Presseschau ... 05.05.2017

+++ Berlin-Moabit: Jugendliche schlagen und beleidigen Neunjährigen rassistisch +++ Recklinghausen: Polizeibeamte sollen Männer auf Volksfest rassistisch beleidigt haben +++ Identitäre stören Debatte an der Uni Regensburg +++ Zwickau und Erzgebirge: Mehr rechte Straftaten +++

 

Berlin-Moabit: Jugendliche schlagen und beleidigen Neunjährigen rassistisch

Ein Neunjähriger ist nach eigenen Angaben von mehreren Jugendlichen in Berlin-Moabit beleidigt und geschlagen worden. Der Staatsschutz ermittele wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Seiner Mutter berichtete der Junge demnach, er sei am Morgen am Ausgang des U-Bahnhofs Birkenstraße von fünf ihm unbekannten Jugendlichen attackiert worden. Die etwa 14 Jahre alten Jugendlichen hätten ihn umringt. Einer habe ihm mehrfach mit der Hand auf die Wange geschlagen. Ein anderer soll ihn rassistisch beleidigt haben. Der Neunjährige wurde nicht verletzt.

 

Recklinghausen: Polizeibeamte sollen Männer auf Volksfest rassistisch beleidigt haben

Durch Berichterstattung in den Medien erhielt die Polizei Recklinghausen Kenntnis von einem mutmaßlichen Fall rassistischer Beleidigung durch Polizeibeamte. Die Besucherin eines Volksfestes in Recklinghausen berichtet, sie hätte einen Polizeieinsatz gegen Schwarze Menschen beobachtet. Polizisten hätten die Personen während der Maßnahme rassistisch beleidigt. Die Polizei Recklinghausen ermittelt.

 

Identitäre stören Debatte an der Uni Regensburg

So war der Abend eigentlich nicht geplant: Komplett vermummte Mitglieder der Identitären Bewegung (IB) stürmen am Mittwochabend die Bühne bei einer Podiumsdiskussion zum Nahost-Konflikt an der Universität Regensburg. Mehreren Besuchern, die die rechtsextreme Gruppierung nicht gleich erkennen, rutscht das Herz in die Hose, als die sechs schwarz gekleideten und vermummten Personen den Saal parolenrufend betreten: Sie befürchten, dass es sich um IS-Terroristen handeln könnte.

 

Zwickau und Erzgebirge: Mehr rechte Straftaten

Laut Verfassungsschutzbericht 2016 ist Zwickau ein Schwerpunkt rechtsextremer Straftaten, informierte Esen. 2014 wurden im Kreis 137 rechtsextreme Straftaten registriert, 2016 bereits 200. 2700 Rechtsextreme gehören zum harten Kern in Sachsen.

Im Erzgebirgskreis registrierten die Ermittler zuletzt einen deutlichen Anstieg der politisch motivierten Straftaten. Die Anzahl rechtsextremistischer Delikte erhöhte sich den Angaben zufolge im Jahr 2016 auf 176 (Vorjahr: 139 Straftaten). Zugleich sank die Anzahl rechter Gewalttaten von neun auf sechs. Anders als im sachsenweiten Trend erhöhte sich im Kreis aber auch die Anzahl linksextremistischer Straftaten - allerdings auf vergleichsweise niedrigem Niveau, von 17 auf 28 Fälle, davon eine Gewalttat.

 

Reichsbürger in Berlin: 400 Personen erkennen Bundesrepublik nicht an

In Berlin gibt es etwa 400 sogenannte "Reichsbürger". Darunter verstehen die Behörden Leute, die die Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennen und behaupten, das Deutsche Reich bestehe fort. Etwa 100 von ihnen werden als rechtsextrem eingestuft.

 

AfD im Norden schwer angezählt

Ein Wahlkampf, der nicht rund läuft, hat nun im Endspurt vor dem Urnengang am Sonntag noch einen weiteren Dämpfer erhalten: Die AfD, in aktuellen Meinungsumfragen für das nördlichste Bundesland gerade einmal zwischen fünf und sechs Prozent taxiert, muss um den Einzug in den Landtag von Schleswig-Holstein bangen.

 

AfD bekommt erneut Wahlkampfhilfe von millionenschwerer Tarnorganisation

Anonyme Geldgeber unterstützen über dubiosen Verein AfD-Wahlkämpfe in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein: Der „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ macht auch hier massiv Wahlwerbung zugunsten der AfD. Das Transparenzgebot im Parteiengesetz wird durch diesen Trick ausgehebelt. Durch die fortlaufende Kooperation der AfD mit dem Verein billigt sie diese Praxis.

