02.01.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: CSU attackiert pauschal Rumän*innen und Bulgar*innen - andere Parteien verurteilen dies +++ NPD aktuell: Parteichef aufsgetreten, Pornosternchen als NPD-Weihnachtsfrau, Verfassungsschutz erwartet Radikalisierung +++ Berlin: Anschlag mit Pyrotechnik auf Flüchtlingsheim in Hellersdorf.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

CSU attackiert pauschal Rumän*innen und Bulgar*innen - andere Parteien verurteilen dies

Ab 1. Januar können Bürger*innen aus Rumänien und Bulgarien in der EU leben und arbeiten, wo sie wollen. Dass Menschen dieses Thema rassistisch aufladen werden, war zu erwarten - nun hat die CSU es übernommen, dies in prominenter Form zu tun. Sie kündigte an, Anfang Januar bei ihrer Klausur dafür eintreten zu wollen, armen Zuwanderer*innen aus EU-Staaten den Zugang zum deutschen Sozialsystem zu erschweren. Dazu wählten sie den Slogan "Wer betrügt, der fliegt". (ZEIT online, WeltDer wird in ähnlicher Form auch noch weiter rechtsaußen plakatiert und entbehrt auch noch jeglicher Grundlage (ZEIT online).

Grüne und Linkspartei haben der CSU vorgeworfen, mit ihrer Warnung vor Armutszuwanderung aus EU-Ländern Ressentiments zu schüren. Der innenpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, schrieb in einer Erklärung: "Die CSU sollte nicht das innenpolitische Klima vergiften!" (ZEIT online

"Verbale Brandstiftung" nennt Linksparteivorsitzender Bernd Riexinger die CSU-Kampagne gegen Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien. Zudem werde damit ein Verbot der NPD hintertrieben, so Riexinger in der Mitteldeutschen Zeitung.

Die CSU findet das völlig unfair - auch wenn sie auch bei anderen Themen bewusst am rechten Rand fischt (Spiegel online).

NPD aktuell: Parteichef aufsgetreten, Pornosternchen als NPD-Weihnachtsfrau, Verfassungsschutz erwartet Radikalisierung

Der Druck war offenbar zu groß: Holger Apfel ist wenige Tage nach seinem Rücktritt als NPD-Vorsitzender aus der rechtsextremen Partei ausgetreten. Seine Entscheidung begründete er am Heiligabend in einer persönlichen Erklärung mit andauernden Angriffen seiner innerparteilichen Gegner. Apfel wird unter anderem vorgeworfen, junge Parteifreunde belästigt zu haben. Nun soll NPD-Vize und rechtsextremer Hardliner Udo Pastörs die Partei kommissarisch führen - zumindest bis August 2014 (mdr (Audio), mdr 2, Südwestpresse, Deutsche Welle).Noch eine hübsche Volte zur Vorweihnachtszeit: Die NPD Duisburg schickte eine Pornodarstellerin als Weihnachtsfrau auf die Straße, um Zustimmung zu suchen (Blick nach rechts, ND). Brandenburger Verfassungsschutz-Chef Weber erwartet weitere Radikalisierung der NPD. «Das gefällt zwar der rechten Szene, ist aber in der Mitte der Gesellschaft ohne jede Chance», sagte Weber (Welt, PNN).

Berlin: Anschlag mit Pyrotechnik auf Flüchtlingsheim in Hellersdorf

In der Silvesternacht hatten Unbekannte zwei Eingangstüren des Flüchtlingsheimes in Hellersdorf von außen zerstört. Nach Polizeiangaben beobachten Wachleute gegen 1.20 Uhr zwei Unbekannte dabei, wie sie von außen Pyrotechnik mit Klebebändern an den Eingangstüren befestigten und anschließend zündeten. Die Polizei war vom Wachschutz und von anonymen Anwohnern informiert worden. Die Polizei geht von einem politisch motivierten Anschlag aus (ND).

