"Aachen Ultras" resignieren vor Nazigewalt +++ DFB gibt Nominierte für Integrationspreis bekannt +++ TV-Kritik: Wem gehört der Fußball? +++ Spielabbruch wegen Rassismus: Milan-Partie bei Pro Patria wird wiederholt +++ (Rück-)Eroberung der Fankurven durch Nazis? +++ Amateur-Schiedsrichter und die Angst vor Gewalt +++ Russland: Doch kein Coming-out? +++ Werder: Prozess gegen Nazi-Hooligan +++ Sind alle europäischen Fußballfans Antisemiten? +++ Hitlergrüße im MSV-Block: Staatsanwaltschaft stellt ein Verfahren ein +++ Udinese-Profi wegen Rassismus verurteilt
Die wöchentliche Presse- und Blogschau von fussball-gegen-nazis.de
"Aachen Ultras" resignieren vor Nazigewalt
Die antirassistischen Aachen Ultras (ACU) haben endgültig resigniert in ihrem Kampf gegen Nazis, Rassisten und Sexisten in der Fanszene der Alemannia. Sie fühlen sich alleingelassen – vom Verein, den Spielern, anderen Fans. Sie wurden angegriffen, verprügelt, beschimpft. Am Sonntag haben sie das letzte Mal als Gruppe ein Spiel des insolvenzbedrohten Drittligisten besucht. Einen ausführlichen Überblick über Berichte und Reaktionen haben wir bereits gestern veröffentlicht. Unter der Überschrift "Schöne Worte helfen nicht gegen Rassismus" bringt das "Neue Deutschland" heute einen weiteren Bericht zum Thema: "Durch kollektives Versagen jubelt die rechte Fangruppe 'Karlsbande' weiter im Stadion der Alemannia, ihre Gegner der 'Aachen Ultras' nicht mehr." (ND) Auch das Blog "DingeDieDaSind" nimmt sich des Falls Aachen an: "Wie, liebe Leute, kann es denn sein, dass Menschen, die sich gegen jegliche Art der Diskriminierung aussprechen mit Menschen, die offensichtlich versuchen andere Menschen um ihre Grundrechte zu bringen, verglichen und gar auf eine Stufe gestellt werden? Wie denn nur?" (DingeDieDaSind)
DFB gibt Nominierte für Integrationspreis bekannt
Eine Jury unter Vorsitz von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat die neun Nominierten Integrationspreises 2012 ausgewählt."235 Vereine und Projekte haben sich beworben, das ist ein starkes Ergebnis" sagte Niersbach nach der Sitzung. Der FC Internationale Berlin, die Fußballpartnerschaft TSV Großheubach und Türk FV Miltenberg sowie der VfR Schleswig wurden von der Jury als Preisträger in der Kategorie "Verein" nominiert. Die Comenius-Schule Flensburg, die GGS Kettelerstraße in Köln, der Christophorus Schulverein München und die Stüveschule Osnabrück sind in der Kategorie "Schule" nominiert. Nominiert in der Kategorie "Freie und kommunale Träger" sind die Migrations- und Integrationsagentur der Stadt Dortmund, die Kindertagesstätte Elisabeth-Heimpel-Haus in Göttingen und das Kinder-, Jugend- und Kulturzentrum Sandgasse in Offenbach. Der Ehrenpreis geht an den SV Werder Bremen für sein Projekt "Werder bewegt – lebenslang". Seit 2007 verleihen der Deutsche Fußball-Bund und sein Generalsponsor unter dem Motto "Viele Kulturen - eine Leidenschaft" die anerkannte Auszeichnung. Knapp eine Million Euro in Sach- und Geldpreisen wurden seitdem zur Förderung integrativer Projekte verteilt. Die Verleihungsgala findet dieses Jahr am 25. März 2013 in Nürnberg statt. (Quelle: DFB-Pressemitteilung)
TV-Kritik: Wem gehört der Fußball?