 

Franko A.: Pistole angeblich im Gebüsch gefunden

Die Schlinge um Franco A. zieht sich zu. Noch ist er nicht in Haft. Aber die Polizei hat ihn vernommen, ist ihm auf den Fersen. In der Not wendet sich der Oberleutnant an den Mann, der ihm schon mal zur Seite stand. Anfang Februar 2017 schreibt er dem Wehrdisziplinaranwalt beim Streitkräfteamt eine Mail, der drei Jahre zuvor Vorermittlungen gegen ihn geführt und mit dem Ergebnis beendet hatte, dass Zweifel an der "erforderlichen Einstellung zur Werteordnung nicht nur nicht belegbar, sondern auszuschließen" seien.

 

Meißen: Holocaust-Leugner muss ins Gefängnis

Am Donnerstag verhandelte das Meißener Amtsgericht gegen einen Reichsbürger. Gleich zu Beginn will der 53-jährige Meißner, dass sich der Richter ihm gegenüber legitimiert. „Ich stelle die Frage, ob das Gericht überhaupt berechtigt ist, zu verhandeln. Ansonsten hat sich das für mich erledigt“, sagt er. Hat es aber nicht. Schon im Vorfeld der Verhandlung hatte der Angeklagte ähnliche Anträge gestellt. Der Richter wertet das als Missachtung des Gerichtes und droht für jeden weiteren Antrag ein Ordnungsgeld von je 150 Euro an. Der Mann hatte auf Facebook den Holocaust geleugnet beziehungsweise Links zu Holocaust-Leugnern veröffentlicht. Der Holocaust sei eine erfundene Fiktion, bis heute gebe es keinerlei Nachweis dafür, heißt es beispielsweise auf seiner Facebook-Seite. Ein systematischer Völkermord habe nie stattgefunden. Otto Wiesenthal, einen Überlebenden des Holocaust, bezeichnet der Angeklagte als „Super-Lügner“. Der Mann wurde zu einer Haftstrafe in Höhe von zehn Monaten verurteilt – ohne Bewährung.

 

Waiblingen: 4 Monate auf Bewährung für Reichsbürger, der Polizisten verletzt hat

Waiblingen: Ein Mann widersetzt sich einer Polizeikontrolle. Er fährt los, schleift einen Polizisten mit, verletzt ihn. Ein Beamter schießt auf den Reifen. So geschehen in Korb im August 2016. Jetzt verurteilte das Amtsgericht Waiblingen den 61-jährigen „Reichsbürger“ zu vier Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Der 61-jährige Angeklagte aus Winnenden zeigte sich vor Gericht zumindest in Teilen reuig. Für den Prozess waren erhöhte Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden.

 

April 2017 in rechten Medien: Das Braune aus dem Mainstream

Was sind eigentlich die Bestandteile der rechten Filterblase? Rechte Medien alleine reichen ja nicht aus, denn – wie in den bisherigen Ausgaben dieser monatlichen Zusammenfassung bereits berichtet – ist keines dieser Medien ein wirkliches Vollmedium. Sie produzieren täglich nur eine sehr kleine Zahl an Texten. Seit April haben wir deshalb begonnen, die Links zu verfolgen, die von rechten Twitterkonten geteilt werden. Unser Account @DieRechteBlase teilt dabei Artikel aus Mainstreammedien, die unter Rechten besonders beliebt sind.

 

Stralsund: Polizeieinsatz beschäftigt Innenausschuss

Eine Polizeiaktion gegen Gegner eines Aufmarsches der rechtsextremen NPD am 1. Mai in Stralsund wird Thema in der nächsten Sitzung des Innenausschusses im Schweriner Landtag. Unsere Zeitung hatte gestern über Vorwürfe gegen die Stralsunder Polizei berichtet. Das Bündnis Rostock nazifrei wirft der Polizeiführung vor, etwa 100 NPD-Gegner aus Schwerin und Rostock auf dem Stralsunder Neuen Markt über acht Stunden lang eingekesselt und an einer Gegendemo gehindert zu haben. Dabei seien die Eingekesselten durchsucht worden. „Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand“, kritisiert Torsten Sohn vom Bündnis Rostock nazifrei.

 

Rechte Hass-Musik an mehreren Orten

Die Anzahl der Konzertveranstaltungen der braunen Szene ist zuletzt massiv angestiegen. Das Angebot dieser Form von Erlebnis- und Freizeitgestaltung steht auch am bevorstehenden Wochenende bei vielen rechten Aktivisten wieder im Terminkalender.

 

Reichsbürger-Leitfaden erschienen

Die Aufklärer der Webseite "Der Goldene Aluhut" haben einen "Reichsbürger-Leitfaden" veröffentlicht. Die Broschüre soll helfen, über die Reichsbürger-Bewegung aufzuklären und Mittel und Möglichkeiten aufzeigen, was man gegen diese Verschwörungstheorie tun kann.