Potsdam: Sexismus und Rassismus im Märchenland

Bei einem Kindertheater auf dem Potsdamer Weihnachtsmarkt ist es zu einer unvergleichlichen Entgleisung gekommen: Eine "Rotkäppchen"-Aufführung wurde mit Sexismus und Rassismus gespickt. So sollten die Kinder nach dem Jäger rufen, stattdessen erschien aber ein schwarz angemalter Schauspieler als "N*", dem dann gesagt wurde, er habe hier nichts zu suchen. Die Theaterproduktionsfirma fand dies "einen Gag" (PNN).

Zwickaus Oberbürgermeisterin lehnt Denkmal für NSU-Opfer ab

Die Zwickauer Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) lehnt ein Denkmal für die Opfer des NSU in der Stadt ab. Sie könne sich aber vorstellen, dass in allgemeiner Form an die Opfer rechter Gewalt erinnert werde, sagte Findeiß dem Radiosender "MDR Info" am Montag.  "Was wir nicht wollen, ist eine Gedenktafel, dass Vertreter des NSU in Zwickau gewohnt haben", sagte Findeiß weiter. Man könne nichts dafür, dass sich das rechte Terrortrio ausgerechnet in Zwickau niedergelassen habe (Thüringer Allgemeine).

Das Protokoll: Ein Jahr NSU-Prozess

Das Magazin der “Süddeutschen Zeitung” hat ein Jahr lang alles, was im NSU-Prozess vor Gericht gesagt wird, wörtlich protokolliert. Nun erscheinen die gekürzten gesammelten Protokolle in einer monothematischen Ausgabe des Magazins. Darüber hinaus hat das “SZ-Magazin” die gesammelten Protokolle von vier Schauspieler/Innen nachsprechen lassen und verfilmt. Das Ergebnis ist atemberaubend und bedrückend zugleich. Am Freitag, den 3. Januar erscheint das SZ-Magazin mit dem gedruckten Protokoll. Der zweistündige Film wird ab Donnerstag im Netz auf süddeutsche.de und auf YouTube zu sehen sein. (Publikative.org; Ausschnitt aus dem Film auf sueddeutsche.de)

NSU-Prozess in München: Die Ohnmacht der Opfer

Jahresrückblick 2013: "Warum haben Sie mein Lämmchen getötet": Wie die Angehörigen der Ermordeten versuchen, den NSU-Prozess zu ertragen (Thüringer Allgemeine).

Zwischen Hoffnung und Resignation: Was den Opfer-Anwalt Mehmet Daimagüler am NSU-Prozess stört

"Manchmal komme ich mir im Gerichtssaal vor wie in einer Molière-Aufführung. Ich sitze da in meiner Robe, mit den anderen Anwälten, Richtern und Angeklagten, und wir zeigen ein Theaterstück. Das Verfahren kommt mir entseelt vor, denn die größeren gesellschaftlichen Fragen, denen sich der Prozess stellen müsste, bleiben unbeantwortet" (ZEIT online).

NSU-Prozess: Das große Ego des Richters Götzl

Die Wahrheit scheint im NSU-Prozess immer weniger zu interessieren. In den Vordergrund tritt zunehmend die Persönlichkeit des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl. Aber reicht es, dass er Beate Zschäpe verurteilen will? (Frankfurter Rundschau)

Berliner Neonazi in Frankfurt (Oder) geschnappt

Berliner Ermittler haben in Frankfurt (Oder) einen untergetauchten Rechtsextremisten nach einer Gewaltattacke festgenommen. Wie das Berliner Polizeipräsidium berichtete, wurde nach dem polizeibekannten 21-Jährigen seit Anfang Dezember gefahndet. Gestern wurde er in der Oderstadt aufgespürt und verhaftet. Zusammen mit Komplizen soll der Rechtsextremist im September in Berlin-Hellersdorf Wahlplakate abgerissen haben. Wenig später habe er einen 16-Jährigen, den er der linken Szene zuordnete, brutal zusammengeschlagen und schwer verletzt, hieß es (e110).

