Presseschau ... 01.06.2017

+++ Oldenburg: “Reichsbürger“ prügelt am Hauptbahnhof auf Polizisten ein +++ Bundeswehr-Uni München: Zwei rechte Offiziersanwärter fristlos entlassen +++ Mobilisierung gesunken: Weniger rechte Veranstaltungen in Brandenburg +++

 

Oldenburg: “Reichsbürger“ prügelt am Hauptbahnhof auf Polizisten ein

Ein mit Haftbefehl gesuchter mutmaßlicher „Reichsbürger“ hat sich am Dienstagnachmittag im Hauptbahnhof Oldenburg eine Auseinandersetzung mit einer Streife der Bundespolizei geliefert. Der 23-jährige Deutsche hatte offenbar bewusst die Aufmerksamkeit der Bundespolizisten erweckt, da er vor den Augen der Gesetzeshüter mehrfach die Hausordnung im Hauptbahnhof missachtete. Ein sachliches Gespräch mit dem 23-Jährigen über die offensichtliche Provokation war aber nicht möglich. Er machte verwirrte Aussagen und verweigerte mehrmals die Angaben zu seiner Person. Stattdessen erklärte der 23-Jährige, er würde den Staatsapparat in seiner derzeitigen Form nicht anerkennen. Gegen eine Personalien-Feststellung wehrte sich der Mann massiv, indem er mehrfach nach den Beamten trat und sich mit den Fäusten zur Wehr setzte. Der wild um sich schlagende Mann wurde überwältigt und gefesselt.

 

Bundeswehr-Uni München: Zwei rechte Offiziersanwärter fristlos entlassen

Die Bundeswehr hat zwei jungen Offiziersanwärtern, die an der Bundeswehr-Universität in München studierten, vergangene Woche wegen ihrer rechten Gesinnung fristlos gekündigt. Die beiden waren Ende 2016 und Anfang des Jahres durch juden- und ausländerfeindliche Sprüche oder Nazi-Parolen wie "Heil Hitler" aufgefallen. Nach weiteren Recherchen entschloss sich die Bundeswehr, die beiden Soldaten fristlos zu entlassen. Derzeit ermittelt der Militärische Abschirmdienst (MAD) noch gegen mehrere aktive Soldaten an der Truppen-Universität. Die Fahnder vermuten, dass sich unter den rund 3000 Studenten ein kleines rechtsextremes Netzwerk gebildet hat.

 

Mobilisierung gesunken: Weniger rechte Veranstaltungen in Brandenburg

Das Interesse an Veranstaltungen der rechtsextremen Szene in Brandenburg nimmt offenbar ab: Die Zahl von Veranstaltungen geht weiter zurück. Das ergab eine Anfrage der Linken an das Innenministerium. Im ersten Quartal dieses Jahres registrierte die Polizei zehn rechte Kundgebungen und zwei Mahnwachen. Im gesamten vergangenen Jahr waren es noch 171 Veranstaltungen, 2015 sogar 202.  Die Linken-Abgeordnete Andrea Johlige vermutet, dass die Entwicklung mit dem Rückgang der Flüchtingszaheln zusammenhängt: "Das Thema Asyl scheint wieder an Mobilisierungsfähigkeit zu verlieren", sagte sie.

 

Streit um Identitären-Interview an der Universität Halle

Eklat auf dem Campus – zwei Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung wurden am Dienstag an der Martin-Luther-Universität in Halle von einem Filmteam interviewt. 30 Studierende versuchten, ihnen die öffentliche Bühne zu nehmen. Im Anschluss filmten vier Rechtsextreme Protestierende ab und bedrohten sie.

 

Aufstand gegen Frauke Petry in Sachsens AfD

Frauke Petry steht ein heißer Sommer bevor. Am 24. September will die Vorsitzende der AfD in den Bundestag gewählt werden. Doch ihren Erfolg wollen ausgerechnet sächsische Parteifreunde verhindern. Petry würde auftreten wie eine „Führerin“ oder eine „Herrscherin“, regt sich der Freitaler AfD-Stadtrat Norbert Mayer über seine Landes- und Bundesvorsitzende auf. „Sie verhält sich zunehmend totalitär. So jemanden will ich nicht im Bundestag sehen“, so der ehemaligen CDU-Politiker.

