"Wir helfen jedem, egal welche Hautfarbe er hat"

Mike Brendel ist Kreis-Jugendfeuerwehrwart der sächsischen Schweiz und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr seit 18 Jahren. In der Sächsischen Schweiz erhielt die NPD am Sonntag bei den Kommunalwahlen teilweise 25 Prozent der Stimmen. Herr Brendel betreut 47 Jugendfeuerwehren. Die machen sich stark gegen rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft.

Herr Brendel, hatten Sie eine derart gutes Wahlergebnis für die NPD erwartet?

Erwartet hatte ich es, aber eben nicht erhofft. Sagen wir einmal so, ich habe es befürchtet.

Wie hat sich denn der NPD-Erfolg denn vorher für Sie abgezeichnet?

Die haben fast keine Laterne ausgelassen. Überall hingen die Plakate. Sie sind auch mit ihren klassischen Themen auf Stimmenfang gegangen, mit vielen sozialen Themen. Die anderen Parteien waren nicht so präsent, das war ein Fehler.

Die Jugendfeuerwehr hat während des Wahlkampfes ihre Stimme gegen Rechts erhoben und gemeinsam mit der Aktion Zivilcourage aus Pirna und dem "Jugendring Sächsische Schweiz" Plakate aufgehängt, auf denen steht: "Ich wähl mir eine(n) - Mensch geht zur Wahl." Glauben Sie, das hat etwas bewirkt?

Das weiß ich nicht, wir hatten keine Reaktionen von den Bürgern. Zumindest - und das ist für unsere Jugendarbeit wichtig - haben unsere jungen Mitglieder politisches Engagement gezeigt. 1000 Plakate haben sie verteilt. Bei uns im Landkreis haben ein paar hundert Menschen mehr gewählt, als anderswo. Es waren rund 50 Prozent, landesweit waren es nur 46. Vielleicht hat es doch etwas bewirkt.



Haben Sie miterlebt wie Rechtsextreme versuchen, die Feuerwehr zu unterwandern?

Die Feuerwehr hat eine gewisse Anziehungskraft für Rechtsextreme. Bei uns herrscht Disziplin, ein gewisser militärischer Drill eben. In der Jugendfeuerwehr ist die Unterwanderung aber kein Problem, die gibt es nicht. Dafür sind die Leute zwischen zehn und 16 Jahren zu jung, zu unpolitisch. Da will niemand gezielt unterwandern. Dazu kommt auch, dass den Rechtsextremen unsere Einstellung nicht gefällt: Denn, wir helfen jedem, egal welche Hautfarbe er hat. Rechtsextremismus gibt es überall in der Gesellschaft, natürlich gibt es dieses Denken auch bei manchen Mitgliedern der Feuerwehr. Das Wahlergebnis zeigt: Es ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen - und warum soll das vor der Feuerwehr halt machen? Wir setzen dem aber eben auch etwas entgegen.


Was machen Sie, um zu verhindern, dass doch Rechtsextreme bei der Feuerwehr eintreten?

Wir bemühen uns, Neonazis sofort zu erkennen - und diese dann auch anzusprechen. Das ist oft nicht einfach. Vielleicht erkenne ich manche Neonazis auch nicht. Sie haben ja eigene Codes. Neulich habe ich jemand gesehen, der hatte auf seinem T-Shirt mit altdeutscher Schrift irgendetwas auf Englisch stehen. Eine Jugendsozialarbeiterin hat mir dann gesagt, das ist ein Neonazi-T-Shirt. Ich bin auf ihn zugegangen und habe ihm gesagt, dass ich so etwas nicht dulde. Er hat es gleich verdeckt und nie wieder gezeigt.

Das bedeutet freilich nicht automatisch das Abstreifen der Ideologie, aber damit thematisieren sie offen die politische Gesinnung. Gibt es denn Schulungen zum Erkennen der Symbole?


Wir organisieren für die Jugendfeuerwehr mindestens einmal im Jahr ein Seminar, bei dem unter anderem das Erkennen der rechtsextremen Codes gelehrt wird. Außerdem ist die Jugendfeuerwehr Sachsen gerade dabei derartige Kurse zu institutionalisieren. Die Idee ist, dass jeder Jugendwart innerhalb des Schulungsbaustein "Gegen Extremismus und Gewalt" auch die Neonazi-Codes erkennen lernt.

Wie kann man sich denn als Feuerwehr-Mann ihrer langjährigen Erfahrung nach am besten vor rechtsextremen Einflüssen schützen?

Wenn ich das wüsste, dann hätte ich mich zum Landratskandidaten aufstellen lassen können und dann hätten sie mich vielleicht auch noch gewählt. Man muss ganz einfach dranbleiben, sich mit den Argumenten der Neonazis auch auseinandersetzen. Man muss sich mit dem Populismus auseinandersetzen und zeigen, dass es hohl ist.

Das Interview führte Marie von Mallinckrodt

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