Werder Bremens unerwünschter NPD-Fan

Ein erst vor wenigen Wochen dem Verein beigetretener NPD-Politiker ist bei Werder unerwünscht. Die NPD freut sich. Der Fan-Streit ist nun Medien- und Wahlkampfthema.

Von Andreas Speit

Auf dem Facebook-Profil des NPD-Wahlkampfleiters steht die Werder-Raute neben dem Logo seiner Partei. Seit frühesten Jugendtagen, teilte Jens Pühse bemüht unpolitisch mit, habe er sich schon mit Werder Bremen verbunden gefühlt. Nach seiner Rückkehr an die Weser war es für ihn "nur logisch" die Vereinsmitgliedschaft zu beantragen, schreibt der Politiker auf der NPD-Landeswebsite weiter.

Auf Facebook hatte Pühse seine Vereinsmitgliedschaft selbst öffentlich gemacht. Es dauerte einige Wochen, dann geschah, was geschehen sollte. Am 15. April forderte Werders Vizepräsident Hubertus Hess-Grunewald den NPD-Politiker in einem Brief auf, den Verein zu verlassen. Andernfalls werde ein "Vereinsausschlussverfahren" eingeleitet. Teile des Briefes veröffentlichte Pühse stolz via Facebook.


Pühse mag laut seinem Facebook-Profil einige, sehr differente Musikerinnen und Musiker - aber nur einen Verein

Am 22. Mai will Pühse bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft in Bremerhaven für die NPD als Spitzenkandidat antreten. Ein so erfahrener Parteikader wie der 39-Jährige, Mitglied im Bundesvorstand und Bundesorganisationsleiter der NPD, weiß, wie Informationen wirken.

Es sieht so aus, als ob er den Verein benutzt. Nicht mal vier Monate wäre Pühse nach dem bevorstehenden Rausschmiss Werder-Mitglied gewesen. "Freiwillig trete ich nicht aus", schreibt Pühse als Antwort auf den Werder-Brief. Er sucht den Konflikt, denn im Wahlkampf will die NPD in die Medien – Schlagzeilen machen, Berichte provozieren.

In der Deutschen Stimme, der NPD-Monatszeitung, betonen der Bremer Spitzenkandidat Matthias Faust und Jens Pühse im Interview, dass sie im Wahlkampf dringend Medienechos erzeugen müssen, um wahrgenommen zu werden. Interne NPD-Mails, die im Februar verschieden Redaktionen zugänglich gemacht wurden, belegen, wie die NPD versucht, noch so kleine Aktionen oder Informationen so zu lancieren, das ein großes Medienecho entstehen könnte.

Erfreut äußerte sich Faust in der Mai-Ausgabe der Deutschen Stimme darüber, dass an der Weser kein Tag vergehe, an dem sie "nicht in den lokalen Medien erwähnt" würden. "Über uns wird geredet, was eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Wahlteilnahme ist", sagt er. Die Meldung über das Ausschlussverfahren von Werder Bremen wurde am Mittwoch von der Deutschen Presseagentur an hunderte Zeitungen geliefert.

Sport als Wahlkampfthema, das ist bei der NPD nichts Neues. In Sachsen-Anhalt nutzte die Partei schon vor der heißen Phase des Landtagswahlkampfes die Auseinandersetzung um den Fußball-Nachwuchstrainer Lutz Battke. Der Sportverein BSC 99 Laucha war wegen Battkes Engagement in die Kritik geraten, weil der für die NPD in Kommunalparlamenten sitzt und wie erwartet zur Landtagswahl antrat. Der NPD-Landesverband sprach von Ausgrenzung wegen falscher politischer Einstellungen und startete die Kampagne: "Unser Trainer heißt Battke."

Vom "Gesinnungs-Tüv" spricht jetzt auch die Bremer NPD. Pühse fragt: "Was hat meine Parteimitgliedschaft mit meiner Mitgliedschaft bei Werder Bremen zu tun?" Viel, heißt es bei Werder. Der Vereinssprecher Tino Polster erklärte zum wiederholten Male, dass die Ziele der NPD dem Ethik-Kodex Werders widersprechen. In der Vereinssatzung heißt es: "Der Verein fördert die Funktion des Sports als verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten. Er bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität eine sportliche Heimat."

Auf der nächsten Präsidiumssitzung, am 3. Mai, dürfte die Einleitung des Ausschlusses des NPD-Politikers nur noch Formsache sein. Nach der Vereinssatzung hat der Betroffene jedoch das Recht auf eine Stellungnahme. Diese Möglichkeit für einen erneuten Mediencoup will Pühse nicht verpassen. "Ich werde den SV Werder Bremen nun auffordern, mich zu einer persönlichen Anhörung im Präsidium des SV Werder einzuladen!", teilte er auf Facebook mit.

Dieser Artikel erschien am 21.04.2011 bei ZEIT online. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

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