Kein Kölsch für Nazis - Wie Kneipenwirte "Pro Köln" stoppen wollen

Der Protest gegen den rassistischen Anti-Islam-Kongress von "Pro Köln" am 20. September hat viele Unterstützer. Neben Bündnissen von Gewerkschaften und Politgruppen, hat sich am Rhein auch eine ungewöhnliche Initiative gegründet. Unter dem Motto „Kein Kölsch für Nazis“ zeigen mehr als 100 Kneipenwirte, dass Neonazis in der Stadt unerwünscht sind. Sie wollen damit die Kölner Kneipengänger auffordern die Proteste gegen "Pro Köln" zu unterstützen. Heute beginnt die kulturelle Aktionswoche der Kampagne. Markus Hemke ist Wirt und Sprecher der Initiative.

Herr Hemke, bei „Kein Kölsch für Nazis“ geht es ja weniger darum den Nazis den Bierhahn abzudrehen, sondern es sollen Menschen gegen den "Pro Köln"-Kongress mobilisiert werden. Wie wollen Sie das erreichen?

Unsere Initiative besteht aus Wirten, Musikern und Künstlern. Unter dem Slogan „Kein Kölsch für Nazis“ unterstützen mittlerweile rund 122 Kneipen und 80 Bands, Theater und Künstler die Aktivitäten gegen den Kongress von pro Köln. Wir haben ein großes Plakat mit dem Slogan und den unterstützenden Kneipen drucken lassen, das in jeder der Kneipen an prominenter Stelle hängt. Außerdem haben wir 200.000 Bierdeckel, mit dem Slogan und einem Bezug auf „Pro Köln“ drucken lassen. Kurz vor dem Kongress veranstalten wir eine kulturelle Aktionswoche. Erfreulich ist, dass sich mittlerweile auch ein paar etablierte Brauhäuser und auch einige Gaststätten aus der Altsstadt, wo der Kongress ja stattfinden soll, der Initiative angeschlossen haben. Bei der großen Zahl von Kneipen ist klar, dass es sich bei weiten nicht mehr um Szenelokale handelt, sondern auch viele Läden mit bürgerlichem Hintergrund dabei sind. Die überall gegenwärtigen Plakate und natürlich die Bierdeckel, sowie ein recht umfassende Berichterstattung in der Presse sorgen für viel Aufmerksamkeit.

Vor dem Kongress soll im Rahmen Ihrer Kampagne eine „kulturelle Aktionswoche“ laufen. Was genau erwartet die Kölner?

Bei der Aktionswoche treten in verschiedenen Kneipen und Clubs Bands und DJs auf. Auch Theaterstücke, Lesungen, die Köln-Premiere des neuen FC St. Pauli-Films und selbst kulinarische Wochen in Gaststätten stehen dann unter dem Motto „Kein Kölsch für Nazis“. Einzelne Läden machen auch thematisch spezielle Veranstaltungen zu dem Thema Rechtsextremismus und Rassismus. Am Donnerstag dem 18. September findet in der Werkstatt in Ehrenfeld unser zentraler Abschlussabend mit Konzert und Party statt.

Es ist ja schon eher ungewöhnlich, sich als normale Kneipe politisch zu engagieren. War es schwierig die Wirte zu überzeugen bei Ihnen mitzumachen?

Unter dem Begriff „Kölner Kneipenkultur gegen Nazis“ haben wir zu einem Zeitpunkt angefangen, an dem zwar schon einige politische Gruppen in Köln zu dem Thema aktiv waren. Aber die Info, dass pro Köln einen derart großen und internationalen Kongress mit Nazis aus halb Europa mitten in der Stadt abhalten wollte, hatte natürlich sehr mobilisierend gewirkt. Bei Gesprächen am Tresen stieß der rechte Kongress anfangs auf völlige Überraschung und Unglauben. Wir haben dann einige Szenewirte aber auch andere Wirte aus unserem Stadtteil angesprochen und eine Rundmail versandt. Es ging anschließend sehr schnell aus dem Kreis der „üblichen Verdächtigen“ heraus. Stadtteilweise haben wir jetzt eine sehr bunte Mischung an Unterstützern zusammenbekommen. Nach den ersten Presseveröffentlichungen haben immer mehr Wirte bei uns angefragt wie sie uns unterstützen können.

Und wie wird die Initiative von den Kölner Kneipengängern aufgenommen?

Wir kriegen sehr viele Reaktionen auf unser Engagement. Es kommen jede Menge Presseanfragen und ständig werden wir auf die Kampagne angesprochen. Klar machen nicht alle Wirte mit, die man darauf anspricht. Einige wollen überhaupt keine Politik in ihren Läden. Leider gibt es aber auch Wirte, die die Aktion zwar gut finden, sich aber nicht getraut haben sie zu unterstützen aus Angst vor Reaktionen von Nazis. Aber im Groben und Ganzen war die Reaktion unter den Gastronomen positiv. „Pro Köln“ hat am Anfang etwas von „linken Schmuddelkneipen“ auf ihrer Internet-Seite geschrieben. Nach dem ersten Pressecho, gab es dann ein Haufen von E-Mails bei denen die Kneipen die als Initiatoren in den Medien auftauchten beschimpft wurden. Interessanter waren da die Reaktionen in den eher bürgerlichen Läden. Dort führte gerade die Bierdeckelaktion zu zahlreichen Diskussionen. Gerade dort kam man mit der Aktion an viele neue Leute ran.

Gab es in der Vergangenheit in Köln einem ähnlichen Zusammenschluss zivilgesellschaftlichen Widerstands gegen Rechtsextremismus?

Das große „Arsch Huh“ Konzert 1992 ist hier immer noch vielen bekannt. Damals kamen in einer Zeit, als in Deutschland landesweit die Flüchtlingsheime brannten, 100.000 Menschen zusammen. Auch danach machte „Arsch huh“ zahlreiche Konzerte und Aktionen. „Arsch Huh“ war und ist aber mehr ein Zusammenschluss der prominenten Künstler. Kölsche Bands wie die Höhner, Brings, Bläck Fööss, die sonst ihre Hauptsaison im Karneval haben, hatten sich mit anderen prominenten Künstlern zusammengetan und dadurch sicherlich viele Leute mobilisiert. Unsere Initiative dagegen ist in erster Linie an Kneipen und Clubs gerichtet. Es ist mehr eine Initiative von unten. Bei den Künstlern haben wir weniger die bekannten Gruppen als vielmehr unsere Bekannten in verschiedenen Bands angesprochen.

Und was machen Sie direkt am Tag des Kongresses?

An dem Tag werden wir natürlich nicht in unseren Kneipen, sondern auf der Strasse sein. Ein Großteil der Kneipen unterstützt auch explizit den Blockadeaufruf gegen den „Anti-Islamisierungskongress“. Andere werden bei der Menschenkette des DGB mitmachen. Wir machen keine gemeinsame Aktion, sondern haben die Initiative eher als Mobilisierung für die ganzen Aktionen gesehen und hoffen am 20.9. so viele Stammgästen wie noch nie auf der Straße zu begegnen.

Das Interview führte Fabian Kunow

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