27.02.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Merseburg: Tatverdächtiger nach Überfall auf Algerier festgenommen +++ Verfassungsschutz hörte Verabredung zu Ballstädt-Überfall mit, verhinderte ihn aber nicht +++ NSU-Prozess in München: Zeugin Mandy S. mit weniger Erinnerungslücken als üblich.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Merseburg: Tatverdächtiger nach Überfall auf Algerier festgenommen

In Merseburg hat es binnen einer Woche zwei Angriffe auf Afrikaner gegeben. In beiden Fällen wurden die Männer in einer Bahnunterführung attackiert, in beiden Fällen waren offenbar junge Männer die Täter. Die Ermittler gehen von fremdenfeindlichen Motiven aus (mdr).

Verfassungsschutz hörte Verabredung zu Ballstädt-Überfall mit

Der Thüringer Verfassungsschutz hat die telefonische Verabredung von Neonazis zum brutalen Überfall von Ballstädt abgehört. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN hat der Geheimdienst vor der Attacke in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2014 mindestens ein entsprechendes Gespräch aufgezeichnet, jedoch nicht ausgewertet. Somit konnte die Polizei nicht vorab über den geplanten Überfall informiert werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz betreibt automatisierte Telefonüberwachungsanlagen. Telefongespräche und SMS werden ohne Personal aufgezeichnet. Die abgehörten Hinweise auf den Überfall in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag wurden nach MDR-THÜRINGEN-Recherchen erst am Sonntag oder Montag danach ausgewertet. Na, gut, dass die Nazis das jetzt wissen, dann können sie sich in Zukunft noch ungestörter verabreden (mdr, Thüringer Allgemeine).

NSU-Prozess in München: Zeugin Mandy S. mit weniger Erinnerungslücken als üblich

Überraschend hat die Zeugin Mandy S., 38-jährige Friseurin aus Schwarzenberg, im NSU-Prozess ausgesagt. Sie steht unter dem Verdacht, das Trio um Beate Zschäpe beim Abtauchen in den Untergrund unterstützt zu haben. Aber sie will Zschäpe nicht erkannt haben. Und auch sonst konnte sie sich an vieles nicht erinnern (tagesschau.de, Berliner Zeitung). Aber sie erzählt tolle Sachen wie: "Überhaupt sei sie weitgehend unpolitisch gewesen. "Ich habe mir den Kopf rasiert, eine Bomberjacke und Springerstiefel gekauft", sagt Mandy S. Auch der mitangeklagte André E. habe ab und an bei ihr geschlafen. Schlimm sei daran nichts gewesen, gibt die Zeugin weiter an. "Das war eine reine Spaß-Party-Szene, wir haben Partys und Konzerte besucht." (Welt.de) Auch spannend: Eine Reporterin des stern ließ sich bei Mandy S. die Haare schneiden und sprach mit ihr.

Lehren aus dem NSU-Bericht: Kampf den Vorurteilen der Ermittler*innen

Als Lehre aus den Ermittlungspannen bei der NSU-Mordserie will die Bundesregierung mit den Marotten der Sicherheitsbehörden aufräumen. Dabei gehe es um die Abstimmung untereinander und den Abbau von Vorurteilen gegenüber Ausländern. Eine Sonderrolle soll künftig der Generalbundesanwalt spielen. Er soll sehr früh in Ermittlungen eingeschaltet werden können. Wenn es Streitigkeiten unter den Staatsanwaltschaften in den Ländern wegen der Zuständigkeit gebe, solle der Generalbundesanwalt entscheiden, wer die Ermittlungen führen soll. Bei Strafen solle "ein rassistischer, fremdenfeindlicher oder sonstiger menschenverachtender" Hintergrund besonders berücksichtigt werden (Deutschlandfunk, ZEIT online).

Ermittler finden NSU-Unterlagen in Edathys Wohnung

Ermittler sind in der Wohnung von Sebastian Edathy auch auf geheime Unterlagen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss gestoßen, die er nicht hätte mit nach Hause nehmen dürfen. Im niedersächsischen Landtag kam es zum Eklat, nachdem CDU-Fraktionchef Thümler der SPD eine „Haltung des Verdrängens“ vorwarf (F.A.Z.)

Rassismus in den Medien: Wenn Migranten nur als Problem gelten

Macht es einen Unterschied, ob in einem Artikel ein Täter als «Schweizer» oder «Asyl-Grüsel» bezeichnet wird? Am Montag haben Medienfachleute in Zürich darüber diskutiert, ob Medien den Rassismus fördern (nzz.ch).

Drei-Prozent-Hürde gekippt: NPD im EU-Parlament?

Das deutsche Verfassungsgericht erklärt die "Sperrklausel" für rechtswidrig - und erhöht damit die Chancen für deutsche Kleinparteien wie die Piraten oder eben auch die NPD bei der Europawahl am 25. Mai (DiePresse.com).

Wenn der wütende Spießer den Diskurs bestimmt

Homophobie, Frauenfeindlichkeit, Nationalismus: Die antisemitische Facebook-Karikatur in der "Süddeutschen Zeitung" zeigt, wie salonfähig die Verletzung mühsam errichteter Tabus geworden ist (Alan Posner auf Welt.de).

Antisemitische Kommentare beim angeblich proisraelischen “Politically Incorrect”

Das notorisch islamfeindliche Internetforum „Politically incorrect“ (PI) brüstet sich ja stets damit, dass es sich gegen den Mainstream stelle und gewissermaßen eine der wenigen verbliebenen wahrhaft liberalen Debattenplattformen sei. Das ist natürlich einerseits Quatsch, weil PI seine eigene Spielart der Political Correctness zu etablieren versucht („pro-amerikanisch; pro-israelisch; Grundgesetz und Menschenrechte; gegen die Islamisierung Europas“). Andererseits ist es aber erschütternd wahr. Denn während in den „Leitlinien“ für Besucher steht, und zwar unter §1, dass „Kommentare, die mit fäkalsprachlichen, blasphemischen, antisemitischen oder vulgären Ausdrücken durchsetzt sind… von uns nicht akzeptiert“ werden, sind die Administratoren des Forums anscheinend deutlich besser darin, Fäkalsprache zu unterbinden als Antisemitismus (ZEIT online).

Bundesverwaltungsgericht: NPD-Versammlung am Holocaust-Gedenktag in Trier zu Unrecht verboten

Die Stadt Trier hat eine geplante Demonstration der rechtsextremen NPD am Holocaust-Gedenktag vor zwei Jahren zu Unrecht verboten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Zuvor war die rechtsextremistische Partei in zwei Instanzen gescheitert (SWR).

Neukölln: Zehn NPD-Anhänger demonstrieren gegen Piratin Anne Helm

Einst hatte die Affäre mit dem nackten Protest einer Berliner Piratin in Dresden begonnen. Mittlerweile zerreißt der Streit fast die Partei. Und nun demonstrierten zehn NPD-Anhänger vor dem Rathaus in Neukölln. Sie wurden übertönt von rund 300 Gegendemonstrant*innen (Tagesspiegel, Berliner Zeitung).

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