07.01.2016 ... Presseschau

Aktueller Ermittlungsstand zu Silvester in Köln +++ Rassismus, Feminismus und die Nazi-Keule: Start beim  Kopp-Verlag? +++ Haftbefehl für Angreifer auf Flüchtlingsheim in Köln ausgesetzt, weil sie "teilgeständig" sind +++ NRW-Pegida marschiert in Köln auf.

Aktueller Ermittlungsstand zu Silvester in Köln:

  • Die Zahl der Verdächtigen nach den Übergriffen in Köln hat sich auf 16 erhöht. Die meisten Verdächtigen seien zwar noch nicht namentlich bekannt, aber auf Bild- oder Videoaufnahmen klar erkennbar. 
  • Inzwischen liegen 121 Anzeigen vor, drei Viertel auch wegen sexualisierter Gewalt; 2 Anzeigen wegen Vergewaltigung.
  • Die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigt: Dort wurde noch in der Silvesternacht ein 20-jähriger Verdächtiger festgenommen. 
  • In Hamburg melden sich immer mehr Opfer sexueller Übergriffe in der Silvesternacht: Dort gibt es nun 50 Anzeigen, davon 39 wegen sexualisierter Gewalt.
  • Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärte, die Abschiebung straffälliger Asylbewerber erleichtern zu wollen. "Wer schwere Straftaten begeht, in welchem Status auch immer er sich befindet, der muss damit rechnen, aus Deutschland abgeschoben zu werden", sagte der CDU-Politiker. Die Genfer Flüchtlingskonvention mache dazu allerdings strenge Vorgaben. In Deutschland gelte bisher die Regel, dass sich erst eine Haftstrafe von drei Jahren auf ein Asylverfahren auswirke. Für jemanden, der sein Asylverfahren bereits durchlaufen habe und eine Straftat begehe, gebe es ohnehin keinen Abschiebeschutz, sondern es gebe hier die üblichen Ausweisungsregelungen für Ausländer. De Maizière betonte: „Wer (...) schwere Straftaten begeht, in welchem Status er sich auch immer befindet, der muss damit rechnen, aus Deutschland abgeschoben zu werden.”
  • Einem internen Bericht eines Polizeibeamten zufolge sollen während der Ausschreitungen Frauen Schutz bei der Polizei gesucht. "Im Einsatzverlauf erschienen zahlreiche weinende und schockierte Frauen/Mädchen bei den eingesetzten Beamten und schilderte sex. Übergriffe durch mehrere männliche Migranten/ -gruppen", schreibt der Leiter einer an dem Einsatz beteiligten Hundertschaft in einem von der "Bild" veröffentlichten internen Erfahrungsbericht. "Frauen mit Begleitung oder ohne durchliefen einen im wahrsten Sinne 'Spießrutenlauf' durch die stark alkoholisierten Männermassen", heißt es in den Bericht weiter. Da die Polizisten "nicht jedem Opfer einer Straftat helfen und den Täter dingfest machen konnte, kamen die eingesetzten Beamten an die Grenze zur Frustration". Der Polizist beklagt in dem Bericht eine viel zu geringe Zahl eingesetzter Beamter (Tagesspiegel)
  • http://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-hinweise-auf-verdaechtige-in-koeln-festnahme-in-stuttgart-noch-an-silvester-1.2806747
  • http://www.saarbruecker-zeitung.de/nachrichten/themen/weltnews/Kriminalitaet-Deutschland-Asylbewerber-Asylverfahren-Bundesinnenminister-Verbrecher-und-Kriminelle;art8511,6026777
  • http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-den-uebergriffen-in-koeln-interner-polizeibericht-soll-von-spiessrutenlauf-sprechen/12800416.html

Leseempfehlungen zum Umgang mit der Silvesternacht in Köln:

Rassismus, Feminismus und die Nazi-Keule: Start beim  Kopp-Verlag?