 

Wie der NRW-Verfassungsschutz bei der Beobachtung der rechten Szene versagte

Auf tausend Seiten zieht der NSU-Untersuchungsausschuss Bilanz. Der Abschlussbericht aus dem Landtag belegt das Unvermögen des NRW-Verfassungsschutzes: Statt dafür zu sorgen, dass Nazi-Terrorzellen schnell und hart verfolgt werden, wurde die rechte Szene begleitet, wurde verharmlost und vertuscht. Im Mittelpunkt der desaströsen Bilanz steht ausgerechnet ein Mann, der auch heute den Landesverfassungsschutz leitet.

 

Bodo Ramelow: Mulmiges Gefühl, auf einer "Hassliste" zu stehen

Obwohl er durch Sicherheitspersonal gut geschützt sei, habe die Morddrohung bei ihm ein mulmiges Gefühl ausgelöst, erklärte Ramelow am Donnerstag am Rande einer Landtagssitzung in Erfurt. Bestürzt sei er angesichts unverhohlen wohlwollender Kommentare zu den Mordabsichten des rechtsextremen Offiziers in den sozialen Netzwerken. Ramelow sprach von einem „Tiefpunkt der politischen Kultur in unserem Lande. Offene Kommunikationskanäle dürfen nicht zur Verbreitung von Hass und Gewalt missbraucht werden.“

 

Die rassistische Gedankenwelt des Franco A.

Bereits im Jahr 2014 fiel Oberleutnant Franco A. mit einer rassistischen Masterarbeit auf, fabulierte über Rassenreinheit, hetzte gegen Migranten. Aus den Bundeswehr-Akten ergibt sich eine unglaubliche Chronologie des Wegschauens.

 

Bundeswehr: „Der Saustall gehört endlich ausgemistet“

Aktivist Jakob Knab spricht über das Idealisieren der NS-Historie, die Feigheit von Ausbildern der Bundeswehr - und wie die Streitkräfte das alles überwinden können.

Herr Knab, waren Sie überrascht, als Sie von dem mutmaßlichen rechtsextremistischen Netzwerk rund um den Bundeswehr-Offizier Franco A. erfuhren?

Nein, überrascht war ich nicht. Das ist ein extremer Fall. Aber die Glorifizierung der Wehrmacht ist bei den Traditionalisten in der Bundeswehr leider immer noch sehr weit verbreitet.

 

Schwarze Frauen in Deutschland: „Aus der Unsichtbarkeit getreten“

taz: Frau Kelly, heute wäre May Ayim 57 Jahre alt geworden. Sie war ja vieles: Pädagogin und Aktivistin, Wissenschaftlerin, aber vor allem auch Dichterin. Haben Sie ein Lieblingsgedicht von ihr?

Natasha A. Kelly: Vielleicht „grenzenlos und unverschämt“. Das hat sie 1990 geschrieben, als die Mauer fiel. Es geht darum, dass im Prinzip alle feiern, nur Schwarze Deutsche nicht. Das war ja eine prägnante Zeit in Deutschland, als rassistische Hetze nochmals erstarkte, und Menschen, die eine lange Geschichte hier haben, plötzlich wegverortet und als Ausländer klassifiziert wurden.

 

Rechtspopulismus: Glückwunsch zum Rechtsruck

In Russland träumen einige bereits von einem Europa, in dem Marine Le Pen und andere Rechtspopulisten das Sagen haben. Noch ist der zweite Wahlgang in Paris nicht gelaufen, da traf schon der Glückwunsch aus Moskau ein, der es in sich hat: Marine Le Pen sei „der unbestrittene Führer aller französischen konservativen Kräfte (...) Ihr Durchbruch in die zweite Runde ist ein kolossaler Sieg. Unser Sieg.“ Das schrieb Alexander Dugin, den der britische „Guardian“ den „bedeutendsten russischen Intellektuellen, von dem du noch nie gehört hast“ nannte.

 

Bulgariens neue Regierung: Pakt mit den Ultrarechten

Im ärmsten EU-Land regiert neu die prowestliche Gerb-Partei mit den Vereinigten Patrioten. In deren Reihen tummeln sich islamophobe und rassistische Scharfmacher. Damit sitzen in Bulgarien erstmals Repräsentanten der radikalen Rechten in einem bulgarischen Kabinett. Die „Vereinigten Patrioten“ erhalten zwei Vizeregierungschef-Posten sowie die Ministerressorts für Verteidigung und Wirtschaftspolitik.

 

Meinungsfreiheit für Nazis in Schweden: Anwesend sein oder nicht?

„Die Meinungsfreiheit in Ehren, aber es gibt eine Grenze“, sagt der Verfasser Göran Rosenberg: „Und die verläuft da, wo sie nur benutzt werden soll, um sie zu untergraben.“ Rosenberg gehört zu den über 200 SchriftstellerInnen, IllustratorInnen und ÜbersetzerInnen, die ebenso wie mehrere Verlage mittlerweile angekündigt haben, die diesjährige Göteborger Buchmesse – mit über 100.000 BesucherInnen die größte Nordeuropas – boykottieren zu wollen.

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