22.12.2015 ... Presseschau

Dresden Tausende protestieren gegen Pegida - Tausende singen mit Pegida +++ Angriffe gegen Asylbewerber und Ehrenamtliche: Rassistische und flüchtlingsfeindliche Delikte werden zukünftig gesondert erfasst +++ Eisenach in Thüringen: Brandanschlag auf Restaurant eines Griechen +++ Dritter Anschlag in Wittenberg: An 19 Stellen Buttersäure in Karl-Marx-Schule verteilt.

Dresden Tausende protestieren gegen Pegida - Tausende singen mit Pegida

Die Dresdner Innenstadt wurde am Montagabend von Pegida-Gegnern dominiert. Die Rechtspopulisten mussten nach einem Gerichtsurteil ans Elbufer ausweichen - waren aber mehr. An mehreren Orten in Dresden haben Tausende Pegida-Gegner gegen die islamfeindliche Bewegung demonstriert. Am Theaterplatz nahe der Semperoper, wo sonst die Pegida-Anhänger demonstrieren, hatte das Bündnis Herz statt Hetze unter Mitwirkung der Oper und des Staatsschauspiels seine Kundgebung angemeldet. Nach Schätzungen lokaler Medien kamen etwa 3.000 bis 4.000 Teilnehmer. Auch am Neustädter Bahnhof, nahe der ursprünglich von Pegida geplanten Demonstrationsroute, sammelten sich nach Angaben der Organisatoren von Dresden Nazifrei etwa 1.000 Gegner. Sie sollten Pegida-Anhängern die Anreise erschweren, wie es in einem Aufruf hieß. Spontan zogen mehrere Hundert Menschen nach einer Kundgebung von da Richtung Altstadt, wo auf dem Theaterplatz die große Gegendemonstration stattfindet. Die Polizei forderte sie zur Umkehr auf. Am Elbufer versammelten sich am Abend dann mehrere Tausend Pegida-Anhänger.  Nach Angaben der Initiative Durchgezählt kamen etwa 6.000 bis 8.000 Menschen zu der Kundgebung. Pegida-Organisator Lutz Bachmann kündigte an, sich "letztmalig" der Willkür zu beugen, die versammelte Menge skandierte "Widerstand". 

Warum Journalisten zur Zielscheibe von Pegida werden

Erst wurden sie als „Lügenpresse“ beschimpft. Dann folgten körperliche Angriffe auf Journalisten. Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Frank Überall, beobachtet die Entwicklung mit Sorge und warnt: „Wer alle staatlichen Gewalten inklusive der Presse ablehnt, ist für die Demokratie nicht mehr zu erreichen.“ Darin:
 Die Identifikation entlädt sich in – wie Sie es nennen – Presseverdrossenheit. Woher kommt dieser Hass auf die Medien? Viele Menschen, nicht nur bei Pegida, meinen, dass ihre Ansichten in den Massenmedien nicht vorkommen. Bei rechtsextremen Ansichten ist das auch sicher eine richtige Einschätzung. Internetportale wie „Politically Incorrect“ oder die Medien des Kopp-Verlags greifen diese Stimmung auf und geben ihr Auftrieb. Das Internet hat diese Entwicklung beschleunigt.
Das Internet ist ja aber kein ganz neues Phänomen mehr.
Nein, das sicher nicht. Die Stimmung, die ich beschreibe, gab es früher auch, aber eher im Verborgenen. Die sozialen Netzwerke sind ein verlängerter Stammtisch und das Internet bietet auch den krudesten Meinungen eine Bühne und trägt dazu bei, eine Identifikation für Menschen zu schaffen, die diffuse Ängste haben oder einfach enttäuscht sind.
Warum richtet sich die Enttäuschung gerade gegen Journalisten?
Journalisten sind vor Ort, wenn Pegida zur Demo aufruft. Sie machen ihren Job und berichten und geraten so ins Visier. Mich hat die Entwicklung der vergangenen Monate auch nicht überrascht. Viele Studien, etwa die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung, sind schon vor einiger Zeit zu dem Ergebnis gekommen, dass rechtsextreme Ansichten in der Gesellschaft weit verbreitet sind. Bei Pegida und zum Teil auch bei der AfD entlädt sich das jetzt. Nur: Wer alle staatlichen Gewalten inklusive der Presse ablehnt, ist für die Demokratie nicht mehr zu erreichen.
Gibt es für Journalisten überhaupt noch Möglichkeiten, ein derart gefestigtes Weltbild aufzubrechen? 
Wir Journalisten müssen unseren Job wieder ernster nehmen. Ich beobachte seit Jahren einen Trend der Boulevardisierung, der dem öffentlichen Diskurs nicht gut tut. Journalisten stürzen sich auf einzelnen Themen, die möglichst personalisierbar sind und zeichnen Sachverhalte zunehmend in grellen Farben. Das gediegene Handwerk – etwa die verschiedenen Seiten eines Themas abzuwägen, alle Beteiligten zu Wort kommen zu lassen und Transparenz herzustellen – kommt dabei zunehmend unter die Räder. In unserer Berichterstattung gehen die verschiedenen Grautöne verloren und damit Meinungen, die dann tatsächlich nicht mehr vertreten sind. Wenn wir uns wieder auf unser Handwerk besinnen, können wir auch Vertrauen zurückgewinnen.

