09.10.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Berlin-Hellersdorf: Neonazis versuchen Büro von Flüchtlingsunterstützern zu stürmen +++ Nazi-Attacke auf zwei Bonner Altstadt-Kneipen +++ NRW zieht European Homecare aus Flüchtlingsheim ab.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Berlin-Hellersdorf: Neonazis versuchen Büro von Flüchtlingsunterstützern zu stürmen

Am Dienstagabend drangen im Berliner Ortsteil Hellersdorf 15 Rechtsextreme in den Vorraum der Begegnungsstätte „LaLoka“ ein, in dem die Initiative „Hellersdorf hilft“ regelmäßig ihr offenes Plenum abhält. Mit martialischem Auftreten und rassistischen Parolen versuchten die Neonazis die Anwesenden einzuschüchtern. Erst die Polizei konnte dem Spuk ein Ende machen (Störungsmelder).

Nazi-Attacke auf zwei Bonner Altstadt-Kneipen

Es war ein normaler Freitagabend in der Altstadtkneipe „Limes“ – bis gegen 21 Uhr plötzlich acht Männer auftauchten. Sechs blockierten die Tür, zwei stürmten in den Laden, griffen wahllos arglose Gäste an, grölten rechte Parolen. Dann flogen die Barhocker. Wirt Martin Marzoll (33) berichtet: „Das war reine Schikane. Der Rest stand vor der Tür, damit niemand raus kann.“ Etwa acht Personen hielten sich im Pub auf. „Sie schlugen sogar auf ein Mädchen ein. Ein anderes wurde aus der Kneipe gezogen und auf die Straße geworfen.“ Gläser zerbrachen, ein Stuhl wurde zerschmettert, ein Gast verletzt. Dann zog der Trupp ab. Gegen 21.30 Uhr der zweite Vorfall am „Tag der Deutschen Einheit“: Rechte näherten sich dem „BLA“, so eine Zeugin: „Sie stießen Anfeindungen aus, zeigten den Hitlergruß. Ein Mädchen ist angegangen worden.“ Die Polizei sei rasch zur Stelle gewesen. Laut Zeugenaussagen sollen Bonner Fußballfans unter den Angreifern gewesen sein (express.de).

NRW zieht European Homecare aus Flüchtlingsheim ab

Nordrhein-Westfalen entzieht European Homecare den Betrieb des Flüchtlingsheims in Burbach. Zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft nach den gewalttätigen Übergriffen in dem Asylbewerberheim ihre Ermittlungen ausweitet. Im Fokus stehen nun auch der Leiter der Unterkunft sowie der Geschäftsführer der Betreiberorganisation. Sie sollen von dem Zimmer gewusst haben, in dem die Misshandlungen stattfanden (Sueddeutsche.deDerWesten). Wie es sich in Flüchtlingsheimen lebt, interessiert derweil mehrere lokale Medien: Hier Berichte aus Mindelheim und Germering in Bayern, Kalkar in Rheinland-Pfalz

Thüringen: Rot-Rot-Grün will V-Leute abschalten

Sollte es in Thüringen zu einem Bündnis aus Linken, SPD und Grünen kommen, gibt es den nächsten Tabubruch: Die Koalitionäre wollen das V-Leute-System abschaffen. Sollte es wirklich dazu kommen, wäre dies ein einzigartiger Schritt in der deutschen Sicherheitspolitik. De facto setzen bislang alle Verfassungsschutzbehörden in Deutschland auf V-Leute, um an Informationen unter anderem aus der rechten oder linken Szene sowie dem islamistischen Milieu oder der organisierten Kriminalität zu kommen (ZEIT online).

Die AfD und der rechte Rand: Zeichen der Ohnmacht

Die AfD hat lange abgestritten, im Duisburger Stadtrat mit rechtsextremen Parteien gestimmt zu haben. Ein nun veröffentlichtes Protokoll beweist das Gegenteil. Das bringt auch einen Europaabgeordneten in Bedrängnis (F.A.Z.).

Internationale braune Verbindungen: Treffen in Dänemark

Die dänische Neonazi-Partei „Danskernes Parti“ (DP, Partei der Dänen), Motto: „Familie, Volk, Vaterland“ hat am Wochenende ihren Jahreskongress veranstaltet. Zugegen war auch NPD-Vorstandsmitglied Jens Pühse (Blick nach rechts).

Die Rechte: Aufbauarbeit bei der Bundesvorstandssitzung in Algermissen

Christian Worch bittet um "pünktliches Eintreffen". Zur Bundesvorstandssitzung der Partei "Die Rechte" lädt deren Bundesvorsitzender ins niedersächsische Algermissen (Kreis Hildesheim) ein: Am 19. Oktober will Deutschlands jüngste rechtsextreme Partei etliche personelle Entscheidungen treffen. Aber auch Fragen der politischen Ausrichtung stehen auf der Tagesordnung, die der taz vorliegt.

Wehrsportgruppen-Hoffmann sprach NSU-Anwälte an

Der frühere Chef der „Wehrsportgruppe Hoffmann“, Karl-Heinz Hoffmann, hat am Mittwoch vor dem Gebäude des Oberlandesgerichts (OLG) München zwei Anwälte aus dem NSU-Verfahren angesprochen. Mit dem Nebenklage-Vertreter Adnan Menderes Erdal tauschte er Visitenkarten aus. Die Verteidigerin des wegen Beihilfe mitangeklagten Ralf Wohlleben, Nicole Schneiders, wies seine Bitte nach einem Kontakt zurück. Hoffmann gilt in der rechtsextremen Szene als Gallionsfigur. In einem Buch über den „Nationalsozialistischen Untergrund“ behauptet er, die zehn Morde des Trios seien das Werk einer Geheimdienstverschwörung (Focus).