 

NPD-Sommerfest mit Rednern

Die NPD in Sachsen lädt für den 10. Juni zu ihrem traditionellen Sommerfest auf dem Gelände des Deutsche Stimme-Verlags in Riesa ein. Zwischen Kinder-Hüpfburg, Bratwurst und Verkaufsständen der Neonazi-Szene soll mit kämpferischen Reden die Parteipropaganda verbreitet werden. Dazu sind drei Redner aufgeführt.

 

KZ-Gedenkstätte in Braunschweig: 350 Gegendemonstranten, 180 Polizisten – keine Neonazis

Die angekündigte Demo der NPD-Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten wurde gestern Abend abgesagt. Damit scheint festzustehen: Die Neonazis hatten angesichts der öffentlichen Diskussion um die Kundgebung gar nicht vor, am Mittwochabend zur KZ-Gedenkstätte zu kommen - sie hatten bereits am Dienstagabend illegal ihre Kundgebung dort abgehalten, und zwar mit den von der Stadt untersagen Fackeln. Die Polizei schätzt die Zahl der Gegendemonstranten, die seit 18 Uhr eine Menschenmenge um die Gedenkstätte Schillstraße gezogen hatten, auf insgesamt 350. Die Polizei selbst war mit knapp 200 Beamten im Einsatz.

 

Neonazi-Überfall auf Dresdner Stadtfest – Prozess offenbart Brutalität

Dresden – Der brutale Überfall auf Ausländer zum Stadtfest 2016 hat noch größere Dimensionen, als bisher bekannt. Die rechtsextremen Angreifer überrannten zunächst eine Gruppe Afghanen, verletzten vier Menschen durch Schläge und Tritte, bevor sie sich auf eine Gruppe Jesiden stürzten.

 

Dresdner Landgericht überlastet – Neue Hilfskammer für schnellere Verfahren

Die Dresdner Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass die rechte Hooligan-Gruppierung "Faust des Ostens" eine kriminelle Vereinigung ist. Zwei Jahre lang haben die Staatsanwälte im Umfeld der gefährlichen Schläger mit rechtem Hintergrund ermittelt. Sie haben so viel Material gesammelt, dass es 162 Aktenordner füllt. Vor knapp vier Jahren dann hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen fünf mutmaßliche Rädelsführer der Faust des Ostens erhoben, sie will die Truppe als kriminelle Vereinigung verurteilt sehen. Doch von Verurteilung keine Spur, nicht einmal der Prozess ist bisher in Sicht. Wegen Arbeitsüberlastung der Richter werden am Dresdner Landgericht große Prozesse zum Teil jahrelang verschleppt.

 

Hoerstgen: Ein Dorf hat Angst vor rechten Übergriffen

Hoerstgen ist ein ländlich gelegener Stadtteil Kamp-Lintforts im Westen des Ruhrgebiets. Seit einiger Zeit herrscht im Dorf jedoch Beunruhigung. Die Bewohner fürchten, dass die Ortschaft zum Treffpunkt Rechtsextremer wird. 90 Hoerstgener kommen im Gemeindehaus zusammen. Das Thema: Die Sorge um immer mehr Rechtsextreme in ihrem Dorf. "Viele haben schon aggressive, hasserfüllte und rassistische Äußerungen zu hören bekommen", sagt Pfarrer Stefan Maser.

 

Nach SEK-Einsatz in Garching: Mehr Details über toten Reichsbürger werden bekannt

Am Tag nach dem SEK-Einsatz in Garching werden immer mehr Details über den Reichsbürger bekannt. Der 43-Jährige war ausländerfeindlich und lag im Clinch mit den Nachbarn. Am Dienstagvormittag hat dieser 43-Jährige einen Großeinsatz mit fast hundert Polizisten in Garching ausgelöst. Auf einem Zettel, der bei seinem Nachbarn an der Tür hing, hatte er in krakeliger Handschrift seinen Selbstmord angekündigt.

