03.04.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: Männer aus Mail fliehen vor Neonazis in eine Reinbeker Kirche +++ Wenn deutsche Nazis “prorussisch” werden +++ "Peniskuchen-Affäre": Partyfotos könnten NPD-Spitzenmann Peter Marx das Amt kosten.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Männer aus Mail fliehen vor Neonazis in eine Reinbeker Kirche

Elf Männer aus Mali ziehen heute in ein Gemeindehaus an der Nathan-Söderblom-Kirche. Zuvor mussten sie zweimal flüchten: Vor islamistischen Rebellen in ihrem Heimatland und von Neonazis in Sachsen-Anhalt, die sie verfolgten und mit Feuerwerkskörpern bewarfen, bis sie sich nicht mehr aus dem Heim trauten. Jetzt hoffen die Flüchtlinge aus Mali, ohne Angst in Reinbek leben zu können. Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Reinbek-West nimmt elf junge Männer aus dem westafrikanischen Staat auf. Möglich ist dies nur durch einen engagierten Unterstützer*innen-Kreis: Denn solche Ortswechsel sind von Amts wegen nicht vorgesehen (Hamburger Abendblatt).

Wenn deutsche Nazis “prorussisch” werden

Die deutsche Politiklandschaft wird immer verrückter – während sich in der Ostukraine ukrainische Nazis mit prorussischen Demonstranten prügeln, veranstalten deutsche Nazis mit russischer “Beteiligung” prorussische Demos in Berlin. Und ihre größten Feinde auf der politischen Linken ebenfalls, mit ihren eigenen Russen (Russland.ruheise.de).

Der Putin-Hitler-Vergleich

Nazi-Vergleiche führen in der Politik eigentlich nie zu einer guten Auseinadersetzung. Trotzdem werden sie immer wieder verwendet: Diesmal hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Putins Besetzung der Ukraine mit Hitlers Besetzung des Sudetenlandes verglichen. Die Empörung ist wie immer groß (stern.deBildSpiegel Online). Derweil sucht Putin Verbindungen zu den rechten Bewegungen Europas (BILD).

"Peniskuchen-Affäre": Partyfotos könnten NPD-Spitzenmann Peter Marx das Amt kosten

Peter Marx gilt als Strippenzieher der NPD, doch jetzt steht der Generalsekretär nach Informationen von SPIEGEL ONLINE vor der Abwahl. Der Rechtsextremist ist auch wegen einer früheren Porno-Darstellerin in Ungnade gefallen. Die NPD hat einen Skandal mehr: "Saarbrücker Peniskuchen-Affäre" heißt der neue Aufreger, der seit Wochen die Spitze der rechtsextremen Partei beschäftigt. Es geht um eine fröhliche Geburtstagsparty in Saarbrücken. Fotos auf Neonazi-Internetseiten zeigen, wie Kuchen in Penisform gereicht wird. Die frühere Porno-Aktrice Ina Groll posiert mit anderen Frauen für die Kamera. Zu sehen ist auch ein sichtlich vergnügter NPD-Generalsekretär Peter Marx. Ein Umfeld, bei dem sich viele im Vorstand der NPD fragen: Was macht der Generalsekretär auf solch einer Feier mit solchen Leuten? Der Unmut ist so groß, dass Marx nun vor der Abwahl steht. Einstimmig beschloss das Präsidium nach Informationen von SPIEGEL ONLINE Mitte März, dass Parteichef Udo Pastörs den Generalsekretär zum Rücktritt auffordern soll. Doch der will nicht weichen (Spiegel online).

Außer Hass auf Europa wenig Gemeinsamkeiten

Rechtspopulisten könnten im neuen EU-Parlament stärker als bisher vertreten sein. Trotzdem wird es schwierig, Koalition zu bilden. Eine Analyse in der Badischen Zeitung.

NSU-Prozess: Zschäpes "Techtelmechtel" schweigt in München

Er hatte nach eigenen Angaben ein "Techtelmechtel" mit Beate Zschäpe. Damals hieß der Mann Thomas S., war Neonazi aus Chemnitz und Wochen zuvor aus dem Gefängnis entlassen worden. Während einer Haft im sächsischen Waldheim sei er von Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt betreut worden (Thüringer Allgemeine, Spiegel online).

Rassismus in der Schule? "Ja, ganz sicher"

Gibt es das wirklich, Rassismus an der Schule? Werden Kinder und Jugendliche „angemacht“, getreten oder geschlagen, nur weil sie anders aussehen, andere Klamotten tragen oder auch sonst nicht dem Durchschnitt entsprechen? „Ja, ganz sicher. An der Hauptschule war es richtig schlimm“, erinnert sich Alex, der mittlerweile die zehnte Klasse der Richard-Rother-Realschule (RRR) Kitzingen besucht. „Dagegen ist es hier an der RRR richtig gut.“ Das liegt auch daran, dass sie eine "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" ist (infranken.de)

Nazis agitieren in der Ausstellung "Overrath unter dem Hakenkreuz"

Eine rechtsextreme Gruppe namens „Freie Kräfte Oberberg“ hat eine Ausstellung im Kulturbahnhof aufgesucht und ausländerfeindliche, antidemokratische Flugblätter verteilt. Zahlreiche Unterstützer hatten sich spontan vor das Ausstellungsprojekt gestellt (Rundschau-online.de).

