Frauen hatten es besser im "Dritten Reich"
Von Wolfgang Benz
Auch die „Volksgemeinschaft“ als Gegenentwurf zur Welt der Klassen und des Standesdünkels der Höherstehenden war ja eine schöne Utopie, an die zu glauben nichts Schlechtes war. Dass diese Volksgemeinschaft real existiert hat, war freilich ein Irrtum. Und ebenso falsch war die Einschätzung des Mutterkultes als einer zweckfreien sozialen Errungenschaft.
Sich an den Muttertag, das Mutterkreuz, den Mütterdienst dankbar zu erinnern, wenn man dabei persönlich eine gute Zeit gehabt hatte, vielleicht das einzige Mal sich als Frau öffentlich anerkannt gefühlt hatte, war nicht anrüchig, allenfalls naiv, weil es zeigte, dass sie die hinter den staatlichen Maßnahmen stehenden Absichten nicht durchschaute.
4,7 Millionen Mutterkreuze sind verliehen worden, in Bronze, Silber und Gold, als Auszeichnung für Frauen, die mehr als vier Kinder geboren hatten. Jüdische und andere „artfremde“ Mütter hatte man, auch wenn sie Deutsche waren, totgeschlagen, weil man deren Kinder nicht wollte.
Umfragen, nach denen jeder vierte Deutsche glaubt, das Dritte Reich habe auch gute Seiten gehabt, sind ohne Beweiskraft, weil sie nur Emotionen stimulieren. Sie zeigen dem Historiker aber die Grenzen der Aufklärung, sie zeigen, wie resistent Legenden gegenüber Ergebnissen der Forschung sind, und wie schwer es ist, den nationalsozialistischen Staat, seine Ideologie, differenziert zu beurteilen.