Interessantes zur Verbreitung der Übergriffe in Köln weiß die Südwestpresse zu berichten: "Zuerst berichten Kölner Lokalzeitungen, dann soziale Medien. Am Anfang standen - ungewöhnlich genug bei Gewalttaten dieser Größenordnung - nicht eine Polizeimeldung, sondern Augenzeugenberichte in Lokalmedien. Auf Facebook wird ein Bericht des rechtspopulistischen Kopp-Verlags (!) am Sonntag einige hundert Male geteilt. Am Montag, nachdem die Kölner Polizei am Nachmittag eine Pressekonferenz zu den Vorfällen gegeben hat, schwillt das Echo an."

Haftbefehl für Angreifer auf Flüchtlingsheim in Köln ausgesetzt, weil sie "teilgeständig" sind

Die beiden Männer (21, 25), die vorigen Samstagabend Leuchtfackeln auf ein Flüchtlingsheim in Mülheim geworfen haben sollen, sympathisieren offenbar nicht nur mit Pegida NRW, sondern auch mit der Hooligan-Szene. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sollen sie in ihren Vernehmungen ausgesagt haben, an der zweiten „Hogesa“-Demo („Hooligans gegen Salafisten“) hinter dem Kölner Hauptbahnhof vor zweieinhalb Monaten teilgenommen zu haben. Gegen einen der beiden wurde zudem ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil er bei einer Kundgebung des Pegida-Ablegers „Kögida“ am 28. Januar eine gefährliche Körperverletzung begangen haben soll. Das berichtete Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn. Auf den Bengalos, die sie gegen ein Fenster der Flüchtlingsunterkunft an der Schönrather Straße geschleudert haben sollen, waren Aufkleber von Pegida NRW. In ihren Vernehmungen sollen die Männer auch keinen Hehl aus ihrer Sympathie für die Pegida-Bewegung gemacht haben. Bei dem Anschlag wurde niemand verletzt. Die Haftbefehle gegen die Verdächtigen wurden außer Vollzug gesetzt, weil beide einen festen Wohnsitz haben und teilgeständig sind.

NRW-Pegida marschiert in Köln auf

Nach der Nacht der Gewalt in Köln will der nordrhein-westfälische Ableger von Pegida in der Domstadt demonstrieren. Ungeachtet aller Abgrenzungen wollen die verschiedensten Parteien der extremen Rechten mit von der Partie sein. Michael Diendorf, einer der Pegida-Organisatoren im Westen der Republik, rührt seit Dienstag die Werbetrommel für die Veranstaltung. Geht es nach Diendorf, soll sie am Samstagmittag vor dem Kölner Hauptbahnhof beginnen, am Schauplatz des Geschehens in der Silvesternacht. Mit von der Partie sein wollen bei der Pegida-Aktion unter anderem NPD, „Die Rechte“, „pro NRW“ und „pro Deutschland“/„pro Köln“. Die Veranstaltung sei „ein richtiges Zeichen zur richtigen Zeit“, meint die Bundes-NPD, die dazu aufrief, „ein gemeinsames Zeichen aller Patrioten und Überfremdungsgegner“ zu setzen. Für „unterstützenswert“ erklärte auch der Dortmunder Kreisverband der neonazistischen Konkurrenzpartei „Die Rechte“ die Kölner Demonstration.

"Armlängen"-Tipp sorgt für Spott und Wut

Kölns Bürgermeisterin Reker erweckte den Eindruck, gegen Übergriffe müssten sich Frauen selbst schützen. Das sei falsch, erklärt sie. Aber die Debatte ist nicht aufzuhalten – ebensowenig der Spott.

"Identitäre Bewegung" im Visier des hessischen Verfassungsschutzes

Sie haben sich den merkwürdigen Namen „Identitäre Bewegung“ gegeben, sprechen von sich als „Generation der ethnischen Spaltung“, die sich gegen eine „Explosion des gegen Weiße gerichteten Rassismus“ wendet. So liest sich das im „Manifest“, das die „Bewegung“ ausdrücklich als „Kriegserklärung“ bezeichnet. All das sind zunächst einmal Worte junger Franzosen. Denn die Bewegung, die der „Neuen Rechten“ zugeordnet wird, kommt ursprünglich aus Frankreich, treibt mittlerweile aber auch in Deutschland erste Blüten. Nur ganz vereinzelt zwar. Gleichwohl nimmt der hessische Verfassungsschutz die „Identitären“ ins Visier: Die „Bewegung“ steht jetzt auf der Liste jener Gruppierungen, die von ihm beobachtet werden. Es gebe „Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung“, wie es in einer Antwort von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) auf die Anfrage der SPD-Fraktion heißt. Konkret moniert er die „kriegerische und martialische Außendarstellung“.