Asyl und Pegida an der TU Dresden: Weltoffenheit zeigen, politische Bildung betreiben

Welche Rolle spielt das Thema Pegida unter denjenigen, die die politische Zukunft in Deutschland mitgestalten werden? An der TU Dresden versuchen sich Studenten und Professoren um einen sachlichen Blick auf die Dinge. Interessant wird es, wenn Studenten in den Seminaren auf Pegida-Anhänger treffen. (...) Dass Pegida und die Flüchtlingssituation unter den Studenten ein Thema sind, überrascht nicht. Aber auch inhaltlich haben sie das Studium beeinflusst. So fließt die Pegida-Bewegung immer wieder in die Seminare mit ein. "Sie wird oft als Beispiel aufgegriffen", erzählt Vincent Ancot, der Politikwissenschaft studiert. Dann gibt es aber auch Lehrveranstaltungen, die sich Pegida speziell auf die Agenda gesetzt haben. Eines davon ist das von Politikwissenschaftlerin Anja Besand geleitete Seminar "Politische Bildung nach Pegida". Es richtet sich speziell an künftige Gemeinschaftskundelehrer und beschäftigt sich mit der besonderen Verantwortung, die damit einhergeht. "Unserem Eindruck nach sind bislang viele Lehrerinnen und Lehrer dem Thema eher aus dem Weg gegangen", erzählt die Professorin. Sie seien unsicher, wüssten nicht, wie mit dem Thema umzugehen sei. Das habe auch mit der Unsicherheit gegenüber dem sogenannten "Beutelsbacher Konsens" zu tun. 1976 festgelegt, beinhaltet er Richtlinien der politischen Bildung und besagt unter anderem, dass Kontroverses aus Wissenschaft und Politik "auch im Unterricht kontrovers erscheinen" muss. Das würde häufig missverstanden, sagt Besand. "Viele denken, sie müssten sich neutral verhalten und Kontroversen vermeiden. Dabei ist das nicht Sinn der Sache." Im Gegenteil, Kontroversen sollten im Mittelpunkt des Unterrichts stehen. In diesem Sinne sei auch das Thema Pegida unumgänglich, und man müsse Schüler dazu ermutigen, ihre Meinung zu äußern. Aufgrund dieser Missverständnisse sei es auch wichtig, die Bedeutung des Konsens‘ zu diskutieren.

Angriffe gegen Asylbewerber und Ehrenamtliche: Rassistische und flüchtlingsfeindliche Delikte werden zukünftig gesondert erfasst

Rechtsmotivierte Straftaten gegen Flüchtlinge und Helfer sollen bald in einer eigenen Statistik erfasst werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte der "Bild"-Zeitung, dass dem rechten Spektrum zugeordnete Straftaten - beispielsweise gegen Asylbewerber, Journalisten, Politiker oder Ehrenamtliche - ab Januar gesondert erfasst würden. Dies sei notwendig, damit die Behörden sich "ein noch besseres Bild" von der Zunahme derartiger Delikte machen könnten. De Maizière nannte die wachsende Zahl von Angriffen auf Flüchtlinge, Flüchtlingsunterkünfte und andere mit der Flüchtlingskrise in Zusammenhang stehende Ziele eine "Schande für Deutschland". Dieses Jahr seien bislang 3600 Straftaten in dem Bereich gezählt worden, von denen sich rund 850 direkt gegen Unterkünfte und Bewohner gerichtet hätten. Damit habe sich die Zahl rechtsmotivierter Taten gegenüber dem Vorjahr vervierfacht, sagte der CDU-Politiker der "Bild".