Warnung vor Gefahr der Proteste gegen Asylbewerberheime

Rechtsextremismus-Experten haben sich für ein frühes Eingreifen der Sicherheitsbehörden bei Protesten gegen Asylbewerberheime ausgesprochen. Der Kriminologe und Leiter des Nazi-Aussteigerprogramms Exit-Deutschland Wagner sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin, frühes Erkennen und konsequentes Eingreifen in das Aufschaukeln von Pogromstimmungen seien erforderlich - »und nicht wie am Anfang der 90er Jahre: Duldung, Verschweigen und Verniedlichen«. Auch die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, warnte in einem epd-Gespräch vor den gesellschaftlichen Folgen der Proteste gegen Asylbewerberheime (ND).

Sachsen-Anhalt: Verbotene Lieder auf Rechtsrock-Konzerten

In Sachsen-Anhalt durften rechte Bands verbotene Lieder spielen, weil diese den die Veranstaltungen begleitenden Polizist*innen nicht bekannt waren. So spielte unter anderem der rechte Liedermacher Frank Rennicke im August in Berga mehrere nicht genehmigte Songs (Mitteldeutsche Zeitung).

Griechenland: Samaras gegen Verbot von Neonazi-Partei "Goldene Morgenröte"

Griechenlands Regierungschef Samaras spricht sich gegen ein Verbot der rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte aus. "Im Kampf gegen die Neonazis setzen wir die Waffen ein, die uns die Demokratie zur Verfügung stellt", sagte er dem "Kurier" vom Donnerstag. Die führenden Köpfe säßen ja bereits im Gefängnis (KleineZeitung.at).

Top-Ten-Liste antisemitischer und antiisraelischer Äußerungen 2013

Das Simon-Wiesenthal-Zentrum, eine internationale Menschenrechtsorganisation, die dafür bekannt ist, neuzeitlichen Antisemitismus zu bekämpfen und Nazis des 2. Weltkriegs zur Rechenschaft zu ziehen, veröffentlichte am Montag seine 2013er Top-Ten-Liste antisemitischer und antiisraelischer Äußerungen. Die ersten drei Plätze belegen Ayatollah Khamenei, Recip Tayyip Erdogan und Richard Falk, der amerikanische UNO-Sonderberichterstatter für die palästinensischen Gebiete (hagalil, die Liste auf der Website des Simon-Wiesenthal-Centers (englisch)).

Emanzipation von der Nationalität: Nur Nazis mögen keinen Fisch

Zu Hause ist man zu deutsch, draußen bleibt man immer der Ausländer. Über die Vor- und Nachteile des Migrantendaseins (taz).

Amerikanischer Neonazi verliert Sorgerecht für seine Tochter Eva Braun

Der Mann, der bereits das Sorgerecht für seinen Sohn Adolf Hitler verlor, sieht sich zu Unrecht gemaßregelt. Dabei war der Grund des Sorgerechtsentzugs nicht einmal seine rechtsextreme Gesinnung, sondern häusliche Gewalt (ShortNews).

Neuer Reiseführer: Vorpommern und das Vorurteil

Rechts nur auf der Landkarte: Die Amadeu-Antonio-Stiftung will zeigen, dass der Landstrich zwischen Vorpommern und Stettin nicht nur Ödnis und Nazis hervorbringt (Tagesspiegel).

Lese-Tipp: „Viraler Hass – Rechtsextreme Kommunikationsstrategien im Web 2.0“

Mit der Broschüre „Viraler Hass – Rechtsextreme Kommunikationsstrategien im Web 2.0“ stellt die Amadeu-Antonio-Stiftung eine lesenswerte Publikation über die Strategien von Neonazis im Internet vor, die zugleich hilfreiche Tipps für die Argumentation gegen rechte Userinnen und User bietet (ZEIT online).

Broschüre klärt auf: Gegen rechte Propaganda im Job

„Aufdecken! Rechtsextreme Gefährdung am Arbeitsplatz“ heißt eine Broschüre, mit der Experten ab heute allen Tipps geben wollen, die sich von Kollegen mit rechter Gesinnung bedroht fühlen. Herausgeber ist das Landesberatungsnetzwerk „Pro aktiv gegen rechts“, das zum Sozialressort gehört (Weserkurier).

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