Griechenland: Regierungsschef-Mitarbeiter soll mit Neonazis Informationen getauscht haben

Eine Abhör-Affäre erschüttert das politische Griechenland. Ein Mitarbeiter von Regierungschef Samaras soll der rechtsextremen Partei "Goldene Morgenröte" Informationen zugespielt haben. Danach habe Regierungschef Antonis Samars mehrere Mitglieder der Nazi-Partei "Goldene Morgenröte" ohne rechtliche Grundlage verhaften lassen (rp-online).

Rassismus an Elite-Universitäten

Es begann in Harvard: Studenten der amerikanischen Elite-Universität starteten den Foto-Tumblr "I, Too, Am Harvard", um auf die Diskriminierung ethnischer Minderheiten aufmerksam zu machen. Sie hielten Schilder in die Kamera, auf denen sie Zitate von Kommilitonen ("You’re lucky to be black...so easy to get into college") oder ihre Gedanken und Forderungen ("Please don’t pet my hair...I am not an animal") notierten. Der Tumblr wurde auf Facebook und Twitter tausende Male geteilt. Mitte März zog die englische Uni-Elite mit "I, Too, Am Oxford" nach – und hat in den sozialen Netzwerken und der englischen Presse eine große Diskussion um Diskriminierung an Elite-Unis entfacht (sueddeutsche.de).

Braune Familienbande bei den K.s

Für den NSU-Angeklagten André E. könnte es enger werden: Neue Aussagen und Indizien belasten ihn zunehmend. Auch der Zwillingsbruder wird interessanter. „Ich fahr grad lisl und geri wohin“, die wenigen Worte einer SMS könnten das Neonazi-Ehepaar Sabine E.* (* Name geändert) und André Eminger aus Zwickau verstärkt in Bedrängnis bringen. Denn bei „Lisl“ und „Geri“ handelte es sich um Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt. Am 25. Oktober 2011 informierte Sabine E. ihren Ehemann, der nach einem Arbeitsunfall im Universitätsklinikum in Leipzig lag, über die Fahrt mit den beiden abgetauchten Freunden, die sie mit ihren Tarnnamen nannte. E.s Mobiltelefon loggte sich damals in einer Funkzelle zwischen Zwickau und Schreiersgrün ein. Ob einer ihrer  Söhne mit im schwarzen Wagen mit Zwickauer Kennzeichen saß, ist  ungeklärt. Die Handy-Nachricht erhielt besondere Brisanz, weil Böhnhardt am selben Tag zum letzten Mal als Holger G. ein Wohnmobil anmietete. Angestellte der Firma konnten sich an ein Paar mit einem blonden Kind erinnern. Die anschließende Fahrt nach Eisenach führte Böhnhard gemeinsam mit Uwe Mundlos am 4. November 2011 in den Tod. In dem ausgebrannten Wohnmobil fand sich neben ihren Leichen, vielen Waffen auch Kinderspielzeug (Blick nach rechts).

Unterlassene Hilfeleistung: Angestellte eines Flüchtlingsheims vor Gericht

In Fürth sind mehrere Mitarbeiter eines Flüchtlingsheims angeklagt. Sie sollen sich geweigert haben, für ein schwer krankes Kind den Notarzt zu rufen. Drei Mitarbeiter eines bayerischen Aufnahmelagers für Flüchtlinge müssen sich seit Dienstag in einem Prozess wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten. Neben einer Angestellten des Heims in Zirndorf sind zwei Pförtner angeklagt, gegen sie wird auch der Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung erhoben. Die Pförtner sollen sich geweigert haben, einen Arzt oder einen Rettungswagen für ein gut ein Jahr altes Baby aus dem Flüchtlingsheim zu rufen. Das Gesicht des Jungen soll schmerzverzerrt gewesen sein, außerdem habe er schwarze Flecken auf der Haut gehabt. "Ich habe auf Knien gelegen und um Hilfe gefleht", sagte der aus Serbien stammende Vater. Die Mitarbeiter hielten es für zumutbar, dass die Familie zwei Kilometer im Dezember mit dem schwerkranken Säugling zum Arzt laufe. Erst durch die Hilfe eines Autofahrers, der die Familie mit dem regungslosen Kind auf der Straße auflas, kam der Junge in ärztliche Behandlung. Es stellte sich heraus, dass er an einer starken bakteriellen Infektion erkrankt war (Meningokokken), die seitdem mehrere Operationen nötig machte und ihn einen Zeh kostete. Am Abend zuvor hatte ein Bereitschaftsarzt beim Kind angeblich "Fieber gemessen" - durch Auflegen seiner Hand (ZEIT online, Abendzeitung München).

Kundgebung gegen Fremdenfeindlichkeit am Mittwochnachmittag in Ludwigslust

Sie kamen mit Rasseln, Pauken und bunten Plakaten gegen Nazis. Rund 50 Menschen trafen sich gestern Nachmittag vor dem Zebef auf dem Ludwigsluster Alexandrinenplatz zu einer Kundgebung gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Damit reagierten sie auf einen Wahlkampfstand der NPD zur gleichen Zeit auf der gegenüberliegenden Platzseite (SVZ.de).

 

Diese Woche auf netz-gegen-nazis.de

| Europawahlen: Wer tritt an am rechten Rand?

| Kommunale Strategien gegen Rechtsextremismus: Welcher Umgang mit rechtsextremen Mandatsträger*innen?

| Neue Rubrik "Überblick"

Diese Woche auf fussball-gegen-nazis.de

| Roberto Hilbert über Rassismus: »Papa, ich möchte kein Afrikaner sein!«

| Presse - und Blogschau 27.3.-2.4.2014

drucken