Erklärung von de Maizière im Wortlaut: 

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Namensbeitrag/2015/12/2015-12-21-de_maiziere-bild.html

Eisenach in Thüringen: Brandanschlag auf Restaurant eines Griechen

Nach einem Brandanschlag auf ein Restaurant in Eisenach mit fünf Verletzten sucht die Polizei nach einem oder mehreren Tätern. In der Nacht zum Montag hatten Unbekannte ein Fenster zertrümmert und eine Flasche mit einer brennbaren Flüssigkeit in das Lokal in der Nähe des Eisenacher Theaters geworfen, wie die Polizei in Gotha mitteilte. Eine Couch brannte. Fünf Nachbarn aus einem gegenüberliegenden Haus entdeckten das Feuer und versuchten, die Flammen vor dem Eintreffen der Feuerwehr zu löschen. Dabei erlitten sie Rauchvergiftungen.
Ob es für die Tat fremdenfeindliche Motive gibt, ist unbekannt.

Dritter Anschlag in Wittenberg: An 19 Stellen Buttersäure in Karl-Marx-Schule verteilt

Nach Gräfenhainichen setzen unbekannte Täter auch in Wittenberg Buttersäure ein. Das künftige Flüchtlingsquartier darf vorerst nicht betreten werden. Lange war es ruhig geblieben im Kreis Wittenberg, lange herrschte die Hoffnung, der Kelch dumpfer Fremdenfeindlichkeit geht vorüber. Jetzt hat es den Anschein, als machten die Flüchtlingsgegner mobil. Jedenfalls häufen sich die Anschläge in einem Besorgnis erregenden Maße. Jüngster Fall: Auf die ehemalige Karl-Marx-Schule in Wittenberg-West ist in der Nacht zum Montag ein Anschlag vermutlich mit Buttersäure verübt worden. Kurz vor 7 Uhr wurde die Polizei von einem Mann darüber informiert, dass Fenster und Türen des Gebäudes offen stünden und ein „merkwürdiger Geruch“ herrsche. Eine stark unangenehm riechende Flüssigkeit wurde nach Angaben eines Polizeisprechers in dem Gebäude ausgebracht. Außerdem sind Aufkleber mit fremdenfeindlichen Parolen an einem Absperrgitter neben dem einstigen Schulgelände gesichtet worden. Die hauptamtliche Wachbereitschaft der Wittenberger Feuerwehr rückte aus. An insgesamt 19 Stellen ist offenbar Buttersäure verschüttet worden, in Fluren, Klassenräumen und der Aula. Die Feuerwehr entschied, dass zunächst niemand das Gebäude ungeschützt betreten darf. Im Freien, so Geier, sei Buttersäure nicht so problematisch, in geschlossenen Räumen aber schon. Sie kann dort auch nicht einfach mit viel Wasser verdünnt werden. „Der Anschlag wirft uns zurück“, gibt der Landrat unumwunden zu. Im Mai sollten die ersten Flüchtlinge einziehen, ob der Termin zu halten ist, steht dahin. Konsequenz könnte sein, dass Notunterkünfte wieder reaktiviert werden müssen. Dannenberg spricht von einer „schlimmen Entwicklung“. Das sei „kein gutes Bild für ein weltoffenes Wittenberg“.

Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern: Die Gewalt eskaliert – fünfmal mehr Angriffe auf Flüchtlingsheime als 2014

Brandanschläge, Böllerwürfe, Hassparolen und eingeworfene Fensterscheiben – die Gewalt gegen Flüchtlingsheime in Mecklenburg-Vorpommern eskaliert. Am vergangenen Wochenende brannte es gleich an drei Orten. Bereits 48 Straftaten gegen Flüchtlingsheime in Mecklenburg-Vorpommern meldete das Innenministerium für das Jahr 2015. Das sind fünfmal mehr als im Vorjahr. „Mit der Anzahl der Angriffe wächst auch das Risiko für die Flüchtlinge “, sagte Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Landes-Flüchtlingsrates. Dazu stellte die Tutower Landtags-Abgeordnete der Linksfraktion, Jeannine Rösler, fest: „Die Gesellschaft ist verantwortlich, dass die Menschen, die zu uns kommen, nicht in Angst leben müssen.“

Staatsanwalt: KZ-Tattoo ist Volksverhetzung

Ein unerträglicher Anblick im Spaßbad: Ein Mann präsentiert Ende November den anderen Badegästen sein Nazi-Tattoo. Schon heute wird verhandelt. Im Prozess gegen den Brandenburger NPD-Funktionär Marcel Zech haben am Dienstag Staatsanwaltschaft, ein Zeuge und der Verteidiger ihre Sicht der Dinge präsentiert. Nach Auffassung des Staatsanwalts Torsten Lowitsch handelt es sich bei dem öffentlichen Auftritt Zechs mit seinem gut sichtbaren KZ-Tattoo in einem Spaßbad um Volksverhetzung. Zechs Tattoo auf dem Rücken über dem Hosenbund zeigt die Silhouette des Konzentrationslagers Auschwitz, dazu den Spruch „Jedem das Seine“ vom Haupttor des KZ Buchenwald. Er hatte das KZ-Tattoo kürzlich ein einem Schwimmbad zur Schau gestellt. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin klagte den Mann wegen Volksverhetzung an und beantragte ein beschleunigtes Verfahren. Damit kann eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr verhängt werden. Der 27-jährige Zech sitzt für die NPD im Kreistag Barnim und ist Gemeindevertreter in Panketal.

Aufkleber vor Asylheim: Rechte Szene wirbt für sich in Plieningen

Vor der Flüchtlingsunterkunft im Wolfer in Plieningen hat die sogenannte Identitäre Bewegung einen Werbeaufkleber angebracht. Sie gilt nach Einschätzung von Verfassungsschützern als Teil der rechten Szene.

Rechtsextremismus: Überall in Deutschland gibt es kleine "Jamels"

Seit mehr als zehn Jahren wohnen Birgit und Horst Lohmeyer in dem Dorf Jamel bei Wismar. Sie sind dort von Neonazis umzingelt, bleiben jedoch standhaft. Birgit Lohmeyer spricht im Interview mit der FR. Birgit und Horst Lohmeyer wohnen seit mehr als zehn Jahren in dem Dorf Jamel bei Wismar, sind dort von Neonazis umzingelt und halten trotzdem Stand. Dafür erhielten die Schriftstellerin und der Musiker mehrere Preise, unter anderem den Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland. Im Sommer wurde die Scheune der Lohmeyers durch einen Brandanschlag zerstört. Und heute kommt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), zu Besuch. Die FR sprach darüber mit Birgit Lohmeyer.

Hetze gegen Flüchtlinge im Allgäu: Verdeckte Stimmungsmache über Facebook

Rechtsextreme machen über Facebook mit der Kampagne "STOPP" verdeckt, aber gezielt Stimmung gegen Flüchtlinge im Allgäu. Verfassungsschützer empfehlen, bei Beiträgen zu Flüchtlingsthemen genau hinzuschauen, wer da postet. Unter Profilen mit Titeln wie "STOPP Kaufbeuren", "STOPP Buchloe" (Foto) oder "STOPP Memmingen" verbreiteten die Rechtsextremen flüchtlingskritische Beiträge und Artikel, schürten Ängste und diffamierten die Flüchtlinge, sagte Markus Schäfert, Sprecher des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, dem BR. Für zehn Orte im Allgäu gibt es bei Facebook inzwischen STOPP-Profile: Buchloe, Immenstadt-Sonthofen, Kammlach, Kaufbeuren, Marktoberdorf, Memmingen, Mindelheim, Pfaffenhausen, Tussenhausen und Waal. Da sich diese von der Gestaltung her ähneln und auch ähnlich gestaltete Beiträge beinhalten, gehen die Verfassungsschützer von einer koordinierten Aktion aus. Wegen häufiger Bezüge zum "Iller-Günz-Blättle", einer Parteizeitung der NPD im Kreisverband Neu-Ulm/Günzburg, vermuten die Ermittler die Urheber im Umfeld der dortigen NPD.

