Ist nun ein sanierter Mann: André Poggenburg, AfD-Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt, konnte mit seinen Rechtsaußen-Positionen mehr als genug Stimmen für einen Sitz im Landtag zusammenbringen.
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Landtagswahlen Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz: Flüchtlingsfeindlichkeit und Law-and-Order-Politik werden zweistellig gewählt

Der 13.03.2016 war der Wahlsonntag, an dem AfD-Wähler_innen deutlich zeigten, was sie sich für Deutschland wünschen: Rassismus, Flüchtlings- und Islamfeindlichkeit, Vielfaltfeindlichkeit, Law-and-Order-Politik. Und dies zweistelling in allen drei Wahlländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.  Nun wäre erwiesen, dass Rechtspopulismus auch ohne charismatische Führungsfiguren Wahlerfolge erzielen kann. Einige Zahlen zu den Wahlen.
 

Sachsen-Anhalt +++ Baden-Württemberg +++ Rheinland-Pfalz
 

Sachsen-Anhalt

  • In Sachsen-Anhalt erhält die AfD 24,2 Prozent der Stimmen und wird damit zweitstärkste Kraft im Bundesland hinter der CDU.
  • Die AfD bekommt 24 Sitze im Landtag.
  • Die NPD erhielt in Sachsen-Anhalt 1,89 % der Stimmen, Die Rechte 0,21 %, ALFA 0,93 % der Stimmen
     

Erkenntnisse auf tagesschau.de zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt (Umfragen von infratest dimap):

  • 27 % der AfD-Wähler sind überzeugt von ihrer Partei; 64 Prozent vor allem enttäuscht von anderen Parteien.
  • 64 % der Wähler in Sachsen-Anhalt meinen, die Partei löse zwar keine Probleme, benenne sie aber (AfD-Wähler_innen: 93 %)
  • 56 % meinen, die AfD habe besser als andere verstanden, dass sich die Menschen nicht mehr sicher fühlten (AfD-Wähler_innen: 99 %)
  • 48 % finden gut, dass die AfD den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will (AfD-Wähler_innen: 99 %)
  • 46 % finden gut, dass die AfD Probleme mit der Integration muslimischer Flüchtlinge anspricht (AfD-Wähler_innen: 98 %).
  • 77 % meinen, die AfD distanziere sich nicht genug von rechtsradikalen Positionen (AfD-Wähler_innen: 50 %).

Ansichten zum Thema Flüchtlinge:

  • Bin erleichtert, dass derzeit nur noch wenige Flüchtlinge nach Deutschland kommen – insgesamt Zustimmung 76 %, AfD-Wähler_innen: 91 %.
  • Empfinde Flüchtlinge als eine Bereicherung für das Leben in Deutschland -  insgesamt Zustimmung: 41 %, AfD-Wähler_innen: 6 %
  • Kriegt der Bund die Flüchtlingssituation langsam in den Griff? Gesamt: 44 % stimme zu; 54 % stimme nicht zu; AfD-Wähler_innen: 7 % stimme zu; 92 % stimme nicht zu.
  • "Für Flüchtlinge wird mehr getan als für Einheimische?" Gesamt: 54 % stimmen zu, 45 % stimmen nicht zu; AfD-Wähler_innen: 21 % stimmen zu,  79 % stimmen nicht zu.
  • „Habe die Sorge, dass der Einfluss des Islam zu stark wird.“ - Gesamt: 67 % stimmen zu; AfD-Wähler_innen: 92 % stimmen zu. 
  • „Habe Sorge, dass die Kriminalität in Deutschland ansteigen wird.“ - Gesamt: 67 % stimmen zu; AfD-Wähler_innen: 95 %

Befragte meinen, die Kompetenzen der AfD seien „Flüchtlingssituation bewältigen“, „Kriminalitätsbekämpfung“ und „soziale Gerechtigkeit.“

Wahlentscheidende Themen für AfD-Wähler_innen: Flüchtlinge (56 %), soziale Gerechtigkeit (42 %), innere Sicherheit (27 %), Wirtschaft und Arbeit (25 %).