 

Thüringen: Minister besorgt über Rechtsrock-Konzerte in Thüringen

Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) beobachtet mit Sorge die steigende Zahl von Rechtsrock-Konzerten in Thüringen. „Diese Art von Konzerten passt nicht in unser weltoffenes Land“, sagte der Minister am Mittwoch im Landtag. Es sei rechtlich problematisch, derartige Konzerte gänzlich zu verhindern. Es könnten lediglich Auflagen erteilt werden.

 

Kleinverlag für die Neue Rechte

Der Jungeuropa-Verlag aus Dresden veröffentlicht Schriften bekannter rechtsextremer Intellektueller aus Frankreich. Der Aufstieg der AfD als gesellschaftspolitischer Rechtsruck hat auch für die Neue Rechte zu einer Renaissance geführt. Dafür steht die mediale Aufmerksamkeit für das Institut für Staatspolitik und seine Publikationen, aber auch die Gründung von einschlägigen Kleinverlagen. Als Beispiel dafür kann der Jungeuropa-Verlag in Dresden gelten: Nach den Aussagen auf seiner Internetseite sei er „die publizistische Folge einer festen Überzeugung, dass Europa als historische und kulturelle Einheit zwingend zusammengehört“. Die ersten beiden Bücher, die in dem im September 2016 entstandenen Unternehmen erschienen, stehen indessen in einer rechtsextremen Europa-Tradition.

 

Konsequenzen bei Verkehrsbetrieben Mannheim – Mitarbeiter suspendiert

Nach Berichten über angebliche rechtsextreme Entgleisungen beim Mannheimer Unternehmen Rhein-Neckar-Verkehr (RNV) hat die Betriebsleitung zwei Mitarbeiter suspendiert. Gegen die Arbeitnehmer bestehe Verdacht auf „teilweise erhebliches Fehlverhalten“, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

 

Rausschmiss nach Pöbelei? Europapark wehrt sich gegen Rassismus-Vorwurf

Im Internet kursieren massive Rassismus-Vorwürfe gegen den Europapark, einen Freizeitpark in Baden-Württemberg. Hintergrund ist eine Auseisandersetzung zwischen einer Gruppe türkisch-stämmiger Besucher und Security-Personal. Ein Handyvideo soll die Vorwürfe und das aggressive Vorgehen der Security angeblich bestätigen. Der Europapark weist die Vorwürfe in aller Entschiedenheit zurück. Doch im Internet hat die Sache längst eine eigene Dynamik bekommen. Über 72.000 mal wurde die Szene inzwischen aufgerufen, begleitet von zahlreichen Hasskommentaren. Die Plattform Journal Turc, auf der das Video veröffentlicht wurde, ist für Erdogan-Nähe und Hetzkampagnen gegen Deutschland bekannt. Wegen der Auseinandersetzung in Rust ermittelt jetzt die Polizei.

 

Dem Historiker Julius H. Schoeps zum 75. Geburtstag: “Es ist ein Kampf gegen Windmühlen“

Julius H. Schoeps ist Historiker und Gründungsdirektor des Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch- jüdische Studien an der Universität Potsdam.

Sie schrieben neulich, dass die Deutschen geradezu zwangsfixiert auf den Nahost-Konflikt seien, während sie andere Konflikte kalt ließen. Ist Israelkritik die neue Form des Antisemitismus?

Die Israelkritik hat, wie mir scheint, eine Entlastungsfunktion. Manchmal hat das manisch-obsessive Züge. Warum kümmert man sich nicht um andere Konflikte auf dieser Welt, die vielfach blutiger sind als der israelisch-palästinensische Konflikt? Ich denke da an den Sudan oder den Jemen. Nur wenn es um Israel geht, schlagen die Wellen hoch.

 

Deutsches Kabarett: Humor mit Rechtsdrall?

Hat der Humor in Deutschland plötzlich einen Rechtsdrall? Lassen sich Kabarettisten wie Lisa Fitz, Dieter Nuhr, Uwe Steimle vom AfD- und Pegida-Rechtsruck tragen? Uwe Steimle sei nicht ohne Grund umstritten, meint Daniela Mayer von der DLF-Sendung "Querköpfe".