Die Szenetreffs der Neonazis in Brandenburg

Die rechte Szene hat in Brandenburg mindestens vier Szenetreffs, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Dort werden unter anderem Konzerte veranstaltet, aber auch ein Kickboxverein steht auf der Liste der Verfassungsschützer. Ein anderes Objekt, was für Aufregung sorgte, steht allerdings nicht auf der Liste. In Brandenburg sind dem Verfassungsschutz derzeit vier Immobilien bekannt, die Rechtsextremisten für Tagungen, Kameradschafts- und Szenetreffen sowie Konzerte nutzen: ein privates Wohnhaus in der Schorfheide (Barnim), ein privates Gehöft in Mühlenfließ (Potsdam-Mittelmark), die Räume eines rechtsextremen Kickboxvereins in Lübben (Dahme-Spreewald), ein Vierseitenhof in Brandenburg an der Havel. Darüber hinaus sind dem Land Brandenburg zwei Wohnungen, ein Ladengeschäft und ein Geschäftshaus bekannt, die einen Bezug zur rechtsextremistischen Musik- und Vertriebsszene haben. Von dort aus würden unter anderem Kleidung und Musik verkauft. Der Innenminister geht zudem auf den Hinweis der Linken ein, dass der Kauf einer Immobilie in Nauen durch die Skytec Outlets GmbH, welche mit der Modemarke „Thor Steinar“ in Verbindung steht, vor einigen Wochen für große Aufregung gesorgt hatte. Die Immobilie sei nicht in den Aufzählungen enthalten, weil man Skytec keine „extremistische Bestrebung im Sinne des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetz“ nachweisen könne – auch wenn die Bekleidung „Thor Steinar“ in der rechten Szene beliebt ist und sie durch ihr Design insbesondere Kunden im rechten Spektrum anspricht.

Nazi-Villa verhindert Verkauf von FDJ-Hochschule

Es ist eine unendliche Geschichte. Seit 15 Jahren will Berlin eine riesige Immobilie am Bogensee verkaufen. Hier bildete die DDR einst ihren Kadernachwuchs aus. Doch davor nutzte Joseph Goebbels das idyllische Areal. Das mache einen Verkauf unmöglich, sagt das Land. Die Befürchtung: Neonazis könnten das Gelände erwerben und eine Wallfahrtsstätte daraus machen.

Angeklagter bestreitet Beteiligung an Überfall auf Kirmesgesellschaft in Ballstädt

Der Angeklagte B. stritt in einer Einlassung seine Beteiligung an der Schlägerei ab. Er ließ vor dem Landgericht Erfurt eine entsprechende Erklärung seiner Anwältin verlesen. Er sei zwar mit Bekannten von einer Geburtstagsparty in Suhl nach Ballstädt gefahren, dann jedoch im Auto geblieben. Auf der Rückfahrt seien ihm Polizei und Rettungsdienst entgegengekommen. Auch aufgrund des Verhaltens seiner Bekannten habe er geschlussfolgert, dass „etwas aus dem Ruder gelaufen“ sei und wohl „ein Nachspiel“ drohe. B., für den als einzigen Angeklagten Jugendrecht angewandt werden könnte, ließ Rückfragen nicht zu. Mit ihm sind 14 Männer und eine Frau, die der Neonazi-Szene angehören sollen, wegen gefährlicher Körperverletzung und Hausfriedensbruch angeklagt. Sie sollen im Februar 2014 eine Feier des Kirmesvereins gestürmt und dabei zehn Menschen verletzt haben. Diese leiden teilweise noch immer mit Traumata unter der damaligen Brutalität.