NSU-Prozess: Die Schweizer Waffen-Connection

Wie kam die Mordwaffe in die Hände der NSU-Terroristen? Auch am 147. Verhandlungstag hat das Oberlandesgericht München die Rätsel um eines der wichtigsten Beweismittel im NSU-Prozess nicht lösen können – die Mordwaffe vom Typ „Ceska“. Mit ihr soll der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) seine fremdenfeindlichen Morde begangen haben. Bei der Verhandlung wurde gestern eher noch unklarer, durch welche Hände die Waffe ging, bis sie an Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt übergeben wurde (Sächsische ZeitungThüringer Allgemeine).

Rassismus: Kölner Polizist bedauert Leserbrief-Aussagen

Der Polizist aus Ehrenfeld, der in einem Leserbrief fremdenfeindliche Äußerungen von sich gegeben hat, bedauert seine Aussagen. Er habe „die vielen positiven Dinge“ unerwähnt gelassen. Als Konsequenz droht ihm jetzt eine „Missbilligung“. Der Ehrenfelder Polizist, der in einem Leserbrief drastische, teils fremdenfeindliche Äußerungen gemacht hat, muss mit einem Eintrag in seine Personalakte rechnen. Womöglich trifft ihn eine „Missbilligung“, die unterste Stufe im Disziplinarrecht. Zurzeit werde geprüft, ob der Bezirksbeamte mit dem Schreiben gegen die „Wohlverhaltenspflicht“ nach Beamtenrecht verstoßen habe, teilte eine Behördensprecherin mit (ksta.de). Der Polizist hatte in einem Leserbrief per E-Mail an den Kölner Stadtanzeiger unter anderem von immer mehr Bettlern und Diebstählen in Köln geschrieben, von „Spielplätzen voller Kot und Urin, finsteren Gestalten in Ecken und Winkeln, Stadtteilen, die verelenden und zumüllen“, kurz: von einem „balkanisierten Straßenbild“. Mit „Willkommenskultur“ ist dieser Leserbrief betitelt, der per E-Mail beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ eingegangen ist. Er beinhaltet drastische, teils fremdenfeindliche Äußerungen und endet mit den Zeilen: „Also lehne ich ab, was zu mehr Balkan auf unseren Straßen und zu einem Fortschreiten einer Islam genannten Ideologie führt.“  Seine dienstliche Visitenkarte hatte der Polizist in die E-Mail kopiert (ksta.de).

Frankfurt: Sozialvorsteherin Teske bedauert rassistsische Äußerungen

Angesichts der Kritik wegen ihrer rassistischen Äußerungen in der vergangenen Ortsbeiratssitzung an die Adresse eines dunkelhäutigen Sitzungsbesuchers, er soll „in den Urwald ziehen“, meldet sich nun doch die Sozialbezirksvorsteherin, Heide-Marie Teske (CDU), selbst zu Wort. „Diese Formulierung war unbedacht und hat verständlicher Weise zu Kritik geführt. Ich bedaure zutiefst, dass die Äußerung rassistisch und vorurteilsbeladen wirkte. Dies war nicht meine Absicht“, schreibt Teske in einer persönlichen Erklärung. Sie habe zum Ausdruck bringen wollen, dass es „absolute Ruhe, wie sie nach meiner Einschätzung teilweise in der turbulenten Sitzung gefordert wurde, in einer Großstadt wie Frankfurt einfach nicht herstellbar ist“ (Frankfurter Neue Presse).

Sieben Nominierte für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie

Im laufenden Jahr wird zum achten Mal der Sächsische Förderpreis für Demokratie verliehen. Aus den eingegangenen 60 Bewerbungen hat eine prominent besetzte Jury sechs Initiativen nominiert und erstmals eine Kommune ausgewählt, die sich aus ihrer Sicht in herausragender Weise für Menschenrechte und gegen Rechtsextremismus engagiert und die demokratische Kultur in Sachsen täglich bereichert und fördert. Dies teilte die Amadeu Antonio Stiftung am Dienstag mit. Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung am 7. November im Plenarsaal des Neuen Rathauses Leipzig soll die bisher nicht genannte Kommune ausgezeichnet und das Projekt bekanntgegeben werden, das den mit 5.000 Euro dotierten Hauptpreis erhält. Anerkennungspreise in Höhe von je 1.000 Euro gehen an die weiteren Nominierten – darunter etwa die Jugendgruppe der Initiative für eine Alevitische Gemeinde in Dresden und den Verein »Bautzen ist bunt« (JW).

Xavier Naidoo: „Interessant möblierte Innenwelt“

Während sich im Internet die Diskussion um Xavier Naidoo und seine Auftritte auf rechtslastigen Demonstrationen in Berlin hitzig im Kreise dreht, äußern sich erste Wegbegleiter des Mannheimer Sängers, darunter auch mehrere Mitmusiker. Letztere zeigten sich in Gesprächen besorgt über die Situation, wollten ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen. In einem Video-Interview spricht der Sänger von einem „Marsch nach Berlin“ (morgenweb.de).

Vermeiden Sie das Wort "abnormal"!

"Schwuchtel", "Kampflesbe", "widernatürlich" – Homophobie ist verletzend! Aber wie verhalte ich mich, wenn ich ihr begegne? Ein Flyer der Bundeszentrale für politische Bildung klärt Heteros auf. Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und das Bundesprogramm "Zusammenhalt durch Teilhabe" haben einen Flyer "Homophobie begegnen" veröffentlicht. Die Publikation ist als Hilfestellung für den Alltag, im Privat- oder Berufsleben, Unternehmen oder Verein gedacht. In derselben Reihe sind auch die Faltblätter "Antisemitismus begegnen" und "Rassismus begegnen" erschienen (Queer.de).

drucken