05.02.2015 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Die AfD will wissen, wie viele Flüchtlinge in Aachen HIV-positiv sind +++ Prozess in Bergisch Gladbach: Bewährung nach Angriff auf Tomás Santillán (LINKE) +++ Bochum: Amtsgericht hat einen 23-Jährigen Neonazi zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Die AfD will wissen, wie viele Flüchtlinge in Aachen HIV-positiv sind

Kurz vor dem großen AfD-Parteitag am Wochenende hat sich der Ableger in Aachen im dortigen Stadtrat noch einmal richtig beliebt gemacht. In einer Anfrage an den Oberbürgermeister wollte der AfD-Ratsherr Markus Mohr unter anderem wissen, wie viele Flüchtlinge die Stadt Aachen gerade beherberge, wie viel das die Stadt genau koste - und wie viele davon HIV-positiv sind. „Von wie vielen Flüchtlingen ist ein positiver HIV-/Hepathitis-Status bekannt?" heißt es in dem Schreiben, das auf Twitter veröffentlicht wurde. Das Interesse des Ratsherrn an den Körpern der Flüchtlinge erstreckt sich aber auch auf andere Bereiche: Er würde auch gerne erfahren, wie viele Kinder von Asylbewerbern im Heim geboren wurden und bei wie vielen Flüchtlingen „zum jetzigen Zeitpunkt eine Schwangerschaft bekannt“ ist. (VICE, Huffington Post)

Hamburger AfD gibt eigene Aktivisten als interessierte Bürger aus

Aktivisten der Hamburger "Alternative für Deutschland" (AfD) haben sich im Wahlkampf als interessierte Bürger ausgegeben. Damit versuchten sie, ihrem Spitzenkandidaten Jörn Kruse aus der Patsche zu helfen. Ein TV-Team der ARD-Sendung Panorama begleitete Kruse und erlebte hautnah, wie wenig sich die Hamburger für das AfD-Programm interessierten: Kaum einer nahm den von Kruse dargebotenen Flyer in die Hand. Deshalb kamen die AfD-Aktivisten auf eine Idee: Einer von ihnen verschwindet plötzlich vom Infostand, wie im Panorama-Beitrag zu sehen ist. Wenige Minuten taucht er wieder auf und wird "zufällig" von Kruse angesprochen. „Kennen Sie die AfD?“, fragt er den Passanten, „Ich habe mich jetzt noch nicht so tiefergehend damit beschäftigt, aber bei der Europawahl habe ich Sie auch gewählt“, antwortet dieser. „Aah, das ist ja toll“, freut sich Kruse. Ein weiterer Mann wird von Kruse auf die "akute islamistische Gefahr" angesprochen. "Aaah, Sie sprechen mir aus dem Herzen", antwortet der Passant, ganz im AfD-Sinne. (WAZ)

Ex-AfD-Landeschef Arppe wegen Volksverhetzung vor Gericht

Der ehemalige Landeschef der Alternative für Deutschland (AfD) in Mecklenburg-Vorpommern, Holger Arppe, muss sich am 26. März vor dem Amtsgericht Rostock wegen des Verdachts der Volksverhetzung verantworten. In der Hauptverhandlung geht es um zwei Fälle von „schmähenden Beiträgen auf einer öffentlich einsehbaren Internetseite“, teilte ein Sprecher am Mittwoch mit. Arppe soll sich 2009 und 2010 in einem Forum als „antaios_rostock“ islam- und ausländerfeindlich geäußert haben. Die E-Mail-Adresse zu diesem Pseudonym soll zu ihm führen. Arppe hat stets bestritten, für die Äußerungen verantwortlich zu sein. (dieschweriner.de, WELT)

Prozess in Bergisch Gladbach: Bewährung nach Angriff auf Tomás Santillán (LINKE)

Eine Woche vor der Kommunalwahl 2014 in Refrath griff ein Rechtsextremist den Bürgermeister-Kandidaten der Linken an, als der gerade ein Wahlplakat befestigen wollte. Er entriss ihm das Plakat, ergriff die Kabelbinder, schlug den Politiker, beschimpfte ihn, und bedrohte ihn mit einem Klappmesser. Mittwoch stand der Beschuldigte vor Gericht, angeklagt wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Bedrohung, Körperverletzung und Beleidigung. Nach der knapp einstündigen Verhandlung kam er mit einer Bewährungsstrafe davon. (Kölner Stadt-Anzeiger)

Bochum: Amtsgericht hat einen 23-Jährigen Neonazi zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt

Das Bochumer Amtsgericht hat einen bekennenden Neonazi wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Sachbeschädigung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt. Die Taten, die die Staatsanwaltschaft dem 23-jährigen Bochumer zur Last gelegt hat, klingen abenteuerlich. So schlug er am 10. August des vergangenen Jahres mit einem Teleskopschlagstock auf einen Nachbarn ein, weil er sich an diesem Sonntag durch Umzugslärm gestört fühlte. Am 21. September 2014 ließ sich der 23-Jährige von einem mitangeklagten 44-jährigen Bekannten aus Hagen, den er in der SM-Szene kennen gelernt hatte, zum jüdischen Friedhof an der Bochumer Straße in Wattenscheid fahren und sprühte mit grüner Farbe Hakenkreuze auf vier Grabsteine und eine SS-Rune auf einen weiteren. (WAZ)