  • AfD wird mehr von Männern (27 %) als von Frauen (18 %) gewählt. Mehr von Menschen mit einfacher Bildung (24%) als von Menschen mit hoher Bildung (15 %).
  • Alter: 25 % der AfD-Wähler_innen sind 18-24 Jahres alt, 28 % sind 19-34 Jahre alt, 28 % sind 35-44 Jahre alt, 27 % sind 45-59 Jahre alt, 20 % sind 60-69 Jahre alt, 14 % sind 70 und älter.
  • Unter den Erstwähler_innen war die AfD die stärkste Partei mit 23 % vor der CDU mit 16 %.
  • Sozialer Status: Die AfD wird zu 35 % von Arbeitern gewählt, zu 21 % von Angestellten, zu 22 % von Selbstständigen, zu 18 % von Rentner_innen und zu 36 % von Arbeitslosen.

 

Baden-Württemberg

  • In Baden-Württemberg erhält die AfD 15,1 Prozent der Stimmen und wird damit drittstärkste Kraft hinter Grünen und CDU. 
  • Die AfD bekommt 23 Sitze im Landtag.
  • Die NPD erhielt in Baden-Württemberg  0,44 % der Stimmen, Die Rechte 0,01 %, ALFA 1,02 %, die REP 0,33 %.

Erkenntnisse auf tagesschau.de zur Landtagswahl in Baden-Württemberg (Umfragen von infratest dimap):

  • 21 % der AfD-Wähler sind überzeugt von ihrer Partei; 70 Prozent vor allem enttäuscht von anderen Parteien.
  • 93 % der AfD-Wähler_innen in Sachsen-Anhalt meinen, die Partei löse zwar keine Probleme, benenne sie aber .
  • 93% der AfD-Wähler_innen meinen, die AfD ist näher an der Sorgen der Bürger als andere Partein.
  • 92 % der AfD-Wähler_innen finden, die AfD wird von Medien unfair behandelt.
  • 87 % der AfD-Wähler_innen finden, die AfD sollte an einer Regierung beteiligt werden.
  • 49 % der AfD-Wähler_innen finden,  die AfD distanziere sich nicht genug von rechtsradikalen Positionen
  • 46 % finden gut, dass die AfD Probleme mit der Integration muslimischer Flüchtlinge anspricht (AfD-Wähler_innen: 98 %).

Ansichten zum Thema Flüchtlinge:

  • Kriegt der Bund die Flüchtlingssituation langsam in den Griff? - Gesamt: 54 % stimme zu; 44 % stimme nicht zu. AfD-Wähler_innen: 7 % stimme zu; 92 % stimme nicht zu.
  • Für Flüchtlinge wird mehr getan als für Einheimische. - Gesamt: 38 % stimmen zu, 60 % stimmen nicht zu; AfD-Wähler_innen: 85 % stimmen zu,  14 % stimmen nicht zu.
  • „Habe die Sorge, dass der Einfluss des Islam zu stark wird.“ - Gesamt: 52 % stimmen zu; AfD-Wähler_innen: 90 % stimmen zu. 
  • „Habe Sorge, dass die Kriminalität in Deutschland ansteigen wird.“ - Gesamt: 53 % stimmen zu; AfD-Wähler_innen: 94 % 

Befragte meinen, die Kompetenzen der AfD seien „Flüchtlingspolitik“, „Kriminalitätsbekämpfung“ und „soziale Gerechtigkeit“ und „Arbeitsplätze“ und „Familienpolitik“.

Mit dem Funktionieren der Demokratie unzufrieden sind in Baden-Württemberg 36 % der Menschen – aber 81 % der AfD-Wähler_innen.

Wahlentscheidende Themen für AfD-Wähler_innen: Flüchtlinge (75 %), innere Sicherheit (38 %), soziale Gerechtigkeit (29 %), Wirtschaft und Arbeit (22 %).

  • Geschlecht: AfD wird mehr von Männern (18 %) als von Frauen (12 %) gewählt. Mehr von Menschen mit einfacher Bildung (17%) als von Menschen mit hoher Bildung (11 %).
  • Alter: 15 % der AfD-Wähler_innen sind 18-24 Jahres alt, 19 % sind 19-34 Jahre alt, 18 % sind 35-44 Jahre alt, 16 % sind 45-59 Jahre alt, 14 % sind 60-69 Jahre alt, 9 % sind 70 und älter.
  • Unter den Erstwähler_innen war die AfD die drittstärkste Partei mit 14 % nach den Grünen (28 %) und der CDU  (23 %)
  • Sozialer Status: Die AfD wird zu 35 % von Arbeitern gewählt, zu 21 % von Angestellten, zu 22 % von Selbstständigen, zu 18 % von Rentner_innen und zu 36 % von Arbeitslosen.