Hetze gegen Flüchtlinge: Besorgnis über rechtsextreme Aktionen in München

Amtliche Statistiken zeigen: Rechtsradikale Gewalt nimmt zu. Immer wieder verteilen Rechtsextreme in München Flugblätter vor Schulen. Zuletzt in Schwabing vor dem Willi-Graf- und dem Sophie-Scholl-Gymnasium. Auf öffentlichem Gelände ist das nicht verboten.

Hohenfelde: Stilles Gedenken an den von Neonazis getöteten Ramazan Avci

Zusammen mit seinem Bruder und einem Freund wartet der gerade 26 Jahre alt gewordene Ramazan Avci nahe der S-Bahn-Station Landwehr auf den Bus, als plötzlich eine Horde Skinheads über die Gruppe herfällt. Seine Begleiter können entkommen, Avci selbst wird beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst und danach von den Neonazis so übel mit Knüppeln und Tritten zugerichtet, dass er drei Tage später, Heiligabend 1985, seinen Verletzungen erliegt. Wenige Tage später bringt Avcis Verlobte Güllistan seinen Sohn zur Welt – und nennt ihn nach dem Vater, den der kleine Ramazan nun nicht mehr kennenlernen wird. Die barbarische Tat, die damals tagelang die ganze Republik beschäftigte, jährt sich am 21. Dezember zum 30. Mal.

Erlangen: Gedenken an Rechtsradikalismus-Opfer: Vor 35 Jahren wurden Shlomo Lewin und Frida Poeschke brutal ermordet

„Erinnern, sich nicht damit abfinden und die Aufgaben der Demokratie gegen Rechtsextremismus ernst nehmen.“ Das alles verleihe der Zusammenkunft in Erinnerung an die vor 35 Jahren brutal ermordeten Frida Poeschke und Shlomo Lewin Sinn, sagte OB Florian Janik bei der Zusammenkunft am Sonntag.

Jeder zehnte Deutsche engagiert sich für Flüchtlinge

In Deutschland ist das ehrenamtliche Engagement in der Flüchtlingshilfe größer als in jedem anderen gesellschaftlichen Bereich. Dies zeigt eine repräsentative Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die der "Welt" vorliegt. Demnach gaben bei der Anfang November 2015 durchgeführten Umfrage 10,9 Prozent der Befragten an, zu jener Zeit aktiv in der Flüchtlingshilfe tätig zu sein. Dieser Wert, so die Studienautoren, sei noch höher als im Bereich von Sport und körperlicher Bewegung, wo der Ehrenamtlichen-Anteil 10,1 Prozent betrage. Zugleich hatten 52 Prozent der Bürger "bisher noch keine Erfahrungen" mit Flüchtlingen gemacht. In Ostdeutschland waren es 54 Prozent. In der Studie wurde ebenfalls abgefragt, welche Sorgen die Deutschen angesichts der vielen Flüchtlinge umtreiben. An erster Stelle steht dabei eine Befürchtung, die sich auf die Einheimischen bezieht. Dass "der Rechtsextremismus wachsen wird", glauben 85 Prozent.

Experte warnt vor rechter Gewaltwelle: „Noch sprechen wir von ’Freizeitterrorismus’“

Fast jeden Tag gibt es in Deutschland Übergriffe auf Asylbewerber oder deren Unterkünfte. Rechte Gewalt ist in Deutschland so präsent wie seit Jahren nicht mehr. FOCUS Online hat mit einem Rechtsextremismus-Experten Matthias Quendt von der Universität Jena über die beunruhigende Entwicklung gesprochen und ihn gefragt, wo das hinführt. Darin:
FOCUS Online: Was sind die entscheidenden Faktoren dafür, dass jemand, der so denkt, tatsächlich eine Straftat begeht?
Quent: Man braucht grundsätzlich drei Dinge, um terroristische Gewalttaten zu verüben: Eine Ideologie, eine unterstützende Gruppe und ein Individuum, das zu den Taten bereit ist. Ideologie und Individuen gibt es schon lange, aber das wachsende unterstützende Umfeld ist derzeit der entscheidende Faktor für den rasanten Anstieg rechter Gewalt.