Das FCSBlog 2.0 berichtet von der Phoenix-Talkrunde mit dem Titel "Wem gehört der Fußball?": "Es ergab sich eine Diskussionsrunde, die für aufmerksame Verfolger der Debatte um Gewalt in Stadion nichts Neues brachte und auch sonst mehr an der Oberfläche herumstocherte. Andreas Rettig, DFL-Geschäftsführer, Steffen Simon, WDR-Sportchef, Reinhold Gall, Innenminister in Baden-Württemberg, Philipp Köster, 11 Freunde und Philipp Markhardt von ProFans – eigentlich hatte der Sender schon mal die richtige Zusammensetzung getroffen – keine zwei Fronten, sondern durchaus Konfliktparteien, die auf mehreren Ebenen Dissonanzen und geteilte Meinungen besitzen. (...) Das war dann aber auch schon der interessantere Teil des Abends. Einen Kardinalfehler begann der Ausrichter der Diskussion, PHOENIX, bereits vor Beginn der Runde. Es wurde ein Werbespot gezeigt, in dem sich die Bundesligarechteinhaber in relativ eingängigen Bildern und einfältigen Worten für “100 Prozent das Spiel – 0 Prozent Gewalt” aussprach. PHOENIX, als Gemeinschaftsprojekt von ARD und ZDF, hat also bereits vor der Debatte seinen Standpunkt geklärt, statt als neutraler Schiedsrichter – Fußballmetapher – das Spiel erst einmal laufen zu lassen. Obendrein bekam der Zuschauer wieder einmal die falsche Vermengung von Pyrotechnik mit körperlicher Gewalt präsentiert." (FCSBlog 2.0)
Spielabbruch wegen Rassismus: Milan-Partie bei Pro Patria wird wiederholt
Das Anfang Januar wegen rassistischer Vorfälle abgebrochene Testspiel zwischen dem AC Mailand und dem Viertligisten Pro Patria wird wiederholt. Dies gab der Bürgermeister von Busto Arsizio, Gigi Farioli, in einem Interview am Freitag bekannt. Zudem kommen sowohl Kevin-Prince Boateng als auch Milan nach dem Spielabbruch ungeschoren davon. (kicker) Das "FussballWatchBlog" beschäftigt sich noch einmal mit dem Rassismus im italienischen Fußball: "Wenn man nicht ganz blind und nicht ganz taub ist, weiß man, dass dieses Problem schon sehr lange besteht, was kein Anlass dafür sein darf, das leichtfertig abzutun, so wie es meiner Meinung nach Genaro Gattuso tut, in dem er den Vorfall etwas relativiert, weil es hierbei nur um 'eine handvoll Männer' ging." (FussballWatchBlog)
(Rück-)Eroberung der Fankurven durch Nazis?
Florian Schubert beschäftigt sich auf Publikative.org mit dem Thema Nazis in den Kurven: "Nur wenige explizit antirassistische Fangruppen wie aus Babelsberg oder von St. Pauli sagen offen, dass sie sich nicht an der Kampagne 12:12 beteiligen, weil sie eine Abgrenzung von rechten Fangruppen vermissen. Auf Dauer kann dies dazu führen, dass antirassistisch eingestellte Fangruppen an den Rand der Fanorganisierung gedrängt werden. Schon jetzt häufen sich die Rückmeldungen einzelner Fanszenen, dass es ungemütlicher in ihren Kurven geworden ist, was die offenere Präsenz von und Bedrohung durch Nazis angeht." (Publikative)
Amateur-Schiedsrichter und die Angst vor Gewalt
Armin Erz ist nur einer von 76.000 deutschen Unparteiischen, die jedes Wochenende den Spielbetrieb des größten Fußballverbandes der Welt aufrecht erhalten. Physische und psychische Gewalt brachten Erz an den Rand des Zusammenbruchs. Sein Fall zeigt: Hobby-Schiedsrichter sind eine gefährdete Spezies. In mehrfacher Hinsicht. (11 Freunde)
Russland: Doch kein Coming-out?
Die beiden Fußballprofis Alexander Kokorin und Pavel Mamaev haben ihr vermeintliches Coming-out (wir berichteten) dementiert. Sie seien nur beste Freunde. (Queer.de)
Werder: Prozess gegen Nazi-Hooligan
Im Bremer Landgericht begann am 11. Januar der Prozess gegen einen rechtesextremen Werder-Hooligan. Der Angeklagte soll bei einer Schlägerei Anfang Mai 2012 einen Schalke-Fan so brutal gegen den Kopf getreten haben, dass das Opfer mehrere Trümmerbrüche im Gesicht erlitt. (Radio Bremen)
Sind alle europäischen Fußballfans Antisemiten?
Das Simon Wiesenthal Center nahm die europäischen Fußballfans in seine Liste der "Top Ten Antisemitic/Anti Israel Slurs 2012« auf. Die 11 Freunde sprach mit Dr. Shimon Samuels, Direktor für internationale Beziehungen des Zentrums, über die Gründe.
Hitlergrüße im MSV-Block: Staatsanwaltschaft stellt ein Verfahren ein
Der 18. August 2012 war ein schwarzer Tag für alle MSV-Fans: Die Zebras gewannen zwar ihr Pokalspiel in Halle, aber Rechtsradikale grölten im Block rassistische Parolen, zeigten den Hitlergruß. Gegen einen Verdächtigen wurde nun aufgrund veränderter Zeugenaussagen das Verfahren eingestellt. (WAZ)
Udinese-Profi wegen Rassismus verurteilt
Der brasilianische Abwehrspieler Danilo vom italienischen Erstligisten Udinese Calcio ist wegen rassistischer Übergriffe in seiner Heimat zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Im Jahr 2010, als der 28-Jährige beim Klub Palmeiras unter Vertrag stand, soll er den dunkelhäutigen Spieler Manoel, Ex-Profi von Atletico Parana, bespuckt und beleidigt haben. (WAZ)