Presse- und Blogschau 24.-30.1.2013

Urteil in Bielefeld: Hooligan wegen versuchten Mordes verurteilt +++ Ein schwuler Schiedsrichter +++ Port Said: Tage der Gewalt +++ Werder-Fans erinnern an Maleika +++ Nazifans in Aachen +++ Rassismus im Stadion: Gefährlicher als Bengalos +++ Rechtsextreme Energie-Cottbus-Fans +++ Rassismus in israelischem Fußballstadion +++ Ultras: Und täglich büßt der Sündenbock +++ Rassistische Rufe bein Basketball +++ Nazis auf den Rängen: SS-Siggis Erben +++ Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Sport +++ Sport im KZ +++ Lazio unter Druck +++ Kahn: Bundesliga reif für ein Coming-out +++ Trikot-Versandhandel: "Keine Lieferung an Ausländer" +++ ACAB +++ Austria Wien schließt rechtsextremen Fanklub aus +++ Fußballer mit Hakenkreuz-Tattoo +++ Bundesliga-Israelis im Interview

Die wöchentliche Presse- und Blogschau von Fussball-gegen-nazis.de

Urteil in Bielefeld: Hooligan wegen versuchten Mordes verurteilt

Ein Anhänger von Arminia Bielefeld wurde wegen versuchten Mordes zu vier Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Er hatte im Mai 2012 mit neun weiteren Angeklagten Fans von Werder Bremen brutal überfallen. Ein Opfer schwebte tagelang in Lebensgefahr und erlitt ein schweres Hirn-Trauma mit bleibenden Schäden. (WDR)

Ein schwuler Schiedsrichter

Burkhard Bock lebt seit über 40 Jahren für den Fußball. Während seiner gesamten Kariere als Spieler, Funktionär und Schiedsrichter hat er seine Sexualität verleugnet. Erst vor kurzem fand er den Mut zum Coming Out. (RBB)

Port Said: Tage der Gewalt

Die Todesurteile nach der Fußballtragödie von Port Said sorgen in Ägypten für blutige Krawalle. Die Ultras vom Klub Al Ahly in Kairo sprechen von Gerechtigkeit. (FAZ) "Alles kleine Fische", sagt James Dorsey, Co-Direktor des Instituts für Fankultur der Uni Würzburg. Die wirklich Verantwortlichen seien nicht belangt worden. (DLF) Die Reaktionen und Krawalle unmittelbar nach den Urteilen zeigen vor allem, wie unregierbar Ägypten geworden ist. (11 Freunde)

Werder-Fans erinnern an Maleika

Die Fans von Werder Bremen haben am Sonntag während des Nordderbys in der Fußball-Bundesliga beim Hamburger SV (2:3) an Adrian Maleika erinnert. Im Gäste-Block entrollten die Bremer ein überdimensionales Plakat mit dem Porträtbild des am 16. Oktober 1982 verstorbenen Werder-Anhängers. Der damals 16-jährige Glaserlehrling war bei einem Angriff rechtsradikaler HSV-Hooligans von einem Stein tödlich getroffen worden. Beim 98. Duell der Nordrivalen blieb es dagegen ruhig. (NWZ) Die Hamburger Morgenpost hält dagegen: Mehrere HSV-Anhänger stürmten in die Bremer Kurve, um den Gästen ihr Banner für die Choreo zu entwenden, das den 1982 tödlich verunglückten Werder-Fan Adrian Maleika zeigte. Es kam zu Schlägereien – überflüssig und dumm. (Mopo)

Aachener Ultra und Ronny Blaschke über Nazifans

Die linken Aachener Ultras ziehen sich wegen ständiger Attacken von Nazifans aus dem Stadion zurück. Dass ihr Klub fast tatenlos zusieht, macht sie ratlos. Einer der Aachen Ultras erklärt im Interview die Hintergründe. Seinen Namen will der 26-jährige Student aus Angst vor neuen Übergriffen der Tivoli-Nazis nicht nennen. (taz) Interview mit Ronny Blaschke über die Auflösung der Aachen Ultras: "In Aachen hat der Verein nicht effektiv gegen die Neonazis durchgegriffen und stattdessen anti-rassistische Fans als linksextrem dämonisiert". Und auch in vielen anderen Vereinen würden die Probleme mit rechten Fans immer noch verharmlost. (DLF)