"Schlimmer Rechtspopulismus" AfD-Wahlprogramm erinnert Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten teilweise an die NPD

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, hält 15 Prozent des AfD-Wahlprogramms für "schlimmen Rechtspopulismus". Da finde man teilweise eine Wortwahl, "die mich an die NPD erinnert", sagte der CDU-Politiker der "Welt".

Hans-Olaf Henkel über Björn Höcke

Ex-Vizechef Hans-Olaf Henkel verschärft die Kritik an seiner alten Partei AfD - auch wegen der rassistischen Äußerungen des Thüringen-Chefs Björn Höcke.

Der kurze Weg zum Rechtsradikalismus

Alexander Gauland war einmal ein kluger Kopf. Vor Jahren hat sich der (damals noch) intellektuelle Grandseigneur des christdemokratischen Konservatismus gegen eine Parteigründung rechts von seiner alten politischen Heimat entschieden. Er und seine Freunde fürchteten, es mit zu vielen Menschen zu tun zu bekommen, die ein wohlsituierter konservativer Bürger normalerweise meidet. Trotz allen Frusts an Angela Merkels modernisierter CDU. Später schien ihm AfD-Gründer Bernd Lucke der rechte Mann zu sein, um die radikalen Ultras in der ersehnten Partei jenseits der Union zu bändigen. Heute hat der Potsdamer Publizist das Problem vergessen. Gauland zählt selbst zu denjenigen, vor denen er einst gewarnt hat. Und Björn Höcke ist ihr Prophet.

Kommentar rechter Flügel der AfD: Völkische Parolen

Die rassistischen Äußerungen von Björn Höcke mögen im Osten funktionieren – im Westen aber nicht. Die AfD wird sich entscheiden müssen. Woche um Woche das gleiche miese Spiel. Auf irgendwelche Ganzrechtsaußenparolen von Björn Höcke folgt eine Distanzierung der Bundesspitze. Und damit ist der Fall dann erledigt – bis zur nächsten gezielten Grenzverletzung des Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Thüringer AfD. Auch seine jüngsten rasseideologischen Äußerungen über den „afrikanischen Ausbreitungstyp“ bleiben für Höcke ohne Konsequenzen. Zu Parteiordnungsmaßnahmen hat sich der Bundesvorstand der rechtspopulistischen Partei mal wieder nicht durchringen wollen. Die Causa Höcke zeigt, in welchem Dilemma die AfD steckt. Deren Führung will die Partei als seriös rechtes Gegenmodell zu den aus ihrer Sicht verbrauchten Altparteien erscheinen lassen. Deswegen maskieren Petry & Co. ihre fremdenfeindliche Ausrichtung als vermeintlich harmlose „Islamkritik“. Statt der belasteten Forderung „Ausländer raus!“ wird lieber vor einer angeblich drohenden „Islamisierung“ gewarnt. Im Kern geht es darum, dem alten rassistischen Hass auf Migranten eine frische, scheinbar anständige Legitimation zu verleihen. Da wirkt das allzu offen völkische Repertoire Höckes störend. Während das als durchaus schlaue Strategie für den Westen der Republik erscheint, tickt die rechtsgeneigte Wählerschaft im Osten anders. Hier bedarf es einer solchen Camouflage nicht, wie sich nicht nur an den früheren Wahlerfolgen der NPD in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ablesen lässt.

