08.04.2015 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Wismar: Erneute Attacke gegen Flüchtlingsheim +++ Tröglitz ist überall - oder doch nicht? +++ Unterirdisch: AfD Sachsen-Anhalt gibt der Asylpolitik Mitschuld an brennendem Heim.

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Wismar: Erneute Attacke gegen Flüchtlingsheim

Nach dem mutmaßlichen ausländerfeindlichen Angriff auf zwei Ägypter hat es in der Kreisstadt Wismar einen weiteren Vorfall gegeben. So warfen betrunkene Wismarer volle Bierflaschen gegen das Asylbewerberheim Haffburg und sollen an dem Tor gerüttelt haben. Die Polizei konnte drei Männer und eine Frau wenig später in einem Wagen stoppen. Dabei fanden die Beamten bei einem der Männer einen Schlagstock (svz). Bei einer Informationsveranstaltung zur geplanten neuen Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes für Asylbewerber in Stern-Buchholz bei Schwerin hat Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) gestern vor Fremdenhass gewarnt. "Gemeinschaftlichkeit und gute Nachbarschaft mit den Flüchtlingen sind der beste Schutz, weil Rechtsextreme dann mit Hetze und Provokationen keine Chance zum Andocken haben“, sagte der Regierungschef. Unterdessen hat die selbsternannte „Bürgerwehr Güstrow“, die angeblich gegen kriminelle Asylbewerber vorgehen will, im Internet für die kommenden Tage weitere nächtliche Patrouillen durch die Barlachstadt angekündigt (svz).

Tröglitz ist überall - oder​ doch nicht?

Trotz des Brandanschlags auf ein geplantes Flüchtlingsheim in Tröglitz sollen Asylbewerber_innen in den Ort ziehen. Das Landratsamt will sie in Privatwohnungen unterbringen. Der Zeitplan wird aber nicht eingehalten (taz). Die Süddeutsche Zeitung fragt sich: Aber sind die da sicher? (Die Antwort: Nein, aber). Der Brandanschlag auf die geplante Flüchtlingsunterkunft im sachsen-anhaltischen Tröglitz ist kein Einzelfall – Angriffe auf solche Einrichtungen haben in erschreckendem Maß zugenommen. Was steckt dahinter, fragt sich der Tagesspiegel, und auch die taz, die Rassismus besonders in Sachsen-Anhalt verbreitet sieht. Die WAZ aus NRW weiß aus Erfahrung: Nazis gibt es auch im Westen. Die Volksstimme interviewt Politikpsychologen Thomas Klische. Interessante Frage: "Warum funktioniert das Zusammenleben mit Flüchtlingen und Asylbewerbern an manchen Orten fast geräuschlos und an anderen nicht?" Interssante Antwort: "Konflikte sind die Ausnahme. Es ist ein wenig Zufall, wo Rechtsextreme sitzen und Angst und Wut anheizen. Aber wo wenig Menschen leben und wo die Gesellschaft schon zerfällt, hat Rechtsextremismus mehr Freiraum. Anderswo greift die Zivilgesellschaft ein - Kirchen, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Verbände, Handwerkskammern, Freiwillige mit Weitblick und Menschlichkeit." Die Polizei befragt währenddessen die Anwohner_innen (mdr) und verstärkt die Streifen vor Flüchtlingsheimen (TA).

Unterirdisch: AfD Sachsen-Anhalt gibt der Asylpolitik Mitschuld an brennendem Heim

40 Flüchtlinge in Tröglitz würden den Ausländeranteil der Stadt um 1,8 Prozent erhöhen - für die regionale AfD-Spitze offenbar zu viel. Angesichts solcher "Massenzuwanderung" wundert es sie nicht, dass Bürger zündeln. Am Sonntag postete André Poggenburg, Landeschef der Partei und Kreisvorsitzender im Tröglitzer Burgenlandkreis, einen Text auf der Facebook-Seite der AfD Sachsen-Anhalt. Zwar sei der Anschlag "klar abzulehnen", schreibt Poggenburg dort, die AfD distanziere sich "offen und entschieden von solchem Vorgehen". Doch das Aber folgt direkt: "ABER die Frage nach Ursache und Wirkung, nach Schuld und Mitschuld, muss ebenso offen und entschieden gestellt werden!" Selbstredend kann Poggenburg sie beantworten: Durch die "Nichteinhaltung des bestehenden Asylgesetzes" und "unterlassene Abschiebungen" sowie durch die "fortlaufende Missachtung des Willens eines Großteils der Bevölkerung, gerade in solch brisantem Bereich wie der Massenzuwanderung", komme es zu "lokal unerträglichen Zustände". Zur Erinnerung: In Tröglitz wohnt noch kein einziger Asylbewerber. Diese "unerträglichen Zustände" wiederum "münden in ebenso unerträglichen Gegenreaktionen", so der AfDler. "Hier haben sich nicht nur einige Straftäter direkt sondern auch die etablierte Politik mindestens indirekt schuldig gemacht!" Kurz: Wer Asylbewerber nicht abschiebt, trägt Mitschuld, dass deren Heime angezündet werden (taz).