 

Rheinland-Pfalz

  • In Rheinland-Pfalz erhält die AfD 12,6 Prozent der Stimmen und wird damit drittstärkste Kraft hinter SPD und CDU.
  • Die AfD bekommt 14 Sitze im Landtag.
  • Die NPD erhielt in Rheinland-Pfalz  0,5 % der Stimmen, ALFA 0,63 %, die REP 0,24 %.
 
  • 29 % der AfD-Wähler sind überzeugt von ihrer Partei; 62 Prozent vor allem enttäuscht von anderen Parteien.
  • 46 % der Wähler in Rheinland-Pfalz  meinen, die Partei löse zwar keine Probleme, benenne sie aber (AfD-Wähler_innen: 90 %)
  • 42 % meinen, die AfD habe besser als andere verstanden, dass sich die Menschen nicht mehr sicher fühlten (AfD-Wähler_innen: 99 %)
  • 31 % finden gut, dass die AfD den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will (AfD-Wähler_innen: 96 %)
  • 18 % finden, sie ist näher an den Sorgen der Bürger_innen als andere Parteien.
  • 82 % meinen, die AfD distanziere sich nicht genug von rechtsradikalen Positionen (AfD-Wähler_innen: 54 %).
  • 81 % der AfD-Wähler_innen meinen außerdem, die AfD werde in Medien unfair behandelt.

Ansichten zum Thema Flüchtlinge:

  • Kriegt der Bund die Flüchtlingssituation langsam in den Griff? - Gesamt: 52 % stimme zu; 45 % stimme nicht zu; AfD-Wähler_innen: 9 % stimme zu; 90 % stimme nicht zu.
  • Für Flüchtlinge wird mehr getan als für Einheimische. - Gesamt: 38 % stimmen zu, 58 % stimmen nicht zu; AfD-Wähler_innen: 84 % stimmen zu,  13 % stimmen nicht zu.
  • „Habe die Sorge, dass der Einfluss des Islam zu stark wird.“ - Gesamt: 53 % stimmen zu; AfD-Wähler_innen: 95 % stimmen zu.

61 % der Menschen in Rheinland-Pfalz sind mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden, 38 % nicht. Bei AfD-Wähler_innen: 17 % zufrieden, 83 % nicht.

Befragte meinen, die Kompetenzen der AfD seien „Flüchtlingssituation bewältigen“, „Kriminalitätsbekämpfung“ und „soziale Gerechtigkeit.“

Wahlentscheidende Themen für AfD-Wähler_innen: Flüchtlinge (56 %), soziale Gerechtigkeit (42 %), innere Sicherheit (27 %), Wirtschaft und Arbeit (25 %).

  • Geschlecht: AfD wird mehr von Männern (14 %) als von Frauen (8 %) gewählt. Mehr von Menschen mit einfacher Bildung (12%) als von Menschen mit hoher Bildung (8 %).
  • Alter: 13 % der AfD-Wähler_innen sind 18-24 Jahres alt, 16 % sind 19-34 Jahre alt, 16 % sind 35-44 Jahre alt, 14 % sind 45-59 Jahre alt, 10 % sind 60-69 Jahre alt, 6 % sind 70 und älter.
  • Unter den Erstwähler_innen war die AfD die stärkste Partei mit 23 % vor der CDU mit 16 %.
  • Sozialer Status: Die AfD wird zu 23 % von Arbeitern gewählt, zu 11 % von Angestellten, zu 8 % von Selbstständigen, zu 10 % von Rentner_innen und zu 25 % von Arbeitslosen.

