Hohe Umfragewerte der AfD können dazu führen, dass unentschlossene Wähler_innen sich doch für diese – in weiten Teilen rechtsextreme – Partei entscheiden.
Screenshot: Insa-Meinungstrende.de

Bei diesen Zahlen ist Vorsicht geboten: Das AfD-nahe Umfrageinstitut "Insa"

Das „Insa-Institut“ erklärte die AfD in seiner jüngsten Sonntagsumfrage mit 11 Prozent zur drittstärksten Partei. Allerdings haben Umfragen dieses Erfurter Meinungsforschungsinstituts mindestens ein Geschmäckle. Denn Geschäftsführer Hermann Binkert soll der AfD - und besonders dem Höcke-Flügel - nahestehen.  Ist es also Zufall, dass die AfD bei „Insa“ oft überproportional gut abschneidet?

 

Von Kira Ayyadi
 

“Insa”-Geschäftsführer Hermann Binkert ist in der thüringischen Politik kein Unbekannter. Der ehemalige CDU-Politiker ist einst unter Dieter Althaus zum Staatssekretär und Leiter der Landesvertretung in Berlin aufgestiegen. Die liberalere CDU von Christine Lieberknecht und Angela Merkel entsprach nicht mehr Binkerts politischer Ideologie und so trat er 2014 aus der Partei aus. Fortan verfasste er wohlwollende Texte über die AfD. Einen vermuteten Eintritt in die Partei, die seine neue politische Heimat zu sein scheint, bestritt er.

Bis September 2015 schreibt Binkert insgesamt elf Beiträge für die Huffington Post, bei denen schon auf den ersten Blick Binkerts Affinität für die AfD ins Auge springt. Im Februar 2014 behauptet er im Titel „Die FDP macht sich überflüssig - die AfD ist für liberal-konservative Wähler eine echte Alternative“ oder stellt in einem Titel vom März desselben Jahres die rhetorische Frage „Neue Volkspartei AfD?“ In diesem Text liest man: „Es gibt aus Wählersicht einen großen Abstand zur rechtsextremen NPD. Versuche, die AfD mit dem rechten Rand in Verbindung zu bringen, scheitern offensichtlich an der gegenteiligen Einschätzung der Bürger.“ Oder: „Die Alternative für Deutschland wird bundesweit ein Stück weit das, was die Partei Die Linke im Osten ist: Eine Volkspartei. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb die AfD nicht nur Wähler aus dem so genannten bürgerlichen Spektrum gewinnt, sondern auch ehemalige Linke-Wähler. Es sind keine Klientelparteien, sondern sprechen im besten Sinne alle Schichten der Bevölkerung an.“

 

„Insa“ und die AfD

Bereits vor der letzten Bundestagswahl, im September 2013, hatte Binkert dem damaligen Chef der neu gegründeten AfD, Bernd Lucke, eine E-Mail geschrieben - ungefragt. Binkert sagt, er habe Lucke Vorschläge machen wollen, wie er mehr Parteimitglieder werben könne. Bereits im Herbst 2014, so berichtet Spiegel Online, gibt es dann die ersten geschäftlichen Kontakte von Binkerts Firma in Erfurt und der sich gerade formierenden AfD-Landtagsfraktion. Der ehemalige CDU-Mann schloss über eine Tochterfirma (DO) seines Meinungsforschungsinstituts einen politischen Beratervertrag über 7.000 Euro pro Monat mit der AfD-Landtagsfraktion. Laut Spiegel-Recherchen geht es hier etwa um die Erstellung von Redemanuskripten und die Erarbeitung eines Arbeitsprogramms für die AfD-Landtagsfraktion Thüringen.

