Der Kampf um das Ende

Auf dem DVU-Parteitag am Sonntag soll die „Verschmelzung“ mit der NPD beschlossen werden – die Fusionsgegner bringen sich in Stellung und wollen einen neuen Bundesvorstand wählen.

Von Tomas Sager (bnr.de)

Geht es nach dem Willen des
DVU- Bundesvorsitzenden Matthias Faust, soll ein Parteitag der Deutschen Volksunion am kommenden Sonntag im thüringischen Kirchheim in einem vorletzten Akt vor einer dann noch ausstehenden Urabstimmung das Ende seiner Partei und ihre „Fusion“ mit der NPD beschließen. Fausts DVU-interne Gegner haben aber noch nicht aufgegeben.

Fraglich ist aus deren Sicht, ob der Parteitag überhaupt satzungsgemäß einberufen worden ist. Die Satzung der Partei bestimmt, dass die Einladungen den Mitgliedern mindestens eine Woche vor der Versammlung zugehen müssen. Zumindest in einigen Fällen aber sollen die Schreiben der Parteispitze den Poststempel vom vorigen Samstag tragen und erst am Montag oder gar am Dienstag dieser Woche die Adressaten erreicht haben, sechs beziehungsweise fünf Tage vor dem Parteitag. Die DVU-Satzung sieht zwar vor, dass „in besonders dringenden oder eilbedürftigen Fällen oder zum Schutz vor Angriffen auf die Versammlungsfreiheit“ die ohnehin knappe Einladungsfrist noch einmal verkürzt werden kann. Doch dass dieser Passus greifen kann, bezweifeln die „Fusions“-Gegner angesichts des monatelangen Vorlaufs der „Verschmelzungs“-Gespräche mit der NPD.

Max Branghofer ins Gespräch gebracht

An der Tagesordnung des Parteitags dürfte sich der nächste Streit entzünden. Die DVU-Landesvorsitzenden aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Berlin hatten unter anderem gefordert, dass die Neuwahl des Bundesvorstands und ein Rechenschaftsbericht des Schatzmeisters auf dem Programm stehen sollten. Mit der Wahl eines neuen Vorstands wollen sie alle weiteren Fusionsbestrebungen aushebeln. Als Nachfolger von Faust wurde dabei inzwischen der nordrhein-westfälische DVU-Vorsitzendende Max Branghofer ins Gespräch gebracht.

Detaillierte Erläuterungen verlangten die vier Landeschefs zudem zu den Kreditgeschäften mit Christian Worch und zu einer Erbschaft in sechsstelliger Höhe, die der DVU aktuell zufällt. Glaubt man den Fusionsgegnern, findet sich von diesen Forderungen auf der Tagesordnung nichts wieder. Der „so genannte Verschmelzungsvertrag“ mit der NPD sei „reine Verdummung“ und die Einladung zum Parteitag „ein Witz“, poltert der niedersächsische Landesvorsitzende Hans-Gerd Wiechmann: „Eine Anfechtung des Parteitages dürfte wohl vorprogrammiert sein.“

Anreise in „bequemen“ Kleinbussen

Kaum einschätzbar ist, wer für den Parteitag, an dem laut Satzung alle Mitglieder teilnehmen können, die stärkeren Bataillone mobilisieren kann. Die Landesverbände Niedersachsen und Schleswig Holstein haben Busse geordert, die „Fusions“-Gegner nach Thüringen bringen sollen. Auch Faust-Opponenten aus dem bayerischen Landesverband und aus NRW wollen per Bus anreisen. Doch wo früher große Reisebusse die „Basis“ zu Parteitagen karrten, muss man sich diesmal bescheiden: Kleinbusse haben die Norddeutschen angemietet. Die seien aber auch „noch bequemer und schneller“, tröstet sich Wiechmann.

Fast klingt es, als wolle er schon einmal im Vorfeld des Parteitags eine Erklärung für ein mögliches Scheitern der Faust-Gegner liefern. „Wer von den Mitgliedern der DVU überhaupt noch zu einem Parteitag mobilisierbar ist, das entzieht sich meiner Kenntnis.“ Viele der DVU-Mitglieder hätten „sich schon eine neue politische Heimat gesucht“ – auf jeden Fall abseits der NPD, die Wiechmanns Schätzung zufolge nach der Fusion auf gerade einmal 200 neue Mitglieder hoffen darf.

„Pro“-Bewegung soll Faust-Gegner unterstützen

Wiechmanns (Zwischen-)Bilanz der vergangenen Monate liefert einige Einblicke in das Innenleben der maroden und zerfallenden Partei. Bundesvorstandsmitglieder, die den Kurs Fausts abgelehnt hätten, seien „den einfacheren Weg“ gegangen, hätten ihre Ämter niedergelegt und dem Parteichef in die Karten gespielt, zeigt er sich enttäuscht. Inaktive Landesverbände hätten nicht einmal über Mitgliederlisten verfügt und es auch gar nicht „ernsthaft versucht, sich diese zu beschaffen“. Wiechmann in einem Anflug von Resignation: „Es hätte auch nicht viel genutzt, da deren Funktionäre nicht einmal in der Lage waren, einen ordnungsgemäßen Parteitag durchzuführen.“

Juristische Unterstützung erhalten die Faust-Gegner inzwischen einem Bericht der extrem rechten Internetplattform „DeutschlandEcho“ zufolge von „pro NRW angehörenden beziehungsweise nahe stehenden Anwälten“. Der Autor des Beitrags leitet daraus weitergehend ab, dass die selbst ernannte, rechtspopulistische „Bürgerbewegung“ auch politisch ein Interesse daran habe, die „Fusion“ zu hintertreiben. „Pro NRW“-Generalsekretär Markus Wiener wiegelt ab. „Nein, warum sollten wir auch? Und vor allem, wie könnten wir das?“, antwortete er auf einer „pro“-nahen Internetseite auf die Frage, ob es einen solchen Versuch seiner Partei gebe, den Zusammenschluss DVU-NPD zu verhindern. „Ob die DVU-Mitglieder eine Abwicklung ihrer Partei wünschen, müssen sie selbst entscheiden.“

Allerdings: „Pro NRW“ hätte auch nichts gegen Neuzugänge aus dem Reservoir der derzeitigen DVU-Mitglieder. Wiener: „Wir prüfen jeden einzelnen Mitgliedsantrag unvoreingenommen, egal ob jemand von den Grünen zu uns kommt, von den Freien Wählern oder wo auch immer her.“

Dieser Artikel erschien am 24.11. auf www.blick-nach-rechts.de und wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Ergänzung vom 29.11.2010:

Die DVU musste ihren geplanten „Verschmelzungs“-Parteitag mit der NPD kurzfristig verschieben. Offizielle Begründung ist ein "Sabotage-Akt" des beauftragten Versanddienstleisters, der die Briefe zu spät ausgeliefert hätte - Faust-Gegner geben der „unfähigen und desolaten Führungsspitze“ die Schuld an dem Wirrwarr (bnr.de).

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