„Pro NRW“ mit noch mehr NPD-Touch

Die von zahlreichen Parteiaustritten gebeutelte rechtspopulistische Kleinpartei „pro NRW“ hat ihren Vorstand wieder komplettiert. Drei ehemalige NPD-Mitglieder füllen einige der personellen Lücken.  Vor allem Nachwahlen zum Vorstand bestimmten das Bild eines Parteitags am Freitag, bei dem die Ex-NPD-Funktionärin Sigrid Schüßler ein „motivierendes Grußwort“ hielt. Das politische Vorleben der Ex-NPDler bleibt in einem offiziellen Bericht über den Parteitag der selbst ernannten „Bürgerbewegung“ konsequent unerwähnt. „Prominentester Neuzugang“ ist der ehemalige NPD-Landesvize Timo Pradel (Dortmund). Zum Geschäftsführer von „pro NRW“ stieg Thorsten Crämer (Schwelm) auf. Neuer „pro NRW“-Schriftführer wurde der ehemalige NPDler Andreas Lange aus Wuppertal.

Meeting der europäischen NSBM-Szene

Anfang April soll in Italien in fünfter Auflage ein Musikspektakel unter der Bezeichnung „Hot Shower“ stattfinden  – der Vorverkauf wird auch über den Berliner Versandhandel von Hendrik Möbus angeboten.

"Querfront"-Debatte: Links und rechts, alles eins?

Plötzlich ist es wieder schick, Linke und Rechte in einen Topf zu werfen. Das Bürgertum belügt sich damit, dass sich angeblich die Extreme berühren. Dabei steckt die politische Mitte in der Krise. War Adolf Hitler ein Linker? Die Frage hat der berühmte Journalist Joachim Fest allen Ernstes einmal gestellt. In einem Zeitungsartikel schrieb Fest im Jahr 2003: "Manche guten Gründe sprechen dafür, dass der Nationalsozialismus politisch eher auf die linke als auf die rechte Seite gehört." Das war das böse Märchen von der Velwechserbarkeit von rinks und lechts (um mit Ernst Jandl zu sprechen). Mit diesem Topos halten sich Konservative und Sozialdemokraten immer dann die Linken vom Leib, wenn die bürgerliche Mitte erodiert. Das ist heute wieder der Fall. Darum müssen sich die Linken jetzt anhören, sie gehörten in den gleichen Topf wie die Dunkeldeutschen von Pegida und der AfD. Links und Rechts, alles eins? Das ist ein schlimmer Vorwurf. Im Angesicht der Geschichte ohnehin. Die Sozialisten gehörten zu den ersten, die in Hitlers Konzentrationslager wanderten. Und dann mutet man ihnen noch zu, mit den Nazis in "sozialistische" Geiselhaft genommen zu werden?

Das braune Problem in Polen wächst

In Polen finden Nationalisten und Rechtsradikale immer stärkeren Zulauf – auch in wirtschaftlich aufblühenden Regionen wie der Europäischen Kulturhauptstadt Breslau. Das Büro von Karol Wilk in der westpolnischen Großstadt Wroclaw (Breslau) ist frisch bezogen, ein Schild am Eingang fehlt, die Regale im Raum sind leer. Der 27-jährige Aktivist der rechtsextremen Partei Nationale Bewegung (RN) macht mit seinem jungenhaften Gesichtszügen und dem unauffälligen Kragenpulli nicht den Eindruck, einer Gruppierung anzugehören, die scharf gegen Flüchtlinge agitiert und die antisemitische ungarische Partei Jobbik zum Vorbild erklärt. „Wir wollen einen radikalen Wandel unseres Vaterlandes, aber radikal ist nicht gleichbedeutend mit Gewalt“, sagt Wilk, Mitglied des politischen Rats der RN, in aller Ruhe. Vielmehr müsse das politische System radikal geändert werden, es sei mit seinen Eliten eine Fortsetzung des Kommunismus, wie er vor 1989 bestanden habe. Auch wolle die RN echte Souveränität und polnisches Nationalinteresse stärken, die Mitgliedschaft in der Europäischen Union sei nicht zwingend. „Denn bislang regiert nicht Brüssel die EU, sondern Berlin." (...) Rechtsgerichtete Gruppierungen erhalten immer größeren Zulauf, Demos gegen Flüchtlinge und Muslime – die es in Polen kaum gibt – finden inzwischen regelmäßig und in vielen Städten des Landes statt. Meist unter dem schlichten Motto „Nein zu Migranten“, doch in der Sprache der Straße weitaus aggressiver. „Fickt den Islam“, „wir machen mit euch, was Hitler mit den Juden tat“, solche Sprüche werden dort nicht nur von Hooligans skandiert.