 

Auch wenn es bei der Zusammenarbeit juristisch nichts zu beanstanden gibt, ist es dennoch eine heikle Sache, wenn das Unternehmen eigentlich neutrale Meinungsforschung betreiben will. Denn, wenn Binkert von einer Fraktion große Summen Geld erhält, könnte er davon durchaus versucht sein, mit seinem 2009 gegründeten Meinungsforschungsinstitut diese Fraktion besser dastehen zu lassen. Es besteht der Verdacht, dass die Umfrageergebnisse von „Insa“, die etwa in der Bild-Zeitung veröffentlicht werden, nicht dem Standard des Neutralitätsgebots entsprechen.

 

Die Sonntagsfragen von „Insa“ sind gleichermaßen günstig wie flexibel, da sie sich nicht auf aufwendige telefonische Erhebungen wie die meisten anderen Institute stützt. „Insa“ lässt ausschließlich online, über die Datenbanken des Instituts „YouGov“, Zahlen erheben. Das ist nicht prinzipiell verwerflich, tendenziell gelten die Telefonpanels der großen Institute vielen Experten aber als weniger fehleranfällig. Das ist wichtig, da bei den „Insa“-Umfragen Umfragen aus Verschiebungen um 0,5 Prozentpunkte schon große Landgewinne für die AfD interpretiert werden. 

 

Welche Auswirkungen könen positive Umfragen für die AfD haben?

Es gibt in der Wahlforschung den"Bandwagon"- oder "Mitläufer"-Effekt, wonach Befragte und Wähler_innen gerne zur Mehrheit gehören wollen und sich der führenden Meinung oder Partei anschließen. Im Fall der AfD könnten aber auch noch strategische Stimmen dazu kommen, so der Journalist Christian Fahrenbach gegenüber Belltower.News. "Möglicherweise vertritt die Partei nicht unbedingt meine Meinung, aber ich bin von der Perspektive einer fortgesetzten Großen Koalition so genervt, dass ich den stärkstmöglichen Gegenakzent setzen will. Aus Umfragen könnte ich dann ableiten, dass die AfD diesen größten Protest ermöglicht."

 

So macht es einen Unterschied, ob die AfD mit acht Prozent nur fünftstärkste Kraft oder mit elf Prozent drittstärkste Kraft im neuen Bundestag wird. Hohe Umfragewerte der AfD können dazu führen, dass unentschlossene Wähler_innen sich doch für diese – in weiten Teilen rechtsextreme – Partei entscheiden. Denn hohe Umfragewerte suggerierenden Wähler_innen, dass die AfD durchaus wählbar und offenbar auch für viele attraktiv sei.

 

Auch für Wahlforscher_inenn ist die AfD ein neues Phänomen

Christian Fahrenbach verweist allerdings darauf, dass seit der Wahl von Donald Trump rechte Parteien in Europa und zum Teil auch bei den deutschen Landtagswahlen eher schlechter abgeschnitten haben als zuletzt vorhergesagt. "Das war zum Beispiel bei Le Pen und Wilders der Fall. Die Institute legen verschiedene Filter über die Rohdaten, die sie direkt von den Wähler_innen bekommen - zum Beispiel, weil Menschen in Umfragen eher seltener zugeben, dass sie eine rechte Partei wählen. Die Institute müssen also da etwas hochrechnen und aktuell schaut es so aus, als ob sie zu viel hinzugerechnet haben und zu vorsichtig sind, um Überraschungen zu vermeiden."

 

Ob das für die Bundestagswahl genauso gilt, ist unklar, schließlich ist die Dynamik hinter der AfD relativ neu und die Meinungsforscher_innen hatten noch nicht genügend Gelegenheiten, ihre Filter und Anpassungsfaktoren mit der Realität abzugleichen.

 

Auffällig ist jeoch, dass die AfD in „Insa“-Umfragen kontinuierlich bessere Ergebnisse als etwa bei „forsa“ oder „Infratest dimap“ erreicht. Auch wenn nicht eindeutigt zu klären ist, welche Ausweirkungen dies auf potentielle AfD-Wähler_innen hat, sollte man sich fragen, ob bei „Insa“ alles mit rechten Dingen abläuft.

 

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