Protestaktion beim Nazi-Konzert "Rock für Deutschland"
Aktionsbündnis Gera Gegen Rechts

Ein Wochenende gegen Nazis

Es war ein Wochenende der Anti-Nazi-Proteste: An verschiedenen Orten in Deutschland wurde gegen Neonazis demonstriert – von einer 30 Kilometer langen Menschenkette in Baden-Württemberg bis hin zu den Protesten gegen das rechte Festival "Rock für Deutschland" in Gera. Ein Überblick

Von Redaktion

Am Wochenende haben tausende Menschen in Deutschland gegen Neonazis demonstriert. An mehreren Orten im Land machten sie so deutlich, was sie von deren menschenverachtender Ideologie halten: nichts.

"Menschenkette gegen Rechts" in Baden-Württemberg

Ein bildstarkes Symbol dafür bot die "Menschenkette gegen Rechts": Sie erstreckte sich über 30 Kilometer von Heilbronn bis Bietigheim-Bissingen, mehr als 5.000 Menschen nahmen daran teil. Zivilgesellschaftliche Gruppen, Parteien, Gewerkschaften und die türkische Gemeinde in Baden-Württemberg hatten zu der Aktion aufgerufen. Start und Ziel der Menschenkette waren nicht zufällig gewählt: Sie sind die Tatorte von aktuellen und historischen NS-Verbrechen. In Heilbronn wurde 2007 die Polizistin Michèle Kiesewetter von Mitgliedern des NSU ermordet. Bietigheim-Bissingen war während der NS-Zeit ein Umschlagbahnhof für die Deportation jüdischer Bürgerinnen und Bürger, verschleppter Kriegsgefangener sowie Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.

Im Vorfeld hatte die CDU angekündigt, die Menschenkette zu boykottieren, weil sie "wahltaktisch motiviert" sei – ein Vorwurf, den DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf zurückwies. "Der Kampf gegen Rechts sollte aus den parteipolitischen Scharmützeln herausgehalten werden", so Landgraf.

Impressionen und Berichte von der "Menschenkette gegen Rechts":

Proteste gegen "Rock für Deutschland" in Gera

Auch in Gera wurde am Wochenende gegen Neonazis demonstriert – Anlass dafür war das "Rock für Deutschland"-Festival, ein fester Termin im rechtsextremen Terminkalender. Laut dem Bündnis "Gera gegen Rechts" beteiligten sich über 1.000 Menschen an den Gegenprotesten, während etwa 600 Nazis das Konzert besuchten. Im Vorfeld hatten etwa 50 Demonstrierende ein Zeltcamp auf der Wiese errichtet, auf der das Festival stattfinden sollte, und so versucht, das Konzert zu verhindern. Die Polizei hatte das Gelände daraufhin geräumt. Im Verlauf des Konzerts gab es eine friedliche Protestaktion von "Gera gegen Rechts": Unter dem Motto "Wir gehen rein" gingen Mitglieder des Bündnisses unter Polizeischutz auf das Veranstaltungsgelände. Die Buchstaben auf ihren T-Shirts bildeten den Slogan "Feste feiern ohne Nazis". Etwa 30 Nazis starteten daraufhin eine Gegenaktion und wollten sich ebenfalls unter Polizeischutz zur Fläche der Gegendemonstrantinnen und Demonstranten bringen lassen - allerdings eher erfolglos.

Insgesamt blieb es friedlich – bis auf Anzeigen wegen des Tragens verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Beleidigung sowie mehrerer Platzverweise. Das Aktionsbündnis "Gera gegen Rechts" bedankte sich für die breite Unterstützung.

Impressionen und Berichte von den Protesten gegen "Rock für Deutschland":

Nazi-Aufmarsch in Halle verhindert

Ebenfalls am Samstag verhinderten hunderte Demonstrierende einen Neonazi-Marsch durch die Innenstadt von Halle. Der Aufmarsch wurde von Neonazis aus dem Kameradschaftsspektrum geplant und sollte unter dem Motto "Deutsche Zukunft statt Europa-Wahn" stattfinden. Doch mehr als 600 Menschen folgten dem Aufruf der Initiative "Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage" und blockierten den rechten Aufmarsch erfolgreich. Mehr als eine Stunde standen sich die angereisten Rechten am Hauptbahnhof von Halle die Beine in den Bauch – Gegendemonstranten hatten dazu noch die Zufahrtsstraßen blockiert, so dass die Polizei nach eigenen Angaben "die Grundrechte abwägen" musste und schließlich entschied, die angemeldete Demonstration der Nazis abzusagen. Diese reisten schließlich wieder unverrichteter Dinge ab – unter Klatschen und Jubelrufen der Hallenserinnen und Hallenser.

Das Bündnis "Halle gegen Rechts – Bündnis für Zivilcourage" zeigte sich nach der verhinderten Nazi-Demo zufrieden und sprach von einem vollen Erfolg.

Impressionen und Berichte von den Protesten in Halle:

Polizei-Großeinsatz gegen Nazi-Konzert in Herne

Nicht durch Gegenproteste, sondern durch die Polizei wurde dagegen ein Rechtsrock-Konzert in Herne aufgelöst: Durch das Konzert mit über 300 Besucherinnen und Besuchern sollte offensichtlich die im vergangenen Jahr in Dortmund verbotene Kameradschaft "Nationaler Widerstand" unterstützt werden. Bis zuletzt war nicht klar, wo dieses Solidaritätskonzert stattfinden würde. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) verteidigte den Großeinsatz der Polizei. "Wir nutzen jede Möglichkeit, rechtsextremistische Auswüchse zu verhindern", sagte er der "WAZ". "Wir dulden keine Rechtsverstöße und keine Volksverhetzung." Das Konzert war als "Überraschungs-Geburtstagsparty" angekündigt worden.

Mehr Informationen zum aufgelösten Konzert in Herne:

  • Konzert von Neonazis in Herne als "Überraschungs-Geburtstagsparty" angekündigt (Der Westen)
  • Jäger verteidigt Großeinsatz gegen Herner Neonazi-Konzert (Der Westen)
  • Über 200 Beamte im Einsatz: Polizei löst Rechtsrock-Konzert auf (Der Westen)
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