„Bullshit-Quiz“: Zwei Leipziger landen einen Spiele-Coup

Was Populisten wie Alexander Gauland, Akif Pirinçci oder Thilo Sarrazin von sich geben, kann Kopfschütteln verursachen – oder die Vorlage für ein satirisches Spiel geben: Zwei Leipziger versammeln im „Bullshit-Quiz“ fragwürdige Zitate. Gewonnen hat der Spieler, der politisch so unkorrekt wie möglich palavert. Xavier Naidoo hat jetzt wieder Zeit. Nachdem sich der verlorene Sohn Mannheims zusammen mit dem NDR wegen der nulldemokratischen Nominierung zum ESC blamiert hat, könnte er die gewonnene Muße der Festtage mit einem Spielchen nutzen, das ihm seine kruden politischen Äußerungen vor Augen führt. „Bullshit Quiz“ heißt der außergewöhnliche Coup der beiden Leipziger Michel Goldmann und Max Hase – ein spielerisch-unterhaltsamer und satirischer Umgang mit Rechtspopulismus und deren Vertretern, die leichtfertig bis gezielt bedenkliche bis schamlos hetzerische Kommentare ablassen. Tatorte sind der Bundestag, die Dresdner Innenstadt oder das Fernsehstudio. Überall lauern die Provozierer und Leichtgewichts-Sinnierer namens Frauke Petry, Lutz Bachmann, Bernd Lucke, Thilo Sarrazin oder eben Naidoo. 30 Exemplare haben Goldmann (31) und Hase (30) vereint, um die anti-intellektuellen Gedankengänge bloßzulegen und sie der Lächerlichkeit preiszugeben. „Das ist vielleicht das beste Mittel, um mit den aktuellen politischen Fehlentwicklungen umzugehen“, schätzt Hase.

2015 im NSU-Prozess: Die Scham eines Reporters

Michael Watzke ist es peinlich, dass er als Reporter beim NSU-Prozess im Jahr 2015 so oft über Beate Zschäpes Verhalten berichten musste. Viel lieber würde er zum Beispiel von der Tochter des ermordeten Blumenhändlers Mehmet Kubasik erzählen. Für ihr Leid fühlt auch er sich mit verantwortlich. Immer, wenn ich in diesem Jahr 2015 als Journalist im NSU-Prozess saß, habe ich mich geschämt. Geschämt für Beate Zschäpe. Nicht nur fremdgeschämt. Es war mir peinlich, dass ich als Berichterstatter so oft über Beate Zschäpes Verhalten und ihre Launen berichte. Berichten muss. Wo ich eigentlich viel lieber von Gamze Kubasik erzählen würde. Der tapferen Tochter von Mehmet Kubasik, des ermordeten Blumenhändlers aus Dortmund. Während Beate Zschäpe eine nichtssagende Aussage verlesen lässt, sitzt Gamze Kubasik auf einem der Nebenklage-Stühle und ist enttäuscht. Weil sie statt einer Antwort nur eine taktische Entschuldigung bekommen hat. 

Viele Flüchtlinge verlassen Sachsen

Sächsische Kommunen verzeichnen eine starke Abwanderung von Flüchtlingen. Mögliche Ursachen: strukturschwache Regionen, aber auch Angst vor Fremdenfeindlichkeit. Fremdenfeindlichkeit, Pegida-Aufmärsche, strukturschwache Regionen: Viele Flüchtlinge verlassen Sachsen und ziehen in westdeutsche Ballungsgebiete. Das berichtet die Freie Presse. Demnach registrierten sächsische Kommunen und Jobcenter eine starke Abwanderung von Menschen, denen der Flüchtlingsstatus schon zuerkannt wurde und die mit einer Aufenthaltserlaubnis ihren Wohnort frei wählen können. Flächendeckende Zahlen für Sachsen fehlten bislang, einzelne Regionen verzeichneten aber deutliche Abgänge. Auch die Landesregierung habe den Trend bestätigt.

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