Zentralrat der Juden: Rassismus bundesweit bekämpfen

"Rechtsextremismus muss bundesweit bekämpft werden", fordert der Zentralrat der Juden nach dem Brandanschlag in Tröglitz. Die Integrationsbeauftratgte Aydan Özoguz betont: Selbstverständlich könne Deutschland das Flüchtlingsproblem schultern (Tagesspiegel).

Mehr Angriffe auf Flüchtlingsheime in Niedersachsen

Seit Jahresbeginn registrierte das Innenministerium in Hannover fünf Fälle. "Die Delikte erstrecken sich von der Sachbeschädigung über die Körperverletzung bis hin zur schweren Brandstiftung", sagte eine Ministeriumssprecherin am Dienstag. 2014 wurden landesweit nur drei vergleichbare Straftaten verzeichnet (taz).

Politisches Asyl für Tatjana Festerling

Die ehemalige Hamburger AfD-Aktivistin kandidiert als Pegida-Kandidatin zur Oberbürgermeisterwahl in Dresden. Sie sieht sich selbst nicht als Rechte. Aber ihr gehen "unverschämte Minderheiten aus islamischen Ländern" auf den Geist (taz). 

Rassismus in Ostdeutschland und Bayern am höchsten

Leipziger Forscher untersuchen seit 2002 politische Einstellungen in Deutschland. Die Datenmengen des gesamten Zeitraums haben sie jetzt zum ersten Mal auch regional ausgewertet. Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland sind laut einer Leipziger Untersuchung in den Ost-Bundesländern und in Bayern am stärksten vertreten. Am meisten Zustimmung zu ausländerfeindlichen Aussagen gibt es in Sachsen-Anhalt (42 Prozent). Es folgen Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Brandenburg, wo jeweils etwa 30 Prozent der Menschen derartige Thesen unterstützten. Aber auch in Sachsen und Schleswig-Holstein ist es jeder vierte Befragte und in Niedersachsen, Hessen und Berlin mehr als jeder Fünfte. Der Mittelwert der Zustimmungsrate liegt bei 24,3 Prozent (Berliner ZeitungLVZ).

Legida sagt nächste Demo in Leipzig ab und stellt künftige Ring-Aufmärsche in Frage

Auch in der kommenden Woche wird es in Leipzig keine Legida-Demo geben. Wie das Bündnis am Dienstag auf seiner Homepage mitteilte, soll der zehnte „Abendspaziergang“ erst am 20. April stattfinden (LVZ).

Pegida marschiert am Donnerstag wieder in Nürnberg

Am Donnerstag demonstrieren Pegida-Anhänger wieder in Nürnberg im Bereich des Prinzregentenufer. Auch eine Gegenveranstaltung ist angemeldet. Wie die Polizei mitteilt, wird es zwischen 16 und 22 Uhr zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen kommen (nordbayern.de)

Neonazis hetzen mit Video gegen Bahn-Security

Seit einigen Tagen kursiert bei Facebook ein Video, das zeigt, wie Sicherheitspersonal der Deutschen Bahn am Hauptbahnhof in Dortmund angeblich auf Passanten einschlägt. Doch die Polizei klärt auf: Rechtsextreme hatten die Sicherheitsleute mit Pfefferspay attackiert (rpWDR).

Und wieder die Frage: Was tun gegen Rechtsextremismus?

Der Anschlag auf das Asylbewerberheim in Tröglitz wirft eine Frage auf: Macht Deutschland genug im Kampf gegen Rechtextremismus? Die Bundesregierung nimmt viel Geld in die Hand, doch damit sind die Probleme nicht gelöst (n-tv).

"Allein steht man das nicht durch"

Der Brandenburger Aktivist Jörg Wanke hält nach dem Brandanschlag in Tröglitz nichts von Symbolpolitik und Sonntagsreden. Er fordert eine Willkommenskultur für Flüchtlinge von unten und Aktionsbündnisse gegen Rechtsextremismus (Deutschlandradio Kultur).

Eine Liebesnovela gegen rechts

Heute nutzen Rechtsextremisten vor allem die sozialen Netzwerke, um mit ihrer Propaganda Teenager zu erreichen. Wie die Bundeszentrale für politische Bildung mit einer Liebesgeschichte in zwölf Teilen dagegenhalten will - der verantwortliche Redakteur Cornelius Strobel im DLF.

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