Schwarz oder braun?

Auf dem NPD-Parteitag wurden Konflikte ausgespart. So auch das Verhältnis zum offen militanten "Schwarzen Block", deren junge Mitglieder sich am Lifestyle der linksradikalen Jugend orientieren.

Von Toralf Staud

Zum Schluss des Parteitags in Bamberg konnte sich NPD-Chef Udo Voigt wieder locker geben. Er habe es „phantastisch“ gefunden, so Voigt geradezu gönnerhaft, dass sich im Vorfeld seiner Wiederwahl so viele Gegenkandidaten gefunden hätten. Das zeige doch, „dass es genügend Kräfte gibt, die die Partei führen könnten“. Dabei lächelte Voigt breit – ganz anders als noch am Vortag. Ohnehin kein guter Rhetoriker, hatte er sich in seinen Reden noch öfter als sonst verhaspelt.

Sonntagmittag dann lobte er den „Parteitag der Geschlossenheit“. Tatsächlich war die NPD den Konflikten und offenen Fragen aus dem Weg gegangen. Voigt, dessen Stärke seit seiner Amtsübernahme vor zwölf Jahren das Vermitteln zwischen den unterschiedlichen Strömungen inner- und außerhalb der NPD ist, wurde mit 90-Prozent-Mehrheit als Parteichef bestätigt.

Einzig beim sogenannten Deutschland-Pakt, den Wahlabsprachen mit der DVU, gab es in Bamberg eine Klärung: Über Monate hatte sich in der NPD Druck aufgebaut, weil man sich bei der Landtagswahl in Thüringen im kommenden Jahr gute Chancen auf das Erreichen der Fünf-Prozent-Hürde ausrechnet, laut Abmachung aus dem Jahr 2004 dort aber die DVU antreten sollte. Voigt hatte sich lange gegen den Druck aus der Partei verwahrt. Am Sonntag aber erklärte dann ein Abgesandter von DVU-Chef Gerhard Frey bei einem Grußwort, man werde sich bestimmt „wunderbar einigen“.

Vermutlich wird es einen Handel geben: Die drei Delegierten der NPD-Landtagsfraktionen, die im nächsten Jahr an der Wahl des Bundespräsidenten teilnehmen dürfen, schlagen den DVU-Vorsitzenden als Kandidaten vor – das brächte dem greisen Frey öffentliches Rampenlicht und die Gelegenheit zu einer Rede vor der Bundesversammlung. Im Gegenzug könnte er dann der NPD Thüringen überlassen.

Die Finanzprobleme der NPD – und vor allem die Frage, ob Voigt daran mitschuldig ist – wurden vertagt. Ebenso drückte sich die Partei um eine Klärung ihres Verhältnisses zu den sogenannten „Autonomen Nationalisten“. Was durchaus verständlich ist, weil an diesem Punkt die gern verwischten Widersprüche der Partei offen aufbrechen: Die NPD stellt sich gern als eine Partei von Recht und Ordnung hin und betont, „das System“ nur mit legalen Mitteln stürzen zu wollen – doch Verurteilungen oder abgesessene Haftstrafen erhöhen intern eher das Ansehen. Die NPD will offen sein für die gesamte „nationale Bewegung“, die Nachwuchsorganisation druckt auf ihre Aufkleber die Losung „Jugend kommt zu uns!", aber wenn die Jugend dann kommt, soll sie sich unbedingt an die deutsch-völkische Kleiderordnung halten.

Die „Autonomen Nationalisten“ sind die derzeit vitalste Strömung des Rechtsextremismus, laut Bundesverfassungsschutz haben sie innerhalb eines Jahres ihre Anhängerzahl verdoppelt. Ideologisch gibt es kaum Unterschiede zur NPD – im Äußeren aber versuchen die Rechtsautonomen explizit, die Ästhetik und den Lifestyle der linksradikalen Jugendszene zu kopieren. Am 1. Mai auf der der Demonstration von Neonazi-Kameradschaften in Hamburg überraschten sie Öffentlichkeit und Polizei durch offene und gezielte Gewalt. Kaum verhohlen freute man sich hinterher auch in der NPD über die „wehrhaften“ Kameraden.

Beim gemäßigten und auf ein eher bürgerliches Auftreten bedachten Parteiflügel löste das scharfe Kritik aus. Udo Voigt sprach das „leidige Thema Schwarzer Block“ denn auch in seiner Parteitagsrede an. Er distanzierte sich von Gewalt – aber aus rein taktischen Erwägungen und vor allem dann, wenn sie sich gegen „deutsche Polizisten“ richte. Er könne die Wut der jungen Kameraden ja verstehen, wenn sie sich bei ihren Demonstrationen von der Polizei schikaniert fühlen. Aber die Ordnungshüter, so der ehemalige Bundeswehrhauptmann Voigt, die täten doch nur ihre Pflicht – und zwar „auf Weisung von oben“. Innerlich aber stünden sie auf Seiten der NPD, so Voigt. Doch „wenn aus unseren Reihen Gewalt kommt, dann wird sich das ändern“.

Journalisten, die in Hamburg gezielt angegriffen wurden, erwähnte Voigt nur nebenbei, und die am 1. Mai ebenfalls attackierten Gegendemonstranten gleich gar nicht. Und als am Sonntag die Vize-Vorsitzende der HNG ihr Grußwort an den Parteitag entbot – dieser Verein kümmert sich mit Päckchen und Briefpatenschaften um „nationale politische Gefangene“ in den „Systemkerkern“ und betreut auch den Polizistenmörder Kay Diesner –, da brandete mehrfach begeisterter Applaus durch den Saal. Am lautesten, als sie sich am Ende mit dem SA-Gruß „Nichts für uns, alles für Deutschland!“ verabschiedete.

Am „Schwarzen Block“ stört die NPD weniger dessen Militanz, als dessen „von uns nicht gewolltes Erscheinungsbild“, so Voigt. „Spruchbänder mit englischen Texten“ oder „sogar die geballte Kommunistenfaust“ seien für Nationalisten einfach nur „indiskutabel“. Auch Jürgen Rieger, frisch gewählter Partei-Vize, der sich am 1. Mai in Hamburg inmitten des „Schwarzen Blocks“ tummelte, mokierte sich in Bamberg darüber, dass die „Autonomen Nationalisten“ mitten im Sommer schwarze Kapuzenpullis trügen und Sonnenbrillen auch dann, wenn die Sonne gar nicht scheine.

In der Tat berührt ästhetische Vielfalt – und nicht die Gewaltfrage – die weltanschaulichen Basis der NPD: Sie propagiert nämlich eine homogene Volksgemeinschaft als Lösung aller Probleme, und da ist Buntheit und vermeintlich Fremdes natürlich ein Problem. Es ist keine Folklore, sondern Ideologie, dass die NPD alle Anglizismen ablehnt und ihr Parteiverlag runenkundliche Bücher vertreibt. Und wenn schon Kapuzenpullover, dann bitte solche mit dem Aufdruck „Thor, hilf uns!“, wie ihn einer der Parteitagsdelegierten zur Schau trug.

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