 

Viele Kommentatoren und Analysen zielen darauf ab, dass die Entscheidung für die AfD eine "Protestwahl" sei, weil die AfD-Wähler_innen das Programm der Partei gar nicht kennen würden. Ein Kreuz bei der AfD ist allerdings mitnichten eine "Protestwahl", sondern Ausdruck einer Überzeugung und eines Lebensentwurfes. Das zeigen die Zahlen: AfD-Wähler_innen wählen die Partei für die Einstellungen, die sie mit ihr verbinden durch die Diskurse, die sie führt: Flüchtlingsfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit, Rassismus, Etabliertenschelte gegen Politik und Medien, Hetze gegen sexuelle Vielfalt und Law-and-Order-Politik.  Diese Zielen wählen sie aber bewusst – es besteht also offenkundig noch Vermittlungsbedarf, dass die Gleichwertigkeit aller Menschen und damit auch ihre Gleichbehandlung keinen Verlust für einige, sondern einen Gewinn für alle darstellen.

 

Und so menschenfeindlich macht die AfD weiter

Trotzdem sind die Inhalte der AfD eine Betrachtung wert. Im April soll ein neues AfD-Grundsatzpapier verabschiedet werden. Ein Vorentwurf kam passen vor den Landtagswahlen an die Öffentlichkeit und zeigt, wie sich die AfD weiter nach rechtsaußen entwickelt, mit vielen antimodernen, rückwärtsgewandten Positionen in allen Lebensbereichen.

Einige Punkte darin:

  • Arbeitgeberanteil bei Arbeiten im Rentenalter streichen,
  • späteres Renteneinstiegsalter,
  • Arbeitgeberanteil bei ALG 1 streichen,
  • ALG 1 privatisieren,
  • gesetzliche Unfallversicherung abschaffen,
  • Gewerbe- und Erbschaftssteuer abschaffen,
  • Banken- und Steuergeheimnis wieder einführen,
  • Rettungsprogramme für überschuldete Kommunen und Länder verbieten,
  • keine Finanzierung Alleinerziehender,
  • Schuldprinzip bei Ehescheidungen wieder einführen,
  • Gesetzesverschärfung zum Schwangerschaftsabbruch,
  • traditionelle Geschlechterrollen bewahren,
  • Gender-Forschung abschaffen,
  • Anti-Diskriminierungsgesetz und Diversity-Programme abschaffen,
  • Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks,
  • “sicherheitspolitischer Befreiungsschlag”:”Systemwechsel hin zu” “Ausländerbehörden, Polizei und Strafverfolgung”,
  • Strafmündigkeitsalter auf zwölf Jahre senken,
  • Dienstpflicht für Frauen/ Wehrpflicht für Männer,
  • keine “verengte” “Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus”,
  • Grundrecht auf Asyl abschaffen,
  • jüdische und islamische Praktiken einschränken (Jungenbeschneidung, Schächtung),
  • “der Islam gehört nicht zu Deutschland”,
  • AKW-Laufzeitverlängerung
  • Schluss mit der Klimaschutzpolitik
  • Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abschaffen

Das Papier im Wortlaut finden Sie hier:

 

Wie nun umgehen mit der AfD?

Die Wahlerfolge der Partei in den bisherigen Landtagswahlen sind daher Anlass zur Sorge. Perspektivisch ist durch die erfolgreiche Mobilisierung von Wählerschaften der AfD eine Veränderung des demokratischen Systems in Deutschland zu befürchten. Ein ernstes Risiko ist dabei ein allgemeiner Trend hin zu populistisch geführten politischen Debatten. Bisher wurde dem Rechtspopulismus der Partei nicht entschieden genug entgegen getreten. Klare Aussagen über parteiprogrammatische Inhalte der AfD müssen zukünftig eingefordert werden - sowohl auf politischer Ebene als auch in der medialen Auseinandersetzung. Wähler_innen der Partei sollte klar sein, welche politischen Programme sie mit ihrer Stimme befürworten. Dies gilt insbesondere für Positionen abseits der Flüchtlingsthematik.

Die Amadeu Antonio Stiftung fordert darüber hinaus eine klare Abgrenzung zu menschenfeindlichen Haltungen. Andere Parteien dürfen keinen Zweifel darüber entstehen lassen, dass sie rechtsextreme Äußerungen aus der AfD verurteilen. Um eine weitere Stärkung der AfD in den verbleibenden Landtagswahlen zu verhindern, müssen rechtspopulistischen Kommunikationsstrategien kenntnisreich und deutlich erwidert werden.

Simone Rafael, Jan Riebe, Sofia Vester

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