passieren könnte, ich gehe das Risiko ein. Wo kämen wir denn hin, wenn ich nicht mal mehr auf einer öffentlichen Straße die EU-Flagge hissen dürfte? Dann würde ich den Glauben an unsere Demokratie verlieren.

 

 

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