Radiohead-Frontmann Thom Yorke bei einem Konzert in Italien, 2012.
Flickr / Daniele Dalledonne / CC BY-SA 2.0

"Spielt nicht bei Juden": Radiohead wird in Tel Aviv auftreten, antisemitische Aktivisten wollten das verhindern

Ein riesiges aufblasbares Schwein, bemalt mit Hakenkreuzen und dem Davidstern. Dazu Aufrufe, Israel und israelische Produkte zu boykottieren: Für den Pink-Floyd-Mitgründer Roger Waters hat das alles nichts mit Antisemitismus zu tun. Das Schwein gehört zur Bühnenshow seiner Band und Waters ist einer der prominentesten Vertreter der sogenannten BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen). Mit einem offenen Brief haben er und einige andere Künstler versucht, die britische Band Radiohead von einem Auftritt in Tel Aviv abzuhalten. Erfolglos. Das Konzert wird am Mittwoch stattfinden.

Von Stefan Lauer

Ende April wurde der Brief veröffentlicht, den unter anderem auch der Regisseur Ken Loach und Thurston Moore, Sänger der Band "Sonic Youth" unterschrieben haben. Seitdem wird Radiohead und vor allem dem Sänger der Band, Thom Yorke, vorgeworfen, er würde das angebliche "Apartheidsregime" Israel mit dem Auftritt der Band legitimieren und verteidigen. Die Verfasser schreiben: "Wenn ihr in Israel spielt, spielt ihr in einem Staat, von dem UN-Beobachter sagen, dass er 'das palästinensische Volk einem System der Apartheid aussetzt'. (…) Bitte tut das, was Künstler auch während des Systems der Apartheid in Südafrika gemacht haben: Bleibt dort weg, bis die Apartheid vorbei ist."

Die BDS-Aktivist_innen werfen Israel regelmäßig Apartheid wie in Südafrika vor und arbeiten dabei mit unsauberen Methoden. Denn auch wenn hier von "UN-Beobachtern" gesprochen wird, gibt es in der Realität kein Urteil des Internationalen Gerichtshof, dass Israel Apartheid vorwirft. Die FDP-nahe Friedrich-Nauman-Stiftung fasst das so zusammen: "Damit ist die vom BDS Movement vorgebrachte Anschuldigung objektiv nicht haltbar – das Regierungshandeln Israels entspricht weder den Merkmalen der historischen noch der juristischen Apartheid. Mit dem Ruf nach gleichen Rechten stellt die Boykottbewegung implizit eine falsche Tatsachenbehauptung auf, um anschließend eine Scheinforderung zu formulieren, die eine strukturelle Ähnlichkeit von BDS mit dem historischen Widerstand gegen die Apartheid in Südafrika suggerieren soll."

Ian Halperin ist ein investigativer Journalist und Filmemacher. Im Sommer wird er "Wish You Weren't Here" veröffentlichen, einen Film über den BDS-Aktivisten Roger Waters und sein problematisches Verhältnis zu Israel und Juden. Bei wenigstens einer Pink-Floyd-Show flog ein aufblasbares Schwein, auf das Hakenkreuze und der Davidstern gemalt waren, über die Menge der Konzertbesucher. Halperin ist der Apartheids-Behauptung der Israelgegner nachgegangen und sagt der britischen Zeitung "Observer": "Ich habe Mandela getroffen. Ich habe all die Anführer getroffen, die für die Befreiung Südafrikas gekämpft haben. Waters weiß nicht, wovon er spricht. Südafrikaner fühlen sich von seinen Aussagen beleidigt."

Immer wieder kommt es zu Boykottaufrufen an internationale Künstler. Meistens ignorieren die Bands und Sänger_innen die Meldungen. Unter anderem spielten in diesem Jahr bereits Britney Spears und die Band Aerosmith in Israel. Auch Rihanna, Madonna, Justin Timberlake und viele andere sind in den letzten Jahren aufgetreten. Radiohead-Frontmann Thome Yorke hat sich allerdings im Gegensatz zu den meisten anderen in einem Interview mit dem amerikanischen Musikmagazin "Rolling Stone" geäußert: "Es gibt eine Menge Leute, die nicht mit BDS einverstanden sind, dazu gehören wir auch. Ich will nichts mit dem kulturellen Boykott zu tun haben, genauswenig wie J.K. Rowling oder Noam Chomsky und viele anderen." Auch auf Twitter meldet sich Yorke zu den Boykottaufrufen:

 

 

 

Angeblich will BDS die israelische Wirtschaft schwächen. Wenn Aufrufe allerdings Wirkung zeigen, sind die tatsächlichen Leidtragenden oft Palästinenser, wie das Beispiel Sodastream zeigt. Die Sprudelfirma produzierte lange Zeit in der israelischen Siedlung Mishor Adumim im Westjordanland. Zu den 1.300 Beschäftigten der Fabrik gehörten auch 500 Palästinenser, die den gleichen Lohn wie ihre israelischen Kollegen erhielten – das vierfache des Durchschnittslohns in den palästinensischen Gebieten. Die Arbeiter wehrten sich gegen die immer lauter werdenden Boykottaufrufe der BDS-Bewegung. Allerdings ohne Erfolg. 2015 schloss Sodastream die Fabrik, zog an einen anderen Standort und fast alle der 500 Palästinenser verloren ihre Jobs. Die BDS-Bewegung feierte das als großen Erfolg.

Auch die eigentlichen Ziele der Bewegung sind unklar. Einerseits fordern die Aktivisten ein Israel in den Grenzen von 1967, in anderen Aufrufen, die auch von vielen Vertretern des deutschen BDS unterschrieben wurde, wird  defacto von einer Abschaffung des Staates gesprochen. Laut der Friedrich-Naumann-Stiftung ist genau das das Ziel von BDS: "Die zunächst pazifistisch wirkende Rhetorik der BDS-Bewegung kaschiert ihre wahre Motivation: Die Isolation Israels mit dem Ziel der Beendigung seiner Existenz.

Unterstützung bekommen Radiohead und Thom Yorke indes von einem anderen Indierock-Urgestein. Michael Stip, R.E.M.-Frontmann äußerte sich auf Instagram:

 

 

Foto oben: Flickr / Daniele Dalledonne / CC BY-SA 2.0

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