 

Karneval der Kulturen in Berlin: Der Karneval der anderen

Ein Mann mit nacktem Oberkörper und tätowierten Armen streckt angriffslustig die Zunge aus dem Mund, sein schwarzes Haar ist zu einem Dutt gebunden. Dieses Foto von einem Auftritt der Sri Lanka Association Berlin hat der Karneval der Kulturen als Plakat für seine diesjährige Veranstaltung gewählt. Den Namen zu dem Gesicht verrät das Programmheft nicht. Angesichts zunehmender rassistischer Gewalt in den früher neunziger Jahren hatte sich der Karneval der Kulturen 1996 gegründet – als „Reaktion auf den zunehmenden Nationalismus und Rassismus in den 90er Jahren in Deutschland. Ziel war, die Vielfalt der Stadt zu feiern und Räume für Minoritäten in der Öffentlichkeit zu schaffen“, heißt es auf der Internetseite des Karnevals. Reproduziert das Massenevent mittlerweile selbst rassistische Strukturen?

 

Rassismusvorwürfe vor Confed Cup in Russland: Mit Blackface und Bananen

Wenige Wochen vor dem Confed Cup in Russland wollte die Stadtverwaltung von Sotschi die Teilnehmernationen in einer bunten Parade vorstellen, darunter Deutschland, Kamerun und Mexiko. Doch bei der Auswahl der Kostüme ließen sie sich offenbar von längst verpönten Stereotypen leiten.

 

Antisemitismus – Das böse Etikett

Sind vierzig Prozent der Deutschen Antisemiten? Diese Zahl legt der Bericht des zweiten Unabhängigen Expertenausschusses Antisemitismus nahe, der jüngst dem Bundestag vorgelegt wurde. Vierzig Prozent der Befragten, heißt es dort, zeigten "Zustimmung zum israelbezogenen Antisemitismus". Der "klassische Antisemitismus" kommt nur auf sechs Prozent Zustimmung. Diese Diskrepanz zeigt, warum ein differenzierter Umgang mit dem Begriff so wichtig ist. Ist all das, was die Studie Antisemitismus nennt, tatsächlich Antisemitismus? Oder wird bisweilen eine legitime politische Haltung mit diesem Etikett belegt?

 

Herkunft: Euer Ernst?

Wer sich nach der Herkunft eines Mitmenschen erkundigt, ist kein Rassist! Im Gegenteil: Dank dieser Frage wird unsere Gesellschaft immer weltoffener. Eine Erwiderung von Michel Abdollahi.

 

Ungarn: Viktor Orbáns Politik zieht Rechtsextreme an

Mehrere Galionsfiguren der internationalen rechtsextremen Szene haben sich in Ungarn niedergelassen. Für Regierungschef Viktor Orbán werden sie mehr und mehr zum Imageproblem. Dass hinter der rechten Zuwanderungswelle mehr als eben nur Zufall steckt, bestätigen die rechten Migranten selbst. "Ungarn und Budapest sind ein sehr guter Knotenpunkt“, sagte Nick Griffin, der Exführer der rechtsextremen British National Party (BNP), dem ungarischen Portal "444.hu“: "Es gibt hier bereits eine Gemeinschaft emigrierter Nationalisten, die sich sammeln und organisieren. Noch ist es ein dünner Strom, aber wenn die Probleme mit dem Islam-Terror in Westeuropa erst richtig losgehen, wird er zu einer Flutwelle anwachsen.“

 

Muttertruppen und Vätervereine ­– Was ist politisch rechts in Korea?

Die koreanische Rechte unterscheidet sich in Auftritt und Überzeugung auch stark von smarten europäischen Neonazis. Rechts heisst in Korea: alt, antikommunistisch, proamerikanisch und protestantisch. In Korea heissen die Gruppen, die politisch am rechten Rand anzusiedeln sind, „Muttertruppen“, „Vätervereine“, „Fanklub von Park“ (gemeint ist die nun ihres Amtes enthobene Präsidentin Park Geun Hye) oder „Veteranenverein“. Wie die Namen schon andeuten, handelt es sich um Gruppen, deren Mitglieder meist alt sind. Bieder kommen sie daher und patriotisch. Es gibt zwar auch jüngere Koreaner, die sich „new right“ nennen, aber sie agieren hauptsächlich im Internet und treten nur selten in Erscheinung.

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