28.10.2014 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Weitere Analysen zur HoGeSa-Demo in Köln +++ Plauen: Flüchtlinge von Rassisten angegriffen +++ Ukraine: Rechtsradikalen-Chef zieht ins Parlament ein.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Weitere Analysen zur HoGeSa-Demo in Köln

Nach den Gewaltexzessen von Rechtsradikalen und Hooligans am vergangenen Sonntag in Köln versucht sich die deutsche Presselandschaft in weiteren Einschätzungen der "Hooligans gegen Salafisten". Die Taz beschreibt eine "Allianz der Gewalt“, die die Kölner Polizei entgegen der Warnungen der Antifa unterschätzt habe (taz). Für publikative.org zieht Patrick Gensing einen Vergleich zwischen HoGeSa und der englischen "English Defense League", die sich ebenfalls aus Hooligans rekrutiert und vor allem gegen Muslime hetzt (publikative.org). Ebenfalls in der Taz gibt Pavel Brunßen vom linken Fan-Magazin "Transparent" Fußballvereinen eine Mitschuld am Erstarken der Hooligan-Szene (taz). Mittlerweile zeichnet sich ab, dass rechte Hooligans nun zu einer weiteren Kundgebung am 9.11. in Berlin mobilisieren. Hier wollen sie sich einer "Mahnwache für den Frieden" anschließen, schreibt die Berliner Zeitung.

Plauen: Flüchtlinge von Rassisten angegriffen

Erneut wurden Asylsuchende in Plauen Opfer einer rassistisch motivierten Gewalttat. In der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober, wurde  die Fensterscheibe einer dezentralen Flüchtlingswohnung in Neundorf mit einer Flasche eingeworfen. Die vier dort untergebrachten Tunesier und Libyer hatten die Wohnung erst an diesem Tag bezogen. Danach kam es noch zu Beleidigungen und Morddrohungen. Für einen der Bewohner ist dies bereits der zweite rassistische Angriff, den er in Deutschland erlebt hat (Vogtland Anzeiger).

Ukraine: Rechtsradikalen-Chef zieht ins Parlament ein

Der Vorsitzende der russlandfeindlichen rechtsextremen Partei Prawy Sektor (Rechter Sektor) hat bei der Wahl in der Ukraine am Sonntag einen Parlamentssitz erhalten. Dmitro Jarosch gewann laut einem vorläufigem Ergebnis vom Montag seinen Wahlkreis in der Region Dnjepropetrowsk (Zeit).

Calais: Neonazis durch Hetze gegen Flüchtlinge im Aufwind

Die Lage der Flüchtlinge in der Stadt am Kanal wird immer dramatischer,  deswegen nehmen auch Zusammenstöße mit der Polizei zu. Von den unwürdigen Bedingungen, unter denen Flüchtlinge in der französischen Stadt überleben müssen, profitieren vor allem Rechtsradikale. Mehr als 8.000 „Freunde“ hat die vor einem Jahre gestartete  rechte Facebookseite „Sauvons Calais“ (Lasst uns Calais retten!) bereits. Auch Kundgebungen werden von Rechtsradikalen regelmäßig abgehalten , MigrantInnen mit Molotow-Cocktails angegriffen (Taz).

Kleiderspenden für Flüchtlinge: In München sind die Lager voll

Die ungebrochen große Hilfsbereitschaft der Münchner für die Flüchtlinge bringt jetzt die Helfer an ihre Grenzen. Wegen der großen Spendenbereitschaft sind bei der Inneren Mission derzeit alle Lagerkapazitäten für Kleidung erschöpft. Anderweitige Mithilfe ist hingegen für die Flüchtlingsnotunterkunft Am Neubruch gesucht. So soll, koordiniert von Pfarrerin Dagmar Knecht von der Magdalenenkirche, schnell ein Helferkreis "Flüchtlinge in Moosach" gegründet werden (Süddeutsche Zeitung).

Wie ein Priester von der Schweiz aus Bootsflüchtlinge rettet

Die Telefonnummer von Mussie Zerai  ist für Bootsflüchtlinge oft der letzte Ausweg. Sie steht an Wänden der Lager und den Decks der Boote. Zerai arbeitet als Priester in der Schweiz. Seine Anrufe haben tausenden Menschen das Leben gerettet. Seine Nummer ist seit dem Sommer 2004 so etwas wie die letzte Hoffnung für Bootsflüchtlinge. Sie kursiert unter den Migranten aus Eritrea, Somalia und Äthiopien. Wenn Flüchtlinge in Seenot geraten, übermittelt er die GPS-Daten an die zuständige Küstenwache.  Von Frontex hält Zerai wenig, und kämpft für die Rechte von Geflüchteten (Tagesspiegel).

Ungarisches Staatsfernsehen befördert Rassistin

Beatrix Siklósi verlor 2004 ihren Arbeitsplatz als Fernsehjournalistin in Ungarn verloren, weil sie den britischen Holocaust-Leugner David Irving in ihr Programm eingeladen hatte. Nun wird sie Chefin des Staatsfernsehens für Religion und Auslandsungarn. KritikerInnen finden, dass somit eine zumindest latent, wenn nicht gar offen rassistische Person vom Staat damit beauftragt wurde, die öffentliche Meinung zu prägen: Auf Facebook teilt Siklósi gerne rassistische Witze (Welt).

NSU: Angehörige der Opfer gedenken gemeinsam in Rostock

Die Ombudsfrau der Bundesregierung, Barbara John,  organisierte ein Treffen der Hinterbliebenen der Mordtaten des NSU. Besucht werden dabei die Orte des Gedenkens – so wie das Mahnmal, das an Mehmet Turgut erinnert.  „Keine Gedenktafel kann unsere Schmerzen lindern, aber der Austausch kann dabei helfen“, äußert sich Osman Tasköprü, Bruder von Süleyman Tasköprü, der 2001 vom NSU ermordet wurde (Norddeutsche Neueste Nachrichten).

O-Platz Flüchtlinge: Creation trotz Frustration?

Mit einer Druckwerkstatt will eine Initiative Flüchtlingen vom Oranienplatz Perspektiven verschaffen. Die Situation der Geflüchteten ist aber dramatisch. Sie stehen vor dem Nichts: von Abschiebung bedroht, ausgeschlossen von staatlicher finanzieller Hilfe oder Unterbringung, ohne eine Perspektive. „Wir sind wie Ratten“, beschreibt der aus dem Niger stammende Mohammed die Behandlung der Flüchtlinge durch die Behörden: „Wer will schon Ratten im Haus haben? Man vertreibt sie oder tötet sie einfach.“ (Taz).

NPD: Fackelumzug statt Lampions in Grevesmühlen

Rund 150 Neonazis, unter ihnen polizeilich bekannte Straftäter, marschierten am vergangenen Wochenende durch Grevesmühlen. Offiziell war ein Lampionumzug als Teil eines Kinder- und Familienfestes im rechtsradikalen Stützpunkt „Thinghaus“ angekündigt. Stattdessen bot sich BeobachterInnen ein erschreckendes Bild: „. Wenn es hoch kommt, befanden sich unter den 120 Menschen vielleicht zehn mit Lampions. Der Rest marschierte mit Fackeln, selbst die Kinder. Das Ganze wirkte wie ein gruseliges Bild aus schlimmen Zeiten“. AntifaschistInnen kritisieren, das weder die Polizei eingegriffen, noch sich zivilgesellschaftlicher Protest gegen die Veranstaltung gebildet habe (ln-online.de).

 

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