Rassismus im Stadion: Gefährlicher als Bengalos

Neue Töne zu einem lange verharmlosten Problem: Auch die Fifa hat eingesehen, dass stärkere Geschütze gegen den Rassismus in den Stadien aufgefahren werden müssen. (FAZ)

Rechtsextreme Energie-Cottbus-Fans beschäftigen Landesregierung

Der FC Energie Cottbus gerät wegen seines Umgangs mit der Fan-Gruppierung "Inferno" zunehmend unter Druck. Mit einer Kleinen Anfrage der SPD erreicht das Thema Umgang mit rechtsradikalen Fußballfans jetzt die Brandenburgische Landespolitik. (LR) Energie-Präsident Ulrich Lepsch zeigte sich verwundert, dass das Thema wieder eine große Rolle spiele. "Am 10. Dezember haben wir die Fakten bekommen und sofort reagiert. Wir haben Haus- und Stadionverbote augesprochen. Mehr kann man als Verein nicht machen." (RBB)

Rassismus in israelischem Fußballstadion

In Israel wurden drei Fußball-Fans wegen Volksverhetzung festgenommen. Die Anhänger des Vereins Beitar Jerusalem hatten während eines Spiels Parolen gegen die geplante Verpflichtung von zwei muslimischen Spielern skandiert. Israels Parlamentspräsident Reuven Rivlin kritisierte den Fremdenhass: Man müsse sich einmal die Reaktionen vorstellen, wenn Fans in England oder Deutschland einen Ausschluss jüdischer Spieler fordern würden. Auch Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat sprach sich gegen eine Diskriminierung andersgläubiger Spieler aus. Dabei gehe es nicht nur um Fußball, sondern um das nationale Interesse Israels. (DRadio, Guardian)

Glosse über Ultras: Und täglich büßt der Sündenbock

Der Anruf eines Redakteurs. Er hätte gerne eine Fan-Geschichte, man kenne sich als Autor da ja aus. Er hat gerade offenbar etwas Ungeheuerliches gelesen. Etwas, das so in sein Weltbild zu passen scheint wie ein fliegender Walfisch. Die Spannung steigt am diesseitigen Ende der Leitung. Der Redakteur hat irgendwo gelesen, dass es in Nürnberg Fans, ja sogar: Ultras, waren, die darauf drangen, dass der Leib- und Magenverein sich doch einmal um seine braune Vergangenheit kümmere. Der Mann ist völlig geplättet. Die Nachricht las sich für ihn so, als habe die katholische Bischofskonferenz gefordert, das Thema Sexueller Missbrauch müsse nun endlich ernsthaft aufgeklärt werden. (http://act.equaltimes.org/de)

Empörung über rassistische Rufe bei Basketball-Spiel

Benjamin Luzolo und Edson Jones, zwei dunkelhäutige Basketballspieler in Diensten des SC Bayer 05 Uerdingen, sind nach Angaben von Bayer-Trainer John F. Bruhnke beim 99:91-Auswärtssieg ihrer Mannschaft bei der BG Kamp-Lintfort von einigen gegnerischen Anhängern rassistisch beschimpft worden. (RP)

Nazis auf den Rängen: SS-Siggis Erben

Von wegen ostdeutsches Problem: Auch bei Westklubs gehören Nazis auf den Rängen zum Inventar, zahllose Übergriffe und Straftaten sind dokumentiert. Die rechte Szene drängt zurück an die Macht. (11 Freunde)

Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Sport

Der 27. Januar ist in Deutschland seit 1996 Holocaust-Gedenktag. Anders als in anderen gesellschaftlichen Bereichen ist im Sport die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit noch immer die Ausnahme. Professor Lorenz Peiffer von der Universität Hannover und Professor Diethelm Blecking von der Universität Freiburg sind zwei Sportwissenschaftler und Historiker, die mit zahlreichen Publikationen und Forschungsprojekten zum weitgefassten Thema Juden und Sport Licht ins Dunkel der Vorgänge nicht nur zwischen 1933 und 1945 bringen. (DLF)

Sport in den Konzentrationslagern der Nazis

Über Jahrzehnte passte Sport als Thema nicht in die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vernichtungsindustrie. Doch immer mehr Wissenschaftler weisen nach: In den Konzentrationslagern wurde fast überall Sport getrieben, ob Fußball, Boxen oder Turnen. (DRadio)

Rassismus: Lazio unter Druck

Der Europa-Verband UEFA belegte den italienischen Klub des deutschen Nationalspielers Miroslav Klose aufgrund antisemitischer Gesänge von Fans beim Gruppenspiel im November gegen Tottenham Hotspur mit einem Europacup-Spiel unter Aussschluss der Öffentlichkeit und setzte die Strafe für zwei Jahre zur Bewährung aus. (Sport1)

Homophobie: Bundesliga laut Kahn reif für ein Coming-out

Für den ehemaligen Fußball-Nationaltorwart Oliver Kahn ist die Bundesliga reif für ein Coming-out. "Ich könnte mir vorstellen, dass es heutzutage kein großes Problem mehr darstellt, wenn sich ein Spieler zu seiner Homosexualität bekennt“, sagte der 43-Jährige im Interview mit der Schweizer Zeitung "Der Sonntag". (Focus)

Trikot-Versandhandel: "Keine Lieferung an Ausländer"

Als Fußballtrainer Metin Sönmez einen Satz neuer Trikots für seine Jungs bestellen will, verweigert der Versandhändler die Lieferung - weil Sönmez ein Ausländer sei. (KSTA)

All cats are beautiful? Acht Cola, acht Bier?

Hannover 96 lässt niemanden mehr ins Stadion, der A.C.A.B. zeigen will. Transparente mit den vier Buchstaben können leicht verhindert werden. Fanbanner müssen fortan vor den Spielen genehmigt werden. (DFB Watch)

Austria Wien schließt rechtsextremen Fanklub aus

Austria Wien hat im Rahmen seiner Generalversammlung den Fanklub "Unsterblich Wien" ausgeschlossen. Der Fanklub ist damit nicht mehr offiziell anerkannt, darf also im Stadion keine Banner mehr aufhängen und wird auch nicht mehr an offiziellen Fanklub-Meetings teilnehmen. "Unsterblich Wien" war in den vergangenen Jahren immer wieder rechtsextrem aufgefallen, der Verein setzte zunächst auf Dialog. (Standard)

Fußballer mit Hakenkreuz-Tattoo

Ein Betreuer von Roter Stern Leipzig engagierte sich gegen einen Fußballer mit Hakenkreuz-Tattoo. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft – gegen ihn. (taz)

Platini: Schiedsrichter können gegen Rassismus vorgehen

UEFA-Präsident Michel Platini hat unterstrichen, wie Schiedsrichter bei Rassismus-Vorfällen im Rahmen von UEFA-Spielen reagieren können. Auch ein Abbruch der Partie ist nach den Vorgaben des UEFA-Exekutivkomitees möglich. (UEFA)

Bundesliga-Israelis: Herthas Ben Sahar und Nürnbergs Almog Cohen in Interviews

Herthas Stürmer Ben Sahar spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über Auftritte im Olympiastadion, seine jüdischen Wurzeln und Training unter José Mourinho. (Tagesspiegel) Almog Cohen vom 1. FC Nürnberg nahm am Gedenkabend für die in der NS-Zeit ausgeschlossenen Vereinsmitglieder teil. Der Israeli spricht über seine Empfindungen in der Stadt der Reichsparteitage. (FAZ)

 

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