NPD kassiert Abfuhr: Klage gegen Trierer Stadtratswahl abgewiesen

Vor dem Verwaltungsgericht Trier hatte NPD-Politikers Safet Babic die Stadtratswahl von 2014 angefochten und wollte erreichen, dass sie für ungültig erklärt wird. Als Grund bezichtigte er den Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen, seine Neutralitätspflicht verletzt zu haben, weil dieser sich öffentlich gegen die NPD positionierte. Außerdem habe die Stadtverwaltung nicht nur die Kandidaten der NPD, sondern auch die der AfD und der Piraten gezielt benachteiligt. Die Klage wurde nun abgewiesen. (lokalo.de, SWR)

Prozess wegen Volksverhetzung: NPD-Funktionär Petereit erneut vor Gericht

Am Mittwoch begann vor dem Amtsgericht Grevesmühlen ein weiterer Prozess gegen den NPD-Politiker David Petereit. Dieser soll, so lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, eine CD zum Verkauf angeboten haben, auf der in englischer Sprache zum Hass und zur Gewalt gegen Menschen mit pädophilen Neigungen (u. a. „Krieg den Pädophilen, stirb stirb stirb, keiner wird überleben“) aufgerufen werde. Der Tatbestand lautet Volksverhetzung. (Endstation rechts)

Amtsgericht Köln: Hitler-Gruß kann Protest sein

Das Amtsgericht Köln hat am Montag eine Teilnehmerin der Demonstration Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) wegen Körperverletzung und Beleidigung verurteilt. Sie wurde gleichzeitig, aber nicht wegen Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen bestraft - obwohl sie den Hitlergruß gezeigt hatte. Es sei nicht beweisbar, dass sie sich den Inhalt des NS-Kennzeichens zu Eigen gemacht hatte. Vielmehr habe sie sich als bekennende Lesbe von der NS-Ideologie distanziert. Auch sei sie nach einem Reizgas-Einsatz der Polizei sehr aufgebracht gewesen. (Kölner Stadt-Anzeiger)

Stern-Interview mit Sigmar Gabriel: "Es gibt ein Recht darauf, deutschnational zu sein"

Vizekanzler Sigmar Gabriel hat eindringlich davor gewarnt, nach dem Ende der Pegida-Bewegung einfach zur Tagesordnung zurückzukehren. „Wir sollten nicht glauben, bloß weil der Spuk auf den Straßen abnimmt, hätten sich die Probleme von selbst erledigt. Die Menschen denken ja nicht plötzlich anders“, sagt der SPD-Vorsitzende in einem Interview mit dem Magazin stern. „Ihr Treibstoff ist immer noch da: Wut, Angst, Verunsicherung, mitunter auch Ausländerhass.“ Außerdem eine alle, die in Dresden auf die Straße gegangen seien, „ein Gefühl: Die Politik nimmt ihre Alltagssorgen nicht wahr“, so Gabriel weiter. „Die soziale Polarisierung in unserem Land lässt Menschen manchmal hilflos zurück.“ Berliner Politikern und Journalisten warf der SPD-Politiker in diesem Zusammenhang vor, sie hätten „manchmal ein leicht gestörtes Verhältnis zur Realität in Deutschland“. Die Welt, in der sie sich bewegten, sei „nicht die Welt, die die meisten Menschen erleben“. (stern, WELT, Huffington Post)

Düsseldorf: Polizei-Präsident will   Dügida-Demo am  Rosenmontag verhindern

Er will dem Spuk wenigstens an Rosenmontag ein Ende setzen. Der Düsseldorfer Polizeipräsident Norbert Wesseler plant, die Dügida-Demo am Rosenmontag zu verhindern. Hauptgrund: Sicherheitsbedenken, da in der Karnevalshochburg Düsseldorf an Rosenmontag ganztägig bis tief in die Nacht rund eine Million Jecken unterwegs, und die Sicherheitskräfte stark eingespannt sind. Deshalb sei es „unverhältnismäßig“ und ein enormes Sicherheits-Risiko, dass Dügida ausgerechnet an diesem Tag demonstriert. (BILD)

Peter Ritter (LINKE): Dialog mit MVgida nur bei Distanz zu Rechtsextremisten

Die Linke steht dem in dieser Woche in Schwerin gestarteten Dialog mit Anhänger_innen der islamkritischen Pegida-Bewegung unverändert kritisch gegenüber. Voraussetzung für ernsthafte Gespräche sei eine deutliche Abgrenzung der Verantwortlichen des regionalen Pegida-Ablegers MVgida von rechtsextremen Politikern und Positionen. „Ohne eine klare Distanzierung von Rechtsextremismus und Gewalt läuft der Dialog ins Leere“, erklärte Peter Ritter von der Linksfraktion im Landtag am Mittwoch in Schwerin. Ritter reagierte damit auf das erste Offene Forum, bei dem am Montagabend in Schwerin etwa 40 Anhänger_innen und Gegner_innen von MVgida sowie interessierte Bürger miteinander ins Gespräch gekommen waren. Dabei war Kritik an Politikern laut geworden, die Gespräche mit MVgida ablehnen. Man müsse miteinander reden, hieß es. (WELT)

