Berliner Verfassungsschutzbericht 2008: Rechtsextreme Gewalt deutlich angestiegen

Die Anzahl der als rechtsextrem eingestuften Berliner geht zurück, die rechte Gewalt gegen Personen nimmt dagegen zu - so lautet das Fazit des Berliner Verfassungsschutzberichtes für 2008 in punkto Rechtsextremismus.

Von Regina Rahe

Personell haben die Rechtsextremen in Berlin laut Verfassungsschutz einen deutlichen Rückgang zu verzeichnen. Nur noch 1780 Berliner gelten als rechtsextrem, 230 weniger als im Vorjahr. Diese Tatsache ist allerdings auch aus der Zählweise des Verfassungsschutzes zu erklären: Im Bereich des „parlamentsorientierten Rechtsextremismus“ wurden zwei Parteien weniger gezählt, nämlich die Republikaner und die Deutsche Partei, bei denen angeblich keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen mehr vorliegen.

Die NPD dominiert nach wie vor die rechtsextremen Kreise in Berlin. Trotz ihrer Zerstrittenheit und zahlreicher Austritte konnte die Partei ihre Mitgliederzahl durch Neuzugänge leicht steigern. Unter dem neuen Berliner Vorsitzenden Jörg Hähnel hat sich ihre neonazistische Ausrichtung nicht geändert, auch die internen Konflikte bestehen fort. Vom Streit innerhalb der NPD profitieren die „Jungen Nationalisten“ (JN), die Jugendorganisation der NPD. Sie rekrutieren sich weniger aus dem Parteienspektrum, sondern aus der „aktionsorientierten“ rechtsextremen Szene.

Schon seit 2003 hat der Verfassungsschutz einen Strukturwandel im rechtsextremen Spektrum bemerkt. Während rechte Kameradschaften in Berlin laut Verfassungsschutz nicht mehr aktiv sind, haben die „Autonomen Nationalisten“, zu denen mittlerweile 130 Personen zählen, einen starken Zuwachs. Das Bindeglied zwischen den aggressiven, gewaltbereiten „Autonomen Nationalisten“ und der NPD, die ihre bürgerlichen Wählerkreise nicht verschrecken will, sind die „Jungen Nationalisten“.

Im Berliner rechtsextremen Milieu sind außerdem Bands wie „Deutsch, Stolz, Treu“, „Spreegeschwader“, „Legion of Thor“ oder „Die Lunikoff Verschwörung“ und ihre Fans zu verorten. Aufgrund von Verboten konnten sie im letzten Jahr aber kaum Konzerte veranstalten oder CDs veröffentlichen. Nur die Band „Die Lunikoff Verschwörung“ des ehemaligen Sängers von „Landser“, Michael Regener, hat nach dessen Haftentlassung zwei Konzerte außerhalb von Berlin gegeben.

Während die extrem Rechten nach der Zählweise des Verfassungsschutz weniger werden, sind rechtsextreme Gewalttaten im Jahr 2008 in Berlin deutlich angestiegen. Fremdenfeindlich motivierte Übergriffe haben sich fast verdoppelt. Die genauen Ursachen dafür sollen in einem gesonderten Bericht geklärt werden, so Innensenator Ehrhart Körting auf Pressekonferenz am 27. Mai 2009 in Berlin. Er selbst schätzte die Bereitschaft zu Gewalt von rechts und von links als „auf einer ähnlichen Mentalität“ beruhend ein. Nach seiner persönlichen Meinung seien die Medien an einer „Popularisierung der Gewalt“ beteiligt, etwa wenn bei Berichten über Autounfälle blutige Tote gezeigt würden. Dies führe zu einer Verrohung bei jungen Menschen.

Bianca Klose, Leiterin der "Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin" (MBR), hält eine Gleichsetzung von rechtsextremer und linksextremer Gewalt für kontraproduktiv und überdies eine monokausale Ursachenerklärung für rechtsextreme Gewalt für nicht zielführend.
"Rechsextreme Gewalt ist nicht durch die Medien, sondern durch rechtsextreme und rassistische Einstellungen motiviert. Ungeachtet von brutalen Filmen wird diese Ideologie zudem getragen von Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft", so Klose.

Zum Thema:

| Verfassungsschutzbericht 2008 - Die Vermessung der rechtsextremen Szene

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