NSU-Prozess: Protokoll des dritten Jahres

Jahr drei im größten Strafprozess Deutschlands seit der Wiedervereinigung ist vorbei: Das SZ-Magazin hat die NSU-Verhandlung verfolgt und mitgeschrieben. Wieder ist daraus ein Film entstanden. Sehen Sie hier den Trailer:

Und was bringt Jahr vier?

Nazi-Jargon in nicht öffentlicher Facebookgruppe: Hetze gegen Ausländer in Bocholt

In Bocholt sorgt ausländerfeindliche Hetze auf Facebook für Empörung: In einer nicht öffentlichen Facebook-Gruppe wird in Kommentaren auch gegen Flüchtlinge gehetzt. Unter dem Namen "Bocholter Bürgerschutz" soll offenbar Angst verbreitet werden.

  1. http://www1.wdr.de/studio/muenster/themadestages/Hetzkampagne-Bocholt100.html

Shitstorm auf Facebook: Badisch Brauhaus sagt AfD-Veranstaltung ab

 Für den 13. Januar plante der Kreisverband Karlsruhe-Stadt der Alternative für Deutschland (AfD) eine Veranstaltung im Badisch Brauhaus. Auf Facebook und Twitter kam der geplante Termin nicht gut an: Es hagelte Kritik und Boykott-Bekundungen. Das Badisch Brauhaus hat nun auf die Postings und Rezensionen reagiert und die AfD-Veranstaltung abgesagt. Schockiert ist man allerdings von der Vorgehensweise mancher Kritiker. Die hatten das Restaurant online negativ bewertet.

Einreiseverbot wegen Hassrede? Britisches Parlament diskutiert über Trump

Nach den Anschlägen von Paris fordert Donald Trump ein Einreiseverbot für Muslime in die USA. Die Briten kontern mit einer Petition, die wiederum Trump die Einreise verbieten soll. Das britische Parlament will sich demnächst damit beschäftigen. Mehr als eine halbe Million Briten wollen dem US-Republikaner Donald Trump die Einreise in ihr Land verweigern. Das britische Parlament muss sich mit dem Anliegen nun beschäftigen und hat die Debatte für den 18. Januar angesetzt. Bis zu diesem Mittwoch hatten 570.000 Menschen die Petition im Internet unterzeichnet. 

Die schrecklich rechte Familie Bundy

Tagelang hält eine Bürgerwehr in Oregon die Verwaltung eines Naturschutzgebiets besetzt. Zentrale Figuren: Cliven Bundy und seine Söhne. Rund 150 bewaffnete Mitglieder einer Bürgerwehr verschanzten sich am Wochenende in Gebäuden des Parks Malheur National Wildlife Refuge in Oregon. Ihr offizielles Ziel: die «ungerechte» Verurteilung zweier Rancher zu verhindern. Was steckt wirklich dahinter? Der Anführer der rechten Miliz heisst Ammon Bundy. Der Familienname ist Programm: Die Bundys stehen seit fast 30 Jahren in Konflikt mit Washington – vor allem über Weiderechte. Familienoberhaupt Cliven Bundy (68), Vater von 14 Kindern und Grossvater von 52 Enkelkindern, wirft der US-Regierung vor, dass sie das Volk unterdrücke und den Menschen Land und Rohstoffe vorenthalte. Die Rolle des Staats sieht er grundsätzlich kritisch und verlangt, dass staatliches Land den Kommunen und den dortigen Bürgern ohne Aufsicht der Bundesregierung zur Nutzung überlassen wird.

Salafisten-Aussteiger aus Münster: "Ich habe mich unglaublich schnell radikalisiert"

"Sascha" war Salafist. Als Student in Münster wurde er angeworben, schon drei Wochen später konvertierte er zum Islam. Inzwischen ist er ausgestiegen. Die Diskussionen mit seinen Glaubensbrüdern über die Scharia haben ihn abgeschreckt.

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