FAZ-Kommentar zu Pegida: Jeder Bürger ist Elite

„Das Phänomen Pegida wird sich wohl alsbald von selbst erledigt haben und von den Straßen verschwunden sein. Aus der Welt ist es deshalb noch lange nicht. Spätestens bei den nächsten Wahlen wird die Zahl der Wahlberechtigten, die nicht zur Wahl gegangen sind, zum Schluckauf führen. Es sollte dann nicht von Wahlenthaltung gesprochen werden, sondern von Entfremdung. Der Blick der letzten Wochen auf Dresden war ein Blick auf diese Entfremdung, oder muss es heißen: ein Blick in die Abgründe der Demokratie?“ Ein Kommentar von Jasper von Altenbockum. (FAZ)

Martin Machowecz (ZEIT):  „Jenes Ostdeutschland, für das Pegida steht, hatte ich verdrängt.“

„Ich bin 27 Jahre alt, Ostdeutscher, und Pegida hat meinen Blick auf den Osten, meine Haltung zum Osten verändert. Vor Pegida habe ich den Osten verklärt. Ich habe mich in den vergangenen Jahren von einer „Hurra, die neuen Länder“-Stimmung anstecken lassen, die sicherlich ihre Berechtigung hatte. Der Osten hat die harten Zeiten hinter sich, dachte ich. Ein schöner Selbstbetrug. Pegida ist mein großer Kopfschmerz, nach dem Rausch der letzten Jahre.“ So der ZEIT-Journalist Martin Machowecz. (ZEIT)

Flüchtlingsheim in Göttingen: Professor will kein Rassist sein

Der Clausthaler Informatikprofessor Harald Richter stößt wegen seines offenen Briefs gegen ein Flüchtlingsheim in Göttingen bei seinen Fachkollegen immer mehr auf Kritik. Der Wissenschaftler hatte für den Brief an die Göttinger Stadtverwaltung, in dem er sich gegen die Ansiedlung eines Flüchtlingswohnheims im Stadtteil Zietenterrassen ausspricht, seine Dienstadresse benutzt. Das Institut für Informatik der TU Clausthal distanziere sich mit Nachdruck vom Inhalt dieses Schreibens, heißt es in einer Stellungnahme des Direktoriums des Instituts. Richter hat inzwischen in einer am Montag verbreiteten Erklärung eingeräumt, dass seine Bedenken auch auf privaten Motiven beruhen, da er selbst auf den Zietenterrassen wohnt. Seine Frau sei schwanger und möchte, "dass unser Kind wohlbehütet aufwächst und nicht in einem sozialen Brennpunkt". (NDR)

Homophober Musiker in Frankfurt: Stadt soll „Hassmusik“ unterbinden

Der jamaikanische  Musiker Elephant Man wird trotz Protesten am Freitag in Frankfurt auftreten. Die Stadtverordnetenversammlung fordert ein Konzertverbot des umstrittenen Künstlers. Mit großer Mehrheit hatte das Parlament in seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag dem Antrag der Grünen und CDU zugestimmt. Darin wird der Magistrat beauftragt, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um die Aufführung zu verhindern. Der Dancehall-Musiker aus Jamaica rufe in mehreren Liedern wie „A Nuh Fi Wi Fault“, „We Nuh like Gay“ und „Log on“ dazu auf, homosexuelle Männer zu töten, sagt Jessica Purkhardt. Die rechtspolitische Sprecherin der Grünen im Römer hatte den Antrag verfasst. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in Bonn habe deshalb das Album „Log on“ von Elephant Man bereits vor mehreren Jahren wegen seiner homosexuellenfeindlichen Mordaufrufe indiziert. „Durch die Aufführung der homosexuellenfeindlichen Musiktitel werden aus unserer Sicht die Straftatbestände der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und der Volksverhetzung erfüllt. Das werden wir in Frankfurt nicht dulden.“ begründet Purkhardt den Antrag ihrer Fraktion. (Frankfurter Rundschau)

Konsequent gegen Sexismus: Neuköllner Moschee wirft Prediger raus

Die bei Salafisten beliebte Berliner Al-Nur-Moschee hat nach der frauenfeindlichen Predigt eines ägyptischen Imams offenbar erste Konsequenzen gezogen. Wie der Vorstand der Moschee, Izzeldin Hammad, am Mittwoch in Berlin sagte, wird der in der Kritik stehende Imam Abdel Meoz Al-Eila keine weiteren Predigten halten. (taz)

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